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Ethos Jahr 2017 Nr.10

Published by The Virtual Library, 2022-09-09 06:28:25

Description: Christliche Zeitschrift

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Ausgabe 10/2017 I 34. Jahrgang I www.ethos.ch I 5 5.70, CHF 6.60 bedeutungVs oll leben Interview Beste Freunde Nachfolge Zur Schau gestellt Glaube Jesus pur Erlebt Nonne findet zu Jesus Teneriffa Gemeindebau auf der Ferieninsel wertgeachtetVon Ihm – Missbrauchsopfer: «Ich bin ein Wunder Gottes!»

« Die Gnade Gottes ist der Dynamo des Himmels; Tag und Nacht vollbringt sie für uns und in uns Dinge, «die wir niemals allein vollbringen könnten. Corrie ten Boom Dynamo HiDEmS mels Unter den Augen der nordkoreanischen Regierung half eine kanadische Hyeon Soo Lim. Gemeinde seit 1997 in Nordkorea durch Nahrungsprogramme, in Altenheimen, Waisenhäusern und bei Landwirtschaftsprojekten. Hyeon Soo Lim, ein kanadisch-koreanischer Pastor, ist oft vor Ort, als er – aus bis heute unbekannten Gründen – verhaftet und zu lebenslanger Zwangs- arbeit verurteilt wird: «Im Winter musste ich Löcher graben, die einen Meter breit und einen Meter tief waren. Der Boden war gefroren und der Lehm war so hart, dass es zwei Tage lang dauerte, um ein einziges Loch zu graben, und während ich am Oberkörper schwitzte, bekam ich an Zehen und Fingern Frostbeulen.» Die harte Arbeit zehrte an ihm, er verlor 23 Kilogramm Körpergewicht und musste mehrfach hospitalisiert werden. «Vom ersten Tag meiner Haft bis zu meiner Freilassung ass ich 2757 Mahlzeiten in totaler Isolation. Ich arbeitete und betete ohne Unterlass. An keinem Tag verspürte ich Schwermut, sondern erlebte ‹eine friedvolle Einsamkeit mit Gott›. Die Momente von Murren, Grollen und Entmuti- gung wurden in Danken, Freude und Mut gewandelt.» Er habe gewusst, dass Menschen für ihn beten. Mehrmals las er die Bibel durch, lernte 700 Verse auswendig und verfasste in der Gefangenschaft Lieder, die er sich einprägen musste, da er nichts aufschreiben durfte. Vor wenigen Wochen kam er unerwartet frei und erzählt fröhlich von der Grösse Gottes: «Es ist ein Wunder, dass ich frei bin!» n ethos, Christian Daily

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER «Die Segensspuren «Ich habe niemanden auf der ganzen Welt, dem ich vertrauen kann.» Der etwa siebenjährige Roy in von Christen Rio de Janeiro hat diese Worte auf seinen Pappteller geschrieben. Papier ist in den Armenvierteln von Rio Mangelware. Eine Gruppe von Christen arbeitet hier im Rahmen eines Sommereinsatzes mit haben Ewigkeits- Kindern, die Missbrauch durch Drogen und Gewalt erleben. Wie ein Magnet ziehen sie die Kids an. wert, wenn sie Da hat jemand Zeit und interessiert sich für sie – eine ungewohnte Erfahrung. Täglich kommen mehr Menschen mit Kinder, um zu spielen, zu singen und Geschichten aus der Bibel zu hören. Selbst vom Leben längst Gott in Kontakt abgebrühte Jungs malen die erzählte Geschichte begeistert mit Kreide auf den Boden. bringen.» Ausser Roy. Er ist in sich gekehrt, seine Augen blicken leer. Auch die lustigsten Spiele vermögen Peter Hahne kein Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern. Er kann nicht über die zentnerschwere Last in seinem Herzen sprechen. Mit niemandem. Alex setzt sich zu ihm, ein kleines Porzellan-Herz in seiner Hand. Die Zeit scheint stillzustehen, als er diesem Kind von dem einen, wahren Freund erzählt, der ihn niemals verlässt, der ihn unendlich liebt und sein Herz frei macht von allem Bösen, was andere ihm oder er selbst getan hat. Der darauf wartet, in seinem Herzen wohnen zu dürfen, um ihn zu führen. Der Junge schaut auf. In seine Augen ist Leben zurückgekehrt: «Oh ja, ich will Jesus zum Freund!» Am nächsten Tag kommt Roy angerannt, zieht freudestrahlend das kleine Herz aus seiner Hosen- tasche und hält es Alex hin: «Ich habe nun für immer einen Freund. Mein Herz ist ganz leicht gewor- den!» Wie ausgewechselt ist der Junge, schier unglaublich! Das Leben in den Favelas von Rio hat sich nicht verändert. Es ist noch immer ein Ort, den man niemandem zum Leben wünscht – schon gar nicht einem Kind. Doch der Freund an Roys Seite macht den alles entscheidenden Unterschied. Jesus enttäuscht das Vertrauen des Jungen nicht. Er hat dieses einsame, verlassene Kind gesehen und wird für es sorgen. Davon bin ich überzeugt. So ist Gott. Ich bete, dass für Roy niemals eine andere Freude grösser wird als die Nähe zu seinem Freund. Das Wunder, von Gott geliebt und wertgeachtet zu sein, hat auch das Herz einer jahrelang miss- brauchten, nun erwachsenen Frau erreicht. Lesen Sie darüber ab Seite 18. Im Interview «Beste Freunde» erzählt Christine Walch, siebenfache Mutter, Lehrerin und Autorin, von ihren Freundschaften mit Menschen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen und quer durch alle sozialen Schichten (ab Seite 22). In unserer Freundlichkeit spiegelt sich Gottes Liebe. «Die Segens- spuren von Christen haben Ewigkeitswert, wenn sie Menschen mit Gott in Kontakt bringen» (Peter Hahne). Hinterlassen wir solche Segensspuren in unserer Umgebung? Wir können sie nicht selber machen und oft auch nicht sehen, aber wir können uns an unseren Herrn Jesus hängen. Durch ihn sind wir gesegnet und dürfen Segen weitergeben. «Es ist dir gesagt, Mensch, was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott» (Micha 6,8). In der Nachfolge Jesu gibt es auch Anfechtung und Leid. Dies hat der Herr uns nicht verschwiegen. Christen werden «zur Schau gestellt», bedrängt, inhaftiert oder gar getötet – bis wir einst bei ihm sind. «Wir müssen das Ende im Auge behalten, um in der Mitte zu bestehen», sagte eine Anwältin, die verfolgte Christen in Indien vertritt. Wie wahr! Das nebenstehende Zeugnis von Hyeon Soo Lim, der das Leiden um Jesu willen schmerzlich erlebt hat, bewegt mich sehr. Mehr zum Thema «Nach- folge» finden Sie im Artikel von Thomas Lange, ab Seite 28. Jeder, der Jesus sein Leben gibt, findet in Ihm den wahren Freund und eine ewige Heimat. Die Frage ist: Wird diese Freude in meinem Leben für andere sichtbar? Herzlich, Ihre editorialDanielaWagner-Schwengeler

INOkHtobAer 2L017T 40 Mission: Teneriffa mal anders 6 Interview: Reportage: Beste Freunde Abenteuer Nordschweden 22 bedeutungVs oll 2 Input: Dynamo des Himmels 28 Nachfolge Jesu: Zur Schau gestellt 33 Persönlich: Das selbstgerechte Ich 34 Poster 36 Erlebt: Nonne findet zu Jesus – nach vierzig Jahren im Kloster 38 Leserbriefe /Kreuzworträtsel 40 Mission: Teneriffa mal anders 44 Aktuell: Brennpunkt Tempelberg, Teil 3 3 Editorial 6 Reportage: Abenteuer Nordschweden 12 Fokus 14 Auf den Punkt gebracht: Jesus pur 17 Alltagstauglich: Schmetterline Sündenbock 18 Missbrauch: Von Gott wertgeachtet bedeutu22 Interview:BesteFreunde

Missbrauch: Von Gott wertgeachtet 28Nachfolge Jesu: 18Zur Schau gestellt 14 Auf den Punkt gebracht: Erlebt: Nonne findet zu Jesus Jesus pur 36 leben und glauben 48 Zeitzeichen 60 Gesundheit: Mundgeruch 49 Film: The Glass Castle61 Rezept: Pasta-Rosenkohl-Auflauf 50 Jugendmix62 Bücher & Co. 52 Kreativ: Flinke Kastanienkerle 54 ethos open hands: Einmal verrückt, immer verrückt?finden Sie auf der letzten Umschlagseite. 56 Witz & Wissen ungVs Aboo-Bestelllkarten l58 Kids:WortewieFedern

RUEPBORRIKTAIGE I Abente NORDSCHWE Die letzte Wildnis Europas – der Norden Skandinaviens gehört zu den unberührtesten und einsamsten Gegenden unseres Kontinents. 6 ethos 10/2017

Atemberaubende Aussicht auf das I RUBRIK Rapadalen im Sarek-Nationalpark. Fast drei Wochen Dauerregen und eine regelrechte euer Mückenplage – die erste Reise in dieses Gebiet vor EDEN über zehn Jahren hatte mir dermassen zugesetzt, dass ich längere Zeit überhaupt keine Lust mehr verspürte, hierher zurückzukehren. Die Bilder von unberührten Landschaften, Weite und Wildnis liessen mich aber nie ganz los. So wagte ich 2011 erneut einen einwöchigen Besuch. Seither bin ich endgültig mit dem Nordvirus infiziert! LAPONIA – HERZSTÜCK UND UNESCO-WELTERBE Weite Flusstäler, umrahmt von zahlreichen Gipfeln, Seen und Wälder in einer Ausdehnung, von der wir hier in der Schweiz nur träumen können, bieten einer artenreichen Tierwelt ein selten gewordenes Schutz- und Rückzugsgebiet. Laponia, das 1996 zum Unesco- Welterbe erklärt wurde, bildet das Herzstück dieser einmaligen Gegend. Das fast 10 000 km2 umfassende Gebiet gehört zu Lappland und liegt nördlich des Polarkreises, im Westen grenzt es an Norwegen. Heute ist diese Region mit den Wohltuende Morgensonne in Schwedens Hinterland. Turmfalke. ethos 10/2017 7

Letztes Licht im Abisko-Nationalpark. vier Nationalparks (Padjelanta, Stora Sjöfallet, Muddus, Sarek) sowie meh- reren Naturreservaten auch ein belieb- tes Reiseziel für zivilisationsmüde Menschen. Padjelanta, mit 1984 km2 der grösste Nationalpark Schwedens, besteht weit- gehend aus einer ausgedehnten Hoch- ebene mit wunderschönen Seen und weitläufigen Bergketten und wird von den samischen Rentierzüchtern als Sommerweidegebiet benutzt. Seltene Tierarten wie der Steinadler und die Schnee-Eule sind hier beheimatet. Auch findet sich ein grosser Bestand an Polarfüchsen und Vielfrassen. Quer durch den Park führt ein 140 km langer Wanderweg, der von Schutz- und Übernachtungshütten gesäumt ist, die teilweise bewirtschaftet sind. Schroffe Gebirgsmassive und tief eingeschnittene Täler prägen das Land- schaftsbild des ältesten Nationalparks Schwedens, dem Sarek. Er ist der Inbe- griff von Abgeschiedenheit und besteht zu 90 % aus unwegsamem Gelände. Hier befinden sich die 13 höchsten Berge Schwedens sowie mehr als 100 Gletscher, die dieser Region eine majes- tätische Erhabenheit verleihen. Im Os- ten hingegen sind die Täler mit Birken- wäldern bewachsen. Über rauschende Gebirgsbäche und Wasserfälle wird das Schmelzwasser in die Täler befördert. Unterwgs im Sarek-Nationalpark. Aussicht auf den See Torneträsk. 8 ethos 10/2017

Junges Rentier. Fotos: Martin Mägli, www.naturbild. ch, Text: Martin Mägli/Isabelle Kobe Die unberührte Wildnis bietet nebst Vielfrass und Polarfuchs auch Bär und Luchs eine Heimat. In den Fluss- niederungen und Talsenken kann man zahlreiche Elche beim Weiden beobachten. Ebenfalls im Hochgebirge liegt der Nationalpark Stora Sjöfallet («der grosse Wasserfall»), der sich bis zur Grenze Norwegens zieht. Der südliche Teil ist mit Nadelwald bedeckt, im Westen erheben sich vergletscherte Gipfel, von denen das mächtige Akkamassiv, als «Königin Lapplands» bezeichnet, besonders sehenswert ist. Hier befindet sich mit dem Naturreservat Sjaunia das grösste Vogelschutzgebiet Schwedens. Der Muddus gehört zu den kleineren schwedischen Nationalparks und ist eher flach. Aber auch er hat eini- ges zu bieten, wie beispielsweise die beeindruckende Schlucht Moskoskoru sowie den Muddus-Wasserfall, der aus einer Höhe von 42 Metern in die Tiefe stürzt. Rund die Hälfte des Parks besteht aus dichten Kieferwäldern, die andere aus kristallklaren Seen und ausgedehnten gelben Mooren. Im Frühsommer ist dieser Nationalpark ein Eldorado für brütende Vögel, weshalb jeweils ein Grossteil davon gesperrt ist. ethos 10/2017 9

Der Abisko-Canyon. DIE SAMEN – EUROPAS LETZTE UREINWOHNER Laponia ist aber nicht nur wegen seiner einzigartigen Natur von Bedeutung: Es zählt zu den vier Welterbe- gebieten, die noch von einer indigenen Bevölkerung besiedelt sind, den Samen. Schon seit Jahrtausenden durchwandern sie die nördlichen Breiten und haben eine ganz besondere Kultur entwickelt. Jagd und Fischfang bildeten bis ins Mittelalter die Grundlage ihrer Versorgung. Als die Rentierzucht zum Haupterwerbszweig der Samen wurde, passten sie sich dem Weideverhalten der Rentiere an. So zogen sie mit ihren Familien und dem gesamten Hab und Gut von einem Weideplatz zum anderen. Während noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts die meisten Samen mehrheitlich in Zelten lebten, sind es heute nur noch die Rentierzüchter, insgesamt weniger als zehn Prozent, die jeweils in Sommer- und Wintersiedlungen in festen Hütten und Koten in der Nähe der Herden wohnen. Obwohl sie dabei alte Traditionen pflegen, haben in der Zucht längst Schneeskooter, Helikopter und Lastwagen Einzug gehalten. Neben der Rentierzucht ist auch das Kunsthandwerk eine wichtige Einkommensquelle für die samische Bevölkerung. Der Tourismus stellt einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor für diese Region dar. Dass sie zum Welterbe ernannt wurde, führte zu einer Förderung der samischen Kultur. Unterdessen sind einige Angebote für Tou- risten entstanden. So werden beispielsweise die Wanderhütten im Padjelanta-Nationalpark von den Samen unterhalten. In den meist nicht ganzjährig bewohnten Samendörfern bietet sich dem Wanderer die Möglich- keit, typische Nahrungsmittel, wie z. B. Trockenfisch, Rentierfleisch oder Fladenbrot, zu kaufen. Mancherorts können Gäste auch in den traditionellen samischen Torfkoten wohnen. Im Zuge wirtschaftlicher Interessen ist die Zukunft der Samen jedoch bedroht. Denn in den Weiten Lapp- lands lagern wertvolle Rohstoffe – nach Meinung von Geologen die reichsten Erzvorkommen der Welt. Dies lockt vermehrt internationale Industriekonzerne an, die das grosse Geschäft wittern. Die einen begrüssen dies in der Hoffnung auf neue Arbeitsplätze, andere wiederum rechnen mit gravierenden negativen Auswir- kungen auf die Rentierwirtschaft und mit schweren Umweltschäden. Zwar wehren sich die Samen erbittert gegen die Zerstörung ihrer Heimat und verteidigen ihre Traditionen. Trotzdem wird befürchtet, dass Lapp- lands Ureinwohner eines Tages aussterben. Immer mehr gut ausgebildete junge Samen zieht es in die Stadt, weil sie den Komfort einem entbehrungsreichen Leben im Rhythmus der Natur vorziehen. Steinmuster im Abisko-Nationalpark. Singschwäne. 10 ethos 10/2017

Rentier. Fotos: Martin Mägli, Jahrgang 1977, verheiratet, drei Kinder, Profifotograf. Etliche seiner Bilder wurden an internationalen Wettbewerben ausgezeichnet. www.naturbild.ch Text: Martin Mägli/Isabelle Kobe Berglemming. WILDNIS FÜR FORT- GESCHRITTENE Wer Laponia bereisen möchte, muss bedenken, dass diese Gegend eine sehr dünn besiedelte Wildnis und daher für «normale» Touristen nicht ganz unge- fährlich ist! Es empfiehlt sich, sich nie- mals ohne ortskundige Führung zu weit von den umgebenden Orten und Strassen zu entfernen. Immer wieder kommt es vor, dass sich Wanderer ver- laufen, selbst wenn sie auf den bezeich- neten Pfaden gehen. In einigen Nationalparks, wie z. B. dem Sarek-Nationalpark, gibt es zudem kaum Brücken und Wege. Da hier Wasserstand und Strömung je nach Witterung stark schwanken, kann die Querung von Gewässern eine grosse Herausforderung bedeuten. Ausserdem gibt es bis auf ganz wenige Ausnahmen keine Infrastruktur. Neben einer guten Kondition sollte man deshalb unbe- dingt Erfahrung mit Touren im hohen Norden mitbringen, bevor man in den Sarek zieht. Auch das Wetter kann hier allge- mein sehr schnell umschlagen. Sogar im Sommer muss man damit rechnen, in den Bergen von einem Schneesturm überrascht zu werden. Kurz: Laponia ist eine Wildnis für Fortgeschrittene. n ethos 10/2017 11

FokusMitarbeiterin von SAT-7 besucht Flüchtlingscamp. Beschluss: Frankfurt verbietet Israel-Boykott SAT-7 Academy: Bildung für Flüchtlingskinder (Israelnetz) Der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main hat kürzlich beschlossen, gegen die Israel-Boykott-Be- (SAT-7) Das christliche Nahost-TV-Unternehmen «SAT- wegung «Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen» (BDS) 7» strahlt im Nahen Osten und in Nordafrika ein zu- vorzugehen. Der Bürgermeister Uwe Becker bezeichnete sätzliches Programm aus: Mit dem Bildungsfernsehen BDS als antisemitische Bewegung; ihr gehe es um die «SAT-7 Academy» soll den etwa 13 Millionen Flücht- Delegitimierung des Staates Israel. Der Beschluss lingskindern und vertriebenen Kindern Schulunterricht bedeutet unter anderem, dass die Stadt keine Räum- geboten werden. Rund um die Uhr werden Lektionen lichkeiten mehr für BDS-Aktivitäten zur Verfügung in Arabisch, Englisch, Mathematik und anderen Fä- stellt. Frankfurt ist die erste Stadt in Deutschland, chern gesendet. Schulisches Fernsehen sei zwar schon die BDS verbietet. bekannt, aber nicht in Gegenden mit solchen ökonomi- schen, sozialen und schulischen Bedürfnissen. Der Chance Halloween: Vorteil ist, dass über das Satellitenfernsehen Menschen Menschen einladen erreicht werden, die sonst keinen Zugang zu anderen Übermittlungswegen haben, Satelliten-TV hat fast jeder. (Baptist Press) Halloween wächst, in den USA wird das Fest inzwischen von 69 Prozent der «Es gibt da Kinder, die seit sechs Jahren nicht mehr Bewohner gefeiert. «Weil dieses Fest von so vie- in die Schule gehen konnten. Viele würden zudem len gefeiert wird, ergibt sich an diesem Tag mehr von Traumata geplagt, ein Aufwachsen ohne Bildung Umgang mit den Nachbarn als an allen anderen verstärke dieses Problem. Ausserdem sei die Gefahr Tagen. Deshalb ermutigen Pastoren in Amerika, dadurch grösser, später keine Arbeit zu finden, was diese Gelegenheit zu nutzen und die Mitmen- erneute Frustration kreiert. Anders als bei den anderen schen in die Gemeinde einzuladen oder Perso- Kanälen von «SAT-7» sollen keine biblischen Themen nen, die an der Tür klingeln, ein Traktat abzu- behandelt werden. Christen seien schon immer moti- geben – eine nachahmenswerte Idee. viert gewesen, Bildung zu verbreiten, weil sie «Men- schen des Buches» sind. Neue Erfindung aus Israel: «Augenersatz» (audiatur-online) Zwei israelische Professoren haben einen kleinen Apparat entwickelt, der das Leben von blinden und sehbehinderten Menschen ein grosses Stück unabhängiger macht. MyEye, so der Name des etwa fingergrossen Geräts, ist batteriebetrieben und wird unauffällig auf den Bügel einer gewöhnlichen Brille aufgesetzt. Durch opti- sche Erkennungssoftware ist es in der Lage, gedruckte Texte zu lesen, auf die der Nutzer deutet. So lassen sich Namen von Geschäften, Zeitungstexte, Speisekarten, Produktaufschriften oder Banknoten identifizieren und lesen. Zudem können über eine Gesichtserkennungssoftware Personen benannt werden. Israelis, die als blind aner- kannt sind, erhalten vom Staat etwa einen Drittel des Kaufpreises. Updates werden automatisch und kostenlos heruntergeladen. Zehn Sprachen erkennt und liest das Gerät bereits. 12 ethos 10/2017

Wenn die Tage kürzer werden … & factum verteilen! Herbstmärkte, Erntedankfeiern, Gemeindeanlässe, Weihnachtsmärkte oder Weihnachtsfeiern … Das Jahresende bringt viele gute Gelegenheiten, Menschen zu begegnen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Wenn die Tage kürzer und dunkler werden, bringt die Frohe Botschaft Licht in die Herzen! Nutzen Sie die Möglichkeit, einen Stand zu gestalten und mit Verteilheften auszustatten. Wir stellen Ihnen jegliche gewünschte Anzahl der Zeitschriften ethos und/oder factum zur Verfügung. (Ein freiwilliger Unkostenbeitrag kann überwiesen werden.) Wenn möglich, bitten wir Sie, uns die Anzahl der gewünschten Verteilhefte bis fünf Wochen vor Ihrer Veranstaltung mitzuteilen, damit wir dies bei der Druckauflage berücksichtigen können. Vielen Dank! Bestellung an: info@schwengeler.ch oder Tel. 0041 (0)71 727 21 20. Herzlichen Dank für Ihre aktive Hilfe und Unterstützung bei der Verbreitung der Frohen Botschaft.

AUF DEN PUNKT GEBRACHT I purJESUS – denn Christus führt uns nicht in die Enge, sondern in die Weite. «Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Jesus Christus.» (1. Timotheus 2,5) Fernando vom Wampis-Volk im Norden Perus folgte dem Weg seines Vaters – er wurde Schamane. Dafür musste er sich ganz den Geistern ausliefern. Für einen Wampis ist es völlig unmöglich, sich mit dem höchsten Geist, dem Schöpfergott, in Verbindung zu setzen. Denn der Gott, der die Welt ins Dasein «geworfen» hat, lebt zurückgezogen – unerreichbar für Menschen. Die Geister der Wampis haben gute und schlechte Eigenschaften. Deshalb suchte Fernando immer nach einer grösseren und stärkeren Macht. Die fand er, als er Jesus kennenlernte und ihn als Retter und Herrn annahm. So bekam Fernando eine tiefe, innige Gemeinschaft mit dem Höchsten, der Himmel und Erde erschaffen hat. Seither schlägt er seine Frau nicht mehr. Jesus befreite ihn von vielem, auch von seiner Alkoholsucht. Der Schamane verbrannte alle Zauberhilfsmittel und wurde Pastor im Dorf. Die Menschen sind beeindruckt von der Veränderung. Jesus allein hat Fernandos Leben erneuert. CHRISTUS PUR – WEIL ER UNS GOTT ZEIGT Wir Menschen versuchen verzweifelt, Gott zu verstehen. Ich bin immer wieder froh, dass ich das nicht brauche, denn er sprengt meinen Denkhorizont. Gott ist viel grösser – wie sollte ich ihn auch nur annähernd 14 ethos 10/2017

erfassen? Besonders, dass der Schöpfer kanon unserer Gesellschaft einfügen. verbietet, von Jesus zu reden, bevor- des Universums in Jesus Teil seiner Dennoch verkündigen wir Jesus weiter- mundet Menschen und verwehrt ihnen, eigenen Schöpfung wurde. Gott kam in hin freimütig als das, was er wirklich ist: sich umfangreich zu informieren. die Welt. In Jesus sehen wir, wie Gott der einzige Weg zu Gott (Joh. 14,6). wirklich ist (Joh. 14,7 ff.). Der Gott der Ein Zeuge vor Gericht muss erklären, Bibel bleibt kein Unbekannter – anders JESUS PUR – IN EINER was er gesehen und gehört hat. Es ist als bei den Wampis. In Jesus wird Gott PLURALISTISCHEN WELT nicht seine Verantwortung, wie das Ge- erlebbar, weil er als Mensch mitten un- sagte aufgenommen und bewertet wird. ter uns gelebt hat (1. Tim. 2,5). Das hat Leider ist auch im Namen von Jesus viel So sind wir weiter fröhlich Pro-testan- Fernando vor 15 Jahren begriffen. Seit Unrecht geschehen. Dieser Kritik müs- ten (nämlich pro Jesus!) und erzählen Jesus in seinem Herzen lebt, ist ihm sen wir uns stellen. Meist kommt es zu von ihm. Die Bewertung des Gesagten Gott nahe. solchen Entgleisungen, wenn das «Solus bleibt unseren Zuhörern überlassen. Christus» insgeheim mit einem «Solus Im «Solus Christus» muten wir Anders- Schrill, laut und provokativ muss Ecclesia» (Kirche allein) verbunden gläubigen zu, den Anspruch von Jesus man heute sein, um gehört zu werden. wird. Wir sind berufen, Menschen in auszuhalten. Dabei tolerieren auch wir Vor 500 Jahren war das nicht anders, die tiefe Begegnung mit Jesus zu führen, unser Gegenüber. Ja mehr noch, wir be- als Reformator Martin Luther seine nicht mit einer Kirche, Organisation gegnen den Menschen mit Respekt und Thesen veröffentlichte und die vier Soli oder Kultur. Liebe. Sie ernst nehmen bedeutet, ein (alleine) der Reformation formulierte: offenes Ohr für sie zu haben – und das Viele beklagen, dass das Christentum Wesentliche zur Sprache zu bringen. sola fide – Glaube allein in unserer Gesellschaft an Einfluss ver- sola gratia – Gnade allein liert. Jesus wird nur noch als ein Weg CHRISTUS PUR – WEIL ER DIE sola scriptura – die Schrift allein unter anderen verstanden. Wer sich klar SCHULDFRAGE GEKLÄRT HAT solus Christus – Jesus allein. zu Jesus stellt, wird als intolerant und fundamentalistisch abgestempelt. Geht Damals bei Luther im 15. Jahrhundert Dieses vierfache «Allein» erscheint es Ihnen nicht auch so, dass Sie manch- stand die Schuldfrage im Vordergrund: uns widersprüchlich. Unser analytisches « Jesus als Morallehrer (...) passt ja noch in unsere Zeit. Aber das allumfassende Alleinstellungsmerkmal ‹nur Jesus› will sich nicht so recht in den toleranten Wertekanon «unserer Gesellschaft einfügen. Denken, das stark von der griechischen mal lieber schweigen, weil Sie nicht als «Wie werde ich gerecht vor Gott?», Philosophie geprägt ist, stösst damit Fundamentalist gebrandmarkt werden dieser Gedanke quälte ihn heftig. Wir an seine Grenzen. «Alleine Jesus» wird wollen? Menschen haben alle gesündigt und heute als extreme Engführung verstan- sind schuldig, ob wir es wahrhaben den. «Wie kann man nur an eine ein- Doch als Christ, Kirche und Missi- wollen oder nicht. Unsere Schuld vor zige Wahrheit glauben?», werfen uns onswerk sind wir Protestanten! Pro- Gott muss beglichen werden. Kritiker an den Kopf. Das «Solus Chris- testari bedeutet «Zeuge sein» für un- tus» bereitet vielen heute Probleme. seren Glauben. Die Menschen haben Bei den Indigenen im Amazonas- Doch Christus führt uns nicht in die das Recht, die Geschichte von Jesus tiefland gibt es immer wieder verpflich- Enge, sondern in die Weite. zu hören: von der Grundlegung der tende Arbeitseinsätze im Dorf. Jeder Welt, über sein Erdenleben und Wir- muss mitmachen, wenn sie den Fuss- Jesus als Morallehrer, als Friedens- ken heute, bis hin zur Neuschöpfung. ballplatz mähen, Wege säubern und die stifter, als spiritueller Führer oder Wir Christen haben eine Mission: «Ihr Anlegestelle für Boote am Fluss von Regimekritiker passt ja noch in unsere werdet meine Zeugen sein (...) bis an das Gestrüpp befreien. Wer nicht erscheint, Zeit. Aber das allumfassende Allein- Ende der Erde» (Apg. 1,8). Wer Jesus als muss Strafe zahlen. stellungsmerkmal «nur Jesus» will sich Retter erlebt hat, ist automatisch Zeuge nicht so recht in den toleranten Werte- dieser Begegnung mit ihm. Wer uns Luis kam nicht zur Arbeit und bekam 20 Soles Strafe aufgebrummt, ethos 10/2017 15

umgerechnet fünf Euro, in seinen Augen ««Seit Jesus in seinem Herzen lebt, ein Vermögen. Im Bibelunterricht fragte ist ihm Gott nahe. ich den jungen Indianer: «Was wäre, wenn ich zum Apu (Dorfchef) gehe und «Was erwartest du dann von mir?», Am Kreuz auf Golgatha hat Jesus die 20 Soles für dich abliefere? Müsstest fragte ich ihn. «Du bist Missionar! gesiegt, das war wie der D-Day. Auf den du sie dann noch bezahlen?» – «Natür- Du hast doch bestimmt mehr Macht V-Tag freuen wir Christen uns, wenn lich nicht», antwortete er. «Würdest als unser Pastor und Zauberer.» Jesus einmal sichtbar für alle als Sieger du es akzeptieren, wenn ich für dich zur Erde kommt. Jesus hat die Macht- bezahle?» Er lachte: «Kein Mensch wäre Ich weiss nicht, was mein Gebet für frage am Kreuz gelöst. Satan, der Feind so dumm, das nicht zu akzeptieren!» die Frau am Ende bewegt hat, denn ich allen Lebens, ist besiegt. Doch die Voll- musste noch am selben Abend weiter- endung dieses Sieges steht noch aus. Wie viele Menschen sind leider so reisen. Aber ich konnte Johannes erklä- einfältig und lassen ihre Schuld nicht ren, dass es nicht auf die Macht eines CHRISTUS PUR – von Jesus begleichen. Dabei ist die Missionars oder Pastors ankommt, son- IN DER GEMEINSCHAFT Strafe für Sünde nicht nur fünf Euro, dern auf die Kraft und das Handeln von es geht um Leben und Tod. Jesus Jesus Christus selbst. Weil Jesus gesagt Jesus kam auf die Erde, er kennt unsere bezahlte für uns mit dem Wertvollsten, hat: «Mir ist gegeben alle Macht im Him- Leiden. Er war bereit, gefoltert zu wer- mit seinem eigenen Leben. Deshalb mel und auf Erden ... (Matth. 28,18 f.). den und am Kreuz zu sterben, um mit kann nur Jesus uns aus dem Sumpf der uns Gemeinschaft zu haben. Es gibt Sünde ziehen. Weil er die Schuldfrage Wünschen Sie sich nicht auch, dass keine menschliche Not, die Jesus nicht ein für alle Mal beantwortet hat. die rettende Kraft von Jesus noch klarer kennt (Hebr. 4,15 f.). Er galt als Versa- sichtbar wird? Doch er führt oft anders. ger. Selbst seine Freunde gingen ent- JESUS PUR – Weshalb der Sieg von Christus nicht täuscht davon, als er tot war. Am Kreuz DENN ER HAT ALLE KRAFT immer sofort erkennbar ist, kann ein gab’s für ihn keine Rettung in letzter Beispiel aus der Geschichte illustrieren: Sekunde, wie es antike Göttergeschich- Johannes, ein anderer Wampis-India- ten hätten erwarten lassen. So einen ner, rief mich zu seiner kranken Frau, Am 6. Juni 1944 landeten die Alliier- Heldengott hätten auch wir gerne, oder um mit ihr zu beten. Auf meine Bitte, ten in der Normandie und eröffneten nicht? Ein Gebet, und das Krebsleiden den örtlichen Pastor dazuzurufen, erwi- die Westfront gegen Nazi-Deutschland – ist vorbei. Das kranke Kind ist geheilt. derte er: «Der hat schon mit ihr gebetet, dieser Tag wird als «D-Day» bezeichnet, Doch die Realität sieht oft anders aus. es hat nicht geholfen, er hatte nicht die Decision-Day, Tag der Entscheidung. Macht.» Ich hakte nach: «Dann wart ihr Als die Landung gelang, war das Schick- Nicht Rettung in letzter Sekunde, vorher sicher auch schon beim Zaube- sal der Nazis besiegelt. Der V-Day, der sondern: «Und ob ich schon wanderte im rer?» Resigniert sagte er: «Ja, aber auch Victory-Tag, Tag des endgültigen Sieges finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; seine Zeremonie hat nicht geholfen.» der Alliierten, stand allerdings noch aus. denn du bist bei mir» (Ps. 23,4). Christus schenkt uns diese tiefe Gemeinschaft, die durch Leid und Not trägt. In ihm wird Gott uns Vater, Bruder und Freund. «In ihm leben, weben und sind wir» (Apg. 17,28). Christus führt uns in die enge Ge- meinschaft mit sich und mit anderen. «Christus alleine» hat uns das Leben ge- rettet und uns als Glaubensgeschwister zusammengestellt, damit noch viele weitere Menschen Gott begegnen. n Simon Bohn, Jg. 1977, verheiratet, drei Töchter, Beruf: seit 2016 Perso- nalleiter für Amerika bei der DMG interpersonal. Wohnort: Eppingen Adelshofen, Hobby: lesen. 16 ethos 10/2017

alltagstauglichSCHMETTERLINE SÜNDENBOCK Sie wurde Schmetterline genannt. Die geheime ««Was, ich? Wie kommst du Bewohnerin im Haus, das unsichtbare fünfte Kind im Nachwuchsgespann. Unsere Tochter Jessica hat nur auf so einen Gedanken? sie entdeckt. An dem Tag, an dem ich eine klebrige Sauerei in der Küche vorfand, als ich nach Hause kam. Der, der nicht schuldig war, trug unsere Schuld in Schon wieder war es niemand gewesen. Eltern kennen ihrem vollen, empörenden Ausmass. Und befähigte sie gut, die grossen Augen, das empörte Kopfschütteln: dadurch uns, die wir glauben, auch unsere Schuld zu «Was, ich? Wie kommst du nur auf so einen Gedan- bekennen, mutig zu sagen: «Ich war es! Ich habe ge- ken?» Dieses Mal kam es anders. «Es war Schmetter- logen, übertrieben, gelästert, geklagt, angeklagt, mich line!», rief Jessica zuversichtlich von oben. Sie konnte geweigert, zu verzeihen, mich bereichert auf Kosten mit ihren vier Jahren zwar nicht erklären, wer Schmet- anderer, und und ...» Die Bibel redet von Busse – dem terline war, aber auf jeden Fall war es Schmetterline, Lebensstil, in dem wir uns täglich abwenden von Ver- das wusste sie. Die Idee fand ich nicht schlecht. haltensweisen, die Gott, uns selber und anderen weh- Endlich die ultimative Lösung auf die Frage: «Wer tun, und uns dem neuen Leben hinwenden, das Gott war es?» Schmetterline wurde als Sündenbock feier- uns schenkt. Glaube ist nicht nur die Kraft, Schuld zu lich eingeweiht. Fehlte Papas Kugelschreiber – Es war bekennen, sondern auch die Kraft, in den Fussstapfen Schmetterline. Lagen Duplosteine auf dem Boden – des Meisters zu laufen und uns zu verändern! Schmetterline hatte nicht aufgeräumt. Hatte die Kleb- tube Beine gekriegt – Schmetterline hatte sie geklaut. «Ich war es. Das Schlamassel hab ich mir einge- Schmetterline sammelte einen beachtlichen Schulden- brockt, ich nehme die Verantwortung auf mich.» Er berg und beklagte sich nie. Verlorene Autoschlüssel, kam nicht weit. Der Vater, sprachlos vor Glück, schloss fehlende Schraubenzieher, abhanden gekommene ihn in seine Arme und zog ihn in ein Haus, das bald Tesafilme. Wie oft seufzte ich: «Das wird wohl Schmet- darauf in eine euphorische Feierlaune ausbrach. terline sein.» Ihre Untaten hörten schlagartig auf, Soweit Christsein erklärt – in einer der bewegendsten nachdem die Kinder aus dem Haus waren. Geschichten aller Zeiten. Der Vater bezahlt die Schuld und macht seinem Sohn nicht mal ein schlechtes Als treusorgende fromme Eltern haben wir natürlich Gewissen. Der Kerl hat sich geändert. Dankbar, buss- nicht gezögert, auf die Parallele zum Glauben hinzu- fertig, mit einem dienenden statt einem fordernden weisen. Einer der tiefstsitzenden Instinkte des schul- Herzen. Und bleibt vermutlich verändert. digen Herzens ist die Suche nach dem Sündenbock. Keiner muss lernen, wie es geht. Die Abscheu vor der Mein Ausweis fehlt. Schade, dass Schmetterline eigenen Schuld, den Unwillen, auf die eigene Nie- ausgezogen ist. Es wird wohl meine Schuld sein. dertracht zu blicken und zu sagen: «Ich war es», gehört zur Genetik einer gefallenen Seele. Kein Wun- Nicola Vollkommer, Jg. 1959, verheiratet, der. Denn die Folgen der Sünde sind so haarsträubend, vier Kinder, Lehrerin und Autorin; dass es Mut kostet, sich ihnen zu stellen. Diese Not Hobbys: Klavier spielen und singen, spürte Hiob, als er schrie: «Es gibt zwischen uns (d. h. lebt in Reutlingen. zwischen ihm und Gott) keinen Schiedsmann, dass er seine Hand auf uns beide legen könnte» (Hiob 9,33). Gott hatte den Schrei schon lange davor gehört. Er sandte seinen Schiedsmann. Auf dem berüchtigten Berg Golgatha, Endstation für den kriminellen Abschaum einer brutalen Militärdiktatur, verkündete er ohne Worte: «Ich war es – strafe mich, ich trage die Folgen!» ethos 10/2017 17

werVON GOTTRUBRIKI « « In mir schrie alles, doch ich unterdrückte meine Tränen. Die Scham vergrösserte sich ständig, darüber reden konnte ich «aber mit niemandem. Kein Wort. I« ch wünsche dir Mut, von den Wun- unmöglich! Ich wünsche mir, dass auch FÜRS LEBEN GEZEICHNET dern Gottes in deinem Leben zu andere Frauen, die ihr Leben lang ge- erzählen», schrieb mir eine Freundin. schwiegen haben, sich trauen, über ihre Im Kindergartenalter wurde ich sexuell Zur selben Zeit las ich in meiner Nöte und Siege zu reden. Heilung ist missbraucht und im Grundschulalter Andacht: «Wenn du dich selbst in und möglich. vergewaltigt. Es begann zuerst wie ein mit deinem schweren Leid annehmen Spiel, als ich zu Besuch bei meinen willst, dann gebraucht Gott dich zur Es soll deutlich werden, was sexueller Verwandten war. Die (deutlich älteren) Stärkung für andere.» Es war, als fragte Missbrauch und Vergewaltigung im Cousins schlugen vor: «Lasst uns mich Gott, ob er meine bereinigte Leben einer Frau anrichten. Ich appel- ‹Mama und Papa› spielen.» Anschlies- Vergangenheit ihm zum Zeugnis liere an alle Eltern, wachsam zu sein, send drohten sie: «Wenn du jemandem haben dürfe. denn Übergriffe können in ganz nor- davon erzählst, bringen wir dich um!» Ja, das wollte ich. Selbst hat es mir malem Rahmen geschehen, ohne dass Später war es ein älterer Nachbar. immer wieder Mut gemacht, von bewäl- sie jemand mitbekommt. Schaffen Sie Er ging mit mir zum Schlittenfahren tigten Schicksalen anderer zu lesen. Sie eine Beziehung des Vertrauens, in der und vergewaltigte mich dann bei sich halfen mir, mich zu öffnen, unter die ein Kind solche Erlebnisse erzählen zu Hause. Auch er drohte, mich zu Oberfläche meines Lebens zu schauen, und über sein Innerstes reden darf. töten, falls ich es jemandem erzählen und zeigten mir: Ich darf mich von Gott Denn es braucht einen Raum der Liebe, würde. Ich war ein kleines Mädchen – verändern lassen. Bei ihm ist nichts Sicherheit und Geborgenheit, um sich und doch fürs Leben gezeichnet. zu öffnen. 18 ethos 10/2017

rtgeachtetIMISSBRAUCH Seit dem Kindergartenalter wird sie sexuell missbraucht. Diese Vergehen werden zur alles bestimmenden Macht in ihrem Leben, isolieren sie und drücken ihr den Stempel «wertlos» auf. Heute sagt sie: «Ich bin ein Wunder Gottes», und erzählt, wie es in ihrem Leben wieder hell wurde. Meinen Eltern gegenüber schwieg ich Brave, Starke, Fromme, in der Schule Gott, denn er hatte ja auch immer den aus Angst, weil sie mich bestimmt be- die Fröhliche, Witzige. Bloss nicht «passenden» Bibelvers parat: «Wen Gott straft hätten. Das prägte und belastete zugeben, was ich mit mir herumtrug! liebt, den züchtigt er.» Dadurch prägte mich all die folgenden Jahre und führte Ich war ohne Hoffnung und dachte, sich in mir ein völlig falsches Gottesbild dazu, dass ich auch später wieder in ich müsste diese Last bis ins Grab mit- ein. War ich krank, erlebte ich kein Mit- eine missbräuchliche Beziehung geriet. nehmen. gefühl: «Stell dich nicht so an!», bekam ich häufig zu hören. Ich durfte keine Als Teenager fühlte ich mich wertlos, Meine Eltern und die Leute in der Schwäche zeigen oder Zweifel äussern. denn ich war keine «Jungfrau» mehr. Gemeinde waren sehr gesetzlich und Gab ich Fehlverhalten zu, war das meist In meiner christlichen Gemeinde gab es autoritär. Nach aussen schienen alle mit einer schmerzhaften Strafe verbun- offenbar niemanden, dem so was schon perfekt, geistlich und fromm. Ich zwei- den. Die Angst davor brachte mich oft mal passiert war. Um mich herum leb- felte an meinem Heil in Jesus, weil ich dazu, mich eher für eine Lüge zu ent- ten nur «Fromme» und «Heilige». Nur mich so schuldig fühlte. Selbst Jahre scheiden. So lernte ich, weder vor Gott ich war beschmutzt, schuldig, unrein. In nach meiner Bekehrung belastete mich noch vor Menschen ehrlich zu sein. mir schrie alles, doch ich unterdrückte die Frage: Ist diese Schuld wirklich Mittlerweile weiss ich, dass Gott ganz meine Tränen. Die Scham vergrösserte vergeben? anders über Familie und Erziehung sich ständig, darüber reden konnte denkt und meine Eltern in ihrem Han- ich aber mit niemandem. Kein Wort. Ich fühlte mich wertlos vor Gott deln mir gegenüber sicher nicht in Ich zog ein Schauspiel ab: zuhause die und den Menschen. Gleichzeitig seinem Willen lebten. Wir haben uns wünschte ich mir jemanden, mit dem aber inzwischen versöhnt, einander ich reden konnte, suchte nach Liebe vergeben. Nun muss ich ihnen die feh- und Annahme. Ich sehnte mich auch lende Liebe und Geborgenheit, die ich nach einem männlichen Gegenüber. gebraucht hätte, nicht mehr anrechnen. Meinem Vater konnte ich mich nicht anvertrauen. Seine Erziehung bestand Als mich ein weiterer Mann ständig aus Härte und körperlicher Züchtigung. mit Morddrohungen zu einer intimen Verständnis oder Vergebung ohne Strafe Beziehung drängen wollte, vertraute ich erfuhr ich selten. Je älter ich wurde, mich einem anderen väterlichen «gläu- desto strenger behandelte er mich. bigen» Mann an. Endlich hatte ich Oft bekam ich massive Schläge für jemanden, mit dem ich reden konnte. meine Fehler. Ich sehnte mich so sehr nach Austausch, nach männlicher Geborgenheit und Erst später habe ich erlebt, dass es Bestätigung. Doch auch daraus ent- auch möglich ist, Kinder zu erziehen, stand nach und nach eine missbräuch- ohne sie zu verprügeln. Viele Eigen- schaften meines Vaters übertrug ich auf ethos 10/2017 19

liche Beziehung. Zwar wusste ich, dass Doch die Vergangenheit liess sich nicht wort: «Ich hab das Gleiche erlebt!» Sie das alles nicht in Ordnung war. Aber abschütteln. Sie belastete meinen Alltag, empfahl mir das Buch «Das verwundete ich fühlte mich wie in Ketten. Ich war meine Beziehungen. Ich war sehr aktiv, Herz» von Dan Allender, das ich mir gebunden, konnte nicht so handeln, unternahm viel. Auf keinen Fall durfte kaufte und zunächst im Schrank ver- wie es richtig gewesen wäre. Dann kam ich zur Ruhe kommen, mich ja nicht steckte. Niemand sollte mich mit die- irgendwann alles ans Licht und das mit meinem eigenen Leben beschäfti- sem Thema in Verbindung bringen. Ganze nahm ein Ende. Ich litt an Alb- gen. In Beziehungen blockte ich bei Keiner durfte etwas wissen. träumen, hielt es nicht mehr aus. Es gab einem bestimmtem Punkt ab, sodass nur noch zwei Wege: Entweder würde mir keiner zu nahe kam. Niemand Später erzählte ich einer Seelsorgerin ich mein Leben beenden oder mich durfte mich wirklich kennenlernen, davon. Zusammen beschäftigten wir ganz Gott anvertrauen. An dieser Stelle weder Frau noch Mann. Einerseits uns mit den drängendsten Fragen: kapitulierte ich. Ich liess mich in Gottes sehnte ich mich sehr nach Liebe und Warum hat Gott das zugelassen? Arme fallen und begann ein neues Geborgenheit, andererseits hatte ich Wo war er, als mir all das Schlimme Leben ... mit Ihm an meiner Seite. Angst davor. passierte? Ihre Antwort: Gott hat mit dir gelitten! «Jedoch unsere Leiden – er Über viele Jahre verdrängte ich das Immer wieder gab es Momente, hat sie getragen, und unsere Schmerzen – Geschehene. Es sollte keinen Raum in denen mir klar wurde, dass ich jetzt er hat sie auf sich geladen» (Jesaja 53,4). mehr in meinem Leben haben. Wenn über das sprechen musste, was mir Diese Tatsache tröstete mich nicht nur, ich mich nur ablenken und mich mit geschehen war und mich so sehr prägte. sie knackte auch die härteste Schale allen möglichen Dingen beschäftigen Was aber sollte ich sagen? Ich hatte meines Herzens. Die Seelsorgerin bot würde, dann könnte ich diese unschöne Angst vor Enttäuschung, Ablehnung, mir ihre Begleitung an. Ich spürte, dass Vergangenheit unter dem Teppich Verletzung, Verachtung. Rückblickend ich ihr vertrauen konnte, und wagte es, halten. So hoffte ich. bin ich für diese Mauern dankbar, mich zu öffnen. Der Wunsch war gross, denn sie haben mich vor falschen von dieser Last loszukommen. Selbst Jahrelang war ich unzufrieden mit Beziehungen geschützt. wenn es den Preis kostete, mich bloss- mir und meinem Körper. Doch die zustellen, mich selbst zu erniedrigen. schwerwiegendsten Folgen waren Einmal fasste ich Vertrauen zu einer Ich brauchte Befreiung. Der Weg führte die Scham und die Angst in meiner Glaubensschwester und sprach mit ihr durchs Dunkel zum Licht. Ich musste Seele. Mein Leben schien sinnlos, über meine Nöte. Sie bohrte nach, blockiert. Die Vergangenheit umschlang versuchte, mir Details zu entlocken – meine Seele wie eine Würgepflanze. um anschliessend mit anderen über Sie drückte mir die Luft ab, liess kaum mich zu reden. Damit war das Kapitel geistliches Wachstum zu und verhin- «Seelsorge» für mich erstmal für Jahre derte auch, dass ich Gott vertrauen und erledigt. Ich blockte ab, verschloss mich seine Liebe durch mein Leben zu ande- – und verdrängte weiter. ren fliessen konnte. Gott aber war da, hatte meine Unter anderem achtete ich sehr Heilung zum Ziel. Er führte mich auch darauf, dass nach aussen alles perfekt durch schmerzhafte Erlebnisse. Eines schien. In mir drin sah es leider anders Tages begegnete ich einem Mann, aus. Die Wunden bluteten, sodass ich der mir wieder einmal zu nahe kam. vor Schmerzen hätte schreien können. Nun brach etwas auf in mir. Das durfte nicht wieder geschehen! Ich hätte ihn ENDLICH FREI! am liebsten geschlagen. Erneut wurde ich zum Objekt, fühlte mich als Opfer. Ich versuchte, den ganzen Müll meines Nein, damit musste jetzt Schluss sein! Lebens in eine Kammer zu stecken und die Tür zu verschliessen nach dem Ich überwand mich, mit einer Freun- Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. din über dieses Geschehen und auch über den erlebten Missbrauch zu reden – und war sehr erstaunt über ihre Ant- «Ich musste mich dem stellen, was ich bislang «verdrängt hatte. Ich brauchte Befreiung. 20 ethos 10/2017

mich dem stellen, was ich bislang ««Die Scham darf mich nicht mehr beherrschen. verdrängt hatte. Auch wenn andere damit nicht umgehen können, Die Beschäftigung mit dem Buch von Dan Allender erschütterte mich mir meinen Wert absprechen, bin ich trotzdem zutiefst. Es half mir auch zu verstehen, wertvoll, weil Jesus mich liebt. dass an mir gesündigt worden war. Ich war nicht selbst schuld am Miss- ich auch den Tätern. Ich wünsche ihnen, «... aber der HERR wurde mir zur brauch, sondern erst mal Opfer. Erst dass der Herr Jesus ihnen begegnet und Stütze. Er führte mich auch heraus in nach dieser Erkenntnis musste ich auch auch sie Befreiung erleben dürfen. die Weite; er befreite mich, denn er hatte meine eigene Schuld anschauen, die Wohlgefallen an mir» (Psalm 18,19–20). daraus entstand. Durch meine Schutz- Die Befreiung geschah nicht plötz- mechanismen verletzte ich Menschen, lich. Es kostete mich harte Arbeit und Jesus kann meine Wunden, meine misstraute ihnen, baute Mauern auf, viel Kraft. Doch immer wieder zeigte Erlebnisse dazu verwenden, um mich entwickelte sündige Überlebensstrate- mir Gott den nächsten Schritt. Er legte ihm ähnlicher zu machen. Er lehrte gien. Die erlebte Härte gab ich an meine mir aufs Herz, was zu tun sei, und mich durch das Erlebte, was es heisst, Mitmenschen weiter. wartete auf meinen Gehorsamsschritt. barmherzig, geduldig, demütig und Ein paar Wochen lang konnte ich nicht mitfühlend zu sein. Ich muss vor Gott Ich tat Busse darüber und bat Gott mehr schlafen und legte das Buch (und keine Angst mehr haben. Mein Bild von um Vergebung. Und diese Vergebung das Thema) zwischenzeitlich weg, um ihm hat sich völlig geändert. Nun lese wurde mir zugesprochen. Ich erlebte wieder zur Ruhe zu kommen. ich sein Wort anders. Persönlich. Liebe, sie als unglaublich befreiend. Das war Trost und Geborgenheit, nach denen nichts Kleines, Nebensächliches, hier In meiner jetzigen Gemeinde fand ich mich ein Leben lang gesehnt habe, fand eine Loslösung statt: Satan hat ich zum ersten Mal gläubige Christen, bekomme ich von Jesus, meinem Herrn. seither kein Anrecht mehr auf mich, die mir nicht mit erhobenem Zeigefin- Er hat meinen Durst gestillt. Meine auf mein Handeln, auf meine Gedan- ger begegneten, sondern vielmehr mit Seele kam endlich zur Ruhe. In Ihm ken und Gefühle. Ich durfte die Ketten Barmherzigkeit, Respekt und Liebe. bin ich geborgen. ablegen. Die Macht war gebrochen. So fasste ich Vertrauen, mehr und mehr Endlich war ich frei! Gleichzeitig vergab von mir preiszugeben. Ich sah, dass der Die meisten Wunden sind mittler- Dienst der Seelsorge aus Liebe zum weile geheilt. Ich habe Frieden im Herrn geschah, im Bestreben, aufrichtig Herzen und bin Gott so dankbar dafür. zu helfen. Die Last ist nicht mehr da. Meine Vergangenheit ist bereinigt. HEIL GEWORDEN Aber Narben sind geblieben. Auch Nun fühle ich mich nicht mehr allein die Neigung, mich selbst zu schützen, für mein Leben zuständig, denn ich eine erhöhte Wachsamkeit, Erinne- habe die Führung Gott übergeben. rungsbilder und Träume, ein (tief sit- Mit IHM will ich rechnen, nicht mehr zendes) Misstrauen gegenüber Män- mit meiner eigenen Kraft. Die wunden nern. Doch auch da schenkt mir der Punkte und dunklen Seiten will ich nie Herr die Kraft, mit diesen Narben zu mehr unter den Teppich kehren. Dann, leben. Sie haben ihre Schwere, ihr wenn ich ehrlich über Sünde rede, Gewicht verloren. verliert sie ihre Macht. Die Scham darf mich nicht mehr beherrschen. Ich darf Mein Leben blüht auf. Ich darf mich ehrlich sein vor Gott und Menschen, an Gottes Führung freuen, darf Schritte darf zu mir stehen: Das war ich, so bin mit ihm gehen und ihn immer besser ich. Auch wenn andere damit nicht kennenlernen. Ein neues Leben hat umgehen können, mir meinen Wert begonnen. Es ist wie ein Vorhang, der absprechen, bin ich trotzdem wertvoll, aufgezogen wurde. Ich bin von Gott weil Jesus mich liebt. abhängiger geworden und habe ent- deckt: Die Quelle des Lebens ist bei Ihm. n anonym ethos 10/2017 21

INTERVIEW I Beste Freunde – über sprachliche, kulturelle und andere Barrieren hinweg Christine Walch, siebenfache Mutter, Lehrerin, Autorin und in der «Flüchtlingsarbeit» tätig, erzählt im Interview von ihren Freundschaften über sprachliche, kulturelle und andere Barrieren hinweg und was sie täglich motiviert, für andere eine Freundin zu sein. Christine, du bist eine «den Menschen zugewandte» Person, strahlst Ruhe und wirkliches Interesse an deinem Gegenüber aus, sei dies ein Kind oder eine erwachsene Person. Warst du schon immer so? Christine Walch: Ich glaube schon, denn es gab da wirklich diese Neugierde in mir auf andere Menschen, vor allem, wenn sie einem anderen Land oder Kulturkreis entstammten. Als ich etwa sechs Jahre alt war, lebte in unserer Nähe eine türkische Familie mit einem Mädchen, das Ayşe hiess. Ich kann mich erinnern, dass ich mich fragte: Was machen diese Menschen den ganzen Tag? Was essen sie? Wie sieht es bei ihnen aus? Du warst ein Kind auf der Sonnenseite des Lebens: liebevolles Elternhaus, intelligent, hübsch, gesund. Im Teenageralter kamst du zum Glauben an Jesus Christus. Wie kam das und wie hat sich dein Leben verändert durch deine Umkehr zu Gott? Ich kannte die Kinderbibel von Anne de Vries recht gut, liess sie aber hinter mir, als ich älter wurde. Jesus war zweifellos ein besonderer Mensch gewesen, aber es gab ihn nach meinem Verständnis ja nicht 22 ethos 10/2017

mehr! Dass sich mein ältester Bruder Kinder sind chronisch krank. Wie hast wie Einkaufen, Behördengänge und aber durch den Glauben an eben die- du das alles geschafft? Instandsetzungsarbeiten rund ums sen Jesus wirklich zum Positiven verän- Haus zuständig. Mein Bereich war der derte, brachte mich zum Nachdenken. Nicht ich allein – Jürgen und ich haben Innendienst: der Haushalt, die Wäsche, Interessanterweise musste mir niemand es gemeinsam geschafft. Wir hatten uns das Saubermachen und Kochen, die klarmachen, dass ich nicht so lebte, wie eine Familie mit mehreren Kindern Betreuung der Kleinen, die Hausauf- ich eigentlich leben sollte. Ich wusste, gewünscht. Hätte Gott mich nicht mit gaben der Grösseren, das Musik-Üben, dass ich Schuld auf mich geladen hatte einer guten körperlichen Konstitution, das Wahrnehmen von Terminen in den und weiterhin auf mich lud. Ich glaube, einem ausgeglichenen Gemüt und mit Schulen, usw. Ich war und bin jedoch diese klare Erkenntnis schenkte mir Sinn für Humor gesegnet – was schon definitiv keine Super-Hausfrau, deren Gottes Geist, denn er ist es, der die mal hilfreiche Voraussetzungen für den Haus ständig geputzt und aufgeräumt Menschen überführt. Meine Sünden Fulltime-Job einer Mutter und Haus- ist. Bei uns stapelten sich enorme drückten und beunruhigten mich, und frau sind –, wäre es sicher schwerer Wäscheberge, da gab es Krümel unter ich sehnte mich danach, sie loszuwer- gewesen. Dass mein Mann als Lehrer dem Esstisch und Spinnweben an der den. Ich erfuhr: Jesus war gekommen, öfter auch an den Nachmittagen zu Decke. Ich versuchte hartnäckig, immer um die Strafe für unsere Bosheiten auf Hause war und mich in der Erzie- eines nach dem anderen zu erledigen, sich zu nehmen, und hatte sein Leben hungsarbeit unterstützen und entlasten ohne mich in Stress versetzen zu lassen. für uns gegeben! Er allein konnte das konnte, war eine grosse Hilfe. Während Ich konnte auch mal Dinge liegenlassen. tun, denn er ist Gottes Sohn und ohne ich mich um die Kleinen kümmerte, Natürlich stellten uns die besonderen jede Sünde. übernahm Jürgen die Grösseren. Krankheiten von Annika und Benjamin Er lehrte sie, mit Werkzeugen umzuge- vor grosse Herausforderungen. Annika Sehr jung hast du dich mit Jürgen hen und bei Arbeiten zu helfen. Als aus- erkrankte in ihrem 11. Lebensjahr an befreundet, ihr habt bald geheiratet und gesprochener Naturfreund machte er Diabetes Typ I, Benjamin kam mit innerhalb von 15 Jahren sieben Kinder sie auf viele kleine und grosse Wunder angeborenen Herzfehlern zur Welt. bekommen. Ihr hattet und habt immer in der Natur aufmerksam. Wir prakti- Im Jahr 2003 musste er am Deutschen ein offenes Haus, viele Gäste und ein zierten eine klare Aufgabenteilung: Herzzentrum München zwei grosse bescheidenes Einkommen. Zwei eurer Jürgen managte unseren Familien- Operationen am offenen Herzen und betrieb und war für alle Aussendienste «Wenn Christus nicht das Band der Freund- Cornelia Nydegger im Gespräch mit Christine Walch (links). schaft und unserer Gemeinschaft und sein Blut nicht das Leben der Liebe wäre, wie sch„nWellenn Christus nicht das Bandwechselte Zuneigung zu Zwietracht, würden der Freundschaft und Freunde zu Feinden. Selbstsucht, verletzter Stolz und die dem Menschen angeboreneuUnnbsee- rer Gemeinschaft und Seinständigkeit prallten dann aufeinander.» Robert Cleaver Chapman Blut nicht das Leben der Liebe wäre, wie schnell wechselte Zuneigung zu Zwietracht, würden Freunde zu Feinden. Selbstsucht, verletzter Stolz und die dem Menschen angeborene Un- beständigkeit prallten dann aufeinander.“ Robert Cleaver Chapman ethos 10/2017 23

eine weitere zur Platzierung des Herz- habe. Ich glaube, das Trösten zu erler- Als junge Frau fiel es mir schwer, schrittmachers im Bauchraum über- nen ist etwas vom Schwierigsten. Erst geduldig zu sein und zu warten. Auch stehen. Seine angeborenen Herzfehler das eigene durchlebte Leid und der Geduld ist eine Tugend, die erlernt konnten nicht operativ korrigiert wer- erfahrene Trost durch unseren himmli- werden muss. Wartezeiten, die Geduld den, doch ein in der Zwischenzeit er- schen Vater machten uns empfindsamer erforderten, gab es viele. Es gab ganz worbener Herzfehler – eine geschädigte für die Nöte der anderen. Paulus profane: Unser Haus war über Jahre Herzklappe – wurde durch eine Kunst- schreibt davon im 2. Korintherbrief: nicht fertig, ebenso wenig der Garten, klappe ersetzt. Seine Rekonvaleszenz «Weil Gott uns ermutigt und getröstet auf unseren geplanten Balkon warteten nahm rund eineinhalb Jahre in An- hat, können wir andere trösten und wir zehn Jahre. Wir lebten mit Proviso- spruch. Damit verbunden waren unzäh- ermutigen» (2. Kor. 1,4; NeÜ). Das wirft rien. Die Kinder kamen in rascher Folge lige Fahrten zu Kontrollterminen beider auch ein bezeichnendes Licht auf das Kinder. Mandel- oder Blinddarmopera- Leid, das Gott zulässt. Er verwendet es, tionen, eine Schulteroperation, gebro- um unseren Charakter zu for- chene Arme oder Finger sowie 11-mal men und uns Jesus ähnlicher mit einem unserer Kinder zum Nähen zu machen! von Kopfverletzungen in die Ambulanz fahren, verloren dadurch an Dramatik Bist du einfach ein und gehörten schon fast zur Routine. geduldiger Mensch? Was stresst dich oder Enttäuschungen blieben nicht aus. macht dich gar wütend? Menschen, die in eurem Haus fast Wie streitest du? schon zur Familie gehörten, entpuppten sich in notvollen Stunden nicht immer ««Erst das eigene durchlebte Leid und der als Stützen. Das schmerzt. Wie gehst du damit um? erfahrene Trost durch unseren himmlischen Natürlich ist es enttäuschend, wenn sich Vater machten uns empfindsamer für in notvollen Zeiten kaum jemand nach die Nöte der anderen. einem erkundigt oder sein Mitgefühl äussert. Wenig in Leid geprüfte Glau- bensgeschwister sagen oft sehr schnell: «Ich bete für dich», gehen dann aber rasch zur Tagesordnung über. Aber ich weiss, dass ich in vielen Situationen auch schon so oberflächlich gehandelt 24 ethos 10/2017 Christine Walch mit Flüchtlingskindern bei einem Grillfest.

zur Welt, darum gab es auch Raumnot ««Ich habe mich dazu entschlossen, und eine gewisse Enge. Auch in geistli- nicht zu resignieren. cher Hinsicht gab es Warte- und Dürre- zeiten. und auch zur Hilfe bereit sind. Wenn hohen Kinderzahl. Das führte bei Jür- möglich, essen wir einmal pro Woche gen und mir zu Ermüdungserscheinun- Grundsätzlich bin ich nicht leicht bei ihnen. gen. zu stressen. Am ehesten brachten mich unsere pubertierenden Kinder in Rage, Fünf unserer Kinder leben eigenstän- Bremsen dich nachlassende Kräfte nicht wenn sie trödelten, vereinbarte Zeiten dig, zwei davon sind bereits verheiratet, aus in deinen vielen Engagements? nicht einhielten, versuchten, sich durch- zwei Jungs leben noch bei uns. Es ist Die Spannkraft von früher ist mir schon zumogeln, ihre Aufgaben vernachlässig- manchmal herausfordernd, den Kon- etwas abhanden gekommen. Doch im- ten und dergleichen mehr. takt zu allen zu pflegen, da sie ihren mer noch bin ich die Erste, die morgens Berufen nachgehen, ihre Freizeit je nach aufsteht, und die Letzte, die zu Bett Ich mag Auseinandersetzungen ihren Bedürfnissen planen und Reisen geht. Ich komme gut mit sechs bis sie- nicht, aber sie sind unvermeidlich. unternehmen. Wir versuchen, Zeit mit ben Stunden Schlaf aus – vermutlich Und wenn es sie nicht gäbe, wie könn- allen zu verbringen, es gibt auch gewisse ein Überbleibsel aus der Zeit mit unse- ten wir eine Streitkultur entwickeln? Fixpunkte während des Jahres, an ren kleinen Kindern. Wie lernt man zu streiten, ohne den denen wir uns treffen. Einige Urlaube anderen herabzusetzen und ihn zu haben wir bewusst als ganze Grossfami- verletzen? Wie lernt man, mit negativen lie unternommen. Die waren ein Segen Emotionen bei sich selbst und bei für uns alle. anderen umzugehen? Jürgen und ich reagieren in solchen Situationen sehr Dein Leben scheint bei schnellem unterschiedlich. Während er die anzu- Hinsehen unbelastet. Kennst du Tränen, sprechenden Punkte und Beweggründe tiefe Traurigkeit und Resignation? recht rasch aufs Tapet bringt und zu Natürlich kenne ich Tränen – auch tiefe einem Resultat kommen will, geht mir Traurigkeit. Ich weinte Tränen der Ver- das oft zu schnell, wäge ich noch ab, zweiflung, als unser Sohn in der Herz- zögere und kann mich nicht sofort zu klinik solche Schmerzen hatte, dass nur etwas durchringen. Wenn wir mit unse- noch Morphium half, aber ich weinte ren Kindern etwas aushandeln mussten, auch wegen wesentlich banaleren war es gut, wenn wir uns vorher über Dingen. Gegen Resignation habe ich unsere Vorgehensweise absprachen. weniger zu kämpfen. Ich habe mich Wir hatten sehr gute, leider aber auch dazu entschlossen, nicht zu resignieren. weniger gute Streitbegegnungen in unserer Familie und sind in dieser Hin- Konntest du deine Kinder gut loslassen? sicht immer noch Lernende. Als junge Mutter wurde mir nachgesagt, eine «Glucke» zu sein. Ja, ich scharte Was zeichnet die Freundschaft zu meine «Küken» gerne um mich! deinem Mann, deinen betagten Eltern Wir steckten den Rahmen anfangs eher und die zu deinen Kindern aus? etwas enger und erweiterten ihn nach Was ich an meinem Mann vor allem und nach. Das hat sich in der Rück- schätze, sind seine Verlässlichkeit und schau auch bewährt. Als die Kinder Treue in all den Jahren, dass er ein das Nest verliessen, liess ich sie gerne wirklich guter Gefährte ist und er mich ziehen. Sicherlich erleichterte es den immer wieder zum Lachen bringt! Loslösungsprozess, dass immer noch Wir freuen uns, dass wir unsere Zwei- einige Kinder zu Hause waren. Was ich samkeit jetzt viel mehr pflegen und allerdings unterschätzt habe, ist die sehr uns auch gemeinsam in verschiedene lange Erziehungsphase aufgrund der Dienste einbringen können. Seit Dezember 2012 bewohnen meine Eltern unsere Einliegerwohnung mit Terrasse und Gemüsegarten. Das macht es leichter, Synergien zu nutzen und zu teilen. Für meine Eltern ist es schön zu wissen, dass wir zur Stelle ethos 10/2017 25

Wie bist du in die Flüchtlingsarbeit ««Wie lernt man zu streiten, ohne den eingestiegen? Im Jahr 2009 besuchte ich einen «Tag anderen herabzusetzen und ihn zu verletzen? der offenen Tür» in einem Flüchtlings- heim. Mich machte das Schicksal von auch, einen sehr guten Anwalt zu fin- Montafon ausschliesslich mit Flücht- Flüchtlingen betroffen. Ich wollte mich den, der bereit war, ihren Fall nach vier lingskindern, die ohne Deutschkennt- wenigstens einmal informieren, wie es abschlägigen Asylbescheiden noch ein- nisse hier ankamen. Die Arbeit mit in der Betreuung aussieht. Dabei lernte mal von vorne aufzurollen. Im Jahr den türkischen Kindern war eine gute ich dort einen Kinderpsychologen ken- 2011 erhielt die Familie ihren Aufent- Vorbereitung auf die neue Aufgabe nen, der auf der Suche war nach Leuten, haltstitel. Mit dieser Familie sind wir gewesen! die bereit wären, Flüchtlinge regelmäs- nach wie vor gut befreundet. sig zu besuchen und zu unterstützen. In diesem Schuljahr unterrichte ich Damals hatte ich noch alle sieben Nahmst du diese Aufgabe mit deinem Flüchtlingskinder an zwei Schulen. Kinder zu Hause und hätte eigentlich Mann zusammen wahr? Inzwischen sind es 16 Kinder aus Sy- sagen müssen, dass ich keine Zeit übrig Jürgen unterstützte mein Engagement rien, Afghanistan, Irak, Iran, der Mon- habe. Ich hatte mich bereits als Chris- insofern, als dass er die Aufsicht zu golei, Georgien, Armenien und Bos- tin bekannt, aber der Psychologe blieb Hause übernahm, wenn ich weg war. nien. Auch Jürgen wurde nach seiner hartnäckig: Wie viel Zeit ich erübrigen Aber er selbst hatte damals noch keinen Ausfallzeit wegen einer Erschöpfungs- könne? Kurz und gut: Ich lernte eine Zugang zu Flüchtlingen, noch weniger depression als Lehrer für Flüchtlings- Familie kennen, die mir ihre Geschichte zu Muslimen. kinder eingesetzt. erzählte. Der Vater hat aserbeidschani- sche Wurzeln, die Mutter ist Armenie- Wie bekamst du Einblick in ihre Kultur? Der Brief eines syrischen Pastors an rin. Sie haben zwei kleine Kinder. Das geschah durch meine Kontakte zu christliche Gemeinden und Pastoren Daraufhin besuchte ich sie noch einige türkischen Familien in unserer unmit- in Europa hatte mich sehr betroffen Male, recherchierte im Internet, stellte telbaren Nachbarschaft und im Ort. gemacht. Er schrieb, dass bald sehr viele fest, dass Menschen binationaler Her- Ich habe eine liebe türkische Freundin, Menschen aus dem Nahen und Mittle- kunft wirklich ein Schattendasein füh- über sie lernte ich viele Familien aus ren Osten unsere Länder erreichen wür- ren müssen und im Fadenkreuz natio- ihrer türkischen Community kennen. den und dass es ausschlaggebend sei, nalistischer Gruppen in beiden Ländern Dazu las ich Bücher über ihre Kultur, wie wir diesen Menschen als Christen stehen. So beschloss ich, mich für diese unter anderem «Basiswissen Islam», begegnen würden. Es sei eine Chance, Familie einzusetzen. Ich begleitete sie um mit diesem Thema vertraut zu die wir nützen sollten, diesen traumati- über zwei Jahre hinweg, besuchte sie werden. Im Jahr 2007 begann ich mit sierten, entwurzelten Menschen gerade mindestens einmal pro Woche und Nachhilfestunden für türkische Kinder in der ersten Zeit hier unsere Freund- begleitete sie bei Behördengängen und und Jugendliche. Diesen Dienst biete schaft und unsere Hilfe anzubieten! Arztbesuchen, half beim Ausfüllen von ich bis heute an. Formularen und erklärte ihnen den Inhalt von Briefen, etc. Es gelang uns Das Thema Flüchtlinge wurde vor allem im Jahr 2015 wieder sehr aktuell … ZUR PERSON Ja, es war zwischen 2011 und 2014 etwas ruhiger, bis sich die Lage 2015 Christine Walch, extrem zuspitzte. Ich hatte zwischen- Jg. 1962, verhei- durch immer wieder ein anderes Flücht- ratet mit Jürgen, lingsheim besucht, Kleider gebracht, beide Volksschul- mit Frauen Deutsch gelernt und gespro- lehrer, sieben Kinder, wohnhaft chen und mit den Kindern gespielt. in Österreich. Sie liebt fremde Kul- Anfang Oktober 2015 trat ich wieder in turen, reisen, Natur, lesen, schrei- den Schuldienst ein, weil händeringend ben und Musik. 2017 erschien ihr nach Deutschlehrern gesucht wurde. Ich arbeite an einer kleineren Schule im Roman «Wo der lachende Mond weint», novum-Verlag. 26 ethos 10/2017

Christine und Jürgen Walch. Immer wieder konnten wir auch un- festzuhalten. Er bat mich, sie doch auf seren Glauben an Jesus bezeugen, weil Deutsch aufzuschreiben. Eine Veröffent- Losgelöst von ihren Traditionen und wir gefragt wurden: «Warum macht ihr lichung war in den ersten Jahren eigent- ihrer Kultur bestünde die Chance, das mit uns?» Jürgen organisierte vieles. lich kein Thema für uns, das lag in zu sie mit dem Evangelium bekannt zu Beispielsweise, dass Jungs in den Fuss- weiter Ferne! Doch sollte unser Manu- machen, bevor sich die Familienclans ballvereinen Aufnahme fanden oder skript jemals gedruckt werden, war es wieder um sie schliessen würden ... dass ein Tischtennis-Tisch aufgestellt uns wichtig, das Hauptaugenmerk auf wurde. Er war Vermittler zwischen die Frage zu legen, was alles passieren Als Ehepaar habt ihr im Januar 2016 Schule und Heimleitung, übernahm muss, dass Menschen sich entscheiden beschlossen, euch ehrenamtlich in viele Chauffeursdienste für die Fussball- zu fliehen – ihr Zuhause, ihre Familie, einem Flüchtlingsheim ganz in eurer jungs usw. ihr gewohntes Umfeld, ihre Kultur, ihr Nähe zu engagieren, in dem vorwiegend Land zu verlassen – und sich auf einen Familien untergebracht waren. In unserer christlichen Gemeinde in jeder Hinsicht gefährlichen Weg in Ja, Jürgen begab sich völlig in diese Auf- organisierten wir ein Sommer-Grill- eine ungewisse Zukunft zu machen. gabe hinein! Ich fand es einfach wun- fest für alle Flüchtlinge des Heimes. derbar, dass wir diesen Dienst gemein- Es kamen über 50 Personen. Wir grill- Um den Bogen zu schliessen: Deine sam ausführen konnten. Wir versuchten, ten für sie, hatten ein Kinderprogramm Freundschaften setzten sich über die Familien wirklich jede Woche zu und Outdoor-Spiele vorbereitet, führ- sprachliche und kulturelle Barrieren besuchen und unser Leben mit ihnen ten viele Gespräche. Einige Flüchtlinge hinweg. Genährt sind sie alle von deiner ein Stück weit zu teilen. Wir lernten nehmen regelmässig einmal pro Woche Freundschaft mit Gott, deinem Schöpfer. Deutsch mit ihnen, veranstalteten Pick- an unserem Gemeinde-Fussball-Treffen Was bedeutet er dir? nicks, sangen miteinander, machten teil, und als die Hallensaison kürzlich Es bedeutet mir unendlich viel, zu gemeinsam Musik, assen zusammen, beendet wurde, waren alle Fussballer glauben und zu wissen, dass Gott, wurden eingeladen ... Es war eine ganz zu einem Essen in unseren Gemeinde- der Schöpfer des ganzen Universums, wertvolle Zeit! Inzwischen leben die räumen eingeladen. an einzelnen Menschen lebhaftes In- Familien in verschiedenen Dörfern teresse hat, und dass die Beweggründe, verteilt. Es ist etwas schwerer, sie regel- Und dann hast du ja nebenbei über die Ihn dazu veranlassen, sich um die mässig aufzusuchen, aber wir haben zu sieben Jahre an einem Roman geschrie- Menschen zu kümmern, letztlich in einigen Familien engeren Kontakt hal- ben, basierend auf den Erzählungen seiner grossen Liebe zu seinen Geschöp- ten können. eines Flüchtlings. Wie kam es dazu? fen wurzeln. Wie Hagar freue ich mich Meine Familie und ich lernten Ahmad über «den Gott, der nach mir schaut» Sedighi im Jahr 2004 kennen. Er war (1. Mose 16,13; NeÜ). Ich staune dar- aus Afghanistan als Flüchtling nach über, dass Gott in Jesus Mensch wurde, Vorarlberg gekommen. Aus der Be- um uns ganz nahe zu kommen und gegnung erwuchs allmählich eine tiefe uns die gute Botschaft wissen zu lassen, Freundschaft. Wenn er uns besuchte, dass jeder, der an Ihn glaubt, nicht ver- stellte ich ihm immer viele Fragen nach loren geht, sondern ewiges Leben hat. seinem Land, den politischen Verhält- nissen und Entwicklungen und nach Herzlichen Dank für das Gespräch. seiner Familie. Er hatte bereits in sei- ner Heimat Kabul damit begonnen, Interview: Cornelia Nydegger einzelne Geschehnisse auf Persisch ««Es bedeutet mir unendlich viel, dass die Beweggründe, die Gott dazu veranlassen, sich um die Menschen zu kümmern, letztlich in seiner grossen Liebe zu seinen Geschöpfen wurzeln. ethos 10/2017 27

SchauZUR GESTELLT Die letzten Jahrzehnte war Europa «weit entfernt» von Christenverfolgung. Die jüngste Geschichte zeigt, dass über Nacht alles anders kommen kann. Sind wir auf den stärkeren Gegenwind vorbereitet? Thomas Lange Beim Begriff Schauspiel denken wir vielleicht an Hollywood-Filme, Theater-Aufführungen oder mehr oder weniger mittelmässige Wildweststreifen. Dabei geht es meistens um etwas Unwahres und Erdachtes. Doch erstaunlicherweise wird der Begriff auch verwendet, um den Sohn Gottes und seine Anhänger zu beschreiben, wie sie inmitten der gefallenen Welt als Fremdkörper angesehen und auch so behandelt werden. DER HAUPTDARSTELLER Jesus, der Sohn Gottes, wurde in einem Schauprozess an den Pranger gestellt und verurteilt. Die Menge grölte, als sie ihn nach der Geisselung und der Folter durch die Soldaten blutüberströmt neben Pilatus stehen sahen. Die schreiende Menge trieb ihn durch die Strassen von Jerusalem. Ein Folterinstrument trug er selbst. An der Hinrichtungsstätte angekommen, wurden seine Hände und Füsse von dicken und rauen Eisennägeln durchschlagen. Unvorstellbar müssen die Schmerzen gewesen sein. Die Menschen höhnten und lachten, spotteten und lästerten. Sie wähnten sich als Zuschauer, denn es heisst, sie waren «zu diesem Schauspiel zusammengekommen» (Luk. 23,48). 28 ethos 10/2017

I NACHFOLGE JESU DIE NEBENDARSTELLER – IN DER ARENA und Zwinglis und schwor der römisch-katholischen Kirche und dem Papst die Treue, um sein Leben zu retten. Nach dem Jahre später mahnt Paulus in seinem ersten Brief an die Korin- Gesetz war er nun freigesprochen, doch Maria I. beschloss, an ther, dass der gläubige Christ nicht im Status der Selbstzufrie- ihm ein Exempel zu statuieren und dass es für ihn keine Gnade denheit erstarren darf, sondern die Wirklichkeit vor Augen geben sollte. Bei seiner letzten Predigt an seinem Todestag am haben muss. Die Realität des Christenlebens zeichnet das Bild 21. März 1556 zog er seine «Verleugnung» zurück und bestä- einer Arena: «... denn wir sind der Welt ein Schauspiel geworden» tigte, dass er den Papst und die Irrlehren der katholischen (1. Kor. 4,9). Eine Aufführung, die von Zuschauern umringt, oft Kirche ablehnte. Auf dem Scheiterhaufen waren seine letzten mit dem Tod endet. Die Szenen sind geprägt von Stationen, die Worte – während die Flammen lodernd um sich schlugen –: da heissen: Hunger, Durst, Nacktheit, Schläge, Mühen, Arbeit, ‹Herr Jesus, empfange meinen Geist [...] ich sehe die Himmel Schmähungen, Verfolgungen, Auskehricht und Abschaum sein geöffnet und Jesus zur rechten Hand Gottes.›»2 (1. Kor. 4,11–13). All das und vieles mehr lässt erahnen, wie mühselig der schmale Pfad dem Christus nach sein kann. FÜR IMMER FREI Weitere Jahre später ermutigt der unbekannte Schreiber Knapp 500 Jahre später weht der raue Wind der Christenver- des Hebräerbriefes die Judenchristen, in ihren schwierigen folgung noch immer. Nie zuvor starben mehr Menschen wegen Umständen standhaft zu bleiben. Dabei lässt er die Vergangen- ihres Glaubens an Christus wie im 20. Jahrhundert. Die Zeit hat heit Revue passieren und erinnert an die entbehrungsreichen sich geändert, doch das Schauspiel ist noch nicht zu Ende. Die Stunden des «Leidenskampfes» (Hebr. 10,32) und dass sie blutigen «Theater-Aufführungen» gehen in die nächste Runde. darin viel «erduldet» haben. Auch sie wurden «durch Schmä- hungen und Bedrängnisse zur Schau gestellt» (Hebr. 10,33). John Piper zitiert in seinem Buch «Schmeckt und seht» Don Cormack, der ein Buch über die verfolgte kambodschanische Für «Schau» (griech. theatrizo) kann man auch «Theater» Kirche verfasste: wiedergeben, in welchem wiederum etliche Zuschauer sitzen und sich amüsieren. «Im Dorf Siem Riep in Kambodscha wusste der christliche Lehrer Haim, dass die jungen, schwarz gekleideten Soldaten DIE NEBENDARSTELLER – UNTER ANKLAGE der Roten Khmer, die gerade über das Feld kamen, dieses Mal seinetwegen kamen ... Haim war entschlossen, wenn er In John Bunyans «Pilgerreise» sieht man «Herrn Getreu» eben- an der Reihe war, mit Würde und ohne Klagen zu sterben. falls vor einem Schaugericht stehen. Es wird gelogen, betrogen Welcher Kambodschaner hatte seit der ‹Befreiung› am 17. Ap- und manipuliert. Falsche Zeugen geben ihren Beitrag, um das ril 1975 nicht über diesen Tag nachgedacht? ... Haims ganze Todesurteil zu fällen. Am Ende steht «Herr Getreu», wie sein Familie war an diesem Nachmittag zusammengetrieben wor- Name verrät, treu zu Jesus Christus und wird auf dem Scheiter- den. Sie gehörten zum ‹Ungeziefer›(!), zum ‹schlechten haufen verbrannt. Blut›(!), zu den ‹Feinden unserer glorreichen Revolution›(!), zu den ‹CIA-Agenten›(!). Sie waren Christen. Als Jan Hus nicht bereit war, die Wahrheit zu verleugnen, befand er sich genau in solch einer Situation mit exakt dem Die Familienangehörigen lagen gefesselt auf dem taunassen gleichen Ausgang. Der Scheiterhaufen wurde vorbereitet und Gras unter einer Baumgruppe und verbrachten eine schlaf- Hus wurde auf dem Konzil zu Konstanz verbrannt. Das ist nun lose Nacht damit, sich gegenseitig zu trösten und füreinander 600 Jahre her. Bevor er starb, sagte er in Anlehnung an seinen zu beten. Am nächsten Morgen kamen die jugendlichen Sol- Namen (Hus bedeutet Gans): «Heute verbrennt ihr eine Gans, daten wieder und führten sie von ihrem Gethsemane zur Hin- aber in hundert Jahren werdet ihr einen Schwan singen hören, richtungsstätte, zu den nahegelegenen ‹Killing Fields› ... Der den ihr nicht verbrennen könnt. Den werdet ihr anhören müs- Familie wurde befohlen, ein grosses Grab für sich auszuheben. sen.»1 Dann bat Haim um einen Moment Zeit, um sich auf den Tod vorzubereiten. Als dies bewilligt wurde, fassten sich Vater, Mut- Dieser Schwan war zweifelsfrei Martin Luther! Auch er ter und Kinder an den Händen und knieten zusammen um die wurde verfolgt und in Worms vor ein Schaugericht gestellt. grosse Grube nieder. Haim begann unter lautem Weinen und Dort sollte er den Inhalt seiner Schriften, besonders die aus Bitten an Gott, die Roten Khmer und alle entfernt stehenden Sicht der katholischen Kirche ketzerischen Inhalte, widerrufen. Zuschauer zu ermahnen, Busse zu tun und dem Evangelium Doch umringt von Zuschauern und Anklägern, Spöttern und zu glauben. Danach sprang einer von Haims jüngeren Söhnen Zechern weigerte er sich, hielt standhaft aus und wurde ver- in Panik auf, rannte ins Gebüsch und verschwand. Haim stand urteilt. ebenfalls auf und brachte mit erstaunlicher Ruhe und Autori- tät die Roten Khmer dazu, den Jungen nicht zu verfolgen, son- «Am 14. Februar 1556 wurde der englische Reformator dern ihm zu erlauben, ihn zurückzurufen. Thomas Cranmer – infolge der Inthronisierung der römisch- katholischen Maria I. – degradiert und von seinen Ämtern Die Zuschauer, die in einem Grüppchen zusammenstanden enthoben. Angesichts der drohenden Todesstrafe durch Ver- und hinter den Bäumen hervorspähten, die Roten Khmer und brennung verleugnete er die reformierten Lehren Luthers ethos 10/2017 29

«die bestürzte Familie, die immer noch am Grab kniete, sahen WAS WERDEN WIR TUN? erstaunt zu, wie Haim anfing, seinen Sohn zu rufen. Er bat ihn dringend, zurückzukommen und mit seiner Familie zu ster- «Wenn die Welt euch hasst, so wisst, dass sie mich vor euch ge- ben. ‹Was ist besser, mein Sohn›, rief er ihm zu, ‹dein Leben hasst hat. Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt das Ihre noch um ein paar Tage in der Wildnis zu verlängern – flüchtig, lieben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus elend und allein – oder dich deiner Familie in diesem Moment der Welt erwählt habe, darum hasst euch die Welt. Gedenkt des an diesem Grab anzuschliessen, bald aber um den Thron Got- Wortes, das ich euch gesagt habe: Ein Sklave ist nicht grösser als tes zu stehen, für immer frei im Paradies?› Nach ein paar ange- sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch spannten Minuten teilten sich die Blätter, und der Junge trot- verfolgen; wenn sie mein Wort gehalten haben, werden sie auch tete weinend zu seiner knienden Familie zurück. ‹Jetzt sind wir das eure halten. Aber dies alles werden sie euch tun um meines bereit zu sterben›, sagte Haim den Roten Khmer. Namens willen, weil sie den nicht kennen, der mich gesandt hat» (Joh. 15,18–21). Wortlos sahen die Umstehenden zu, wie jeder der getöteten Christen still in die Erdgrube fiel, welche die Opfer selbst aus- Alles, was Jesus sagte, hat Gültigkeit, auch dieses wohl eher gehoben hatten. Kaum einer von ihnen zweifelte daran, dass unbequeme Wort. Es löst Unbehagen aus und am liebsten ihre Seelen zum Himmel auffuhren – an einen Ort, der von würden wir solche Aussagen des Herrn wegtun oder heilsge- ihrem Herrn vorbereitet war.»3 schichtlich in eine frühere, längst vergangene Zeit einordnen. Doch solche Sätze stehen ebenso in der Bibel wie alle anderen Einige Jahrzehnte später, nachdem weitere Tausende von auch und sie besitzen volle Gültigkeit. Wir sollten die rechten Märtyrern in den Himmel gegangen waren, fügt sich folgendes Schlüsse daraus ziehen. Ereignis nahtlos in die Geschichte der Christenverfolgung ein: Die letzten Jahrzehnte war Europa so etwas wie eine Insel, Am 21.2.2015 werden 21 ägyptische Männer – allesamt weit entfernt von Christenverfolgung und Ausgrenzung um Christen – am Ufer des Mittelmeeres brutal ermordet. Ge- Jesu willen. Sozusagen eine heilsgeschichtliche Ausnahme- kleidet mit orangefarbenen Anzügen wurde ihre Hinrichtung situation. Denn der Normalzustand ist eigentlich, dass Chris- gefilmt und Minuten später in den modernen Medien «zur ten verfolgt werden, wenn auch nicht immer gleich intensiv. Schau» gestellt. Die Geschichte zeigt auch, dass über Nacht alles anders Zwischen Luther, der kambodschanischen Familie Haim kommen kann und auch wir am Pranger stehen könnten sowie diesen 21 Männern starben Hunderttausende Männer wie unsere vielen Geschwister in anderen Teilen der Erde, und Frauen, nur weil sie Jesus Christus ihren Herrn nannten. die bereits ihr Leben liessen. Ihre Namen sind augenscheinlich vom Winde verweht und der Welt unbekannt. Aber bei Christus haben sie alle einen Ehren- Wenn uns die Geschichte eines lehrt, dann dieses: Immer platz. Sie sind aufgeschrieben im Buch des Lebens des Lammes. wieder waren die Christen «unter Beschuss» – und Anlass für Hasstiraden. Ihnen wurden Dinge in die Schuhe geschoben, an Als Wiederge- denen sie nicht beteiligt waren. Sie wurden als Schuldige aus- borene befinden erkoren und zu Sündenböcken gemacht, an denen man seine Wut ausliess. Schauspiele wurden inszeniert und Theaterauf- wir uns auf der führungen vollzogen. Ihnen wurde Gutes mit Schlechtem Gewinnerseite, bezahlt. Letztlich entlädt sich an den Christen der Hass auf den lebendigen Gott selbst – seitens der Menschen, die in der «denn Christus, Dunkelheit leben. unser Herr, hat Vielleicht ist es an der Zeit, sich zu fragen, ob wir vorberei- den Sieg errun- tet sind – vorbereitet auf stärkeren Gegenwind. «Die See wird gen. Das Beste rauer», das ist offensichtlich. Und es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis die Stimmung auch in Europa zu Ungunsten der kommt noch. Christen kippt. Sicher nicht gleich heute und morgen, aber vielleicht übermorgen oder in fünf oder zehn Jahren. Was wird unsere Reaktion sein, wenn wir bedrängt wer- den und uns Hohn und Verachtung entgegenschlagen? Teil- weise zeichnet sich heute schon ab, was uns in einigen Jahren erwarten könnte. Eingeworfene Scheiben an Kirchen, Graf- fiti-Schmierereien mit Hassbotschaften an Gemeindehäusern, Farbanschläge auf Bibelschuleinrichtungen, usw. Vorboten für schlimmere Zeiten in Europa? 30 ethos 10/2017

«Was wird unsere Reaktion sein, wenn wir bedrängt werden «und uns Hohn und Verachtung entgegenschlagen? Vor einiger Zeit – ich sass gerade bei der Arbeit an meinem Auch Jesaja ermunterte das Volk, in schweren Zeiten den Schreibtisch – klingelte das Telefon. Das Display zeigte einen Blick auf den lebendigen Gott nicht zu verlieren: «Hört auf «anonymen Anrufer». Als ich abnahm, meldete sich ein Mann, mich, die ihr Gerechtigkeit kennt, du Volk, in dessen Herzen mein der mir in gebrochenem Deutsch mitteilte, dass er Moslem sei. Gesetz ist: Fürchtet nicht die Schmähungen der Menschen und Er nannte mich einen Satansanbeter, weil ich an Jesus als den erschreckt nicht vor ihren Hohnreden! Denn wie ein Kleid wird Sohn Gottes glaube ... Seine Erregtheit war ihm buchstäblich die Motte sie verzehren und wie Wolle die Schabe sie verzehren. anzumerken. Schliesslich beschimpfte und bedrohte er mich Aber meine Gerechtigkeit wird in Ewigkeit bestehen und mein lautstark am Telefon. Er wolle mir «Ärger machen», sollte ich Heil von Generation zu Generation» (Jes. 51,7–8). nicht aufhören zu missionieren. Lasst uns bereit sein, die «Schmach des Christus für grösseren Nun ist das sicher harmlos im Vergleich zu körperlicher Reichtum zu halten als alle Schätze Ägyptens, indem wir auf die Verfolgung. Verbale Einschüchterungs-Versuche sind damit Belohnung schauen» (Hebr. 11,26). nicht gleichzusetzen, und doch bilden sie oft die Vorstufe zu physischer Gewalt. Auch wenn wir als Christen der Welt ein Schauspiel sind, so ist das Leben selbst keine Theateraufführung, sondern Ja, auch wir befinden uns in diesem «Schauspiel». Jeder schlichtweg Realität. Vielen Christen wird Philipper 1,29 vor Christ ist darin ein Darsteller. Er wird beobachtet, beurteilt, Augen gestellt: «Denn euch ist es im Blick auf Christus geschenkt abgeurteilt oder im schlimmsten Fall verurteilt. Wir sind der worden, nicht allein an ihn zu glauben, sondern auch für ihn Welt ein Schauspiel (1. Kor. 4,9). Sie sitzt auf den Rängen, zu leiden.» während wir uns in der Arena abkämpfen. Jesus sagte einst: «Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen Bleiben wir «treu bis zum Tod» (Off. 2)? Ziehen wir uns und verfolgen und alles Böse lügnerisch gegen euch reden werden zurück und schliessen die Türen zu unseren Gemeindehäusern um meinetwillen. Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist gross zu? Verstummt unser Zeugnis und werden wir zu anonymen in den Himmeln; denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, Christen? Oder bleiben wir fest und treu am Herrn und kämp- die vor euch waren» (Matth. 5,11+12). fen weiter für die Wahrheit? Das treibt uns ins Gebet: «Herr, halte mich nah bei dir jeden Das sind Fragen, die wir aus einer momentan noch «siche- Tag, dass ich nicht fallen und abirren mag! Wenn ich in Not ren Entfernung» nicht vorschnell beantworten sollten. Aus oder Anfechtung bin, hilf, dass aus allem ich Gutes gewinn!»4 unseren gemütlichen Sesseln ist es sicher einfach zu behaup- ten, dass wir standhafte Christen sind. Doch was würden wir Gott selbst wird einmal Recht schaffen und diejenigen, die tun, wenn plötzlich der Lauf einer Kalaschnikow an unsere sein Angebot der Vergebung ausgeschlagen haben, zur Verant- Schläfe gehalten und unser Leben sowie das unserer Frauen wortung ziehen. Dann sind sie es, die auf der Anklagebank und Kinder «auf dem Spiel» ständen? sitzen – zur Schau gestellt – und sie werden ihr gerechtes Urteil empfangen: ewige Trennung von Gott. Jene aber, die Das Leben als Christ bietet keine Möglichkeit, die Stelle Ihm gehören, erwartet ewige Gemeinschaft mit Jesus Christus eines Komparsen (Statist) auszufüllen. Das sollte uns klar sein. in der himmlischen Herrlichkeit: «... und Gott wird abwischen Jesus sprach immer wieder davon, die Kosten der Nachfolge alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, genau zu bedenken. noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen» (Off. 21,4). Welch grosser Trost! n Auf dem schmalen Pfad können uns zuweilen mächtige Gefahren drohen und uns «wilde Bestien» begegnen. Dennoch Quellenangaben: ist der Weg dem Lamme nach zweifelsfrei der Weg des Sieges. 1 John Piper, «Überwältigt von Gnade», CLV Als Wiedergeborene befinden wir uns auf der Gewinnerseite, 2 Heinze 1993, pp. 277–280; MacCulloch 1996, pp. 600–605. According to Heinze and denn Christus, unser Herr, hat den Sieg errungen. Er ist uns vorangegangen und wird uns bald zu sich nehmen. Das Beste MacCulloch, an additional corroborating account of Cranmer’s execution is found in kommt noch. the letter of a Catholic witness with the initials J. A. 3 John Piper, «Schmeckt und seht», CLV EIN SCHLUSSAKKORD 4 M. Holiday/H. Sünderwald, «Glaubenslieder», CLV «In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich Thomas Lange, Jg. 1979, verheiratet, 5 Kinder. Tätig in der habe die Welt überwunden» (Joh. 16,33), ermutigt uns der Herr. Altenpflege, Predigtdienst (in der Leitung einer christl. Gemeinde), Autor von Büchern und Artikeln, engagiert sich in der Rumänienarbeit. ethos 10/2017 31

Peter Schitter, selbstständig: ICH LESE factum, WEIL ... ... ich hier gut recherchierte Informationen zu Themen erhalte, die mich interessieren! factum informiert auf anspruchsvollem Niveau, aber mit verständlicher Sprache über das aktuelle Zeitgeschehen und präsentiert Wissenswertes aus Gesellschaft, Politik, Glaube, Medien und Wissenschaft. factum ist das christliche Magazin zum besseren Verständnis unserer Zeit. Lesen Sie im aktuellen factum 7/2017 unter anderem: Das verheissene Wunder Die Bibel erweist sich als Gottes Wort: Wie vor Jahrtausenden prophezeit, kehrt das jüdische Volk aus dem Exil in das Land Israel zurück. Das Gesetz der Liebe Schöpfung und Naturgesetze sind Ausdruck der fürsorglichen Hinwendung Gottes zum Menschen. Der Wendepunkt der Geschichte Der Historiker Daniel Pipes hält das Experiment der muslimischen Einwanderung für gescheitert.  Ja, ich möchte ein ... bestellen  für mich  Geschenkabo  unbefristet  befristet für 1 Jahr  Probeheft (aktuelle Ausgabe, gratis)  Schnupperabo* (4 Ausgaben, CHF 25.–/1 22.–, inkl. Porto)  Jahres-Abo (9 Ausgaben, CHF 60.–/1 52.–, exkl. Porto) Absender/Rechnungsempfänger: Als Geschenk für: Name/Vorname Name/Vorname Strasse Strasse PLZ, Ort PLZ, Ort Datum/Unterschrift Einsenden an: Schwengeler Verlag AG, Postfach, CH-9442 Berneck, Tel.: 0041 (0)71 727 21 20, abo@schwengeler.ch (*Schnupperabo nur in CH, DE und AT möglich)

DAS SELBSTGERECHTE ICH Aufreizend gemächlich tuckelt das kleine Auto vor mir über die Schnellstrasse. Etliche Überhol- manöver meinerseits scheitern – zu gefährlich! Mein Puls steigt, die Hände umkrampfen das Lenkrad. «Sonntagsfahrer», denke ich erbost, «sollte seinen « Führerschein abgeben.» Geduld ist nicht meine Stärke, weder mit mir noch Sanftmut ist der Himmel, mit andern. Wie ich tagtäglich sehe, bin ich im Club der Ungeduldigen nicht allein. Da lese ich im Buch der «Zorn die Hölle, die Mitte Sprüche (14,29): «Wer geduldig ist, der ist weise; wer aber ungeduldig ist, der offenbart seine Torheit.» Peng. zwischen beiden ist diese Das sitzt. Aber der Herr ist diesbezüglich bei mir an der Arbeit. Ich lerne – wenn auch langsam. Ungeduld ver- Welt. Darum, je sanft- leitet zu Unbeherrschtheit und wird zur Gefahr für sich mütiger du bist, desto und andere. Hätte ich den nervigen Fahrer überholt, näher bist du dem Himmel. hätte es gekracht! Wo Ungeduld ist, da ist auch Stress. Martin Luther Wir sehen unsere Ungeduld leider oft nicht als das, was sie ist, nämlich eine Form von Hochmut. Wir glau- ben, es sei unser Recht, schroff und ungeduldig zu reagieren, weil wir den Anspruch haben, alles müsste welcher Quelle trinken wir? Womit löschen wir unseren so geschehen, wie wir es uns vorstellen. Damit machen Durst? wir uns zum Mass aller Dinge – ein Platz, der Gott Das alte Leben ist zäh, klebrig und lässt nicht so allein zusteht. ohne weiteres los. Es wehrt sich gegen das Sterben, Bei der Bekehrung legt der Gläubige den «alten will nicht ablegen, sondern lieber «überkleidet wer- Menschen» ab und zieht den neuen, christusähnlichen den». Entsprechend wird der natürliche alte Mensch an: ein neuer Lebensstil durch die Kraft des Heiligen lieber in ein frommes Gewand gehüllt. Aber darunter Geistes. Zu diesen Veränderungen gehört das Ablegen ist er der alte geblieben. Wenn der Druck zu hoch «aller Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und wird, tritt er wieder zutage. Martin Luther meinte in Lästerung ... samt aller Bosheit» (Eph. 4,31). seiner träfen Sprache: «Der alte Adam in uns soll Wir sind in der Regel mehr um unsere als um die ersäuft werden. Nimm dich aber in Acht, das Aas Ehre Gottes bemüht. Wenn wir aber die Selbstbeherr- kann schwimmen!» schung verlieren und uns wie zornige Narren verhalten, In einer Welt voll Zorn und Gewalt soll an uns der verlieren wir nicht nur den Respekt unserer Umgebung, sanftmütige Geist Christi gesehen werden. Charles auch unser Zeugnis wird unglaubwürdig. Swindoll schrieb mahnend: «Ob wir wollen oder nicht: Vielleicht lesen Sie wie ich auch öfter mal das Buch Die Welt beobachtet uns mit der Aufmerksamkeit einer der Sprüche. Das ist für mich ein hervorragender Spie- Möwe, die im flachen Wasser nach einer Garnele Aus- gel, der meine Macken schonungslos aufdeckt. schau hält. Der Glaubende wird ständig beobachtet. Die ungebrochene Macht der Zunge ist unter ande-Das ist unser grösstes ‹Berufsrisiko›. Und wenn wir von unserem Heiland sprechen und dem Leben, das er rem auch das Thema des Jakobusbriefes. Kein Menschanbietet, dann wird alles an dem gemessen, was andere kann die Zunge zähmen. Sie ist, wie der Apostelan uns gesehen haben.» – Was sehen sie an uns? schreibt, voller Ungerechtigkeit, ein tödliches Gift, das die ganze Welt anzündet und von der Hölle selbst Yvonne Schwengeler, Jg. 1946, entzündet ist. «Mit ihr», so sagt Jakobus, «loben wir verwitwet, vier erwachsene Kinder, den Herrn, und mit ihr fluchen wir den Menschen, langjährige ethos-Chefredaktorin. die nach dem Bilde Gottes gemacht sind.» Und er fragt: «Wie kann das sein? Fliesst etwa aus derselben persönlichQuellesüssesundbitteresWasserzugleich?»Aus ethos 10/2017 33

RUBRIK I hingeschau Wunderbar sind

ut deine Werke; das erkennt meine Seele. Psalm 139,14b

ERLEBT I NonneJesusFINDET ZU Eine ethos-Leserin schreibt: Für den Bericht von Irmgard Grunwald «Näher, noch näher» in ethos (6+7/2017) möchte ich besonders danken. ethos ist die interessanteste und schönste Publikation, die mir je begegnet ist. Ich bete, dass durch diese wunderschöne Zeitschrift viele Menschen erreicht werden, die sich «treffen» lassen und dadurch unseren wunderbaren Herrn Jesus Christus kennenlernen und Ihm folgen. Seit mehr als 40 Jahren gehöre ich zu einem katholischen Orden mit strenger Klausur. Momentan lebe ich in einem Altenheim. Ich wurde aus dem Kloster herausgedrängt, weil ich viele Ansich- ten über die Form des Ordenslebens nicht mehr teilen konnte. Gerne möchte ich erzählen, wie sich durch Irm- gard – inzwischen sind wir Freundinnen – mein ganzes Leben in der Osterwoche 2013 total verän- dert hat. Die Sendung «Lesezeichen» des ERF, in der gute Bücher vorgestellt werden, hörte ich besonders gern, da ich für die Bibliothek des Klosters sorgte. Auch Irmgard Grunwalds Bücher wurden vor- gestellt. Aus ihrem Buch «Gott schenkte mir eine Rose» las ich darauf folgenden Text: «Bewegungsunfähig liege ich in meinem Bett, wie ein Käfer auf dem Rücken; ich kann noch nicht einmal mit den Zehen wackeln. Mir ist heiss, doch ich kann die Decke nicht allein abstreifen. Meine Atemmaske drückt sich in die empfindliche Gesichtshaut. Ich höre Geräusche im Flur: Sie kommt. Sie nimmt mir die Decke ab. Sie setzt mich im Bett auf. Mit einer speziellen Vorrichtung hebt sie mich aus dem Bett in den Duschrollstuhl. Ich werde nackt ausgezogen, eingeseift, abgeduscht. 36 ethos 10/2017

Wie ein Stück Fleisch, denke ich. Erniedrigend, würdelos. Wie kann dieses Geschehen vor fast 2000 Jahren noch Auswir- Wieder ertrinke ich in Selbstmitleid. Da hilft nur eins: ein drasti- kungen auf mich haben? scher Perspektivenwechsel. Ich wache auf und weiss: Gott kennt meine Situation: ER ist Ja, ich bin gelähmt, aber rund um die Uhr werde ich liebe-voll bei mir, wenn mich das Selbstmitleid überflutet. und einfühlsam versorgt. Mein Mann, meine Kinder und etliche Pflegekräfte bemühen sich um mich. Ein Atemgerät erhält Ich kann traurig sein – aber ich muss nicht verzweifeln. meine Sauerstoffversorgung aufrecht. Mit einem Elektrorollstuhl Ich kann mich nach Heilung sehnen – aber er tröstet mich auch in Krankheit. – NACH VIERZIG JAHREN IM KLOSTER bin ich mobil. Aus dieser Perspektive betrachtet hat Selbstmitleid Ich kann mich an meinen sündigen Gedanken und Worten keine Berechtigung mehr. Langsam kann ich den Blick von mir wund reiben – aber er ist der Ausweg aus meiner Schuld. Das selbst lösen. unermessliche Leiden Jesu zeigt wie ein leuchtender Pfeil in die Ewigkeit Gottes. *** *** Bewegungsunfähig liegt er auf dem Boden, blutüberströmt. Rasende Schmerzen lassen jedes unwillkürliche Zucken eines Bewegungsunfähig liege ich in meinem Bett und bete. Ich Muskels zur Tortur werden. Sengende Hitze durchflutet den danke meinem Herrn und Gott, dass er für mich ein Leben auf gefolterten Körper. Jeder Atemzug ist eine Qual. Spottende Rufe, dieser noch unvollkommenen Erde gelebt hat. Ich danke ihm, Schreie des Entsetzens überall: Sie sind da. dass er Freude und Lachen, Singen und Spielen kennt. Ich danke ihm, dass er Leiden und Weinen, Trauer und Schmerzen kennt. Sie nehmen die Handgelenke und schlagen grobe Nägel hinein. Und ich danke ihm vor allem, dass er das alles eingesetzt hat, um Dann die Fussgelenke. Die Schmerzen sind unerträglich, entzie- unvollkommene, sündige Menschen, ja sogar mich, zu erlösen, hen sich jeder Beschreibung. Sie reissen ihm die Kleider vom Leib. damit wir jetzt und in der Ewigkeit mit ihm zusammen sein Unter Gejohle richten sie den rohen Holzbalken senkrecht auf. können. Wenn das kein Grund zur Freude ist?!» Wie ein Stück Fleisch. Er wird erniedrigt, gedemütigt, seine Als ich diesen Text las, war ich bis ins Tiefste erschüttert, Würde wird mit Füssen getreten. denn ich sah plötzlich in dieser Beschreibung Jesus, erniedrigt und hilflos – und zum ersten Mal habe ich innerlich erfasst, Jesus hat Mitleid mit seinen Henkern. Er betet für die, die ihn dass dies für mich, für meine Schuld, zu meinem Heil gesche- quälen. Nur ein Wort, ein Gedanke von ihm, und die Qual hätte hen ist – und ich habe mich bekehrt. Es ist seltsam, aber wahr: ein Ende. Er lässt alles mit sich geschehen, als ob er wirklich hilf- Eine katholische Ordensfrau nimmt nach mehr als 40-jähri- los wäre. Sie zerstören gedankenlos einen menschlichen Körper, gem Ordensleben das Geschenk der Erlösung durch den Text den ER erdenken und erschaffen kann. Sie können nur atmen, einer todkranken Frau und Mutter an. Ich war danach so weil ER sie erhält. Selbst die Erde, auf der das Kreuz steht – glücklich, dass ich Irmgard unbedingt kennenlernen wollte durch sein Wort war sie einst entstanden. und den ERF um ihre Anschrift bat. Ich schrieb ihr, und Irm- gard antwortete postwendend. Seither verbindet uns eine tiefe In seinem Denken ist kein Platz für Selbstmitleid. Jesus hat Freundschaft. Ihr Mann Martin holt mich jeden Monat ab für eine andere Perspektive. Er hat die Menschen im Blick, die er einen Besuch bei ihnen und bringt mich dann auch wieder ins Dasein gerufen hat. zurück. Seitdem habe ich sehr viel von den beiden gelernt und bete, dass durch sie noch viele Menschen den Retter Jesus Er hat Misshandlungen, Folter und Tod freiwillig auf sich Christus finden, den einzigen Weg zu Gott. n genommen – aus Liebe. Er hat die Schuld meines ganzen Lebens freiwillig mit seinem Tod bezahlt – aus Liebe. Er wurde um un- Schwester Georgis serer Übertretungen willen durchbohrt, wegen unserer Missetaten zerschlagen; die Strafe lag auf ihm, damit wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt worden (Jesaja 53,5). Nach den grausamen Qualen und der Finsternis des Todes schliesslich die Auferstehung, die Vollendung einer einzigartigen Rettungsaktion. ethos 10/2017 37

Noam zu seinen Eltern: LESERBRIEFE I «Wenn ihr sterbt, werde ich FREUDE ÜBER KAY TEILEN euch vermissen, an euch zu: «Einfach Kay», 8/17 denken und euer Geld Im Interview haben Marianne und Beat Burkhardt aus ihrem Familienleben mit wichtig, das zu tun, was recht ist vor ausgeben.» ihrem autistischen Sohn Kay erzählt. Gott. Das freut uns sehr. Ich habe den Kurz danach schrieb die Mutter: Eindruck, dass Gott gerade durchs Bibel- Catherine Seibel, lesen ganz direkt zu Kay spricht und ihn «Kay liest seit einiger Zeit abends auch Sachen verstehen lässt. Welch eine NOAM, 6 DE-Schöffengrund in der Kinderbibel. Er kann schon lange Kraft in Gottes Wort.» Leserbriefelesen, bisher war es aber mehr ein grund, aus dem Islam usw., was ich zu mechanischer Vorgang, Inhalte verstand Marianne Burkhardt, CH-Buochs berücksichtigen versuche. Manchmal er nicht so genau. Nun scheint er aber vermisse ich in ethos eine gewisse Breite viel zu verstehen, was er in der Kinder- GERN GELESEN – MANCHMAL der Vielfalt, aber oftmals ist es stimmig bibel liest. Immer wieder kommt er und GEWISSE BREITE VERMISST für mich, auch noch nach Jahren. erzählt, wenn ihm etwas Eindruck macht. So meinte er heute, er habe gelesen, Seit vielen Jahren habe ich ethos im A. R., Spezialarzt für Innere Medizin, dass man andere Menschen nicht töten Wartezimmer aufgelegt – es wird recht CH-Bern dürfe. Sein Kommentar dazu war: «Ich gut gelesen und einige PatientInnen möchte nicht töten. Ich möchte Gott entlehnen gewisse Ausgaben. Selten ANGESPROCHEN nachfolgen.» Es ist ihm mehr und mehr habe ich ein Heft nicht aufgelegt, wenn zu extreme Positionen vertreten wurden, zu: «Editorial», 9/17 beispielsweise einseitig zugunsten Isra- Ihr Editorial hat mich sehr angespro- els. In meine Praxis kommen auch Men- chen. Als ich erfuhr, dass der «Marsch schen mit landeskirchlichem Hinter- für s’Läba» wegen befürchteten Demos nicht stattfinden darf, machte mich dies unendlich traurig. Ja, für die Street- parade usw. werden keine Kosten ge- scheut, um einen sicheren Ablauf zu ge- währleisten. Warum nur hat der «Marsch für s’Läba» nicht die gleichen Rechte? Mit dem Unterschied, dass an der Streetparade viele Seelen Schaden nehmen und am «Marsch für s’Läba» viele Seelen gesunden könnten. Nach dem Mailwechsel mit Frau Som- maruga wundert mich dies eigentlich nicht. Sie plädierte für gemischte Ehen, Ehen zu dritt usw. Als ich sie auf unser christliches Land ansprach, erhielt ich folgende Antwort: Wir müssten uns den neuen gesellschaftlichen Gepflogenhei- ten anpassen, d. h. wir müssten uns mit Polygamie befassen, der vielen Moslems wegen. So also funktioniert unsere Regierung. Uns bleibt nur noch das Gebet: «Lieber Vater, hilf der Schweiz, dass sie noch rechtzeitig aufwacht.» Ich denke, wir Christen müssen mehr Mut haben, uns mehr öffnen und Muslime direkt auf Jesus ansprechen, ihnen erklären, dass Jesus weit mehr als ein Prophet ist, nämlich Gottes einziger Sohn ... Rosmarie Flückiger, CH-Thayngen Leserbriefe widerspiegeln nicht in jedem Autor: Dietmar Noelle, Auflösung auf Seite 65. Fall die Meinung der Redaktion. Kürzungen behalten wir uns vor. Wir beachten alle Rätsel38 ethos10/2017 Leserzuschriften, auch wenn wir nicht alle abdrucken oder beantworten können. Die ethos-Redaktion

Tapetenwechsel. Sie erwägen einen Relaunch Ihrer Drucksachen? Gedanken sind der Anfang von Taten. Ob im Rahmen der Logokonzeption, des Layouts Ihrer Geschäftsdrucksachen, Ihrer Firmenbroschüre oder Ihres Prospektes: Sie liefern das Produkt – wir den kreativen Entwurf! www.cicero-studio.ch – Die Macher von ethos. c cicero studio GRAFIKDESIGN

MISSION I andTENERIFFA Das deutsche Ehepaar Wulff ist in der Gemeinde- aufbauarbeit auf Teneriffa tätig, wo 120 Sprachen gesprochen werden und viele Personen nur kurz bleiben. Über ihre Heraus- forderungen jenseits von Sonne, Sand und Meer. Roswitha Wurm Olaf Wulffs Leben klingt wie die Jahre alt ist, besinnt sich seine Mutter einem beliebigen Wochentag, ausser Erfüllung eines lang gehegten auf ihre evangelisch-lutherische Vergan- freitags, stattfinden soll. Daher gibt Olaf Traums. In irgendeiner Weise ist es das genheit und schickt ihren Sohn zum als Wunschtermin den Freitag an, um ja auch. Allerdings lautete der Leit- Kindergottesdienst. Es bleibt aller- dieser Veranstaltung zu entgehen. Der spruch des gebürtigen und seit Gene- dings beim einmaligen Besuch, weil Diakon ist jedoch bereit, seine Termine rationen in Hamburg lebenden Olafs Olaf sonntags lieber ausschläft und zu verschieben, damit der Teenie-Kreis stets: «Ich gehe niemals dorthin, wo mit der für ihn fremden Welt nichts freitags stattfinden kann. Diese Flexibi- Bananen wachsen!» In seinem Leben anfangen kann. lität und Grosszügigkeit verblüffen den wurde wahr, was schon viele Christen jungen Olaf so sehr, dass er aus Höflich- vor ihm erlebt haben: «Der Mensch Mit 14 Jahren fragt ihn die Mutter, keit ein paar Mal hingeht. Die lebendig denkt sich seinen Weg, aber der HERR ob er wie sein drei Jahre älterer Bruder gestalteten und mit sportlichen Akti- plant seine Schritte» (Spr. 16,9). konfirmiert werden möchte. Olaf lehnt vitäten begleiteten Stunden begeistern zunächst ab, aber dann erinnert er sich, den Vierzehnjährigen unglaublich. So EIN WASCHECHTER HANSEAT dass sein Bruder zur Konfirmation bleibt er und lässt auch die zehnminü- einen grösseren Geldbetrag von der tigen Andachten über sich ergehen. In Aber alles der Reihe nach: Olaf bezeich- Verwandtschaft bekommen hatte. Dies jeder Andacht geht es um Jesus. Immer. net sich als typisches Kind des westli- motiviert ihn, an den Vorbereitungs- chen Sozialismus. Weder in seinem stunden teilzunehmen. Dort stört er oft Nach einem halben Jahr passiert die Elternhaus noch in seinem Umfeld war oder erscheint gar nicht. Der Jugend- entscheidende Wende in seinem Leben: Gott oder Jesus ein Thema. Als er acht diakon, der den Konfirmationsunter- «Ich begriff: Jesus starb für mich am richt leitet, lässt aber nicht locker und Kreuz! Für meine Schuld! Ich erkannte, bietet einen Teenie-Kreis an, der an dass ich eine persönliche Beziehung zu 40 ethos 10/2017

dersMAL Gott eingehen kann und möchte!», sagt Olaf rückblickend. Von diesem Zeit- ZUR PERSON: punkt an verbringt er seine Jugend mit Menschen, die Jesus von Herzen lieben. Ov2welGarwefehrwmeWwi.erabuaicolntfhjefdest-eemmbnaieistusTGiiöonucndhT.rdetuenenre,riffa MIT GOTT GRENZEN ÜBERWINDEN Nach seinem Schulabschluss beginnt Olaf eine Lehre als Bauschlosser. In der Kirchengemeinde engagiert er sich im- mer mehr und gewinnt Jesus von Tag zu Tag lieber. Seine Arbeitskollegen auf dem Bau nennen ihn augenzwinkernd, aber nicht böse gemeint «Heiliger Olaf», weil er in der Frühstückspause in der Bibel liest, während die Kollegen in der «Bildzeitung» blättern. Die Eltern ak- zeptieren Olafs neue christliche Lebens- einstellung. Sie sind froh, dass ihr Junge so nicht auf die schiefe Bahn gerät wie andere Altersgenossen. Durch seine vielseitige Mitarbeit in der Gemeinde – mit 18 Jahren gründet und leitet er einen Hauskreis – wächst in ihm der Wunsch, Jesus vollzeitlich zu dienen. Wegen seiner geringen Schul- bildung denkt er, dass ihm dieser Weg verschlossen sei. Da wird er mehrfach auf den Bibelvers «Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen» (Psalm 18,30) aufmerksam. Olaf sucht ver- schiedene Bibelschulen in Deutschland auf, um eine geeignete Ausbildungs- möglichkeit zu finden. Am meisten fürchtet er den Griechisch-Unterricht, der in jeder Schule zum Pflichtreper- toire gehört. Er beginnt schliesslich die Ausbildung in Bad Liebenzell. Dort muss er vier Jahre Griechisch-Unter- richt nehmen. Gott hilft ihm aber durch die Zeit hindurch. Er, der «nur» einen Pflichtschulabschluss hat, absolviert sogar eine doppelte Ausbildung: die Zurüstung für den Heimatdienst und für den Missionsdienst. Seine Heimat- gemeinde sendet ihn zunächst zum Englischstudium nach Südwales, wo er auch einen Predigtdienst übernimmt. Als Bibelstelle für seine Aussendung bekommt er Psalm 100, der ihn noch öfters in seinem Leben als Christ beglei- ten soll. ethos 10/2017 41

«RSaUieu‹BeKhrHRfpinolnIziKiaedlneeealuiIeesilutdsiAmtgguge,eerenebrwnBirgnneFäa›Oziihrntudwbülsraeilkehdnnfärons›eetk,Bltdtrnleüewein‹rcbdrgBnenekeiediien.sllln»d- - dieser Forderung diametral gegenüber. «SIE WERDEN NICHT Nach intensiven Beratungen mit der LANGE BLEIBEN!» Nach Abschluss seiner Studien be- Missionsgesellschaft, Internetrecherche wirbt sich Olaf bei der Deutschen Mis- und viel Gebet machen die Wulffs einen Auf der grössten der kanarischen Inseln sionsgemeinschaft (DMG). Dort lernt zweiwöchigen Urlaub auf Teneriffa. Der leben eine Million Einwohner unter- er seine Frau Gudrun kennen, die aus kleinen Tochter geht es sofort besser. schiedlichster Herkunft: 120 verschie- Franken stammt und beim Blauen dene Sprachen werden hier gesprochen. Kreuz zum Glauben an Jesus gekom- Darauf stellt sich das Ehepaar Wulff Olaf und Gudrun tasten sich nach und men ist. Gudrun arbeitete zuvor auf die Frage: Wo können wir auf dieser nach an die Gegebenheiten auf Tene- den Philippinen, musste aber aus ge- Urlaubsinsel dem Herrn dienen? Eines riffa heran. Sie helfen in der philippi- sundheitlichen Gründen nach Deutsch- steht fest: Der Ort ist ideal für die nischen Gemeinde mit inzwischen 120 land zurückkehren. Genau zu diesem Gesundheit der Tochter. «Es war eine Gottesdienstbesuchern vor Ort mit. Zeitpunkt treffen sich die beiden – Zwangsführung», lacht Olaf, der nun Dabei legen sie grossen Wert darauf, eine von vielen Puzzlestücken in Olafs doch in ein Bananenland übersiedeln dass durch Jüngerschaftsschulungen Leben mit Jesus. sollte. selbständige Christen heranwachsen, die wiederum die neu Hinzugekomme- VON IRLAND INS In Santa Cruz befindet sich die äl- nen unterrichten können. BANANENLAND teste Baptistengemeinde Spaniens. Erst ab 1978 herrschte Religionsfreiheit. Im Süden der Insel halten sich viele Zuerst in Belfast, dann in Mittelwest- In den Köpfen der Menschen dauerte deutschsprachige «Überwinterer» auf, Irland arbeiten sie als erste Deutsche es noch viel länger, bis diese Tatsache die der Kälte der Heimat über die überhaupt in einem Gemeindegrün- verankert war. Die Christen vor Ort Wintermonate Jahr für Jahr entfliehen. dungsprojekt mit. Es ist eine lehrreiche hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt Auch Urlauber in den Sommermonaten und schöne Zeit. Als Familie mit zwei nicht getraut zu evangelisieren. suchen immer wieder den Kontakt Töchtern sind sie gut im irischen Leben zu Christen. Sie finden die heutige EFG integriert. Der Weg scheint klar. Olaf Olaf berichtet: «Als wir 2001 nach Evangelische Freie Gemeinde über die bekommt die Feldleitung in Irland Teneriffa kamen, wurde der einheimi- Internetseite (www.efg-teneriffa.org), angeboten. Zeitgleich erkrankt die sche Gemeinde-Bund unsere Partner- Hinweisschilder, Handzettel oder «stol- ältere Tochter im Alter von sechs Jahren organisation. Zunächst planten wir, im pern» ungeplant in die Gottesdienste. an Rheuma. In kurzer Zeit verschlim- Norden der Insel zu starten, wo aber Da die evangelistische Wortverkün- mern sich die Symptome so stark, dass feucht-kaltes Klima herrscht. Also digung in einem Lokal nahe am Meer sie nicht mehr ohne Hilfe gehen und zogen wir in den Süden, wo es noch stattfindet, kommen immer wieder nur unter Schmerzen essen kann. keine christliche Gemeinde gab.» Das Touristen einfach so aus Neugierde mit Schliesslich wird die Kleine in Gar- trocken-warme Klima mit einer Tem- dazu. Manchmal hört Olaf noch etwas misch-Partenkirchen in der Kinder- peratur von 25° C das ganze Jahr über von diesen Besuchern, manchmal nicht. rheumaklinik behandelt. Dort legt verhilft der kleinen Tochter nach und Aber der Same ist ausgestreut – und das man Olaf und Gudrun nahe, mit ihren nach zu einer blendenden Gesundheit. ist die Hauptsache. Flexibilität ist über- Töchtern in ein ausgeglichenes, trocke- nes und warmes Klima zu übersiedeln. Drei Jahre später kann sie wieder Das kühl-feuchte irische Klima steht gehen, sich bewegen, essen und die entzündeten Gelenke heilen. Heute ist sie erwachsen, symptomfrei und hat die Insel für ein Studium verlassen. 42 ethos 10/2017

haupt eine gute Eigenschaft, wenn Sechzehn Jahre sind mittlerweile gen in deinem Leben. Du musst kein man als Pastor in Teneriffa arbeitet. vergangen, obwohl 2008 wegen der Macho sein. Es gibt einen, der gerne Es herrscht ein Kommen und Gehen. Wirtschaftskrise viele Deutsche Tene- deine Last abnehmen möchte. Lass Sonne, Sand und Meer locken jedes riffa verlassen haben. Seit 2013 hat die dich von Jesus tragen.» Jahr Tausende auf die Kanaren – viele Boje Mission (www.boje-mission.de) bleiben kurz, manche etwas länger. die Arbeit und die Anstellung der Eines hat Olaf unterdessen gelernt: Bei genauerem Hinsehen erweist sich Familie Wulff übernommen. Kanaren wollen nicht frontal angepre- das Land der ewigen Sonne dann doch digt werden. Gegenstandslektionen als weniger hell und glücksbringend als gedacht ... Ls«deaBahhnengeediennllgnddeeuderonnrwacadelehuswigesaiglrgtüleesescmdnikwacsecShHbnhoirdnitnig.na-n»es-er Esoterik bildet die Hauptreligion AUCH MACHOS BRAUCHEN kommen besser an. Stundenlanges auf Teneriffa, moralische Grundsätze EINEN RETTER Herumsitzen und Zuhören liegen ihnen fehlen oft. Patchworkbeziehungen und nicht so. Partnerwechsel sind hier völlig normal. Durch eine praktische Veranschauli- Wer zum Glauben kommt, versucht chung werden mein Mann und ich in Wir beginnen zu verstehen: Die seine Verhältnisse zu ordnen. Das die Art und den Charakter der Kanarios Frohe Botschaft in einem Land wie gelingt jedoch nicht allen und so fällt eingeführt: Die kanarischen Männer Teneriffa weiterzugeben, ist speziell ein grösserer Prozentsatz wieder vom dürfen keine Blösse zeigen. Sie müssen und individuell. Sonne, Sand und Meer Glauben ab. dauerhaft stark sein. So ist es schwer für alleine genügen nicht, um den Auftrag sie zu begreifen, dass sie einen Erretter froh und gezielt zu erfüllen. Letztlich Neben der philippinischen und der brauchen. Nach den ersten Erklärungen gilt es, den Kanaren ein Kanario, den deutschen Arbeit betreuen Olaf und bittet Olaf meinen Mann: «Kannst du Philippinos ein Philippino und den Gudrun auch eine englischsprachige diesen Sessel in die Höhe heben?» Folg- Deutschen ein Deutscher zu werden. Gemeinde. Auch sind sie unter den sam stemmt mein Mann den Stuhl hi- Ureinwohnern, den Kanarios, tätig. nauf. Auf weitere Aufforderung hebt er Mit Gottes Hilfe sind diese Barrieren einen Stuhl nach dem anderen in einem zu bewältigen – Olaf und Gudrun und Jede Nation hat ihren eigenen Cha- Stapel in die Höhe. Zudem muss er bei ihre Mitarbeiter erleben das jeden Tag. rakter und ihre eigenen Bedürfnisse. jedem Hochheben stolz seine Muskeln Möge Gott sie reich segnen in ihrem Die Offenheit der Menschen ist unter- spielen lassen und mit einem Ausruf Dienst auf der sonnigen Insel, die zwar schiedlich ausgeprägt. Rückblickend der Begeisterung seine Kraft ausdrü- nicht in ihrem Lebensplan gewesen ist, weiss Olaf, dass die Zeit in Irland eine cken. «Kannst du auch noch den Tisch aber im Plan Gottes! n gute Vorbereitung für die vielfältige auf den Stapel geben und hochheben?» Arbeit in Teneriffa war. Gottes Plan Hier muss mein Mann klein beigeben. Roswitha Wurm, Jg. 1966, verheira- ist sehr weise! In Irland erlebte er viel «Du musst auch nicht alles alleine tra- tet, drei Kinder, Lerntrainerin spez. Gegenwind. Die ersten Worte, mit de- für Legasthenie und Dyskalkulie, nen er hier begrüsst wurde, lauteten: Autorin. Hobbys: lesen, Sport, «Schön, dass Sie da sind. Sie werden Musik, lebt in Wien. aber nicht lange bleiben.» b«eDgEdirzreserüeceirikfhtgfeatewenennnre,arkbdr.i.efras.üaiscnSursheocseshiBniieeseltMnözeus.eiä»snsneenner ethos 10/2017 43

AKTUELL I Alexander Schick © www.bibelausstellung.de Alexander Schick Seit der Zerstörung des Herodianischen Tempels vor fast zweitausend Jahren haben die Juden ihre heiligste Stätte verloren. Auf dem Tempelberg in Jerusalem stehen heute der Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee als Manifestation des islamischen Anspruchs. TEIL 3 BRENNPUNKT TEMPELBERG 70n. Chr. wurde eines der gewaltigs- das Judentum nun seines religiösen Um die Erinnerung an die Juden aus- ten Bauwerke der Antike, der He- Zentrums beraubt war. Alle verzweifel- zulöschen, gab er der römischen Pro- rodianische Tempel in Jerusalem, wäh- ten Versuche, das Heiligtum wieder zu vinz die Bezeichnung «Palästina», die rend des 1. Jüdischen Krieges von den errichten, scheiterten. bis heute benutzt wird. Allerdings sollte Römern zerstört. General Titus (der man sich beim Gebrauch des Namens spätere römische Kaiser) gab zwar die 60 Jahre nach dem 1. Jüdischen Krieg «Palästina» verdeutlichen, dass er ge- Anweisung, den Tempel zu verschonen. brach ein erneuter Aufstand unter Bar- schaffen wurde, um die Erinnerung Doch die römischen Legionäre hörten Kochba aus (132–135 n. Chr.). Auch an das jüdische Land auszutilgen, von grossen Goldschätzen, die im Tem- diesmal unterlag das jüdische Volk. Auf und dementsprechend belastet ist. pel lagern sollten. Ein Soldat warf bei den Münzen Bar-Kochbas erkennt man den Kämpfen eine Fackel in das Tem- deutlich den Tempel. Propaganda mit SCHUTTABLADEPLATZ pelgebäude, das bald in Flammen stand. Hilfe des Geldes oder Realität? Einige UND STEINBRUCH Das Gold, mit dem z. T. die Wände Forscher vermuten, dass es Bar-Kochba verkleidet waren, schmolz und verteilte gelungen sein könnte, den Tempel zu- Auch als die Römer durch Kaiser Kon- sich in den Mauerritzen. Um an dieses mindest teilweise wieder aufzubauen. stantin d. G. sich nun Christen nannten, Gold heranzukommen, rissen die änderte sich nichts für das jüdische Römer das Tempelgebäude Stein für Kaiser Hadrian hatte diesen Aufstand Volk. Im Gegenteil, der Tempelberg ver- Stein nieder. Sie erbeuteten so viel mit aller Härte niedergeschlagen. Er kam zu einem Schuttabladeplatz und Gold, dass es einen «Börsencrash» gab. baute auf dem Tempelberg einen Jupi- man benutzte das Tempelareal als Stein- Der Goldpreis verlor die Hälfte seines tertempel und errichtete eine Hadrian- bruch. So manche Säule aus dem Tem- Wertes. Schlimmer als der Werteverfall statue. Jerusalem sollte «judenrein» pelbezirk und so manchen Stein aus des Goldes aber war die Tatsache, dass werden, und so verbot Hadrian unter Androhung der Todesstrafe Juden das Betreten der für sie heiligen Stadt. 44 ethos 10/2017

An der Stelle des einstigen jüdischen Tempels steht heute der goldgekrönte Felsendom (1). Der Robinsonbogen (2) ist der Rest der einstigen gigantischen Freitreppe aus der Zeit des Herodianischen Tempels. Erstreckte sich einst über die gesamte Südmauer die königliche Säulenhalle, so befinden sich heute hier ein islamisches Museum (3) – Juden und Christen ist der Zutritt verboten – und die Al-Aqsa-Moschee (5). Die Westmauer wird oft auch als Klagemauer (4) bezeichnet, weil hier früher jüdische Gläubige die Zerstörung der beiden Tempel beweint haben. Nur über das Maghreb-Tor (6) dürfen Juden und Christen den Tempelberg betreten. Dabei wird jeder systematisch gefilzt und muss durch einen Metalldetektor gehen. Moslems haben als Zugang 12(!) weitere Tore und werden nicht kontrolliert. GPO / Israel Government Press Office – SEINE GESCHICHTE UND BEDEUTUNG den Tempelgebäuden haben die Ar- Souveränität und gestattete den Auf- Jitzhak Rabin (rechts) neben General Moshe Dayan chäologen (verbaut in Gebäuden der bau des Tempels. Doch sein früher Tod (links) schaut kurz nach der Eroberung Jerusalems diversen Epochen) wiederentdeckt. machte dieses Vorhaben zunichte. im Sechs-Tage-Krieg 1967 auf das Schild an der Konstantin d. G. errichtete die Grabes- Klagemauer. Dort steht Al Buraq. Die Klagemauer kirche, die von nun an das heilige DER TEMPELBERG gilt bis heute den Moslems als heilig, weil hier an- Gebäude für die Christenheit wurde. UND DER ISLAM geblich Mohammed sein geflügeltes Wunderpferd Den zerstörten Tempel Israels sah man Al Buraq (der Blitz) bei seiner Nachtreise ange- hingegen als steingewordenen Beweis Rund 300 Jahre später kam eine neue bunden haben soll. Diese Nachtreise ist allerdings für die Worte Jesu an: «Hier wird nicht Religion an die Macht: der Islam. 638 eine reine Legende, denn Mohammed war nie in ein Stein auf dem anderen gelassen n. Chr. wurde Jerusalem erobert. Der Jerusalem. Zu seiner Lebenszeit regierten die werden, der nicht abgebrochen werden Tempelberg fiel in moslemische Hände. Byzantiner über Jerusalem. Erst nach Mohammeds wird» (Mark. 13,2; Matth. 24,2). Das in Wo einst die königliche Säulenhalle Tod wurde Jerusalem von den Moslems erobert Trümmern liegende Heiligtum demons- stand (direkt an der Südmauer des (637 n. Chr.). trierte für die Byzantiner so den Sieg Tempelberges), wurde die Al-Aqsa- des Christentums über das Judentum. Moschee gebaut. Seit Mitte des 8. Jh. Jerusalem erobert hatte. Einer seiner steht nun genau an der Stelle, wo Um 361 n. Chr. hatte das jüdische einst der jüdische Tempel stand, der Nachfolger hatte diesen Bau über dem Volk noch einmal die grosse Chance, Felsendom, fälschlicherweise als Omar- den Tempel neu zu errichten. Der Moschee bezeichnet. Doch er ist weder besonderen Felsen auf dem Tempelberg byzantinische Kaiser Julian der Ab- eine Moschee noch wurde das Bauwerk trünnige (361–363 n. Chr.) wollte das von Kalif Omar errichtet, der 637 n. Chr. errichtet. Nach jüdischer Tradition ist Christentum als Staatsreligion wieder abschaffen, gewährte den Juden daher dieser heilige Felsen die Stelle, wo Abraham seinen Sohn Isaak hätte opfern sollen (Berg Moriah). Die frühen moslemischen Ge- schichtsschreiber waren sich bewusst, dass an dieser Stelle einst der jüdische Tempel gestanden hat. Sie sahen den Felsendom in der Kontinuität der heiligen Stätten auf dem Tempelberg. ethos 10/2017 45

Alexander Schick © www.bibelausstellung.de Alexander Schick © www.bibelausstellung.de Im archäologischen Park am Tempelberg haben die Archäologen die Steine an der Westmauer so liegen lassen, wie sie die Römer bei der Zerstörung der Tempelgebäude vom oberen Plateau 70 n. Chr. heruntergeworfen haben. Die Zerstörung des Tempels hatte Jesus vorhergesagt: «Es wird hier nicht ein Stein auf dem anderen bleiben ...» (Matthäus 24,2). Wenige Tage nach dem Sechs-Tage-Krieg wurde das Buraq-Schild aus der Mauer gehauen, Alexander Schick / Hecht Museum Haifa da es eine historische Lüge darstellte. ethos-Autor Alexander Schick zeigt auf die Stelle, wo sich einst das Schild in der Klagemauer befand. Heute ist dies anders. Seitdem die einen Metalldetektor gehen – völlig lo- Münze aus der Zeit des Bar-Kochba-Aufstandes palästinensischen Ansprüche mit ei- gisch bei einem solch sensiblen Gebiet! (132–135 n. Chr.). Deutlich erkennt man die nem stark militanten Islam gekoppelt Palästinenserpräsident Abbas bezeich- Tempelfassade auf der Münze. sind, verneinen führende Politiker der nete nun genauso wie die Hamas und arabischen Welt (eingeschlossen Paläs- der Waqf das Aufstellen der Sicherheits- immer mehr zu. So wurde bei einem tinenserpräsident Abbas), dass hier je- anlagen als «Provokation der Juden». Besuch unser israelischer Guide abge- mals ein jüdisches Heiligtum gestanden Eigentlich unfassbar, aber ein Grossteil führt, da er vom «Tempel zur Zeit Jesu» habe. Bei allen bisherigen Verhandlun- der Welt stimmte dem auch noch zu! sprach. Es ist aber verboten, den jüdi- gen zwischen Israelis und Palästinen- Zuerst wollte die israelische Regierung schen Tempel zu erwähnen, denn sern hatte der Tempelberg eine beson- an den Metalldetektoren festhalten. diesen habe es nie gegeben. Schon seit ders grosse Rolle gespielt. Als die Israelis Damit sind ja nicht nur die israelischen Salomo würde die Al-Aqsa-Moschee 1967 Ost-Jerusalem und die Altstadt Polizisten – alles keine Juden, sondern dort stehen, behauptet der Waqf. von den Jordaniern eroberten, wehte Araber – geschützt, sondern auch die für einen kurzen Moment die israeli- Besucher auf dem Tempelberg. Doch Über jeden Zweifel erhaben ist aber sche Flagge über dem Felsendom. Ge- durch die Unruhen kam es in Amman für Archäologen und Wissenschaftler neral Moshe Dayan liess sie aber sofort zu einem dramatischen Zwischenfall. die Echtheit dieses bedeutendsten jüdi- wieder einholen und übergab die isla- Ein jordanischer Jugendlicher hatte schen Heiligtums. Die Klagemauer (die mischen Stätten der islamischen Ver- in der dortigen israelischen Botschaft frühere Westmauer des Plateaus des waltung, dem sog. Waqf (islamische ein Attentat auf einen Israeli verübt, zweiten Jerusalemer Tempels) hat als Religionsbehörde). Dieser wiederum worauf er durch einen israelischen einer der wenigen Teile des gesamten untersteht Jordanien. Der jordanische Sicherheitsmann erschossen wurde. Tempelberges die Zerstörung durch die König ist der eigentliche Herr über den Eine verirrte Kugel traf dabei einen Römer überstanden und die Folgezei- Tempelberg, wie die Unruhen im Juli weiteren Jordanier. König Abdullah ten überdauert. Seit 1948 durften die dieses Jahres zeigten. liess das Botschaftspersonal erst aus- Juden aufgrund der jordanischen Be- reisen, als Nethanjahu dem Abbau der satzung nicht mehr dort beten, obwohl Als nach der Ermordung zweier Metalldetektoren zustimmte. Eigentlich es ausdrücklich im Waffenstillstands- arabisch-israelischer Polizisten am Tem- geniessen Botschaftsangehörige auf der vertrag vereinbart war. Erst seit dem pelberg durch palästinensische Terro- ganzen Welt diplomatische Immunität! Sieg im Sechs-Tage-Krieg ist sie den jü- risten Metalldetektoren aufgestellt wor- Aber hier wurden sie als Geiseln und dischen Gläubigen wieder zugänglich den waren, brachen schwere Unruhen Druckmittel missbraucht. Die Palästi- (vgl. ethos 6/17, S. 36–39). Doch für die aus, weil Israel den Status quo brechen nenser haben einen vermeintlichen Araber heisst diese Mauer «Al-Buraq- würde. Das ist natürlich reine Propa- Sieg errungen. Doch als der wahre Herr ganda. Wenn wir als Christen oder Ju- über den Tempelberg – im Arabischen den den Tempelberg besuchen wollen, «Haram al Sharif» (das erhabene müssen wir nicht nur alle Bibeln und Heiligtum) – hat sich wieder mal Schriften, wo Israel draufsteht, abgeben der jordanische König gezeigt. (diese sind auf dem einstigen biblischen Berg von den Moslems strengstens Die Situation auf dem Tempelberg verboten), sondern jeder muss durch spitzte sich in den letzten Monaten 46 ethos 10/2017

Wall», weil nach islamischer Tradition med griff damit die damalige Verehrung Alexander Schick mit freundlicher Genehmigung hier Mohammed sein geflügeltes Pferd von Maria, Gott Vater und Gott Sohn von Dr. Eilat Mazar, Jerusalem angebunden haben soll. Deshalb gibt an). Die Botschaft ist eindeutig – Jesus es die islamische Forderung, dass Juden Alexander Schick ist nicht Gottes Sohn. Doch genau dies Alles, was vom Gold des Herodianischen Tempels die Steine der Klagemauer noch nicht ist die Grundlage des christlichen Be- übriggeblieben ist, ist dieses kleine bisschen einmal berühren dürfen. Historiker be- kenntnisses, dass Jesus von Nazareth als auf einem verzierten Steinfragment. zweifeln allerdings vehement, dass Mo- Sohn Gottes in die Welt kam, um als hammed jemals Jerusalem betreten hat, der Messias Israels auch unser Erretter moslemisches Bekenntnis gegen den da die Stadt erst nach seinem Tod von zu werden. Nach dem Koran bewahrte Gott Israels und damit auch gegen den den Moslems erobert wurde. Dennoch Allah Jesus vor der Kreuzigung, indem Gott des Neuen Testaments. Seit fast bringt die islamische Tradition den er ihn vor seinen Feinden entrückte, 1400 Jahren wird auf dem Tempelberg Tempelberg mit dem Propheten Mo- während ein anderer an seiner Stelle Allah verehrt, der aber nichts mit dem hammed in Verbindung und so erklärt gekreuzigt wurde (Sure 4,157 f.). Eine lebendigen und heiligen Gott der Bibel sich die besondere Wichtigkeit dieses Kreuzigung hätte nach muslimischer gemeinsam hat. Deshalb ist der Nahost- Ortes für die Moslems. Auffassung eine schmachvolle Nieder- Konflikt mit seinem Streit um Felsen- lage und ein Scheitern der gesamten dom, Tempelberg, Klagemauer und den ALLAH UND DER VATER JESU Mission Jesu bedeutet. Jesus wird im Besitz des Heiligen Landes auch nicht CHRISTI – DERSELBE GOTT? Koran zwar als Prophet verehrt, doch politisch zu lösen, denn es geht um das Neue Testament berichtet eindeutig, einen zutiefst geistlichen Konflikt. Der Felsendom mit seinen blauen Ka- dass Jesus als Sohn Gottes für unsere cheln und dem goldenen Dach ist ein Schuld gestorben ist und wir nur durch Jüdische Gruppen wollen den Tem- Meisterwerk der frühislamischen Kunst. das Blut, das Er am Kreuz schuldlos pel neu errichten und das Opfer wieder Die Inschriften im Felsendom sind die vergossen hat, Frieden mit Gott be- aufnehmen. Alle Tempelgerätschaften ältesten Koranzitate der Welt und zu- kommen können. Dies lehnt der Koran sind bereits fertig und können in Jeru- gleich eine deutliche Kampfansage an und damit jeder Moslem aber auf das salem im Tempelinstitut bestaunt das Christentum. So steht im Felsen- Entschiedenste ab. Dazu Islamwissen- werden. Eine Kopie der Menorah, des dom: «Ihr Leute der Schrift! Treibt es in schaftlerin Dr. Christine Schirrmacher: siebenarmigen Leuchters, aus Gold eurer Religion nicht zu weit und sagt von «Einem Propheten steht nach muslimi- befindet sich unweit des Platzes der Gott (Allah) nichts als die Wahrheit! scher Auffassung ein ehrenvoller Tod Klagemauer. Doch seit Karfreitag brau- Christus Jesus, der Sohn der Maria, ist zu, aber keine Verurteilung als Verbre- chen wir kein Opfer mehr, denn Jesus nicht Gottes Sohn. Er ist nur der Ge- cher. Zudem ist es aus muslimischer Christus ist für uns gestorben. sandte Gottes und Sein Wort, das er der Sicht grundsätzlich unmöglich, stellver- Maria entboten hat und Geist von Ihm. tretend für andere Personen Erlösung Die Bibel verheisst uns auch, dass Darum glaubt an Allah und seine Ge- zu erwirken. Daher ist der Gedanke der eines Tages die Menschen wieder zum sandten und sagt nicht von Allah, dass er Kreuzigung Jesu und der Erlösung aus Tempelberg hinaufziehen werden, um drei Personen sei» (Sure 4,171; Moham- muslimischer Sicht verwerflich und den Namen des lebendigen Gottes zu falsch.» preisen. Welch grossartige Aussicht, Das Kreuz als Hoffnungszeichen: Blick aus der denn dann wird auch der Streit im Hei- Kirche Dominus Flevit auf den Tempelberg mit dem Der Felsendom ist die Manifesta- ligen Land ein Ende haben, wenn Jesus Felsendom. Der Kampf um den Tempelberg ist tion des islamischen Anspruchs: «Al- als der wahre Shalom den wirklichen letztlich ein zutiefst geistlicher Konflikt. Es geht lahu akhbar! La ilaha l-ah!» Das heisst: Frieden schafft. Bis dies der Fall ist, soll- um die alte Frage: Wer ist der wahre Gott und wer «Allah ist grösser! (und nicht, wie so ten wir uns von Psalm 122,6–9 leiten ist der wahre Gesandte des Allmächtigen? Jesus oft übersetzt: «Gott ist gross!») und: lassen: «Erbittet Heil für Jerusalem! Ruhe wird eines Tages in Jerusalem wiederkommen und «Es ist kein anderer Allah ausser Al- sollen die haben, die dich lieben! Heil sei als der wahre Shalom wirklichen Frieden schaffen. lah!» Mit diesem Ruf wird seit Jahrhun- in deinen Festungswerken, sichere Ruhe derten proklamiert, dass Allah der ein- (man kann auch übersetzen: sicherer zige wahre Gott sei. Dass er grösser ist Friede) in deinen Palästen. Um meiner als Jahwe, der Gott des jüdischen Vol- Brüder und meiner Freunde willen will kes, der nach dem neutestamentlichen ich sagen: Heil sei in dir! Wegen des Hau- Zeugnis der Vater Jesu Christi und da- ses des HERRN, unseres Gottes, will ich mit der Gott der Christen ist. Christen dein Bestes suchen.» n und Moslems glauben daher nicht an den gleichen Gott, auch wenn dies im- Alexander Schick ist Begründer der mer wieder behauptet wird. Der Felsen- grössten wandernden Bibelaus- dom ist in all seiner Pracht ein klares stellung Europas, die sich einer bibeltreuen Theologie verpflichtet weiss. www.bibelausstellung.de ethos 10/2017 47

zeitzeichenKampagnenjournalismus: Die Polizei vermutet, dass das Paar Heroin konsumiert hatte, Kindersklaven für Elektroautos bevor es das Bewusstsein verlor. (et.) Elektroautos gelten in Deutschland als umwelt- USA: Opioidkrise freundliche Alternative. Während Dieselfahrzeugen Fahrverbote drohen, werden sie staatlich gefördert. (bluewin) Die USA werden derzeit von billigen Was viele nicht wissen: Zehntausende Arbeitssklaven Drogen regelrecht überschwemmt, die Drogenpro- bauen vor allem im Kongo unter unmenschlichen blematik hat mittlerweile alle Gesellschaftsschich- Bedingungen Kobalt ab. Der Rohstoff wird zur Produk- ten erreicht. Millionen Menschen der ländlichen tion der Batterien für die Fahrzeuge benötigt. US-Mittelschicht sind abhängig von Heroin und Opioiden. In der Heroinhauptstadt Huntington Deutsche Medien, die im Augenblick Elektroautos ist jeder Vierte süchtig, Sanitäter rücken viermal in den Himmel heben, ohne die Frage aufzuwerfen, ge- pro Tag aus wegen Überdosen. schweige denn zu beantworten, wo der Strom verlässlich herkommen soll, wenn der Atom- und Kohleausstieg Heroin, das immer billiger zu haben ist, fordert komplett ist, haben bislang das Elend von mindestens die meisten Toten. In New York kostet ein Heroin- 40 000 afrikanischen Kindern ausgeblendet. Ob aus trip nur noch sechs Dollar, berichtet die «Welt» in Absicht oder Unwissen, ist eine sekundäre Frage. Es einem Artikel. Jeden Tag, so rechnet die Gesund- gäbe in Deutschland mehr und mehr Kampagnenjourna- heitsbehörde CDC, sterben in den USA 128 Men- lismus, der Ideologien befördert, statt sich kritisch mit schen an einer Überdosis, insgesamt rechnet sie ihnen auseinanderzusetzen. Man muss heutzutage briti- mit über 47 000 Toten pro Jahr. sche Medien, wie die «Mail on Sunday» verfolgen, wenn man sich ein objektives Bild machen will. Überdosisopfer gehören in diesem Stadium der Opioidkrise in Städten wie Huntington zum Internetpornografie: Strassenbild. Ganz normale Menschen kollabieren schafft junge Sexualtäter in Einkaufszentren, auf Parkplätzen der Motels, auf der Toilette oder an Tankstellen. Jeder in Hun- (idea) Die schottische Organisation «The Reward Foun- tington hat mindestens einen engen Freund oder dation» hat die Straftaten Jugendlicher in den vergange- Verwandten, der von Heroin abhängig oder daran nen Jahren überprüft. Allein im vergangenen Jahr haben gestorben ist. Doch weil die überdosisbedingten sich in Schottland 407 Teenager sexueller Straftaten Zusammenbrüche überall und ständig passieren, schuldig gemacht – so viele wie nie zuvor. Darunter verlieren sie ihren Schrecken. waren 48 Vergewaltigungen. Einige Beschuldigte hatten angegeben, regelmässig Pornografie zu konsumieren. Mit der Veröffentlichung eines schockierenden Die Organisation sieht im Pornokonsum einen wesent- Fotos vor knapp einem Jahr hatte die Polizei in lichen Faktor für die Zunahme sexueller Übergriffe: einer US-Kleinstadt zur Abschreckung auf die «Wenn wir uns nicht der Realität stellen, was die Porno- herrschende Heroin-Epidemie im Land aufmerk- Industrie unseren Jugendlichen vermittelt, wird die sam gemacht. Zu sehen ist ein Pärchen, das zu- Kriminalitätsrate weiter steigen.» Um dem entgegen- gedröhnt im Auto sitzt. Nur der vierjährige Junge zuwirken, hat die Organisation ein Gipfeltreffen zum auf dem Rücksitz ist wach und weiss nicht, was Thema «Kinder, Jugendliche und sexuelle Übergriffe» um ihn herum geschieht. Kein Bild könnte die anberaumt. Es sei wichtig, Heranwachsenden Würde momentane Situation in den USA besser doku- und Respekt beizubringen. mentieren. China: Ruf aus Lautsprecher von Moscheen verboten (et.) Gross war das globale Aufsehen, als in Israel mittels dem sogenannten Muezzin-Gesetz vorgeschrieben wurde, in welcher Lautstärke der muslimische Gebetsruf aus den Lautsprechern zu vernehmen sein soll. In China wurden nun in einer Provinz ungleich härtere Schritte an den Tag gelegt, die Rufe via Lautsprecher ver- boten und 1000 Lautsprecher-Anlagen von den Moscheen entfernt – die weltweite Empörung? Nicht vorhanden. Die internationale Reaktion blieb aus. Auch in der arabischen Welt. Die Welt misst mit verschiedenen Ellen. 48 ethos 10/2017

Rex Walls holt seiner Tochter Jeannette (Ella Anderson) die Sterne vom Himmel. THE GLASS CASTLE Erfolgreiche Kolumnistin: Jeannette Walls (Brie Larson) lebt ihren Traum. Wer nach den Sternen greift, kann tief fallen. Jeannette Walls, eine erfolgreiche New Yorker Journalistin, alles durchmachen müssen. Sie sind Opfer, haben keine Wahl. lässt sich mit dem Taxi zu ihrer Luxuswohnung chauffieren, Doch mit dem Älterwerden und der schwindenden Hoffnung als sie am Strassenrand ihre Eltern erkennt, die in Müllcontai- auf Besserung der desolaten Zustände bröckelt die Loyalität zu nern herumwühlen. Mit dieser bizarren Szene eröffnet Regisseur den Eltern. Zu oft wurden sie von ihnen enttäuscht. Grossmun- und Drehbuchautor Destin Daniel Cretton sein packendes Fami- dige Worte wie: «Das ist das letzte Mal, dass wir umziehen» oder: liendrama. Als Vorlage diente der autobiografische Bestseller von «Diesmal wird alles anders» wirken nicht mehr. Der Traum vom Jeannette Walls «Schloss aus Glas», der millionenfach verkauft Glück zerbricht wie das Schloss aus Glas, das nie realisiert wird. und in über 30 Sprachen übersetzt wurde. Das Gute an der Geschichte ist, dass die traumatischen Erleb- In Rückblenden schildert der Film ihre chaotische Kindheit, nisse die vier Kinder zusammenschweisst, bis ins Erwachsenen- die sie zusammen mit ihrer älteren Schwester Lori, Bruder Brian alter. und Maureen, der Jüngsten, am Rande der Gesellschaft erleben Jeannette wird von drei Personen verkörpert. Als junge Frau musste. Mutter Rose Mary (Naomi Watts), eine eigenwillige überzeugt Brie Larson, der mit «Room» 2015 bereits der gros- Künstlerin, hat sich ganz der Malerei verschrieben und überlässt se Durchbruch gelungen ist. Damals spielte sie eine Mutter, die Kinder ihrem Schicksal. Auch Vater Rex ist nicht in der Lage, die jahrelang mit ihrem Sohn in einem Raum gefangen war und seine Verantwortung wahrzunehmen. Er, ein brillanter Ingenieur, schliesslich fliehen konnte. Die elfjährige Ella Anderson stellt aber notorischer Trinker und ständig auf der Flucht vor den Jeannette als Mädchen dar und beeindruckt mit einer für ihr Behörden oder der Polizei, zeichnet wie ein Getriebener an den Alter bemerkenswert reifen Leistung. Am meisten jedoch hat Plänen für sein Schloss aus Glas, das er bauen will. Für das mich Woody Harrelson in seiner Rolle als alkoholsüchtiger Vater letzte vorhandene Geld kauft er Hochprozentiges statt Lebens- fasziniert, dem es mit beängstigender Intensität gelungen ist, mittel. So vagabundieren die Walls quer durch die USA, bis sie eine so charismatische Person voller Widersprüche wie Rex Walls schliesslich in ein abbruchreifes Haus ohne Wasser, Strom und auf die Leinwand zu zeichnen. Heizung ziehen. Bittere Armut und Hunger sind ihre ständigen Der Film endet überraschend, vielleicht etwas zu beschöni- Begleiter. Am meisten aber leidet die Familie unter den Alkohol- gend. Jeannette eilt an das Sterbebett ihres Vaters und hört zum exzessen und Gewaltausbrüchen des Vaters. Was anfangs noch ersten Mal Worte der Reue aus seinem Mund. Das ist Balsam nach Freiheit und dem grossen Abenteuer riecht, entwickelt für ihre Seele. Jedenfalls hilft ihr das beim Entschluss, sich nun sich immer mehr zum Albtraum … auch mit ihrer Vergangenheit auszusöhnen. n «The Glass Castle» ist ein Film der Gegensätze: Die steril Isabelle Kobe wirkende Hochglanzwelt der Karrierefrau Jeannette, stets perfekt • Inhalt: ergreifende Verfilmung des autobiografischen Romans Auf einen Blickgestylt, liiert mit David, Finanzberater aus gutem Hause, dane-«Schloss aus Glas» von Jeannette Walls, in welchem sie ihre chaotische Kindheit zwischen Himmel und Hölle beschreibt ben Bilder von Verwahrlosung: schäbige Kleider, Abfallberge und Kinder, die mit knurrendem Magen ins Bett kriechen. Der Vater,• Genre: Drama manchmal witzig, charmant und liebevoll, bis er beim nächsten• Altersfreigabe: ab 12 Jahren Wutanfall wieder alles zerstört. Zurück bleiben demoliertes• Filmstart: DE: 21.9.17; AT: 22.9.17; CH: 5.10.17 Mobiliar, zerplatzte Träume, verletzte Kinderseelen. Statt dass die Walls im versprochenen Paradies leben, gehen sie buchstäb- ethos 10/2017 49 lich durch die Hölle. FilmManchmal lassen nur schon Blicke erahnen, was die Kinder

MIR FEHLEN DIE WORTE SCGHEOWNUSST? MEIN VERSAGEN Wenn es kalt wird, zittern VMsvoMacmgoSfohStSditremcemecwbürihiidhirs,cnneanwetiehdicldrneVniouäuhtmemtseescene,twbshrreNdiaVisrnireheelaneeölFhrsesingerdnctrutsesiueeaNhte.cannunrnlhuDdgödekdzdetnuctkueennseahdrsareicslcgtnrfacilmihhüeenevehnnibierhomets!nkidessimrstDeanntiitekdccn,irbaomVrhhmcwennimahe,neeedkuö–rwi.mnrgeuscnfDideai,nhrnheetgHductan.radeoeharnaebenusDcfs.grkrttehsDze.ekema.id!n.I,cdesIucDuicdhniIzchhhcscanehammaihhsmresnmss!arthiitmke.rörInd.asecicDstcv«uIös,hhichsenicHeahantrtdhihnmelgcemaltlmskhireidentibereitr,iemrkdbs,cMJgihtediehieneecmeusaodenndhbuunsmimuisgitsrsbcdcte,gu,hetieihd»dcetdtbnr!ltehnaaiaevteAwncses,swnomhsms,sdiur,ueeiidaekddnncedssiSuouhnasdensdcmtsr.mmm,hiessVcdwcmnweihieihacretriäieshelsninQFmce.naHuoehcrmWigeeichdfelSeeletiehi,itirn:nüdceeeia3zhcenes6nl.b5hmelndsieertneeip,s Schwarm, um Bienen im fz u wär me n . den Stock au DZfalüismsesiimngzbeilgereitbMet,meistptaelQl,rudaeactskusbrielbi er. IN CHRISTUS ALLEIN Singer-Songwriter Matthew West. «wGaostwtdwimarasötsscuwehnrti,erssendogniancdsehetttr.u»ndnam,s ösechgntee,n,EGO MRDauiteft,hIvedewernäWtniedtäsettrtikenodmCiheprliPestettur.sspzeuktfiivnedveonnuSnidngneicr-hStoinmgweriigteenr en «Wenn dein Gott isdcrhokügahHnwaoSsiswabbd«bmti«,aigelectIDeeiUssw,chnmtEnh.re,nh»naInldKn-irieddansssigiiWr.cjeeaeeuSnifheedchanslErtdcemtasbhihcttsrhnFeilKsihecGiaptlnmuwtszinWäühn-oeniunsiVtetsimdtrldeecdniestlfrifs,ilehetanaieortZceeedmsdkmnlkhie,vbC.teniuäziaoeerddrhUtezuinsarnsnsaaurssksmdmuntitssiLiatG,secdepnIlseiigbütedirhuatorsetnumetergabidietutenrmcdasssntnenf–eenG.tdd.hcuMaeKnh.nrzietkNaeh»jmDsckr«iuennoeaahatnfüshtFuivonäRpnuüntetenectnfbtaenftcttefierhnieuhinehciernnmdhcgsnlbhrttd:eeVriedheGnicanageradadwbgee«mimethitnocinibseiainirIobnnGegetnzhscfWeiennogtzsteücenioehne,–k,neffoucumeh.htWeas,nn›sLhsztbsnsul,sl»sz:ecus.eeItseleidtebnveendineh«,cl,bElwioetiddcbselmIheGgheabrnwsechtuenrsieenalnaotsnrahhnttcseieinstgttikecnnIbahakiictin,brKdrtsshncgtaneshaizuttmiewthteiidrTnnemetecn,iannelgaaas:niipaihdsilgetirnlegcgsvmsne‹uaieuteroieThttIwdrsulenutnnePärceannbfecaeeinbntidehWrgarnsKcmhdsiektPksszgtsPheüTsleintttBuleiheiinps.otwesuaortceti»rnailetdtalfnrnnhbüdniieel,VteeeitcstzkttcnuirtGenrnefdskwneeiletknürGgrits,oai.iwcrecszm.Rtgnrg»otsoeh,iguwhoneteEehuosmterebwp.lkatärinnsdflhBsmneeitohhem,Kac.r–ewinrmeairrsashd,f.suEeewieruetence,meinhnlEgrrfgiektnhntie.euauitmQctleKuni.,vigbs«trchg»nMeuzneofeiaöIseheeecba,udcrsrlnoDlantWlhs,ckteaseheniitsapah:tngerawnrtmedeW,DshuiwsiuSrVeiinesmdd.aieseknteusleceorenhoaweteDs,nserhizsi,d,semetilsPiiiac.dal.esasnncaiotdnhGecnefieEl«hletheeealirehnlei,giIenmrisnrsrssnsnc.mmebswpic,»sew,aheennniheMLiarmiwlirene,,suimskl,tdcecLrliaderat,hcbamhsiCwisidwvlcGehivceedwtleheciaheeeGinhneranigrrhFznesiirtind,sosfetveueseefstnedws/öidwsthutnIäG,ulzaüeieeuddllnvcwnuzeorisbngdseneigdhsudoroeezepaern.hdLnelumervnundzaltaalDerdeelisu,fmeeHubunaaturo,eansäesdsäeset.itcergurhtgshssenninaUhitieneeeenmncld,dsnnl-ndheettdd,-reatt.ss dir nie widerspricht, könnte es sein, dass du nur eine idealisierte Version von dir selbst anbetest.» Timothy Keller 50