MANAGEMENT Unternehmerischer Erfolg Auf die Mitte kommt es an Das Management von Pflegeunternehmen sollte der Personalentwicklung einen höheren Stellenwert geben. Denn Führungskräfte müssen in der Lage sein, die Zufriedenheit des vorhandenen Personals zu steigern, um den Erfolg der Einrichtung zu sichern. Dabei ist besonders das mittlere Management gefragt. D ie Altenhilfe-Branche befindet sich in der Ent- Kunden, Häuser und Plätze des Vorgängers, sondern wicklung zu einer Wirtschaftsbranche. Zwei häufig auch das Management der Einrichtungen. Gründe treiben diesen Umbruch: Die deutliche stei- gende Nachfrage und die durch die Pflegeversiche- Neue, international aufgestellte Betreiber bear- rung besser gewordene Finanzierung. Die Folgen der beiten den Markt außerdem häufig mit Organisati- Entwicklung sind ein zunehmender Wettbewerb un- onsstrukturen, die nicht zur Altenhilfe passen und ter Betreibern und Investoren, mehr Bürokratie in die eher den Strukturen von Einzelhandelsketten den Einrichtungen und Personalknappheit beson- ähneln. Im Vergleich zu einem Supermarkt ist ein ders bei den Pflegenden. Pflegeheim aber eine komplexe Organisation, bei der die Mitarbeiter einen hohen Beitrag zur Wert- Viele Anbieter sind mit einer solchen Situation schöpfung, der Produktqualität und der Kundenzu- überfordert. Das gilt selbst für große Betreiber, die friedenheit leisten. Hierarchische Strukturen mit Re- durch Übernahmen bestehender Einrichtungen ge- gionalleitungen und anderen zwischengeschalteten wachsen sind. Denn konkret bedeutete dies fast im- Stabsstellen sind daher für diese Marktverhältnisse mer: Übernahme von Unternehmen, die schlecht ge- nur bedingt geeignet. managt wurden. Und wenn große Betreiber durch Übernahmen wachsen, übernehmen sie nicht nur Baustelle Personalführung Mitarbeiter benoten Vorgesetzte Das Meyer-Hentschel Institut hat im Dezember ver- gangenen Jahres eine Befragung unter Altenpflege- 44 % 45 % kräften durchgeführt. Dabei sollten Einrichtungs- leitungen und Pflegedienstleitungen mit Schulnoten 41 % bewertet werden. Dabei gaben 44 Prozent der Befragten ihren Führungskräften die Note „gut“ 33 % oder sogar „sehr gut“ (Grafik links). 41 Prozent ver- teilten die Noten „ausreichend“ oder „mangelhaft“. 22 % Die Antworten wurden mit einer Studie der Hoch- 15 % schule Niederrhein aus dem Jahr 2016 verglichen. Das Ergebnis: Bei den guten Noten schneiden Füh- Quelle: Meyer-Hentschel Institut sehr gut/gut befriedigend ausreichend/ rungskräfte der Altenpflege fast ebenso gut ab wie mangelhaft der Durchschnitt aller Branchen. Einen erkennbaren Einrichtungs- + Pflegedienstleitung Unterschied gibt es jedoch bei den schlechten Noten. alle Branchen Da liegt der Durchschnitt aller Branchen bei 33 Pro- zent, in der Altenpflege sind es jedoch 41 Prozent Führungskräfte in der Altenpflege bekommen häufiger schlechte Noten von ihren Mitarbeitern der Befragten, die ihren Vorgesetzten schlechte No- als in anderen Branchen. ten geben. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Das vergleichs- weise schwache Abschneiden der Altenpflege- branche wird durch die schlecht bewerteten Einrich- tungsleitungen verursacht. Nur 41 Prozent erreichen 8 3.19
MANAGEMENT ❖ eine gute Note, fast die Hälfte (47 Prozent) wird mit ten großflächigen Verbrauchermarkt gestartet, „Schlechte „ausreichend“ oder „mangelhaft“ bewertet. betreibt das Unternehmen heute 170 Standorte. Kommunikation Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit sind über- führt zu falscher Was könnte man dagegen tun? Zwei Strate- durchschnittlich hoch. Möglich wurde dies durch Information.“ gien sollten eine Betrachtung wert sein. Erstens: eine menschenbezogene Unternehmenskultur und Die Mitarbeiterorientierung. Die wichtigsten Men- konsequente Delegation von Verantwortung an die Gundolf Meyer-Hentschel, schen in der Altenpflege sind die Mitarbeiter. Sie einzelnen Marktleiter. Der Firmensitz in St. Wen- Meyer-Hentschel Institut sind die Leistungserbringer am Bewohner. Sie sind del trägt bezeichnenderweise den Namen „Koordi- verantwortlich für die Qualität, für die Stimmung nation“. Ein weiteres Detail, das den Mitarbeitern im Haus, für das Image des Unternehmens. Sie sind ihre besondere Rolle kommuniziert: Es gibt auf dem eine knappe Ressource und der größte Kostenblock. Firmenparkplatz keine reservierten Parkplätze für Einem Controller fallen beim Thema Kostenblock Geschäftsführung und Management. Jeder parkt, Dinge ein wie Löhne niedrig halten, nicht zu viele wo er einen Platz findet. Selbst ein Auszubildender Sozialleistungen etc. Ein Unternehmer sollte anders darf sich auf den besten Parkplatz stellen. denken. Der größte Kostenblick ist fast immer auch das wertvollste Asset eines Unternehmens. Also Gerade das mittlere Management, häufig als muss er dafür sorgen, dass er für diese Kosten ei- größte Baustelle in der Pflegebranche gesehen, nen maximalen Output bekommt. könnte zur Lösung vieler aktueller Probleme beitra- gen. Die Unternehmensleitung muss jedoch aktiv Fokus auf die Mitarbeiter werden und sich intensiv mit der Mentalität ihres mittleren Managements befassen. Für die Top-Leute Solche Überlegungen, die den Mitarbeiter in seiner muss es heißen: Middle management first! Bedeutung für das Unternehmen streng genommen noch vor die Kunden und die Investoren setzen, sind Gastautor dieses Beitrags ist Gundolf Meyer-Hentschel, relativ neu. Ihr prominentester Vertreter ist Richard CEO des Meyer-Hentschel Instituts (meyer-hentschel.com). Branson, Gründer der Virgin Group, einem Dienst- leistungskonzern mit Fluglinien, Bahnlinien und Beste Beratung für gesunde Investments Hotels. Sein Vermögen beläuft sich auf geschätzte fünf Milliarden US-Dollar. Er ist also vermutlich ein ✓ Ermittlung der fairen Pachthöhe und handfester Unternehmer und kein Sozialromantiker. Pflegesätze Branson hat erkannt, dass nachhaltige Renditen in Dienstleistungsunternehmen nur über Fokussierung ✓ Kaufpreiseinschätzung für Betrieb auf die Mitarbeiter möglich sind. und/oder Immobilie Wie aber installiert man eine stark mitarbeiter- ✓ Vermittlung von Betreibern und zentrierte Strategie auf der Arbeitsebene? Das geht Investoren nur über das mittlere Management, Einrichtungs-, Wohnbereichs- und Pflegedienstleitungen. Aber Vor- ✓ Exklusive Datenbank mit gaben und Schulungen allein werden nicht reichen. historischen und aktuellen Daten zur Verhalten lässt sich am besten über Verhalten beein- Belegungsquote, Pflegesätzen und flussen. Das Verhalten der Unternehmensspitze ge- Mietentwicklung genüber dem mittleren Management ist der Knack- punkt. Druck von oben führt zu Druck nach unten. Ihr persönlicher Ansprechpartner: Schlechte Kommunikation führt zu falscher Infor- Dipl. Kfm. Sebastian Deppe mation. Unfreundlichkeit multipliziert sich. Die Lö- Tel. 069 – 970 505 0 sung klingt einfach, aber sie ist natürlich nicht ein- [email protected] fach umzusetzen. www.apollo-healthcare.de Organisationen anpassen Der zweite Ansatzpunkt lautet Dezentralisierung. Gerade in der Wachstumsphase eines Marktes geht es darum, mehr Entscheidungsfreiheit und unter- nehmerische Verantwortung in die einzelnen Häuser zu bringen. Und damit den spezifischen Besonder- heiten der einzelnen Standorte gerechter zu werden. Eine Zentrale kann dies nur schwer leisten. Wer wachsen will, kann Dezentralisierung zu seinem Vorteil nutzen. Ein Vorbild könnte die Glo- bus Gruppe St. Wendel sein. 1966 mit ihrem ers- 3.19 9
Search
Read the Text Version
- 1 - 2
Pages: