Der Märchenkönig
Informatives aus den Steirischen SeniorenhäusernFolke TegetthoffEin Exklusiv-Interview mit dem „märchenhaften“ Steirer von Michael LanghansEr hat den Beruf des „Märchenschreibers und Sie haben heuer Ihren 60. Geburtstag gefeiertMärchenerzählers“ vor 35 Jahren (neu) zum und begingen gleichzeitig das Jubiläum „35 Jah-Leben erweckt. Neben einer blühenden Fantasie re Märchenerzähler“. Wie kommt man eigent-zeichnet Folke Tegetthoff aber vor allem sein Ta- lich darauf, einen solchen Beruf zu ergreifen? Istlent aus, einfache Worte zu Geschichten werden es überhaupt ein Beruf?zu lassen, die gleichzeitig berühren und verzau-bern. Wir haben den vielseitigen Autor und Vor- Folke Tegetthoff: Natürlich ist es ein Beruf. Ichtragenden zu einem ausführlichen und überaus lebe davon ja bereits seit 35 Jahren.Wir habeninteressanten Gespräch getroffen. jetzt drei Gesellschaften mit acht MitarbeiterIn- nen. Das ist, denke ich, die Antwort.An einem der wenigen schönen und warmen Ich habe nach der Matura begonnen, MedizinTage im heurigen Sommer habe ich mich in das zu studieren, bin aber eines Tages darauf ge-beschauliche St.Georgen an der Stiefing in der kommen, dass es nicht wirklich das ist, was ichSüdsteiermark aufgemacht, wo Folke Tegett- machen will. Daraufhin habe ich mein Leben,hoff ein ehemaliges Kloster mit einer beeindru- das ich bis dato geführt hatte, unterbrochenckenden Gartenanlage bewohnt. Meinem zag- und aufgegeben und habe eine 180-Grad-haften Läuten folgt geschäftiges Hundegebell. Wendung gemacht. Ich habe Graz verlassenWenige Augenblicke später wird das wuchtige und für ein Jahr auf Ibiza gelebt.Tor von einem - ab dem ersten Moment sehr Dort habe ich begonnen zu schreiben, was be-sympathisch und agil wirkenden - Folke Tegett- reits seit meiner Kindheit für mich sehr wichtighoff geöffnet. war. Mit den Ergebnissen war ich anfangs je- doch nicht sehr glücklich. Später dann in Ham-Die freundliche Begrüßung und die zuvor- burg bin ich durch Zufall auf das Märchen ge-kommende Art bilden den Anfang vieler ein- stoßen und habe durch ein konkretes Ereignisladender und angenehmer Momente, die den entdeckt, dass es genau das ist, was ich machenVormittag für mich zu einem Erlebnis werden will. Da habe ich mich ein halbes Jahr lang sehrlassen. Folke Tegetthoffs Gattin Astrid versorgt intensiv mit Märchen beschäftigt, was damalsuns auf sehr herzliche Art mit Vollkornkeksen, sehr außergewöhnlich war, weil das Märchenselbstgemachtem Fruchtsaft und Kräutertee. als Literaturgattung tot war. Es gab nur die al-Auf diese Weise zusätzlich gestärkt, steht den ten Märchen. Keine neuen. Danach schrieb ichvielen mitgebrachten Fragen nichts mehr im mein erstes Märchenbuch, das am 13. 02.1979,Wege... also heuer vor 35 Jahren erschienen ist.34 SteirEechrteHs erz
Das Magazin der Steirischen Seniorenhäuser derWar es nicht schwierig, zu dieser Zeit als Mär- schreibt. (Wilhelm Freiherr von Tegetthoff (1827chenerzähler Fuß zu fassen? -1871) war Vizeadmiral und Kommandant der österreichischen bzw. österreichisch-ungarischenIn erster Linie bin ich Märchendichter und nicht Kriegsmarine. Sein Sieg in der Seeschlacht vonMärchenerzähler. Darauf weise ich immer wie- Lissa am 20. Juli 1866 gegen die italienische Flot-der hin, denn ich kann Geschichten erst erzäh- te im verlorenen Deutschen Krieg, machte ihn zulen, wenn ich sie geschrieben habe. Ich erzähle einem Seehelden. – Anm.d.Red.).keine fremden Märchen, sondern nur eigene.Der Beruf des Märchenerzählers war aber Was waren Ihre ersten Werke und womit hat-1979 nicht existent und das war es wohl auch, ten Sie anfangs zu kämpfen?was mich als 25-jährigen für die Menschen sointeressant gemacht hat. Es war etwas Neues, 1982 hatte ich mit „Wie ein Geschenk auf fla-wovon ich glücklicherweise auch vom ersten cher Hand – Liebesmärchen“ meinen erstenTag an leben konnte. großen Bestseller. Dabei ist erwähnenswert,Ich denke auch, dass mir mein Name bei mei- dass ich bis heute mit den Klischees kämpfe,nem Erfolg geholfen hat. Hätte ich Folke Müller die über Märchen vorherrschen. Meine sind ingeheißen, wäre es wohl schwieriger geworden. erster Linie für Erwachsene geschrieben.Für die Medien war natürlich interessant, dass Mit dem Märchen wird im deutschen Sprach-der Nachfahre eines Kriegshelden Märchen gebrauch oft auch die Lüge oder ein Schwin- uuuEin ehemaliges Kloster mit idyllischer Gartenanlage ist Folke Tegetthoffs „Märchenschloss“ in der Steiermark.SteirEechrteHs erz 35
Bei Vorträgen liest Folke Tegetthoff nur mehr vom Tablet-PC ab. Hie und da auch in der heimischen Bibliothek.del assoziiert. Das hängt einem Autor natür- dass ich für meine erste Lesung bereits 1.000lich nach, weil dadurch das Märchen nicht als Schilling bekommen habe. Der Grund warernsthafte Literaturgattung betrachtet wird. wohl zum einen, dass mich die Menschen imAußerdem wurde es zur Kinderliteratur her- Vorfeld als sehr absurd und abgedreht wahrge-untergemacht. Mein erstes Buch „Der schöne nommen haben und zum anderen, dass meineDrache“ habe ich bewusst mit dem Prädikat Lesungen für die Zuhörer mit Sicherheit „hör-„für Menschen ab 6 Jahren“ versehen. Gedacht barer“, also spannender waren als andere.war es von Anfang an für Erwachsene. DasWiederbeleben des Märchens stand für mich Sie haben am Anfang unseres Gespräches einvon Anfang an im Mittelpunkt. spezielles Ereignis erwähnt, das Sie zum Mär- chen geführt hat.Was hat sich da zugetragen?Der Beruf des Märchenerzählers war also zuZeiten Ihrer Anfänge nicht existent.Wie verlie- Das ist eine sehr schöne Geschichte, die zeigt,fen unter diesem Aspekt Ihre ersten Lesungen? wie Dinge miteinander und ineinander verwo- ben sind: Ich habe vier ältere Geschwister, dieIch bin stolz darauf, dass ich das Genre im mir immer ein schönes und tolles Weihnachts-deutschsprachigen Raum wesentlich mitgestal- fest bereiten wollten. Als ich 10 Jahre alt war,ten konnte. Lesungen waren 1979 im Allgemei- also zu Weihnachten 1964, ist unser Christ-nen sehr schlecht besucht. H.C. Artmann war baum abgebrannt und mit ihm alle Geschenke.ein so genannter Superstar und ist für 100 bis Das Einzige, das den Brand überstanden hat,200 Schilling aufgetreten. Ich hatte das Glück, war ein Buch. Es war nur an einer Ecke leicht36 SteirEechrteHs erz
Das Magazin der Steirischen Seniorenhäuser derangesengt. Diese Tatsache hat für mich – ohne nen Sinn, wenn mir jemand auch zuhört. Ge-dass ich es wusste – eine unglaubliche Bedeu- rade ältere Menschen haben sehr viele inter-tung erlangt. Dieses Buch war die kommenden essante Geschichten zu erzählen. Erzählen istJahre mein ständiger Begleiter. Es war immer etwas, was jeder von uns tut. Und zwar ohnebei mir. Sogar unter dem Kopfpolster. Ich muss Unterbrechung. Das Wesentliche an diesemdazu sagen, dass ich im Grunde als Kind keine Kommunikationsakt ist der Zuhörer. Die Tatsa-Bücherratte war. Ich habe eine Zeit lang nur che, dass meine Rede null und nichtig ist, wenn„Micky Maus“ gelesen. Das besagte Buch war niemand zuhört, ist in unserer Gesellschaft völ-aber sehr wichtig für mich. lig zurück gedrängt worden. Es muss aber einViele Jahre später habe ich mit meinem Bruder Austausch stattfinden. Und um auf die Fragein Hamburg gearbeitet. Er ist Schlagersänger zurück zu kommen: Gerade für ältere Men-und ich habe einige Texte für ihn geschrieben schen ist es sehr wichtig, dass ihnen jemand zu-und ihn zu einer Besprechung mit seiner Plat- hört. Sie alle haben fantastische Geschichten zutenfirma begleitet. Man hatte durch ihn dort erzählen, die bewahrt werden müssen. Darinerfahren, dass ich schreibe und ist an mich mit geht es um Entbehrungen, den Aufbau und umder Bitte herangetreten, Märchen für Kinder- die unfassbare Energie, die nach dem Zweitenplatten zu schreiben. Ich sagte sofort zu, ob- Weltkrieg aufgebracht werden musste. Sie sindwohl ich eigentlich keine Ahnung hatte, wie ein Mahnmal, was wir eigentlich an Wertschät-man Märchen schreibt. Ich habe dann gleich zung und Demut aufbringen sollten. Diese Ge-im Zimmer meines Neffen Märchenbücher schichten gehen nur verloren, wenn niemandgesucht, um mich zu informieren. Dabei bin bereit ist zuzuhören. Man kann dabei übrigensich erstarrt, weil in seinem Regal MEIN Buch auch sehr viel lernen.stand, das bei dem Brand damals verschontgeblieben war. Ich hatte es im Grunde längst Das Thema „Zuhören“ beschäftigt Sie seitvergessen. Es waren die gesammelten Werke mehr als acht Jahren ganz besonders.Wie kamvon Hans Christian Andersen. An diesem Tag es dazu?habe ich angefangen, mich mit Märchen zu be-schäftigen und habe nie mehr etwas anderes Ich stand in Amerika an einer Universität aufgemacht. der Bühne und hielt einen Vortrag über Mär- chen und das Erzählen. Ganz plötzlich, wieTherapie, wenn man durch das Erzählen der ein Blitz vom Himmel herab, kam eine sehreigenen Geschichte die Vergangenheit aufar- sinnreiche Erkenntnis: Ich habe realisiert, dassbeitet, um positiv und unbelastet in die Zukunft nicht ICH der Wichtige hier bin sondern dasblicken zu können? Gegenüber, die Zuhörer. Es gibt die Macht der Zuhörer, die im Prinzip alles in der Hand haben.Dieses Thema hat mich vor rund acht Jahren Wenn mir das Publikum durch seine Körper-völlig in seinen Bann gezogen und das hat bis sprache signalisiert, dass es nicht an meinemheute angehalten. Es ist das Thema „Zuhören“. Vortrag interessiert ist, könnte mich das völligUnsere Gesellschaft ist eine sprechende und aus dem Konzept bringen, bis hin zum Abbrucherzählende. Die Menschen reden immer mehr. des Vortrages. Bei diesem denkwürdigen Auf-Auch sehr viel Unsinn. Der Sprechende steht tritt ist mir die Wichtigkeit des Zuhörens soimmer im Vordergrund. Dabei vergisst man stark bewusst geworden, dass ich direkt nachaber das Wesentliche in der Kommunikation: dem Vortrag im Hotel begonnen habe, michdas Zuhören. Meine Rede macht nur dann ei- mit dem Zuhören zu beschäftigen. Dem habe uuuSteirEechrteHs erz 37
Informatives aus den Steirischen Seniorenhäusernich ein Jahr gewidmet und am Ende stand die Das Zuhören ist also das Wesentlichste in un-„Schule des Zuhörens“. Ein Workshop-Pro- serer Gesellschaft?gramm, das ich als Gebilde rund um die Sen-sibilität des Zuhören bezeichnen würde. Ich Natürlich! Das Hören ist der wichtigste Sinn,habe zu diesemThemaVorträge entwickelt, die der dem Menschen gegeben ist. Wir lebenich rund 500 Mal vor über 60.000 Menschen heute aber in einer übervisualisierten Welt, inaller Gesellschaftsschichten und Bildungsni- der das Hören in den Hintergrund gedrängtveaus halten durfte. worden ist. Dabei beginnt das Hören schon alsIm vergangenen Jahr habe ich dann aus meinen fünfeinhalb Monate alter Embryo und das ers-Erfahrungen mein erstes Sachbuch mit dem te Organ, das fix und fertig ausgeprägt ist, istTitel „Wie man in 3 Sekunden glücklich wird“ das Innenohr. Dabei muss sich die Evolution jageschrieben. „Es gibt keine größere Sehnsucht etwas gedacht haben.des Menschen, als jemanden zu finden, der ei-nem zuhört!“ Das ist der Hauptsatz in diesem Kann man Ihre Erkenntnis über die WichtigkeitBuch, der für mich anfangs so etwas wie der des Zuhörens auf alle Bereiche unserer Gesell-„Stein der Weisen“ war. Ich habe sehr, sehr viel schaft anwenden?Zeit aufgebracht, um diesen Satz zu überprü-fen und bin zu der Erkenntnis gekommen, dass Mit Sicherheit.Vor allem auch in der Wirtschaftdieser Satz wirklich stimmt. Dessen sind sich spielt Zuhören eine große Rolle. Manager müs-die wenigsten Menschen, egal ob Lehrer, Pro- sen auf den Markt und auf die Konsumentenfessoren, Manager oder Ehepartner bewusst. hören, um Erfolg zu haben. Bestes Beispiel istIch nehme die Wichtigkeit von mir, indem ich die „Bio-Welle“, die in der Zwischenzeit sogarden Zuhörer als das Wichtigste anerkenne. Die von Diskont-Supermärkten in großem AusmaßInhalte müssen beim Gegenüber ankommen übernommen wurde. Da hat man sehr gut zu-und das Ziel dabei muss es sein, dass sie auch gehört. Auch bei Krankheiten ist das so. So ei-verstanden werden. genartig das auch klingt: Ich muss der Krankheit „Die gesammelten Werke“: 40 Bücher sind bislang von Folke Tegetthoff erschienen. Sie wurden in 12 Sprachen übersetzt und haben sich 1,4 millionenfach verkauft. Darunter auch seine Klassiker wie die Kräuter- und Liebesmärchen, allein diese haben bislang jeweils rund 300.000 Menschen erreicht.38 SteirEechrteHs erz
Das Magazin der Steirischen Seniorenhäuser derzuhören. Die Diagnose Krebs hat bei einigen der Gärtnerei nichts am Hut. Ich trinke gerneFällen in meinem Bekanntenkreis oft gerade Kräutertees aber ich hatte sonst zu Kräuterndiese Reaktion ausgelöst. Anstatt aufzugeben, keine ausgeprägte Beziehung. Meine Frau hatmuss man in sich hinein hören. So kann man aber durch ihre Erzählungen über die Heilwir-auch Heilungserfolge erzielen. Das bestätigt kung der einzelnen Kräuter mein Interesse dar-sogar die Schulmedizin. Das ist die Basis, denn an geweckt. Ich habe intuitiv erkannt, dass diesewenn man sich selbst nicht zuhörenkann wird es auch nicht funktio- Kräuter eigentlich Märchenfiguren sind,nieren, anderen zuzuhören. die auf eine wundersame Art und Weise agieren. So kam es, dassSie haben zwei Kräuter- ich 32 Kräuter ausgesuchtmärchen-Bücher ver- habe und für jedes einfasst und dabei auch Psychogramm erstelltdie Wirkung der habe. Ich gab ihnenKräuter beschrie- menschliche Eigen-ben.Wie kam es zu schaften und dabeidieser hervorra- We s e n s m e r k m a l egenden Idee? herausgearbeitet. Als ich damit fer-Märchen soll- tig war, war jedesten auch immer Kraut für michetwas Didakti- wie eine lebendi-sches beinhalten. ge Persönlichkeit,Es war die ur- die ich in einesprüngliche Idee Geschichte ein-des Märchens, baute. Am Endeeine Hilfe bei der der GeschichtenOrientierung der wird dann nochMenschen zu sein. Wissenswer tesEs versucht, Dinge zum jeweiligen Krautsehr einfach verständ- beschrieben. So sindlich, kurz und klar aufzu- die Kräutermärchenzeigen. So soll es eine Hil- entstanden.festellung zur Bewältigungdes Alltags bieten. Das gilt für Sie leben, wie gesagt, in ei-alle Märchen, auch für die Kräu- nem ehemaligen Kloster. Isttermärchen. das Ihr Märchenschloss?Die Idee kam hier in meinem Haus, das einehemaliges Kloster ist. Die Schwestern hatten Ja, aber es steckt sehr viel Arbeit darin und esseinerzeit schon einen beeindruckenden Gar- wurde erst durch meine Märchen Wirklichkeit.ten. Meine Frau ist Holländerin und daher ge- Wir haben nichts geerbt und alles was Sie hiernetisch bedingt eine große Gärtnerin. Sie hat sehen ist durch meine Arbeit entstanden. Dasdiesen Klostergarten praktisch übernommen. macht mich sehr stolz. Die Art und Weise, wieIch selbst liebe die Natur sehr, aber ich habe wir es erschaffen haben, würde ich schon als Märchen bezeichnen, nicht das Haus per se. uuuSteirEechrteHs erz 39
Informatives aus den Steirischen SeniorenhäusernDabei spielt auch die äußere Form eine unter- spürbar. Jetzt ist es eben leer und man mussgeordnete Rolle. loslassen können.Wir leben die meiste Zeit in Piran in einerWohnung, die kleiner als mein Wohnzimmer Ihre Tochter Sophie ist junge Ärztin, was siehier in der Steiermark ist. Das lieben wir auch auch nach Afrika geführt hat. Das ist für einenund es ist einTraum. Meine Frau und ich haben jungen Menschen doch recht ambitioniert.immer schon gesagt: Wenn wir ab morgen in Sind Sie darauf sehr stolz?einer 50-Quadratmeter-Hütte leben müsstenwird auch das herrlich sein. WIR sind es, die Sehr, sehr! Und das aus mehreren Gründen.die Hütte zum Schloss machen. Wir hatten Zum einen hat sie den Weg vollendet, den ichdas Glück, unsere vier Kinder hier aufwachsen mit meinem Medizinstudium begonnen hatte.lassen zu können. Das hat zu Ihrer Entwick- Sie ist eine Ärztin geworden, wie man sie sichlung sicher maßgeblich beigetragen. Sie sind in einem Bilderbuch vorstellt. Sie hat vom ers-gute Menschen geworden, die sich mittlerwei- ten Semester an Praktika in der ganzen Weltle in der ganzen Welt beweisen. Seitdem sie gemacht, war in Australien, Brasilien und hat indie meiste Zeit weg sind, ist natürlich auch Indien mit 22 Jahren ein Projekt für arme Kin-die Funktion des Hauses nicht mehr in dieser der ins Leben gerufen, das heute noch läuft. MitForm gegeben. Dadurch ist für uns der Nimbus 24 Jahren hat sie ihr Studium erfolgreich abge-des Märchenschlosses nicht mehr so wirklich schlossen. Sophie lebt in Berlin und hat ihrenSeit den Zeiten der Gebrüder Grimm ist ein märchenhafter Wandspiegel ein Fenster in die Welt der Fantasie.
Das Magazin der Steirischen Seniorenhäuser dertollen Job in einem Krankenhaus nach einem Unser „Echtes Steirerherz“ stand diesen SommerJahr aufgegeben, um ihren Traum nach Afrika auch auf der Leseliste des Autors.zu gehen zu erfüllen. Sie hat alles selbst organi-siert, war in einem Buschkrankenhaus und hatunter für uns undenkbaren Umständen gear-beitet und gelebt und dabei große Erfahrunggesammelt. Heute arbeitet sie wieder in Berlinund macht derzeit die Fachausbildung zur Kin-derärztin. Sie hat sofort einen Vertrag für diegesamte Fachausbildung bekommen weil derPrimarius alles daran setzte, um sie für seinKrankenhaus als Ärztin zu erhalten. Sie strahltnicht zuletzt durch ihre vielen Erfahrungen et-was sehr Positives im Umgang mit den Patien-ten, den Ärzten und auch den Schwestern aus.Das macht stolz.„Was ich alles kann – Eine musikalische Mär-chenreise durch die ganze Welt“ wurde inÖsterreich zum beliebtesten Hörbuch 2014gewählt. Wie kann man sich diese Reise vor-stellen und sind Sie auch auf diese Auszeich-nung stolz?Darauf bin ich sehr stolz, weil es sich um die Die hauseigene Kapelle ist ein idealer Ort für diewichtigste Auszeichnung in Österreich han- innere Einkehr und stille Momente.delt, die vom Publikum vergeben wird. Es ist inmeinem Fall das erste Hörbuch, das als Kinder- Das gemütliche Refugium zum Nachdenken imbuch diese Anerkennung erhalten hat. In der weitläufigen Garten der Familie Tegetthoff.Konkurrenz war nur noch ein weiteres Kinder-Hörbuch vonThomas Brezina, den ich übrigensfür seine Leistungen sehr bewundere. Bei denanderen Büchern handelt es sich um Erwach-senenliteratur bis hin zum Beststeller-AutorDan Brown.Es ist schön zu sehen, dass sich Qualität durch-setzt. Sowohl musikalisch mit meinen langjäh-rigen Begleitern, dem Trio Gemärch, als auchtextlich haben wir uns sehr viel Mühe gegebenund der Preis rechtfertigt dies nun. Der Hinter-grund des Hörbuches ist wieder das Lernen.Andere Kulturen und Länder werden den Kin-dern im Rahmen märchenhafter und fantasie-voller Geschichten und Lieder näher gebracht. uuuSteirEechrteHs erz 41
Informatives aus den Steirischen SeniorenhäusernSie haben das Projekt „geschichtenbox“ ins Le- Zwei Dinge sind daran besonders: Erstensben gerufen.Was ist das genau? kann man das individuelle Profil wie Alter, Ge- schlecht undVorlieben des eigenen Kindes ein-Ich habe vor einiger Zeit die Internet-Seite geben und die Maschine sucht die passendenwww.geschichtenbox.com erfunden und ent- Geschichten genau für dieses Kind. Zweitenswickelt, die weltweit erste Geschichtensuch- werden die Geschichten nach Wunsch auchmaschine. Wir sind seit 4 Jahren online. Die automatisch per E-Mail zugeschickt. Das kannIdee dahinter ist die „Initiative Vorlesen“. Für zum Beispiel täglich zu einem selbst gewähltendie Entwicklung des Kindes ist das Vorlesen Zeitpunkt erfolgen oder die Geschichte kannvon sehr großer Bedeutung. Das war früher mit einer ganz bestimmten Vorlese-Dauer aus-ganz selbstverständlich. Heute ist das Bewusst- gewählt werden. Je nach dem, was man sichsein dafür praktisch nicht mehr vorhanden, wie wünscht. Man kann aber auch anlassbezogenwichtig es ist, seinem Kind etwas vorzulesen und individuell Geschichten suchen. Zu allenund sei es auch nur für zwei Minuten. Dabei Themen wie etwa Scheidung, Krankheit oderentwickelt sich eine enorme zwischenmensch- Tod gibt es Geschichten, womit man eineliche Bindung. Man schenkt Liebe, Nähe und Kommunikationsbrücke bauen kann, die in derAufmerksamkeit. Das gilt übrigens für alle Ge- Regel der kürzeste Weg zwischen Eltern undnerationen. Kindern ist. Durch die „geschichtenbox“ sollIch hatte im Vorjahr den Einfall, dass die Idee aber auch eine Anregung für Eltern gegebendes Vorlesens am besten durch den Kinder- werden, Erzählungen aus dem eigenen Lebenarzt transportiert werden könnte. Ich habe zu kommunizieren. Die schönste Geschichte istim Internet in diesem Zusammenhang recher- noch immer die persönliche.chiert und stieß sofort auf das Statement desdamals neu gewählten Präsidenten der „Ös- Erzählen Sie uns abschließend doch bitte vonterreichischen Gesellschaft der Kinderärzte“, Ihren Plänen für die Zukunft und davon, wasPrimarius Reinhold Kerbl, als Ziel seiner Präsi- Ihnen neben allem Erwähnten noch besondersdentschaft die „Soziale Gesundheit“ zu setzen. wichtig ist.Psychosomatische Erkrankungen bei Kindernwerden durch die immer geringer werdende Für 2015 darf ich ankündigen, dass es die Ver-Kommunikation zwischen Eltern und Kindern anstaltungsreihe „Graz erzählt“ wieder gebenverursacht. Genau diese Tatsache war eigent- wird und zwar in einem größeren Rahmenlich die Idee und die Intention hinter unserer als bisher. In Niederösterreich wird es wieder„geschichtenbox“. So kam es recht rasch zu das Erzählkunstfestival „fabelhaft“ geben. Dasunserem gemeinsamen Projekt, das in einem herrliche an meinem Beruf ist aber, dass mansehr intensiven Arbeitsprozess von mir mit den eigentlich nicht genau weiß, was morgen seinKinderärzten entwickelt wurde. wird. Das macht mir großen Spaß.Unter dem Motto „Kinderärzte machen mo- In den letzten Jahren habe ich sehr viel konzep-bil“ schenken Ärzte in ganz Österreich den tionelle Arbeit gemacht, wie das so genannteEltern eine Geschichtenwertkarte, auf der 33 „Story-Telling“. Dabei mach ich aus der kon-Geschichten bereits als Guthaben geladen sind. kreten Wirklichkeit heraus für unterschiedlichs-Auf www.geschichtenbox.com ist eine Platt- te Unternehmen und Berufszweige Konzepteform entstanden, auf der nun schon über 4.000 dafür, wie diese ihre eigene Geschichte besserGeschichten der 116 besten deutschsprachi- erzählen können. So habe ich jüngst ein kom-gen Kinderbuchautoren angeboten werden. plett neuesTourismus-Konzept für die gesamte42 SteirEechrteHs erz
Das Magazin der Steirischen Seniorenhäuser derslowenische Küstenregion entwickelt. Auch für Das Augenmerk lag darauf, die Inhalte auf ihredie Universität in Graz habe ich ein Marketing- Bedeutung in der Gegenwart auszulegen. ImKonzept erarbeitet. nächsten Jahr kommen die „Steirischen Sagen“Vor Kurzem ist mein neuestes Buch „Sagen in der „reloaded Version“.aus Niederösterreich“ erschienen. Das war Das jüngste Projekt ist ein Kinderbuch, das ichein tolles Projekt, das mir sehr viel Spaß ge- zusammen mit meiner Tochter Sophie rundmacht hat. Bisher hatte ich ja nur meine eige- um das Thema „Krankheiten“ schreibe. Einenen Märchen geschrieben, aber mich reizte es schöne Sache.sehr, etwas Neues zu probieren: Sagen so zuschreiben, wie es noch nie zuvor jemand getan Wir danken vielmals für das sehr offene und in-hat. Dabei hat sich ein neues Genre entwickelt, teressante Gespräch und wünschen Ihnen beihistorischen Stoff zeitgemäß wiederzugeben. allen Ihren Plänen einen märchenhaften Erfolg!PREISRÄTSEL:Folke Tegetthoff hat für unsere Leserinnendrei Ausgaben seines Buches „Neue Kräuter-märchen“ zurVerfügung gestellt und auch sig-niert. Sie können bei unserem Preisrätsel aufSeite 66 gewonnen werden.Viel Glück!Auf der kommenden Doppelseite finden Sieden Abdruck des Märchens „Kamille“.Interview und alle Fotos: Michael LanghansZUR PERSON: 37Folke Tegetthoff gilt als Begründer einer neuenErzählkunst, die klassische Elemente der phantas-tischen Literatur mit einer zeitgenössischen Spra-che und Symbolik vereint.Doch das Märchen ist bei ihm weit mehr als nureine Literaturgattung. Es ist ein Lebensstil, derneue Dimensionen eröffnet und tiefer in unsführt – ein Spiegelbild unserer Seele!Mit seinen Büchern will er zeigen, dass das Mär-chen weder herzige Unterhaltung für die Kleinennoch unerreichbareTraumwelt für die Großen ist.Es geht nicht um die Flucht aus der Wirklichkeit,sondern im Gegenteil dazu um die Sehnsucht, dieWirklichkeit tagtäglich zu leben. Genau das ist dasMärchen.Und der Erfolg gibt ihm recht: 40 Bücher sind bis-lang von Folke Tegetthoff erschienen. Sie wurdenin 12 Sprachen übersetzt und haben sich 1,4 milli-onenfach verkauft. Darunter auch seine Klassikerwie die Kräuter- und Liebesmärchen, allein diesehaben bislang jeweils rund 300.000 Menschen eEr-chtesSteirer Herzreicht. (Quelle: www.tegetthoff.at)
Kamille Ein Märchen von Folke Tegetthoff „Neue Kräutermärchen“, erschienen im Nymphenburger Verlag in der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH,München – ISBN 978-3-485-01052-8 Am Rande des Dorfes wohnte ein junges nete sie und trat in ein Wunderland: Die Mädchen, das von allen nur „Kummerblu- Wiesen trugen ihr üppigstes Sommerkleid, me“ genannt wurde. Nicht weil sie selbst die Baumdamen hatten ihre Fruchtjuwelen so viel Kummer hatte, nein, im Gegenteil, aus dem Schatzkisten geholt und im Hin- sie war so fröhlich und bescheiden, so tergrund gab der Vogelchor ein Konzert. schön und zart, dass sie allem Kummer fortnehmen konnte. Sie spürte, wenn die „In so einer Welt müsste man leben, dann Leute wirklichen Kummer hatten oder ob hätte man keinen Kummer mehr!“, rief der sie nur zu faul waren, den wahren Grund Bauer. ihres Kummers zu betrachten. Mit Kum- merblumes Hilfe entdeckten sie dann näm- „Du brauchst sie nicht einmal zu kaufen, es lich, dass ihr Kummer meist überflüssig ist ja deine Welt, durch die du täglich wan- war, und gingen zufrieden nach Hause. derst!“, sagte eine Stimme. Kummerblumes Haus war sehr klein, sie Da war der Kummer weg und der Bauer wohnte ganz allein darin und benötig- sah, wie reich er WIRKLICH war! te nicht viel für ihr Leben. Außer der Tür, durch die Kummerblume aus und ein ging, Der Bürgermeister kam und beklagte gab es noch eine zweite im Haus, die das sich, dass seine Frau so mürrisch wäre Mädchen immer, Sommer und Winter, mit und er ohne Kuss ins Bett gehen müss- frischen Blumen geschmückt hatte. te. Kummerblume sagte bloß: „Geh nur!“ und schickte ihn durch die Tür. Der Bür- Kam jemand mit großem Kummer in ihr germeister öffnete sie und stand mitten Haus, sagte sie nur: „Geh durch diese Tür in einem Wirtshaus und sah sich selbst an und du wirst deinen Kummer erkennen seinem Stammtisch sitzen und Bier trinken und ihn dort lassen.“ Da kam der reiche und große Sprüche klopfen. Und sah sich Bauer, dessen Kummer war, seinen Reich- spät in der Nacht nach Hause torkeln. tum zu verlieren. „Das bin ja ich!“, rief er entsetzt und wuss- „Geh nur“, sagte Kummerblume und wies te mit einmal, woher es kam, dass seiner auf die geschmückte Tür. Der Bauer öff- Frau die Küsse nicht mehr schmeckten.44
Vor allem aber kamen die Leute des Dor- die sich dort zu einem Fest getroffen hat-fes, wenn der Kummer einer Krankheit ten.wegen war. „Geht nur durch diese Tür“,sagte Kummerblume zu einer Frau, die vor Nun kann man sich aber vorstellen, dasslauter Nießen und Schäuzen kaum grüßen die Leute, die auf ihren Kummer auch nochkonnte. stolz waren, und die Leute, die sich nicht getrauten, ihren Kummer der Kummer-Als sie durch die Tür getreten war, lag vor blume anzuvertrauen, dass diese Leute ihrihr ein kleiner See, der dampfte wie einVul- nichts Gutes wünschten. Üble Worte liefenkan. „Komm, setz dich an mein Ufer und durch das Dorf und da und dort bliebenatme“, rief der See ihr zu. Und nachdem diese Worte auch hängen und wurden grö-die Frau ihn einige Tage hindurch besuchen ßer und böser: Eine Hexe soll sie sein, diegekommen war, fühlte sie sich wieder ge- Kummerblume!sund und fröhlich! Und immer weniger und weniger Leute„Meine Tür wartet schon auf dich“, sagte getrauten sich, zu ihr zu gehen, aus Angst,Kummerblume zu einem jungen Mann, der man könnte glauben, sie vertrauten einervon einem Pferd getreten worden war und Hexe.eine großeWunde am Bein hatte.Als er dieTür öffnete, getraute er sich zuerst nicht Bald kam niemand mehr zu dem Mädchen,einzutreten: Vor ihm breitete sich eine das am Rande des Dorfes wohnte. Einesblaue Himmelswiese aus, auf der einige Tages waren die bösen Worte so gewach-Wolkenschafe grasten. Eine Wolke kam auf sen, dass sie alle Köpfe umschwirrten.ihn zu, er setzte sich darauf und schwebte Die Dorfbewohner zogen mit Mistgabelndavon. Die Wolkenschafe hüllten das ver- und Fackeln hinaus vors Dorf und riefen:letzte Bein ganz mit ihrem Weiß ein und „Brennt die Hexe! Brennt die Hexe!“so flogen sie eine Weile dahin, bis er kei-ne Schmerzen mehr spürte. Als der junge Als der Schlimmste von allen, der Schwarz-Mann wieder durch die Tür an der Rück- gekleidete, an die Tür klopfte, rührte sichwand der Stube ins Haus der Kummerblu- nichts.Als sie das Haus aufbrachen, fandenme trat, war die Wunde am Bein geheilt! sie nichts. „Dort ist die Hexentür“, riefen die Leute. „Dort hinaus wird sie geflüchtet„Hab keine Angst, hinter der Tür erwartet sein.“dich nur Gutes“, sagte Kummerblume zuder Frau, die ihren Kummer im Magen trug. Nur der Schwarzgekleidete getraute sich,Die Frau sah einen Berg, aus dem heißes die geheimnisvolle Tür zu öffnen. Er riss sieWasser floss. „Trink mich“, rief das Wasser. auf und... vor ihm lag eine Wiese, auf der„Leg dich auf mich und rolle dich“, rief die unzählige Kamillen blühten.Wiese am Fuße des Berges.Und die Wasserelfen drehten sich im Ma- Die Kummerblume aber wurde niemalsgenrad und verjagten alle bösen Geister, mehr gesehen... 43 Hintergrundfoto: Copyright by Alexandra H. / pixelio.de
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