Ausgabe 9/2016 I 33. Jahrgang I www.ethos.ch I 5 6.00, CHF 6.90 bedeutungVs oll leben Gemeinde – was ist das? Reportage Loslassen Steinböcke mit Gewinn Interview: Joni Raus aus der Porno-Sucht Ein erfülltes Leben im Rollstuhl
RUBRIK I ZufriedenheitEchte Cathe, ein wunderschönes, sportliches Mädchen – erst 13 Jahre alt –, rannte die Strasse hinab, um pünktlich in die Schule zu kommen, als sie von einem Auto erfasst wurde. Sie ist seither völlig gelähmt und benötigt ein Beatmungsgerät. Starr sitzt sie in ihrem Roll- stuhl und manövriert ihn, indem sie ihre Zunge gegen eine spezielle Halterung in ihrem Mund presst. Das letzte Mal, als ich (Joni Eareckson) sie sah, waren zehn Jahre seit ihrem Unfall vergan- gen und Cathe eine junge Frau von 23 Jahren. Selbstsicher, sympathisch und obwohl sie nicht normal sprechen kann, ein strahlendes Zeugnis für Christus und dafür, wie er jedes Bedürfnis in ihrem Leben stillt. Hören Sie doch einmal ein paar Zeilen eines längeren Gedichtes an, das sie vor Kurzem schrieb – der Rhythmus dieser Verse entspricht bei ihr den Abständen zwischen zwei Atem- zügen. Wenn Menschen mich sehen, an meinen Rollstuhl gebunden, kennt keiner (wenngleich ich regungslos bin) die Freude, die ich gefunden. Meine Arme werden sich nicht mehr regen, meine Beine können nicht laufen. Ohne mein Spezial-Sprachventil kann ich nicht einmal reden. Doch das alles bedeutet nichts, diese Dinge, die Sie sehen können. Es sind die unsichtbaren Veränderungen, bewirkt durch den, der in mir lebt. Keiner kennt Zufriedenheit, wie Er sie mir gegeben, der Ihm sein Herz nicht gibt und dann geduldig wartet, dass Er darauf einwirkt, so wie Er es bei mir getan. Cathe Buchempfehlung: Sehnsucht nach Heilung – warum lässt Gott Leid zu?, J2oni Eaertehcoksso9n/2Ta0d1a6, Gerth Medien
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER Manchmal fällt es uns schwer, einen von Jesus zugewiesenen Platz auszufüllen, den wir uns selbst nicht ausgesucht hätten. Dieses «manchmal» erlebe ich dann, wenn Schwierigkeiten aufziehen und stationären Wolken gleich die Sonne verdunkeln. In solchen Situationen bin ich versucht, davon zulaufen. Just in diesem Moment lese ich: «Habe acht auf den Dienst, den du vom Herrn empfangen hast, damit du ihn erfüllst» (Kol. 4,17 b). Das heisst, den Schwierigkeiten nicht auszuweichen wie der Skifahrer den Slalomstangen. Um das anzupacken, muss ich mir klar darüber sein, warum ich den Dienst erfüllen will, wie dies gelingen soll und was das Ziel ist. «Herr, du hast Meine Motivation, Gott dienen zu wollen, gründet in der grossen Liebe von Jesus Christus, weil er für mich starb, um mich zu retten. Von dieser Liebe erfüllt zu sein, bedeutet nicht in erster Linie deinem Knecht so viel ein überwältigendes Gefühl, sondern ist eine überwältigende Tatsache. Gutes zugesagt.» Der Dienst muss uns nicht befriedigen und erfüllen – das ist Gottes Part. Sinn und Gewinn erwachsen aus der Gemeinschaft mit Jesus, nicht aus der Arbeit. Es gilt, im Vertrauen auf seine 2. Samuel 7,28 b Hilfe und Stärke in der Aufgabe auszuharren, ja mehr noch, darin zufrieden zu sein. Unumstöss liche Zufriedenheit stellt sich dann ein, wenn ich sagen kann: «Ich habe bereits alles, was ich brauche, in Ihm, und das Ziel der Schule Gottes mit mir ist mein Bestes, meine Heiligung. Dinge, die Gott missfallen und mich zerstören – allen voran der Stolz, der der Demut die Tür zuhält und Wachstum verhindert –, müssen weg. Die christliche Gemeinde ist ein Ort, wo wir das lernen dürfen. Mehr dazu ab Seite 20, «Gemeinde zwischen Ideal und Wirklichkeit». «Haben Sie die ruhige Gewissheit, dass Gott wahrhaft dafür sorgt, dass seinen Kindern alle Dinge – gute wie schlechte, vergangene und gegenwärtige – ‹zum Guten› dienen, wie es in Römer 8,28 heisst? Dann verwandelt sich das Gewicht des Kreuzes in das Gewicht einer Krone, ihre Schmerzen in überströmende Freude.» Das sagt Joni Eareckson Tada, die seit über vier Jahrzehnten durch einen Genickbruch gelähmt ist und von anhaltenden Schmerzen gepeinigt wird. Zu dieser Überzeugung fand sie nicht von heute auf morgen. Anfangs schleuderte sie Gott entgegen: «Das kann nicht dein Ernst sein. Dankbar sein für das hier? Niemals.» Später weinte sie in tiefster Verzweiflung: «Herr, wenn ich schon nicht sterben kann, dann zeige mir wenigstens, wie ich leben kann!» Und heute sagt sie: «Es kommt nur darauf an, sich in allen Dingen für Jesus zu entscheiden, wie die Lebensumstände auch aussehen mögen. Diese Art von Zufriedenheit ist so gut und so sicher, dass ich sie für nichts auf der Welt eintauschen würde. Nicht einmal für einen unversehrten Körper.» Gott hat ihr Gebet erhört und ihr gezeigt, wie sie leben kann! Lesen Sie dazu das Interview (ab Seite 14). Bereits als Kind durfte ich Joni kennenlernen, als sie Gast in unserem Haus war. Die Pflege rinnen brauchten morgens zwei Stunden, um ihre gelähmten Gliedmassen durchzubewegen, Joni zu waschen, sie anzuziehen und in den Rollstuhl zu hieven. In allem ist sie auf fremde Hände angewiesen. Bei der ganzen Prozedur jedoch strahlte ihr Gesicht, sie stellte mir Fragen und dazwi schen sang sie auch mal. Sie schien mir wie von einem anderen Stern. So wollte ich auch sein! Ich wusste: Der Schlüssel dazu liegt in ihrer Beziehung zum Heiland. Joni ist mir bis heute ein grosses Vorbild und lässt mich mit Jim Elliot beten: «Herr, gib meinem Leben Gedeihen, nicht dass ich hohen Rang erlange, sondern dass mein Leben ein offenes Zeichen dafür sei, was es bedeutet, Gott zu kennen.» Joni Eareckson Tada ist ein offenes Zeichen, den guten Gott zu kennen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich täglich freuen dürfen über die Güte Gottes. Herzlich, Ihre editorialDanielaWagnerSchwengeler
INSHeptAemLbeTr 2016 20 Christsein: Gemeinde – zwischen Ideal und Wirklichkeit Reportage: 14 Der Alpen- Interview: steinbock Joni – e 6 Leben im bedeutungVs oll 2 Input: Echte Zufriedenheit! 29 Alltagstauglich: «Dieses Mal preise ich den Herrn!» 3 Editorial 30 Zeitzeichen 33 Gesundheit: Wallwurz 6 Reportage: Der Alpensteinbock34 Poster 36 Brennpunkt: Pornografie – schöngeredete 12 Fokus Versklavung 14 Interview: Joni – ein erfülltes Leben im Rollstuhl 38 Interview: «Pornografie ist Gift!» 20 Christsein: Gemeinde – zwischen Ideal und41 Erlebt: Zerbrechliches Glück Wirklichkeit bedeutu24 Glaubekonkret:Loslassen...
24 Glaube konkret: Loslassen ... 36 Brennpunkt: Pornografie – schöngeredete Versklavung ein erfülltes m Rollstuhl leben und glauben 42 Seelsorge Jugend: Kann mir noch vergeben werden? 56 Witz & Wissen 44 Jugendmix 58 Kids: Tüten-Freundschaft 46 Persönlich: Die Bitterkeit der Seele60 Bücher & Co. 47 Leserbriefe/Kreuzworträtsel61 Rezept: Fiakergulasch 48 Fortsetzungsgeschichte: Martyrium Heimat (Teil 3) finden Sie auf der letzten Umschlagseite. Abo-Bestellkarten52 Kreativ: Designerstücke fürs Wohnambiente – Deko-Kugeln ungVs oll54 ethosopenhands:Sommerlager
RUEPBORRIKTAIGE I Ein Sprung von mehr als sieben Metern? Zum Beispiel über einen Wildbach oder eine Felsspalte? – kein Problem für den «König der Berge»! DER ALPENSTEIN Morgengymnastik einer Steingeiss.
Mit seinen mächtigen bis zu ein an, wenn ich mit meinem Fotoapparat Schmuckknoten versehene Gehörn gilt Meter langen Hörnern und dem in den Bergen unterwegs war. Fragte ich als Markenzeichen des Steinbocks. Im kräftigen Körper ist der Alpensteinbock dann etwas genauer nach, stellte sich Gegensatz zu den hirschartigen Tieren, (Capra ibex) zweifellos eines der impo- meistens heraus, dass die Leute keine welche ihre Geweihe jedes Jahr abwer- santesten Tiere unserer Bergwelt. Viele Gämsen, sondern Steingeissen, weibli- fen, um sie auf die Brunftzeit hin wie- wissen jedoch nicht, dass ausschliesslich che Steinböcke, gesehen hatten. Denn der aufzubauen, wachsen die Hörner die männlichen Tiere den eindrucks- im Gegensatz zu den Böcken verfügen der Steinböcke ein Leben lang. Form vollen Kopfschmuck tragen. Ob ich die diese und auch die jungen Männchen und Länge der Hörner geben Auskunft Gämsen auch gesehen hätte, so spra- nur über kurze, feine Hörner. über die Lebensgeschichte und das chen mich schon mehrmals Wanderer Alter des Tieres. Meist bilden sich zwei Das sichelförmige, mit so genannten Steinbock im Toggenburg. NBOCK
RUBRIK I Steinböcke bei Rangordnungskämpfen. • Name: Alpensteinbock (Capra ibex) Junger Steinbock. • Verwandte Arten: Bezoarziege (Capra aegagrus), Iberiensteinbock (Capra pyrenaica), Schraubenziege (Capra falconeri) • Körpergewicht: Böcke 100 kg, Geissen 40 kg • Nahrung: hauptsächlich Gräser, aber auch Kräuter, Moos, Flechten und ver- einzelt Triebspitzen von Holzgewächsen • Natürliche Feinde: gefährdet sind vor allem Kitze durch den Steinadler. Wolf, Luchs und Fuchs werden dem Stein- bock in seinem typischen Lebensraum kaum gefährlich. • Paarungszeit: Dezember/Januar • Setzzeit: Mai/Juni, meist nur ein Junges, selten zwei • Besonderes: können horizontale Hindernisse von mehr als sieben Metern und senkrechte Sprünge von über vier Metern bewältigen. 8 ethos 9/2016
I RUBRIK Steingeiss im Jura. Liegeplatz mit Aussicht im Berner Oberland. Schmuckwülste pro Jahr. Jedoch stimmt sich oberhalb der Waldgrenze auf und ausweichen. Männchen und Weibchen die weit verbreitete Meinung nicht, dass können sich bestens an das steile, felsige mit ihren Jungtieren leben den grössten das Alter der Anzahl Wülste entspricht. und reich strukturierte Gelände an- Teil des Jahres in getrennten Verbänden. Zur Altersbestimmung dienen die Jahr- passen. Hingegen meiden sie grosse ringe an der Hinterseite. Schneemassen, die ihnen wegen der Vereinzelt treibt der Hunger die Tiere verhältnismässig kleinen Hufe grosse im Frühling bis in den lichten Waldgür- HERVORRAGENDER Mühe bereiten. In besonders langen, tel hinab. Im Sommer hingegen fliehen GEBIRGSSPEZIALIST schneereichen Wintern kommen des- sie vor der Hitze und steigen in grössere halb viele, vor allem schwächere Tiere Höhen auf, am liebsten zwischen 2500 Der Alpensteinbock kommt im ganzen in Lawinen oder wegen Futterknapp- und 3000 Meter, wo sie auf Grasflächen Alpenbogen von Frankreich bis Slowe- heit um. Das Steinwild bevorzugt zu- ihre Nahrung finden. nien vor. Heute befinden sich in diesem sammenhängende Bergmassive mit Raum rund 45 000 Tiere, davon etwa Ost-West-Ausrichtung. So kann es sich Anfang Sommer ziehen sich die 15 000 in der Schweiz. Steinböcke halten im Winter auf den sonnenexponierten trächtigen Geissen in schwer zugäng- Südhang zurückziehen und dem Schnee liche Nischen zwischen den Felsen zurück und gebären dort ihr Junges. Nur selten bringen sie Zwillinge zur ethos 9/2016 9
RUBRIK I Mineralienhaltige Steine ziehen Steinböcke an. Welt. Danach stossen sie mit ihrem Kitz OPFER VON MAGIE UND gebirge hinauf weideten. Sie schränkten wieder zu den anderen Weibchen. VOLKSMEDIZIN seinen Lebensraum ein und übertrugen Krankheiten auf die Wildtiere. Die Bockgruppen teilen sich unter- Besonders Jagd und Wilderei sowie die dessen in Gruppen von Gleichaltrigen Einengung seines Lebensraumes führ- Dem Alpensteinbock wurde aber vor auf und legen mit eindrücklichen ten über die Jahrhunderte zum Ver- allem die abergläubische Volksmedizin Machtkämpfen die Rangordnung schwinden des Alpensteinbocks. Zwar zum Verhängnis. Schnell fand das edle untereinander fest. Diese richtet sich wurde er schon immer gejagt, doch Tier einen festen Platz in den geheimen weitgehend nach dem Alter, das heisst, bestand für ihn keine Ausrottungs- Wissenschaften und Künsten und hat die grösseren Böcke mit den längeren gefahr, als das Jagen noch ein Privileg wie kaum ein anderes die Sagen und Hörnern sind dominant. Bereits die der Oberschicht war und die Leute mit das Brauchtum beeinflusst. So stand jungen Böcke ähnlichen Alters messen Armbrust und Speer auf die Pirsch gin- der Steinbock im Ruf, über besondere sich in spielerischen Kämpfen. Vor der gen. Als im 15. Jahrhundert die Feuer- Fähigkeiten zu verfügen. Praktisch Brunft, die im tiefsten Winter stattfin- waffen aufkamen, begann eine grosse alles an dieser «kletternden Apotheke» det, lösen sich die Bockverbände wie- Welle der Verfolgung und bedrängte sollte für oder gegen etwas gut sein, der langsam auf. Die Böcke gesellen den Steinbock stark. Vom 16. bis zum heilend oder magisch wirken, wie etwa sich vorübergehend zu den Weibchen, 18. Jahrhundert trieben zudem Hunger um sich zu paaren. Bereits Ende Winter und Krankheiten die Menschen dazu, gehen die Geschlechter dann wieder sein Fleisch zu verzehren. Gleichzeitig getrennte Wege. machten dem Steinbock Ziegen und Schafe zu schaffen, die bis ins Hoch- 10 ethos 9/2016
I RUBRIK das Horn, aber auch Haarkleid, Blut, Wildhüterkorps mit dem Schutz des frisch geborene Kitze fingen, von wo Milz und Gedärm. Regelrecht wunder- Steinbocks beauftragte. So konnte dem aus sie in die Schweiz gelangten. Diese tätig sollen die Kugeln gewesen sein, illegalen Jagen entgegengewirkt werden. wurden im Wildpark Peter und Paul die sich aus abgeleckten Haaren im Die Steinbockpopulation vergrösserte in St. Gallen und später auch im Alpen- Magen des Steinbocks bilden. Der be- sich ständig und bis zum Ende des wildpark Interlaken-Harder aufgezogen liebteste magische Artikel war natürlich 19. Jahrhunderts zählte man 3000 Tiere. und gezüchtet. 1911 setzte man auf das Horn. Das Gebiet galt lange Zeit als königli- einer Alp im Weisstannental (SG) ches Jagdrevier, bevor es 1922 durch das erstmals erfolgreich Steinböcke ins ILLEGALE GESCHÄFTE faschistische Regime zum Nationalpark Freiland aus. Weitere Aussetzungen, ernannt wurde: dem Parco Nazionale unter anderem ab 1920 im Schweize- Anfang des 19. Jahrhunderts war der Gran Paradiso. rischen Nationalpark, folgten. Später Steinbock hierzulande praktisch ausge- wurden Steinböcke aus Kolonien, die storben. Nur im Nordwesten Italiens, Trotz gemeinsamer Bemühungen sich gut entwickelten, eingefangen und im Gran Paradiso, dem Grenzgebiet von Naturfreunden und der offiziellen in neue Gebiete umgesiedelt. zwischen Aostatal und Piemont, über- Schweiz gestaltete sich die Beschaffung lebte eine einzige Steinbockpopulation. und Wiederansiedlung schwierig, da die Nach wie vor ist der Alpensteinbock Dies dank des Königssohnes Vittorio italienischen Könige stolz darauf waren, eine geschützte Tierart. Sein Bestand Emmanuele II. (1820–1878), welcher im alleinigen Besitz freilebender Stein- hat sich jedoch unterdessen so positiv durch sein Interesse an der Jagd und böcke zu sein. entwickelt, dass zu seiner Regulation am Alpensteinbock die königlichen jedes Jahr eine begrenzte Anzahl Tiere Nach einer vergeblichen Anfrage abgeschossen werden darf. n beim König setzte man auf Angebote von Wilderern, welche im Aostatal Martin Mägli, Jahrgang 1977, verheiratet, zwei Kinder, Naturfotograf und Lehrer. Etliche seiner Bilder wurden an interna- tionalen Wettbewerben ausgezeichnet. www.naturbild.ch ethos 9/2016 11
Fokus Inselstaat: US-Note: Komplettversorgung erste schwarze Frau durch Solarenergie (et.) Die christliche Sklavenbefreierin Harriet Tubman (et.) Das gab es zuvor nirgendwo auf der Welt: Die ist die erste schwarze Frau auf einer US-Note. Inselgruppe Tokelau wird seit einiger Zeit komplett von Solarenergie versorgt, so das Nachrichtenportal Entschieden kämpfte sie gegen die Sklaverei. Jetzt «Bluewin». wird sie dafür geehrt. Sie ziert den neuen 20-Dollar- Schein der USA. Die Christin floh einst selbst von einer Die Veränderung könnte drastischer nicht sein: Plantage. Später verhalf sie unter Lebensgefahr mindes- Bis vor wenigen Jahren musste der Südseestaat tens 300 anderen zur Freiheit und setzte sich dafür ein, Tokelau per Schiff mit Ölfässern zum Betrieb von dass Frauen wählen dürfen. lärmenden Dieselgeneratoren versorgt werden. Diese Art der Energieversorgung war nicht nur Israel sinnt auf Massnahmen gegen solche Terrortunnel. umweltschädlich, sondern auch mit hohen Kosten verbunden – schliesslich musste der Diesel jeweils Israel: Betonmauer über Tausende Kilometer aus Neuseeland importiert gegen Terrortunnels werden. Damit ist nun Schluss: Heute ist der gerade mal 12 Quadratkilometer grosse Südseestaat das (Israelnetz) Bislang ist es Israel nicht gelungen, der erste Land der Welt, das seinen Strom zu 100 Pro- Bedrohung Herr zu werden, die von den Terrortunneln zent aus Solarzellen bezieht. der Hamas ausgeht. Sie reichen vom Gazastreifen aus teilweise mehrere hundert Meter ins israelische Möglich war diese Energiewende unter anderem Gebiet hinein. Dieser Gefahr soll nun offenbar eine dank der Unterstützung Neuseelands, das rund Betonmauer Abhilfe schaffen, die sowohl ober- als auch 5,5 Millionen Franken in das Projekt investierte. unterirdisch an der Grenze verläuft. Das berichtete die Der Grund: Tokelau geniesst zwar auf vielen Gebie- Tageszeitung «Yediot Aharonot» und berief sich auf den ten eine Selbstverwaltung – regiert werden die rund Verteidigungsapparat. 1500 Einwohner des Inselstaates aber nach wie vor von Neuseeland. Dem Bericht zufolge sind für das Projekt umgerech- net rund 500 Millionen Euro veranschlagt. Die Mauer Das Projekt in Tokelau sei «ein ausgezeichnetes solle sich über 60 Kilometer erstrecken. Diese Barriere Beispiel, wie kleine Pazifikstaaten den Weg der soll laut Armeeangaben binnen zwei Jahren fertigge- erneuerbaren Energien gehen können», sagte der stellt werden. Nach eigenen Angaben hat das Blatt neuseeländische Aussenminister Murray McCully die Informationen vom Zensor des israelischen Militärs bei der Präsentation des Solarprojektes. Es handle freigeben lassen. sich um einen «Meilenstein für die Zukunft». Die Onlinezeitung «Times of Israel» erhielt auf Vögel: Weltweit erste Anfrage beim Verteidigungsministerium keine näheren Blutbank für Vögel Auskünfte. (Israelnetz) Die Wildtierklinik in Ramat Gan ist Indes äusserte sich ein ranghoher Vertreter des Ver- die weltweit erste medizinische Einrichtung, die teidigungsministeriums vor Journalisten zu einer mög- für Vögel eine Blutbank angelegt hat. Damit soll lichen Konfrontation mit der Hamas: «... wir können vor allem Zugvögeln geholfen werden, die beim nicht einen fortwährenden Zermürbungskrieg führen.» Flug gen Süden verletzt in Israel ankommen, so Es sei eine anhaltende und zunehmende Bedrohung die Tageszeitung «Yediot Aharonot». und Israel müsse darauf vorbereitet sein. 12 ethos 9/2016
empfWeSheielnenanuSSciihee Vüeebsretbreziitelthueegwftteesiitanendrf.ovGrodenernreneth.doüs,rfen ARTIKEL ZUR MEINUNGSBILDUNG. Auch diese Themen sind in ethos enthalten: Bibelarbeiten Lebensberichte Glaubenszeugnisse Fotoreportagen Porträts wahre Geschichten Interviews u. v. m. Ich bestelle ein für mich Geschenkabo Probeheft (aktuelle Ausgabe, gratis) unbefristet Schnupperabo* (4 Ausgaben, CHF 25.–/1 22.–, inkl. Porto) befristet für 1 Jahr Jahres-Abo (12 Ausgaben, CHF 65.90/1 57.30, exkl. Porto) Absender/Rechnungsempfänger: Als Geschenk für: Name/Vorname Name/Vorname Strasse Strasse PLZ, Ort PLZ, Ort Datum/Unterschrift Einsenden an: Schwengeler Verlag AG, Hinterburgstrasse 8, CH-9442 Berneck, Tel.: 0041 (0)71 727 21 20, abo@schwengeler.ch * Schnupperabo nur in CH, DE und AT möglich!
INTERVIEW I Joni Ein erfülltes Leben 14 ethos 9/2016
««Gott lässt zu, i was er hasst, im Rollstuhl um das zu vollbringen, was er liebt. Am 20. Juli 1967 zog sich Joni bei einem Badeunfall in der Chesapeake Bay einen Halswirbelbruch zwischen dem 4. und dem 5. Halswirbel (Genickbruch) zu. Seit diesem Tag ist sie Tetraplegikerin, von den Schultern abwärts gelähmt. Joni ist Künstlerin und führt dabei den Pinsel mit dem Mund. Sie signiert ihre Zeichnungen mit PTL (Praise the Lord). Früher war sie eine begeisterte Kunst- reiterin. Jonis «Schicksal» wurde verfilmt, worin sie selbst die Hauptrolle spielte. Seit 1982 ist sie mit Ken Tada verheira- tet, das Ehepaar lebt in Kalifornien. ethos 9/2016 15
Ich lernte dich kennen, als ich acht Inzwischen sind 38 Jahre vergangen. schnittgelähmte gibt es immer noch Jahre alt war. Anlässlich einer Vortrags- Du hast viele Bücher geschrieben, Tage, an denen ich denke: «Ich kann tournee in der Schweiz warst du bei uns verschiedene Hilfsprojekte ins Leben nicht mehr! Ich habe die Kraft nicht.» zu Gast. 29-jährig und seit einem Bade- gerufen, ein Kinofilm wurde über dich unfall mit 17 im Rollstuhl, vom Hals gedreht ... Was treibt dich heute an? So fühlte sich wohl der Apostel Pau- abwärts gelähmt – weisst du noch, Es gibt mehr als eine Milliarde Men- lus, wenn er im zweiten Korintherbrief was deine Botschaft, deine Motivation schen mit einer Behinderung, 80 % da- schreibt: «...wir waren übermässig be- für die weltweiten Vorträge war? von leben in Entwicklungsländern und schwert, über Vermögen, sodass wir sogar kämpfen gegen die Hoffnungslosigkeit. am Leben verzweifelten. Wir selbst aber Ich hatte ja keine Ahnung, dass meine Es bricht mir das Herz, wenn ich daran hatten in uns selbst schon das Urteil des Autobiografie «Joni» einmal in 57 Spra- denke, dass das Leiden, mit dem diese Todes erhalten ...» chen übersetzt werden würde. Dieses Leute konfrontiert sind, nur ein Vor- Buch öffnete mir viele Türen. Ich wurde bote des noch viel grösseren Leidens ei- Ich bin mir sicher, dass viele leidende in zahlreiche Länder eingeladen, um ner Ewigkeit ohne Christus ist. Deshalb Leute dies sagen könnten. Doch der meine Geschichte zu erzählen. Zuerst möchte ich jedes Quäntchen Kraft aus nächste Vers ist so ermutigend. Da zögerte ich, doch dann erkannte ich, meinem querschnittgelähmten Körper schreibt Paulus: «Das geschah aber dass Gott es war, der mir diesen Auftrag herauspressen und alles dafür tun, diese darum, damit wir unser Vertrauen nicht gegeben hatte. Er schenkte mir grössere Leute mit praktischer Hilfe und Gottes auf uns selbst stellen sollen, sondern auf Möglichkeiten und wollte, dass ich Hoffnung zu erreichen. Gott» (2. Kor. 1,9). Mit anderen Worten: diese Gelegenheiten wahrnahm, um Je schwächer wir sind, desto mehr müs- den Menschen von seiner Liebe, die Jeder Tag, den Gott schenkt, ist ein sen wir uns an Jesus anlehnen. Je mehr ich erfahren durfte, zu erzählen. Also Tag, um zu seiner Ehre zu leben, seine wir das tun, desto intensiver werden wir entschied ich mich, nach Übersee zu Absicht, sein Ziel zu erfüllen. Mein Ziel Gott erleben. reisen, um meine Erfahrungen weiter- ist es, anderen zu helfen, die Wahrheit zusagen: «Gott lässt zu, was er hasst, aus 2. Korinther 12,9 immer besser zu Hast du Gott nie gesagt: «Nun ist es um das zu vollbringen, was er liebt.» verstehen, nämlich, dass Gottes Kraft genug. Herr, warum wieder ich?» am besten in unserer Schwachheit of- Immer wenn ich denke, ich hätte bereits Es ist eine Botschaft, mit der sich fenbar wird. Solange ich also die Kraft genug Leiden erlebt, erinnert mich jeder identifizieren kann. Jedem von und Ausdauer dazu habe, möchte ich der Heilige Geist an das Wort: «Denn uns begegnen schwierige Dinge. Aber diese Botschaft verkünden. Es gibt zu dazu seid ihr berufen; da auch Christus Gott lässt Bedrängnis und Mühsal zu, viel Leiden und Hoffnungslosigkeit gelitten hat für uns und uns ein Vorbild um etwas Wunderschönes in uns zu in dieser Welt, um einfach still an der gelassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen vollbringen: Christus in uns, die Hoff- Seitenlinie zu stehen. Fussstapfen» (1. Petr. 2,21). Niemand nung der Herrlichkeit. von uns wird je so leiden müssen wie Zu deiner Querschnittlähmung kam unser Herr. Oft denke ich an ihn und vor einigen Jahren noch die Diagnose wie er am Kreuz gedient hat. Er ermu- Krebs. Es folgten Chemotherapien, tigte den Verbrecher, der neben ihm unsägliche Schmerzen. Wie geht es gekreuzigt wurde, legte Johannes seine dir heute? Mutter ans Herz und vergab den Menschen, die sein Leiden verursacht Obwohl mein Kampf gegen hatten. Dies alles tat er von seinem den Krebs im dritten Stadium «Totenbett» aus. Bin ich denn über fünf Jahre zurückliegt, muss meinem Meister? Ich denke nicht. Ich ich dennoch regelmässig Tests darf darauf vertrauen, dass er mir das Kreuz gibt, welches ich mit seiner Hilfe und Scans durchführen las- tragen kann. Es ist ein Kreuz, das kein sen. Auch habe ich täglich Gramm zu viel wiegt oder auch nur mit chronischen Schmerzen einen Zentimeter zu lang ist. zu kämpfen. All dies zusätz- Hast du eine Antwort für den «Sinn» lich zum Älterwerden und deines ganz persönlichen Leids der Querschnittlähmung gefunden? macht das tägliche Mein eigenes Leiden half mir, meine Aufstehen zu einer Sturheit und Selbstzentriertheit zu echten Challenge. dämpfen. Es vertiefte meine Empathie Nach fast für andere, die schwere Wege gehen 50 Jahren als Quer- 16 ethos 9/2016
müssen, und es trieb mich, Gottes Wort Hilf mir, Jesus! zu lesen und ein lebendigeres Gebets- leben zu führen. Das Leiden verstärkte Gegen Ende meines Krankenhausaufenthaltes gaben sich meine Freundinnen zudem meine Hoffnung und die Freude alle Mühe, mir zu «erklären», warum Gott die Beweglichkeit meiner Hände auf den Himmel. Und das Beste: Es und Beine nicht wiederhergestellt hatte. Eine Freundin sagte: «Joni, Gott weiss, trieb mich jeden Morgen in Gottes dass er dir das Leiden anvertrauen kann. Er kennt dein Wesen. Er weiss, dass du Arme, wo ich Gnade und Kraft fand. stark bist und mit Nöten umgehen kannst.» Und ich sollte hinzufügen, dass meine Querschnittlähmung mir die Türen Auch wenn ich das nur ungern sage: Diese Ansicht ist in etwa so hauchdünn öffnete, um «Joni and Friends», eine wie eine Seifenblase. Vielmehr trifft sogar das Gegenteil zu: Ich glaube, Gott hat weltweite Hilfsorganisation, durch die mir Nöte anvertraut, weil er ganz genau weiss, dass ich nicht vertrauenswürdig wir Rollstühle und Bibeln an Bedürf- bin. Mir ist vollkommen bewusst, dass ich die ungeeignetste Kandidatin bin, um tige in Entwicklungsländern verteilen, mit Gebrechen umzugehen. Ehrlich gesagt weiss ich nur zu gut, wie schwach und zu leiten. dickköpfig ich sein kann, wie mürrisch, launisch und reizbar. Und genau darum bitte ich Gott täglich – stündlich – um Hilfe! «Hilf mir doch, Jesus. Ich schaffe All diese Dinge ergeben doch einen das nicht. Ich halte meine Querschnittlähmung keinen einzigen Tag mehr aus. grossartigen Sinn! Ich halte diese chronischen, rasiermesserscharfen Schmerzen keine Stunde mehr aus. Ich kann im Angesicht einer Krebserkrankung nicht an der Hoffnung festhal- Wie sehen deine Tage, deine Nächte ten!» aus? Am Morgen kommt eine Freundin, Wenn ich mit dieser Haltung zu Gott gehe, überschüttet er mich mit Gnade. um mich zu waschen, meine Beine zu Und warum? Weil ich meine Schwäche erkenne und mich nach einer doppelten trainieren, mein Korsett festzuschnal- Handvoll seiner Kraft ausstrecke. Wie herrlich David doch in Ziklag reagierte, len, die Toilettenroutine zu machen, einem unscheinbaren Punkt auf der biblischen Landkarte. Damals war David ein mich anzuziehen, mich im Rollstuhl geachteter Krieger, der eine grobschlächtige Horde von Flüchtigen, Querulanten aufzusetzen, mir Frühstück zu geben und Rebellen befehligte. Nachdem sie eines Tages von einem Beutezug zurück- und mich für den Tag bereit zu machen. kehrten, fanden David und seine Männer ihre Stadt geplündert und bis auf die Es handelt sich um eine zweistündige Grundmauern niedergebrannt. Schlimmer noch: Ihre Frauen und Kinder wa- Routine und ja, es ist manchmal sehr ren verschleppt worden. In der Bibel heisst es, David und seine Männer «schrien mühselig. Abends geht es viel schneller. ... vor Schmerz laut auf und weinten, bis sie völlig erschöpft waren» (1. Samuel Da kann ich mich im Bett entspannen, 30,4). Im Handumdrehen stellte sich Davids zusammengewürfelte Truppe gegen klassische Musik hören, beten und über ihn und überlegte bereits, ihn zu steinigen. den Tag nachdenken – das ist meine liebste Zeit! Und was machte David? Er ging nicht, nein, er rannte in die Arme Gottes. «Da suchte David Zuflucht bei seinem Gott, und das Vertrauen auf den Herrn gab Wie erträgst du die permanenten ihm wieder Mut und Kraft», heisst es in Vers 6. Kurz darauf erhob David sich mit Schmerzen, dazu das dauernde frischem Mut – und mit einem neuen Siegesplan. Abhängigsein von anderen Menschen? Ich verwende natürliche Mittel, um mit So mache ich es auch. In meiner unglaublichen Schwachheit «stärke ich meinen Schmerzen umzugehen: Tiefes mich» in dem Herrn. Wenn die Verzweiflung die Oberhand zu gewinnen droht, Ein- und Ausatmen, viel Wasser trinken, strecke ich mich sofort nach einer doppelten Portion Hoffnung vom Himmel aus. oft dehnen, richtig essen; mit pflanzli- Darauf kann Gott sich verlassen. Und er versagt mir nie eine Antwort. chen Präparaten bekämpfe ich meine Entzündungen. Und ich beschäftige Wenn Sie sich heute Gottes Gunst wünschen, überlegen Sie kurz, wie ungüns- mich mit sinnvollen Projekten. Das tig sich Ihr Leben ohne Christus gestalten würde. Wenn Sie die Stärke Gottes lenkt mich von meinen Schmerzen ab. wollen, gestehen Sie sich schneller als jeder andere Mensch ein, wie matt und Was das Abhängigsein von anderen irrsinnig bedürftig Sie ohne Christus sind. betrifft, sehe ich es als ein Dienst. Wenn ich Leute frage, ob sie mir helfen, gebe Wenn man sich tagtäglich dem Leid stellen muss, geht es einzig und allein um ich ihnen die Gelegenheit, Jesus nach- Jesus. zuahmen, indem sie mir, einer Quer- schnittgelähmten, dienen. Ich erinnere ethos 9/2016 17 meine Freunde an Gottes Verheissun- gen, dass er es ihnen lohnen wird. Und natürlich bin ich immer darauf
Mut für den Tag «Weil sie Gott vertrauten, konnte er Grosses durch sie tun. Sie bezwangen Königreiche, sorgten für Recht und Ge- rechtigkeit und erlebten, wie sich Gottes Zusagen erfüllten. Vor dem Rachen des Löwen wurden sie bewahrt, und selbst das Feuer konnte ihnen nichts anhaben. Sie entgingen dem Schwert ihrer Ver- folger. Als sie schwach waren, gab Gott ihnen neue Kraft. Weil sie sich auf Gott verliessen, vollbrachten sie wahre Helden- taten und schlugen die feindlichen Heere in die Flucht.» (Hebräer 11,33–34) «Alles kann ich durch Christus, der mir Kraft und Stärke gibt.» (Philipper 4,13) So schwach, unzulänglich, unwissend oder unwert Sie sich derzeit auch vor- kommen mögen, Sie können damit vor den Herrn kommen und sich nach ei- ner doppelten Portion Stärke, Weisheit und Weitblick ausstrecken. Zögern Sie nicht, halten Sie sich nicht zurück, ver- weigern Sie nichts nach dem Motto: «Ich bekomme das schon alleine hin.» Das klappt nicht! Rennen Sie zu Ihrem himmlischen Vater, und bitten Sie ihn um Hilfe. Aus: Weil Du mich nie vergisst – 31 Ermutigungen, Joni Eareckson Tada, Brunnen Verlag 18 ethos 9/2016
bedacht, meine Dankbarkeit zum «Americans with Was wünschst du dir? Ausdruck zu bringen. Diese Ladys Disabilities Act» Das ich stark genug wäre, um noch und ich sind ein «Team» – wir dienen zu entwerfen. Ich einmal nach Europa zu reisen. Ich habe dem Herrn gemeinsam, jeder auf seine leite auch das Werk so viele wundervolle Erinnerungen an Weise. Sie machen nicht nur eine «Joni and Friends», meine ersten Reisen in die Schweiz, Querschnittgelähmte fertig für den Tag; durch das wir bis jetzt Österreich und Deutschland. Ich war sie sind meine Partnerinnen im Voran- bereits über 100 000 Bibeln gefesselt von der Musik, der Freude von bringen des Königreichs Christi. und Rollstühle an bedürftige Gottes Kindern, der unglaublichen Ge- und behinderte Leute nach schichte und den atemberaubend schö- Was bedeutet dir Gott, sein Wort, Übersee geschickt haben. Unser nen Kulissen. Ja, das ist mein Wunsch – deine Familie, andere Christen? Werk beinhaltet auch Familien- noch einmal in diesen wunderschönen Für mich ist Gott der Atem des Lebens. freizeiten für Familien mit speziellen Teil der Welt zurückzukehren. Es gibt ein bekanntes Loblied, das Bedürfnissen in 17 Entwicklungslän- lautet: «Du bist der Atem in meinen dern. Während 35 Jahren habe ich Diese Welt ist nicht unsere wahre Lungen und ich schütte mein Lob aus!» täglich christliche Radioprogramme Heimat. Was möchtest du als Erbe Er flösst meiner Arbeit, meinen christli- aufgenommen. Die Hörer können hinterlassen? chen Freundschaften und meiner Fami- unseren Podcast auf unserer Website Es ist eine verrückte, kaputte Welt, lie (ich bin seit 34 Jahren mit meinem herunterladen. Ich bin begeistert, dass voll mit Hoffnungslosigkeit und Ver- Ehemann Ken Tada verheiratet) Leben mein Dienst Auswirkungen auf andere zweiflung. Ich wünschte, dass die Leute ein. Wir lesen die ganze Bibel in einem behinderte Leute in den USA und in mein Leben sehen und sagen: «Da ist Jahr durch. Seit neun Jahren machen der ganzen Welt hat. eine Frau, die Gott vertraut hat, trotz wir das so. ihres schweren Leidens. Ihr Leben hat Was bereitet dir besondere Freude? veranschaulicht, wie wahr es ist, dass Du hast eine wunderschöne Stimme. Wahre Freude ist eine tiefe, glückliche Gottes Stärke am besten in uns wirken Ich besass eine Langspielplatte von dir, Zufriedenheit in Gott, die nicht wanken kann, wenn wir schwach sind. Sie dich ich rauf und runter spielte. Singst kann, wie auch immer die Umstände haderte nicht mit Gott, sondern ehrte du noch? sind. Freude erfüllt mich, wenn ich ihn mit ihrer Dankbarkeit. Ich möchte Oft singe ich für mich alleine, um all meine Gaben und Fähigkeiten zu das Gleiche tun!» meine Seele zu trösten. Ich bin jetzt Gottes Ehre gebrauche. Ich spürte 66 Jahre alt und meine Stimme ist nicht schon immer, dass ich die geistliche Liebe Joni, herzlichen Dank für das mehr ganz das, was sie einmal war. Aber Gabe der Ermutigung und der Ermun- Interview. Ich wünsche dir und deinem ich liebe die reichen und tiefen Worte terung habe, wie es die Bibel beschreibt. Mann Gottes reichen Segen und möchte der zeitlosen Kirchenlieder. Sie enthal- Wann immer ich die Gelegenheit habe, dir den Vers aus 5. Mose 33,27 mitge- ten so viel grossartige Lehre. Ich denke meine von Gott geschenkten Talente ben: «Eine Zuflucht ist dir der Gott der aber nicht, dass ich noch mehr Alben zu trainieren, freut mich das. Das gilt Urzeit, und unter dir sind ewige Arme.» aufnehmen werde (lacht). für jeden Christen: Wenn wir unsere geistlichen Gaben gebrauchen, um Interview: Daniela Wagner Ein weiteres Talent ist deine Zeichen- andere Christen zu stärken, erleben wir Übersetzung: Debora Masselink-Wagner kunst, dabei hältst du den Stift zwischen Gottes Freude. den Zähnen. Verkaufst du deine Kunst- werke? Du führst mit deinem Mann Ken eine Wegen meiner chronischen Schmerzen glückliche Ehe. Was ist euer Geheimnis verbringe ich nicht mehr so viel Zeit der vielen Jahre dauernden Liebe und an der Staffelei, wie ich gerne würde. Treue? Wie auch immer, meine europäischen Lass deinen Mann immer seine Träume Freunde können meine Bilder in unse- behalten! Finde Wege, ihn anzufeuern, rem Online-Shop auf unserer Webseite ihm zuzujubeln, seine Bemühungen www.joniandfriends.org sehen. zu bestätigen, zusammen zu beten und gemeinsam Gottes Wort zu lesen. Kannst du die verschiedenen Projekte Bringe deine Wertschätzung zum Aus- vorstellen, die du ins Leben gerufen druck, würdige seine Freundlichkeit hast? und bestärke jedes geistliche Wachstum, Ich bin stolz darauf, beim National das du in seinem Leben sehen kannst. Council dabei gewesen zu sein, um den Ich bin Ken’s grösster Fan! ethos 9/2016 19
GemeindeCHRISTSEINI zwischen IDEAL UND WIRKLICHKEIT Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Gemeinde hören? An eine bestimmte Denomination? Gibt es die ideale Gemeinde überhaupt? Wie Gott sich Gemeinde vorstellt und welches Ziel er mit ihr hat. In der Bibel steht für Gemeinde das Lebens. Die weltweite Gemeinde Jesu GEMEINDE IN BILDERN Wort Ekklesia, das bedeutet wörtlich ist ein bunter Haufen von Menschen «die Herausgerufene». In manchen aus den verschiedensten Kulturen, Im Neuen Testament finden wir ver- Übersetzungen wird Ekklesia auch mit Völkern und Stämmen. Im Himmel schiedene Bilder, die das Wesen der Versammlung oder Kirche wiedergege- werden wir einmal staunen über all Gemeinde beschreiben. Eines davon ben. Die Geburtsstunde der Gemeinde die Menschen, die gemeinsam und ist jenes von Braut und Bräutigam, Jesu ereignete sich an Pfingsten vor gut einmütig Gott loben! welches zeigt, wie gross die Liebe Gottes 2000 Jahren. Damals kamen viele Men- zu den Seinen ist (Epheser 5,25 ff.). schen zusammen, hörten die Predigt Die Apostel hatten bei ihrer Missi- Die Liebe zwischen Mann und Frau ist des Petrus, glaubten und empfingen onstätigkeit aber nicht nur die welt- allerdings nur ein schwacher Abglanz den Heiligen Geist (Apostelgeschichte weite Gemeinde im Blick, ihr Ziel war der Liebe Gottes für seine Gemeinde, 2,37 ff.). auch die Gemeindegründung vor Ort. für die er ja sein Leben gab. Zudem Sie reisten umher und predigten das wird die Gemeinde als Leib beschrie- Die Gemeinde ist kein Verein, son- Evangelium in Dörfern und Städten. ben, dessen Haupt Christus ist. Die dern ein lebendiger Organismus. Sobald So entstanden überall Versammlungen Glieder dieses Leibes sind Brüder und ein Mensch sein Vertrauen auf Christus von Menschen, die sich entschieden, Schwestern in Christus. Gottes Wort setzt und ihn als Heiland und Herrn Jesus Christus nachzufolgen. Als Zeug- beschreibt die Gemeinde auch als Tem- annimmt, gehört er zu den Heraus- nis dafür liessen sie sich taufen. Diese pel, bestehend aus lebendigen Steinen, gerufenen. Er ist zu einem Kind Gottes Ortsgemeinden waren und sind Teil der wobei Christus der Eckstein ist. geworden, zu einem Erben des ewigen weltweiten Kirche Jesu Christi. 20 ethos 9/2016
ERKENNUNGSMERKMAL: LIEBE Einzelne Glieder der Gemeinde besu- gen an andere oft zu hoch sind. Ich chen sie, singen und beten mit ihr und erwarte in jedem Fall, dass sich die an- «Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr versuchen so, die Familie ein wenig dern richtig verhalten – schliesslich sind euch untereinander liebt, wie ich euch zu entlasten und Freude in Marthas sie Christen, oder? Aber auch Christen geliebt habe, damit auch ihr einander Alltag zu bringen. sind manchmal wie stachlige Igel: Je lieb habt. Daran wird jedermann erken- näher sie sich kommen, desto eher nen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Wie wertvoll ist es, in einer Welt des verletzen sie sich gegenseitig. So werde Liebe untereinander habt» (Johannes Unglaubens und des grassierenden Ego- ich auf unangenehme Art von anderen ismus Menschen um sich zu haben, die gepiekt, und schlimmer noch, ich selbst 13,34 und 35). Opfer der Liebe bringen, die sich selbst verletze die, die ich eigentlich lieben Das Erkennungsmerkmal vergessen, um andern zu dienen. Wie sollte. viele wertvolle Begegnungen, Gespräche der Gemeinde Jesu ist gelebte, und wie viel Ermutigung durfte auch Wir dürfen nicht vergessen: Die Ge- wahrhaftige Liebe gegenüber ich selbst in der Gemeinde erfahren! meinde besteht aus Sündern, die zwar Gott und dem Nächsten. begnadigt sind, die aber noch immer Diese Liebe soll im Umgang Hier, in der Gemeinde Jesu, darf sich mit ihrer alten, sündhaften Natur im miteinander praktisch sicht- jeder angenommen und geliebt wissen. Kampf liegen. Da bleiben die Schwie- bar werden. Manch einer Er darf der sein, der er ist. In der Erfah- rigkeiten nicht aus. Die Sünde macht braucht Ermutigung in seinem rung dieser Liebe wird er fähig, seine vor der Gemeindetüre nicht Halt, und Glaubensleben oder Seelsorge; Masken des Selbstschutzes abzulegen. wir finden leider auch hier die ganze Alleinstehende erfahren Gemeinschaft; Das ist das grossartige Angebot: Ich darf Palette: Ehebruch und Pornografie, Freundschaften entstehen und Bezie- kommen, wie ich bin, aber ich muss Machtmissbrauch und Unehrlichkeit, hungen wachsen. Diese Liebe wird von nicht bleiben, der ich bin! Schwatzhaftigkeit und unlautere Mo- den Aussenstehenden wahrgenommen. tive, Streitereien und Unversöhnlichkeit, Sie ist ein starkes Zeugnis für die ver- ES IST NICHT ALLES GOLD, Haarspaltereien und fehlende Kompro- ändernde Kraft des Evangeliums. WAS GLÄNZT missbereitschaft. Und das soll die Braut Mein Mann und ich haben diese Christi sein? Ich staune über Gottes Liebe ganz praktisch erlebt, als wir Diese Liebe ist der Auftrag, das Ziel – Geduld. Meine eigene wäre schon längst unser Haus bauten. Immer wieder aber leider nicht immer Realität. Ehrli- erschöpft, wenn ich mit all dem kon- kamen Helfer und brachten sich mit cherweise muss ich zugeben, dass einige frontiert würde, was Gott in der Ge- ihren praktischen Gaben ein – beim Verletzungen und Enttäuschungen mei- meinde mitansehen muss. Traurige Tapezieren, Fliesenlegen oder beim nes Lebens ebenfalls in Zusammenhang Wahrheit ist, dass die Gemeinde Jesu Streichen der Fassade. Wie dankbar mit der Gemeinde stehen. Das liegt si- Gott manchmal eher Schande als Ehre waren wir darüber! Ich denke auch cher mit daran, dass meine Erwartun- bereitet. an eine Familie, deren Kind todkrank war. Die Frauen der Gemeinde kamen, ««Das Erkennungsmerkmal der Gemeinde Jesu um die Wohnung zu putzen, und brachten fertig gekochte Mahlzeiten ist gelebte, wahrhaftige Liebe gegenüber Gott vorbei. Ich erinnere mich an die und dem Nächsten. Diese Liebe soll im Umgang alleinerziehende Mutter zweier Kinder, miteinander praktisch sichtbar werden. die vom Krebs gezeichnet war. Sie bat eine Familie der Gemeinde, ihre zwei Kinder aufzunehmen. Nach ihrem Heimgang fanden Sohn und Tochter eine neue Heimat, Geborgenheit in ei- ner neuen Familie. Oder da ist Martha, seit einiger Zeit an Demenz erkrankt. Sie wird von ihrer Familie versorgt. ethos 9/2016 21
ALSO DOCH LIEBER nicht makellos (genauso wenig wie lautstarke Tipps gegeben, der Schieds- SOLOCHRIST? ich), und deshalb kann auch die richter wird kritisiert und der Kampf- Gemeinde nicht vollkommen sein. geist bemängelt. Interessant, dass die, Sind es diese Erfahrungen, die uns ab- Unsere Idealvorstellungen werden die draussen stehen, oft alles besser halten, uns verbindlich einer Gemeinde selten erfüllt. Perfekt wird es erst im wissen, sogar besser als der Trainer. anzuschliessen? Geht es uns ohne Ge- Himmel sein! Aber das Ziel sollte meinde nicht besser? Ist mein Leben so dennoch klar sein. In manchen Gemeinden läuft es nicht einfacher, sorgloser und unkom- ähnlich. Einige wenige spielen mit und plizierter? Soll ich wirklich Zeit und Beim Dienen entwickelt sich das kämpfen, der weitaus grössere Teil Ressourcen opfern auf die Gefahr hin, Zugehörigkeitsgefühlt zur Gemeinde steht am Spielfeldrand und kritisiert: enttäuscht zu werden? Bleibe ich nicht am besten. Beziehungen werden aufge- «Die Musik war heute unmöglich.» lieber frei und unabhängig? Aber dann baut und vertieft. Wenn wir den Dienst «Die Predigt hat mich nicht angespro- erinnere ich mich an den Plan Gottes an andern für den Herrn tun, dann ist chen.» «Das Gebet war viel zu lang.» für seine Gemeinde, an Jesu Liebe und es kein Muss, sondern Vorrecht! «Ich konnte heute gar nichts mitneh- Opferbereitschaft, seine unendliche men vom Gottesdienst.» Gott hat sich Geduld und Vergebungsbereitschaft, KONSUMENT ODER AKTIVER die Gemeinde nicht so vorgestellt, dass und ich schäme mich für meine Selbst- TEILNEHMER? einige wenige die Arbeit tun und der bezogenheit und den mangelnden Ei- Rest sich bespassen lässt. Es geht viel- fer zum Dienst am anderen. Eigentlich Hin und wieder bin ich auf dem Sport- mehr um ein Miteinander und gegen- weiss ich, dass ich es nicht allein schaffe, platz und schaue mir ein Fussballspiel seitige Unterstützung. Eine Gemeinde in den Fussstapfen meines Herrn zu an. Die Spieler auf dem Feld rackern kann nicht nur aus Zuschauern beste- gehen. Zu leicht komme ich vom Weg sich ab, rennen, schwitzen und geben hen. Also, raus aus der Zuschauertri- ab. Ich brauche die Korrektur und ihr Bestes. Den Zuschauern ist das Beste büne, aufs Spielfeld und los! Ermutigung der anderen auf dem Weg aber oft nicht gut genug. Da wird ge- der Heiligung. Gemeinde ist wie Fami- schimpft am Spielfeldrand, er werden «Jeder soll dem anderen mit der Gabe lie, es läuft nicht immer rund. Manch- dienen, die er von Gott bekommen hat. mal bekommt man sich in die Haare, es Wenn ihr das tut, erweist ihr euch als gibt Streit unter den Geschwistern, aber Familie bleibt Familie, hier ist man zu ««Wenn wir den Dienst an andern für den Herrn Hause. tun, dann ist es kein Muss, sondern Vorrecht! «Und lasst uns aufeinander achtgeben, damit wir uns gegenseitig anspornen zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unsere eigene Versammlung nicht verlassen, wie es einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr den Tag herannahen seht!» (Hebräer 10,24 und 25). SCHMETTERLINGS-CHRISTEN Manche Christen flattern von Ge- meinde zu Gemeinde. Mal ein paar Wochen hier, dann wieder dort. Wenn etwas nicht passt, kann man ja weiter- fliegen. Die Nachteile liegen auf der Hand. Der Schmetterlings-Christ wird nirgendwo heimisch, er wird keine tiefen Beziehungen aufbauen können, wenig Hilfe und Korrektur bekommen und seine eigenen Gaben nicht ein- bringen. Die perfekte Gemeinde gibt es nicht. Die einzelnen Glieder sind 22 ethos 9/2016
««Manche Christen flattern von Gemeinde gute Verwalter der Gnade, die Gott uns zu Gemeinde. Mal ein paar Wochen hier, in so vielfältiger Weise schenkt. Redet je- dann wieder dort. Wenn etwas nicht passt, mand im Auftrag Gottes, dann soll er sich kann man ja weiterfliegen. bewusst sein, dass es Gottes Worte sind, die er weitergibt. Übt jemand einen prak- wir uns doch auf die Wahrheit dessen tes, die Botschaft vom Kreuz, an alle tischen Dienst aus, soll er die Kraft in An- konzentrieren, was wir singen. Die Art, Menschen ergehen. Das ist Gottes spruch nehmen, die Gott ihm dafür gibt. wie wir der Predigt zuhören, ist eben- Auftrag an die Seinen: «Mir ist gegeben Jede einzelne Gabe soll mit der Hilfe von falls entscheidend. Gott möchte zu un- alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Jesus Christus so eingesetzt werden, dass seren Herzen sprechen, auch durch Pre- Darum gehet hin und machet zu Jüngern Gott geehrt wird» (1. Petrus 4,10 ff.). diger, die rhetorisch nicht so gewandt alle Völker: Und taufet sie auf den sind! Ein paar Notizen können uns hel- Namen des Vaters und des Sohnes und SONNTAG – DER BESTE TAG fen, auch am Ende der Predigt die Kern- des Heiligen Geistes und lehret sie halten DER WOCHE? aussagen noch präsent zu haben. Nach alles, was ich euch befohlen habe» dem Gottesdienst bleibt Zeit, mit den (Matth. 28,18–19). Am Sonntag besuchen Christen den anderen über das Gehörte auszutau- Gottesdienst. Für die meisten ist das schen, nach Gästen Ausschau zu halten Gottes Wort hat eine unendliche selbstverständlich und ein echtes und sie zu begrüssen. Oder man nutzt Macht. Durch sein Wort hat er die Welt Bedürfnis. Manchmal ist es aber ein die Gelegenheit, Geschwister einzuladen, aus dem Nichts erschaffen. Durch sein Kampf, bei der Predigt ganz dabei zu um gemeinsam Zeit mit ihnen zu ver- Wort hat er sich ein Volk auserwählt. sein. Man hört nur mit halbem Ohr bringen. Das Ziel wäre, dass der Sonntag Gott ruft zur Nachfolge in seinem Wort. zu, ist gedanklich abwesend und hat zu einem Tag wird, von dem wir auch Und durch sein Wort wird er einmal anschliessend gleich einen Termin und noch in der Woche zehren können, die ganze Welt richten, gerecht spre- muss schnell weg. Solche Sonntage sodass Gottes Liebe und Gegenwart in chen oder verdammen. Auf dieses Wort geben uns geistlich nicht viel. unserem Leben sichtbar wird. bauen wir. In der Bibel finden wir die Wegbeschreibung zu einem sinn- Vielleicht müssen wir wieder lernen, DAS ZIEL GOTTES MIT erfüllten, ewigen Leben, das wir denen den Ruhetag ein wenig anders zu ge- DER GEMEINDE anbieten dürfen, die Gott nicht kennen. stalten. Das könnte schon am Samstag- abend beginnen. Ein bisschen früher Jesus Christus ist das Fundament der Es gibt nichts Schöneres, nichts Loh- ins Bett gehen, um am nächsten Morgen Gemeinde (Eph. 2,20–22). Der Herr ist nenderes, als ein brauchbares Werkzeug fit zu sein, wäre schon mal ein guter nicht distanziert, sondern inmitten der in der Hand unseres Gottes zu sein. Anfang. Wertvoll wäre ebenfalls eine Gemeinde. Er, Christus, ist das Zent- Die Frage ist: Stellen wir uns ihm zur innere Einstimmung auf den Sonntag, rum. In der Gemeinde will er sich ver- Verfügung zum Bau seines Reiches? im Gespräch mit Gott und im Nach- herrlichen, und zwar durch die, die zu Welche Steine wir setzen, ist nicht so denken darüber, ob es möglicherweise ihm gehören. Das ist das Ziel, dass der wichtig. Jeder darf mit der Gabe dienen, etwas zu bereinigen gibt. Im Überprü- Herr an den Seinen erkannt wird durch die Gott ihm geschenkt hat. Sind wir fen der inneren Einstellung liegt eine die verändernde Kraft des Heiligen bereit, uns brauchen zu lassen? n grosse Chance, den Sonntag als beson- Geistes. Dass Gottes Kinder mehr und deren Tag zu erleben. Wir stehen vor mehr umgestaltet werden in das Bild Sabine Kähler, Jg. 1967, verheira- dem einen, allmächtigen, heiligen, lie- des Sohnes Gottes. Veränderte Men- tet, vier Kinder, ein Pflegekind, benden Gott. Ihm wollen wir unseren schen zur Ehre Gottes! Und von hier gelernte Krankenschwester, heute Dank und unsere Anbetung bringen. aus soll auch das Gnadenangebot Got- Hausfrau und Mutter, erteilt noch Wenn nun die Musik nicht ganz unse- an einer Musikschule Gitarren- rem Geschmack entspricht, so können unterricht, engagiert in der Gemeinde mit Frauenarbeit. ethos 9/2016 23
RUBRIK I Verlieren – und 24 ethos 9/2016 trotzdem gewinnen. Wissen Sie, mit welchem Trick sich ein Affe fangen lässt? Man nimmt ein Glas mit einer engen Öff nung und legt ein paar Nüsse hinein. Hat der Affe diese entdeckt, wird er gierig ins Glas greifen und versuchen, möglichst viele Nüsse mit seiner Faust zu packen. Nun bekommt er aber die Hand nicht mehr aus dem Glas, ausser er würde die Nüsse wieder loslassen. Dann könnte er fliehen und wäre frei. Das tut er aber nicht. Nun ist es für den Jäger ein Leichtes, den Affen zu fangen. Wie kann man nur so dumm sein, denken Sie vielleicht amüsiert. Aber Hand aufs Herz: Verhalten wir uns nicht oft genauso? Krampfhaft versu chen wir unsere «Nüsse» festzuhalten, seien es Gewohnheiten, Pläne, Ansprü che, Vorstellungen oder eine vertraute Umgebung. Besonders schwer tun wir uns damit, wenn wir unsere Gesund heit, unsere Kraft und Jugend oder geliebte Menschen loslassen müssen. EINE LEBENSAUFGABE «... Tag und Nacht kreisten meine Ge danken um die erdrückende Nach richt des Arztes: ‹Ihr Sohn hat Krebs›.» Es wurde still an unserem Kaffeetisch, als Renate erzählte: «Was der Arzt noch über mögliche Behandlungen und Hei lungsaussichten sagte, konnte ich nicht mehr aufnehmen. Ich war wie erstarrt. Nachts lag ich wach. Essen konnte ich auch nicht mehr. Mein Magen war wie zugeschnürt. Mein Innerstes wehrte sich gegen diese Realität. Das darf doch nicht wahr sein! Er ist erst 22 Jahre alt. Wir hatten doch noch so viele Pläne für die Zukunft ...!»
Loslassen ...IGLAUBEKONKRET So hart wie Renate kann es jeden von Wie steht es mit materiellen Dingen? diums in eine andere Stadt umzieht uns treffen. Aber selbst, wenn wir mit Ist es nicht häufig so, dass wir Halt, An oder das letzte Kind das Haus verlässt nichts Derartigem konfrontiert sind, erkennung oder Prestige von solchen und eine Familie gründet. Loslassen befinden wir uns alle in einem Prozess Dingen erwarten bzw. umgekehrt glau ist wahrlich nicht einfach! Es tut weh des Loslassens. ben, ohne ein bestimmtes Mass an Be und kann seelisch und sogar körper sitz oder Reichtum würden wir all das lich schmerzen. Wie sehr, weiss auch je Kleine Kinder lernen zuerst das Zu einbüssen? Wenn wir so denken, schrei der, dessen Ehe oder eine langjährige packen, das Greifen und das Festhalten. ben wir im Tiefsten Materiellem oder Freundschaft zerbrochen ist. «Das ist meins ...», «... das gehört mir Menschen Sicherheit, ja letztlich unsere ...», verteidigen sie das eben ergatterte Bedeutung, zu. Was, wenn ganz unerwartet – so Spielzeug und weigern sich standhaft, es wie in Renates Familie – eine schwere loszulassen. Abschiednehmen und Los NICHT OHNE SCHMERZ Krankheit diagnostiziert wird, ein Lei lassen müssen wir trotzdem bald lernen densweg bevorsteht und ein gutes Ende – und zwar in jedem Alter! Manchen Am meisten leiden wir darunter, Men mehr als ungewiss ist? Wie soll man da Menschen fällt das, je nach Typ oder schen ziehen zu lassen, die uns lieb sind. mit umgehen, wenn der geliebte Ehe Prägung, ungemein schwer. Die Kinder nabeln sich mehr und mehr partner plötzlich aus dem Leben geris ab, sie tauschen manche Dinge jetzt mit sen wird? Der Arbeitsplatz gekündigt FALSCHE SICHERHEITEN Gleichaltrigen aus, treffen sich an Wo oder die Aufgabe, die einen erfüllte, an chenenden mit Freunden. Viele Mütter jemand anderen übergeben wurde? Jeder Deutsche besitzt etwa 10 000 spüren unsäglichen Schmerz, wenn die Dinge. In vorindustriellen Zeiten waren Tochter oder der Sohn wegen des Stu es im Durchschnitt nur 300. Seltsam ei gentlich, dass heute, wo alles im Über ««Am meisten leiden wir fluss vorhanden und somit schnell ab rufbar ist, die Menge an Gegenständen darunter, Menschen ständig wächst. Aber es handelt sich ja ziehen zu lassen, die nicht nur um materielle Dinge, die wir uns lieb sind. besitzen oder meinen, sie zu besitzen. Vor mehreren Jahren zog ich von ei nem Bundesland in ein anderes. Das bedeutete für mich, alles mir Vertraute loszulassen: Arbeitsplatz, Kollegen, Freunde, Gemeinde, eine Stadt, in der ich mich wohl fühlte, den mir vertrau ten Alltag. Zum äusseren Loslassen ge sellten sich innere Unruhe und auch Ängste: Wie wird es werden? Ob der Neustart gelingt? ... Dabei wurde mir bewusst: Loslassen fällt mir auch deshalb schwer, weil ich z. B. meinte, mit der bisher bekannten Situation in grösserer Sicherheit zu sein als mit einer neuen, unbekannten. ethos 9/2016 25
««Was hilft uns, ein gesundes Loslassen WER LOSLÄSST, GEWINNT einzuüben? Ist uns klar, dass nur eine Entscheidend ist, auf welchem Funda geöffnete Hand empfangen kann, ment unser Leben gründet, welche Perspektive zu Leben und Ewigkeit wir nicht eine geschlossene? einnehmen. Aus biblischer Sicht gibt es dazu nur zwei Möglichkeiten: LOSLASSEN – PRAKTISCHE SCHRITTE: 1. Gehört mein Leben Jesus Chris • Dankbarkeit: Danken, dass es überhaupt etwas zum Loslassen gibt! Dies hilft, tus? Ist er mein Herr? Habe ich mich eine Veränderung anzunehmen und Frieden zu finden. ihm ganz überlassen und somit mein Ich, meine Vorstellungen, ja auch alles • Beten: Ich darf Gott alles sagen, auch die Mühe mit dem Loslassen. andere ihm übergeben? Weiss ich, dass • Lernen, eine Situation anzunehmen: Ja sagen lernen zur Führung Gottes. Manch- ich auf dem Weg «nach Hause», d. h. in den Himmel bei Gott, bin und deswe mal hilft ein Blick über den Tellerrand hinaus, z. B. mit wie viel weniger viele gen alle Entscheidungen dieses Lebens Menschen auf der Welt auskommen müssen; Glaubensgeschwister, die verfolgt in diesem Licht treffen will? Oder: werden und sogar ihre Existenz aufgeben, ihr irdisches Leben verlieren. • Selbstprüfung: Was alles kann uns hindern, loszulassen und Neues zu gewinnen? 2. Führe ich mein Leben in eige Gibt es falsche Vorstellungen oder sündhafte Denkweisen, die wir aufgeben soll- ner Regie? Denke und tue ich, was ich ten? Beherrschen uns Neid, Unversöhnlichkeit? für richtig halte? Spielt die Frage nach • Vergebung: Schuld vor Gott und Menschen in Ordnung bringen, um Vergebung der Ewigkeit überhaupt eine Rolle für bitten und annehmen. mich? • Liebe als Motivation: Auch wenn Loslassen schwer fällt (gerade oft emotional), ist Handeln aus Liebe zu Jesus ein Schlüssel zur Bewältigung. Je nach Beantwortung dieser Fragen • Zielorientiert/ewigkeitsorientiert leben: Paulus bezeugt, dass er alles das, was er spiegelt sich wider, wie wir mit Festhal in seinem Leben vor seiner Bekehrung zu Jesus für Gewinn hielt, im Vergleich ten und Loslassen umgehen. nun für Schaden erachtet. Jesus Christus zu erkennen, ist ungleich viel mehr Gewinn (Phil. 3,7–8). Jesus erzählt ein Gleichnis von einem • Einfach leben: Sich von manchem zu trennen, hilft, äussere und innere Ordnung Bauern, der eine reiche Ernte einbrin zu schaffen. Vieles wird einfacher und übersichtlicher. gen konnte. Dafür baute er immer grös • Lernen, sich helfen zu lassen: Um Hilfe/Unterstützung bitten lernen, wenn z. B. sere Scheunen, um ständig weiter ein die Kräfte nachlassen. Umgekehrt auch Jüngere unterstützen und sie ermutigen zusammeln. Dieser Mann sprach zu zu Aufgaben, die man selber loslässt. seiner Seele: «Liebe Seele, du hast einen • Loslassen im Alter: Alt werden bedeutet auch weiterhin Nachfolge und Dienst, grossen Vorrat auf viele Jahre; habe nun bedeutet aber auch, Aufgaben abzugeben. Ruhe, iss, trink und sei guten Mutes.» • Jederzeit bereit sein: sich auf den «grossen, d. h. letzten Abschied» vorbereiten, Aber Gott sprach zu ihm: «Du Narr! In persönliche Dinge regeln. dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird gehören, das 26 ethos 9/2016 du bereitet hast?» Jesus fährt fort: «So geht es dem, der für sich selbst Schätze sammelt und nicht reich ist für Gott!» In den nachfolgenden Versen führt er aus, dass die erste Priorität im Leben das Reich Gottes sein soll. Wer Gott als Herrn über sein Leben akzeptiert, darf dem himmlischen Vater vertrauen, dass er ihn mit den alltäglichen notwendigen Dingen ungleich besser versorgen wird als die Lilien auf dem Feld und die Ra ben (Luk. 12,22–31). Haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser, Ihr Leben dem Herrn Jesus übergeben? Jeder Mensch ist dazu aufgerufen. Jesus sagt: «Wer mir nachfolgen will, der ver- leugne sich selbst und nehme sein Kreuz
auf sich täglich und folge mir nach. Denn doch aufgefordert, dass wir kommen LOSLASSEN – FESTHALTEN wer sein Leben erhalten will, der wird es dürfen. Gerade die Mühseligen und verlieren; wer aber sein Leben verliert um Beladenen, wie er uns nennt. Bei ihm Wenn so viel von Loslassen die Rede meinetwillen, der wird es erhalten. Denn dürfen wir Ruhe für unsere Seele fin ist, könnte sich bei manch einem was hilft es einem Menschen, wenn er die den, das hat er doch zugesichert. Ha Traurigkeit einstellen. Aber Gottes ganze Welt gewinnt, aber sich selbst ver- ben wir nicht schon so oft erlebt, dass Wort ruft uns genauso deutlich auf, liert oder schädigt?» (Luk. 9,23–25) es stimmt? Warum nicht auch jetzt?» festzuhalten. Wir beteten. Ich sagte dem Herrn Je Man kann ungleich viel mehr verlie sus, welch grosse Mühe ich damit hätte, Festhalten … ren als Besitz, Wünsche, Träume, Ge meinen Sohn, die Angst um ihn, den • in der Gemeinschaft mit Jesus sundheit, liebe Menschen – die Ewig ungewissen Ausgang der Behandlung keit bei Gott! Diese getrennt von ihm loszulassen. Und – ab da spürte ich bleiben, an seinem Wort, in seiner verbringen zu müssen, in der Hölle, ist mich getragen und eine innere Ruhe, Liebe (Joh. 15,1–14) der schlimmste Verlust. Aber es gibt ei obwohl sich die Situation noch nicht • am Bekenntnis der Hoffnung, nen Ausweg. Gott hat in seiner grossen geändert hatte.» am Glauben (Hebr. 10,23; Mark. Liebe seinen Sohn gegeben: «Denn so 11,22; Joh. 14,1) sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er sei- Letztlich lässt sich das Loslassen im • an der Hoffnung auf Gott zu jeder nen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, Blick auf die Ewigkeit besser bewälti Zeit (Psalm 62,9; 1. Thess. 5,8) der an ihn glaubt, nicht verloren geht, gen. Die Geborgenheit als Kind des Al • am Wort Gottes (Phil. 2,16; 1. Tim. sondern ewiges Leben hat» (Joh. 3,16). lerhöchsten hilft uns, nicht krampf 4,16; Psalm 119,162) Allein deshalb hat Jesus die Herrlichkeit haft festhalten zu müssen, was uns vom • an Gottes Geboten und Ordnungen bei seinem Vater losgelassen: Er ist für Schöpfer als Leihgabe anvertraut wurde. (Spr. 4,13) seine Geschöpfe arm geworden, damit Wir dürfen es ihm zurückgeben und • an der Treue zu Gott (Matth. sie durch seine Armut reich würden dabei gleichzeitig wissen, dass er bei uns 25,14–30; Off. 2,10 c) (2. Kor. 8,9). Gibt es einen grösseren ist, wenn es uns schwerfällt. Jim Elliot, • an der Liebe zu Gott und zum Gewinn? der 1956 mit 29 Jahren in seiner Vorbe Nächsten (Matth. 22,37–40) reitungszeit für die Pioniermission von • an der Gnade (1. Petr. 1,13; AUS DER PERSPEKTIVE DER den Aucas ermordet wurde, hat das so Apg. 13,43) EWIGKEIT ausgedrückt: • an der Wachsamkeit und Hoffnung auf die Wiederkunft Jesu (Matth. Wer Jesus nachfolgt, sollte sich stän «Der ist kein Tor, der hingibt, was 24,42; 1. Thess. 4,13–18; Tit. dig vor Augen halten, dass er Verwal er nicht behalten kann, auf dass er ge 2,13) ter, nicht Besitzer ist, so wie es in einem winne, was er nicht verlieren kann.» n • an der Freude auf die himmlische Lied von Manfred Siebald heisst: Heimat (Joh. 16,22; Inge Fischer, Jg.1958, verheiratet, 2. Petr. 3,13; Off. 21,1–7) «Was wir so fest in Händen halten, zwei Töchter; Beruf: Hausfrau, das ist uns alles nur von Gott geliehn. Bildungsreferentin im Gesundheits- ethos 9/2016 27 Wir dürfen es verwalten, wir dürfen es und Sozialwesen; Wohnort: Hohen- gestalten und geben es zurück an ihn. tengen (DE) Das Leben sieht ganz anders aus, wenn wir mit Gottes Augen sehn. Wir lernen, Quellen: Steinbach, Die Kunst loszulassen, anders mit der Welt und mit uns selber idea-Dokumentation, 2012 umzugehn.» Renate teilte uns an diesem Nach mittag auch mit, wie sie die schwere Si tuation bewältigen lernte: «Mein Mann und ich lesen morgens zusammen einen Abschnitt aus der Bibel. Danach beten wir. Als ich wieder einmal völlig ver ängstigt und ratlos war, nahm er mich in den Arm und sagte: ‹Komm, Renate, wir wollen alle diese Ängste und Sor gen unserem Herrn bringen. Er hat uns
RUBRIK I Roman Nies, factum-Autor: IfCaHcStCuHmRE,IBWEEFIÜL R... in einer zunehmend wertelos werdenden Gesellschaft wertvolle Orientierung gegeben werden muss. factum informiert auf anspruchsvollem Niveau, aber mit verständlicher Sprache über das aktuelle Zeitgeschehen und präsentiert Wissenswertes aus Gesellschaft, Politik, Glaube, Medien und Wissenschaft. factum ist das christliche Magazin zum besseren Verständnis unserer Zeit. Lesen Sie im aktuellen factum 6/2016 unter anderem: Der Weg der Heiligung: Schmerzlich ist uns bewusst, dass wir nicht sind, wie wir vor Gott sein sollen. Aber die stete Gemeinschaft mit Gott führt in die Befreiung. Begleitung in ein neues Leben: Viele Musliminnen sind von Gewalt in der Familie, von Zwangsheirat bedroht. Anette Bauscher bietet den Frauen eine Zuflucht an. Demut und Demokratie: Parlamentarische Demokratie funktioniert nur mit christlichen Tugenden. Der moralische Verfall bedroht die Demokratie. Ja, ich möchte ein ... bestellen für mich Geschenkabo unbefristet befristet für 1 Jahr Probeheft (aktuelle Ausgabe, gratis) Schnupperabo* (4 Ausgaben, CHF 25.–/1 22.–, inkl. Porto) Jahres-Abo (9 Ausgaben, CHF 60.–/1 52.–, exkl. Porto) Absender/Rechnungsempfänger: Als Geschenk für: Name/Vorname Name/Vorname Strasse Strasse PLZ, Ort PLZ, Ort Datum/Unterschrift 28 Eientsheons d9e/2n01a6n: Schwengeler Verlag AG, Postfach, CH-9442 Berneck, Tel.: 0041 (0)71 727 21 20, abo@schwengeler.ch (*Schnupperabo nur in CH, DE und AT möglich)
alltagstauglich «DIESES MAL PREISE ICH DEN HERRN!» Namen in der Bibel erzählen Geschichten. Sie sind «Diesmal endlich wird sich mein Mann an mich an- ein Ventil, durch das krisengeschüttelte Menschen schliessen, denn ich habe ihm drei Söhne geboren» ihren Schmerz lüften. Benjamin, der jüngste Sohn Ja- (Vers 34). Ist das der letzte Schrei einer verletzten kobs, wurde von seiner sterbenden Mutter Rahel «Ben- Frau nach jemandem, der ihr Wert zuspricht, ihrem Oni» genannt – «Sohn meiner Trauer» (1. Mose 35,18). Leben einen Sinn gibt? Eigentlich ziemlich gemein, hätte der besorgte Vater Bei der Geburt des vierten Sohnes schlägt die frus- nicht dazwischengefunkt und seinen Sohn auf «Ben- trierte Ehefrau neue Töne an. «Dieses Mal werde ich Jamin» («Sohn des Glücks») umbenannt. Ein Führer den Herrn preisen» (Vers 35), verkündet sie, und nennt des Stammes Juda wird bei seiner Geburt von seiner den Jungen «Juda»: Lobpreis. Dieses Mal setzt sie auf Mutter «Jabez» genannt: «Mit Schmerzen habe ich ihn den Herrn. Hat sie endlich erkannt, dass Gott um sei- geboren» (1. Chronik 4,9). Wir lesen allerdings gleich netwillen gesucht sein will, nicht um der Vorteile wil- danach: «Aber Jabez hatte den Gott Israels angerufen.» len, die man von ihm bekommen will? Denn genau das Und auch, dass er «angesehener als seine Brüder» war. ist Lobpreis: Die Endstation jedes Strebens nach einem Jabez’ Beschluss, den Gott Israels anzurufen, Sinn in dieser Welt. Die Erkenntnis, dass nur die Liebe erinnert an eine weitere biblische Persönlichkeit, die Gottes ein hungriges Herz sättigen kann. «Und sie lange vor seiner Zeit lebt und aus deren Linie er sogar hörte auf zu gebären» (Vers 35). Die fieberhafte Suche stammt. Lea heisst sie. Ihr Name ist von einem Verb nach Anerkennung macht eine vorläufige Pause. abgeleitet, das «müde werden» bedeutet. Ob ihre In «Juda» steckt aber mehr: Ein Stück Heilsge- Trägheit als Säugling den Namen veranlasste? Ob sie schichte, gebündelt in einem Namen. Ob Lea eine irgendwelche Erwartungen nicht erfüllte? Wie dem auch Ahnung hat, wen sie in ihren Armen hält? Bibelkenner sei, sie macht ihrem Namen alle Ehre. Im Schatten ih- denken an den «Löwen aus dem Stamme Juda» (Off. rer spritzigen, attraktiven kleinen Schwester aufgewach- 5,5), an «das Zepter», das aus Juda nicht weichen wird sen und nun dazu verurteilt, auch noch ihren Ehemann (1. Mose 49,10). Lea hält an ihrer Brust keinen Gerin- mit dieser zu teilen, protokolliert sie ihre leidvolle Bio- geren als den Urvater des verheissenen Messias, der grafie in den Namen ihrer Söhne weiter. Mit der Geburt Jahrhunderte später als Retter in Bethlehem, «klein von Ruben verkündet sie – «siehe, ein Sohn» und fügt unter den Tausendschaften von Juda», geboren wird zuversichtlich hinzu: «Jetzt wird mein Mann mich (Micha 5,1). lieben» (1. Mose 29,32). Ein herzzerreissender Satz, Als Stammesmutter seines Sohnes wählt Gott nicht voll keimender Hoffnung. Endlich muss ihr das Anse- die hübsche, reizvolle Rahel, sondern die Verstossene, hen zuteilwerden, das ihr ein Leben lang vorenthalten die Zweitbeste, die Weinende, die Einsame und Gebro- blieb. Endlich hat sie etwas zu bieten, was die andere chene. Er legt in den Schoss der Frau, die «Müdigkeit» nicht hat. Ein zweiter Sohn folgt: Simeon. «Der Herr als Vornamen hat, ein Kind, das «Lobpreis» heisst. hat gehört, dass ich zurückgesetzt bin, so hat er mir Wenn Jabez Hunderte von Jahren später dem Schmerz auch den gegeben» (Vers 33). So ein sichtbares Ein- seiner Kindheit trotzt und «den Gott Israels anruft», greifen Gottes? Das muss doch beeindrucken. Offen- tut er nichts anderes, als eine gute Familientradition sichtlich nicht. Denn beim dritten Sohn beteuert sie: weiterzuführen. «Lobpreis ist die Endstation jedes Strebens nach einem Sinn in dieser Welt. Die Erkenntnis, dass nur die Liebe «Gottes ein hungriges Herz sättigen kann. Nicola Vollkommer, Jg. 1959, verheiratet, vier Kinder, Lehrerin und Autorin; Hobbys: Klavier spielen und singen, lebt in Reutlingen. ethos 9/2016 29
zeitzeichen Hallel Ariel (†) mit ihrer Mutter Rina. Schuldig im Dienste der Ausgewogenheit Die 13-jährige Hallel Jaffa Ariel wurde Ende Juni in ihrem Bett von einem arabischen Terroristen erstochen. Die Tat und die Reaktionen darauf werfen ein bezeichnendes Licht auf den arabisch-israelischen Konflikt (Symbolbild). Die ZDF-Nachrichtensendung «Heute+» berichtet nach dem Thema Propaganda in der Region widmete. Denn dem Mord an einer 13-jährigen Israelin über palästinen- dieser zweite Beitrag hatte das offenkundige Ziel, die sische Hetze. Wenige Tage später folgt ein Beitrag, der israelische Seite als genauso schlimm darzustellen wie auch nach Hetze bei Israelis sucht – und vorgibt, diese die palästinensische. Dieser Ansatz, «Ausgewogenheit» gefunden zu haben. zu demonstrieren, verzerrt die Wirklichkeit vor Ort und ist journalistisch fragwürdig. Eine Analyse von Daniel Frick Dachzeile als Fehlgriff Wer über den israelisch-palästinensischen Konflikt berichtet, begibt sich schnell auf dünnes Eis. Diese Problematisch ist zunächst die Dachzeile, mit der der Erfahrung hat die Redaktion der Nachrichtensendung Beitrag vom 5. Juli auf Facebook beworben wurde. Sie «Heute+» im Sommer gemacht, wie die Reaktionen auf lautet: «Erzogen zum Hass. Wie israelische und palästi- Facebook erahnen lassen. Die Studioleiterin in Tel Aviv, nensische Kinder dazu gebracht werden sollen, sich ge- Nicola Albrecht, berichtete zunächst über den Mord genseitig zu verachten – und zu töten.» Mit Dachzeilen an einer 13-jährigen Israelin durch einen 17-jährigen werben Redaktionen für ihre Artikel, um möglichst viel Palästinenser am 30. Juni. Dabei verwies sie anhand Verbreitung zu finden. Oft geht es darum, den Beitrag von Beispielen auf palästinensische Hetze als Ursache mehr oder weniger keck auf den Punkt zu bringen. Es der Gewalt. ist dementsprechend auch diese Dachzeile, die als Kerninformation bei den Nutzern hängenbleibt. Auf Facebook fand der Beitrag ausserordentlich viel Verbreitung. Allerdings warfen Nutzer dem ZDF vor, Was die Verbreitung angeht, war die Dachzeile erfolg- «pro-israelisch» berichtet zu haben. Vielleicht sah sich reich. Mehr als 2100 Mal haben Nutzer den Artikel ge- die Redaktion deshalb veranlasst, wenige Tage später, teilt, fast 600 Mal bewertet. Das ist auch für «Heute+» am 5. Juli, einen Bericht nachzuliefern, der sich eigens
I MEDIEN/ISRAEL sehr viel Aufmerksamkeit. Inhaltlich war die Dachzeile jedoch « Bildungsminister Sabrin Saidam ein Fehlgriff: Sie setzt das palästinensische Bildungssystem, das Hetze vielfach genehmigt und fördert – wie der Film eindrücklich wiegelt ab: Terror sei ein ‹Neben- zeigt –, mit dem israelischen Bildungssystem gleich. Dort aber kommen weder Hetze, geschweige denn Aufrufe zum Mord vor. «effekt›, das wahre Problem sei Inzwischen hat das ZDF diese Zeile verändert und den Zusatz «und zu töten» herausgenommen. Der weitaus grösste Teil der die israelische Besatzung. Leserschaft hat freilich die ursprüngliche Formulierung gelesen. ‹Wenn die israelische Besatzung ein Fragwürdige Einschätzung Ende hat, verschwinden auch alle Nebeneffekte.› Wer nicht glaubt, dass im israelischen Bildungssystem keine Hetze stattfindet, muss sich den Beitrag selbst ansehen. Er Redaktion dafür auch kritisiert. Diese antwortet darauf, man zeigt im ersten Teil Grundschulkinder im Gazastreifen, die in habe «eine Expertin zu Wort kommen lassen». Das ist zunächst Theaterstücken Angriffe auf Israel nachspielen; offizielle Kinder- ein guter Weg, um über eine Situation aufzuklären. Dennoch sendungen, die Tel Aviv zu besetztem Gebiet erklären und dann ist es in diesem Fall nicht viel mehr als eine Ausrede. Denn es gewissermassen dessen «Befreiung» verheissen; und Propaganda bleibt Aufgabe der Journalisten, auch die Worte der Experten in Familien, wenn ein Vater seine kleine Tochter vor laufender angemessen einzuordnen. Kamera zum Mord an Juden aufrufen lässt. Palästinensische Gesprächspartner verstärken dabei den Eindruck, dass Israel Schülerbegegnung nicht erwähnt an allem schuld sei. Die Autorin Albrecht fährt in dem Bericht dann mit einem indi- Mit der ursprünglichen Dachzeile im Hinterkopf liegt nun die rekten Zitat der Professorin fort: «Egal, ob in der Schule, in den Annahme nahe, dass ähnliche Beispiele kommen, wenn der Bei- Nachrichten oder im Gespräch auf der Strasse, erklärt sie (Peled- trag «die israelische Seite» beleuchtet. Der einzige Kritikpunkt Elhanan) weiter: Israelische Kinder lernen, dass Palästinenser ist hier aber die stereotype Darstellung von Palästinensern in keine Menschen sind, mit denen man in Frieden leben oder gar Schulbüchern. Die Jerusalemer Sprachwissenschaftlerin und befreundet sein kann.» Menschenrechtsaktivistin Nurit Peled-Elhanan erhebt diesen Vorwurf und nennt dies «anti-palästinensische Propaganda»: Mit dieser Information endet der Beitrag. Doch auch das ist Palästinenser würden «nicht gezeigt, sondern nur beschrieben» eine Verzerrung der Wirklichkeit. Unerwähnt bleibt, dass jüdisch- – und zwar als Problem (Terrorist, Flüchtling, primitiver Bauer) israelische Schulen aller Couleur durchaus darum bemüht sind, oder als Stereotyp (im Arabergewand auf einem Kamel). Begegnungen mit Palästinensern zu schaffen. Das sagt Israel- netz-Korrespondent Johannes Gerloff, dessen Kinder das israeli- Dass derartige Verkürzungen über Palästinenser oder Minder- sche Schulsystem durchlaufen haben. Aus Sicht des ZDF muss heiten in Israel vorkommen, ist sicherlich ein Missstand. Dies sich der Zuschauer das aber offenbar selbst dazudenken. Gegen- aber mit der Gehirnwäsche von Grundschulkindern und dem über Israelnetz heisst es, die Aussage von Peled-Elhanan «be- expliziten Aufruf zum Mord gleichzusetzen, ist abwegig und jour- zieht sich auf ein generelles Bild und schliesst damit inhaltlich nalistisch fragwürdig. Auf Facebook haben Nutzer die «Heute+»- Nicola Albrecht berichtet für das ZDF aus Tel Aviv. Mit der Besatzung meint Bildungsminister Saidam offenkundig ganz Israel. ethos 9/2016 31
c keineswegs aus, dass es auf beiden Seiten Projekte gibt, die für Versöhnung und gegen den Hass arbeiten». cicero studio In Fällen wie diesen sei es entscheidend, dass Journalisten GRAFIKDESIGN nicht schlicht das als Tatsachen berichten, was ihnen erzählt wird, merkt Gerloff an. Gegenüber Journalisten verhielten sich Zur Verstärkung unseres jungen Teams suchen wir die Menschen oft anders als sonst – das gelte sowohl für Israelis ab 1. November 2016: wie auch für Palästinenser, Experten oder Zeitzeugen. «Journalis- ten müssen mit dem Faktor rechnen, dass sie bewusst oder un- Typografische/r Gestalter/in bewusst getäuscht werden.» Investigativer Journalismus sei hier Mediengestalter/in notwendig, auch wenn dazu viel Aufwand erforderlich sei. Grafiker/in (50–100 %) Aussagen mit Beispielen Sie haben Spass daran, Zeitschriften zu gestalten, und sind fähig, unseren Magazinen ethos und factum Wesentlich realitätsnaher war der Beitrag vom 30. Juni über Ausgabe für Ausgabe ein neues Gesicht zu geben. das ermordete Mädchen. Auch dieser hat auf Facebook viel Auf- merksamkeit erregt. Der Vorwurf, «pro-israelisch» berichtet zu Ihr Profil: haben, rührte wohl von Sätzen wie diesen: «Hass wird offenbar abgeschlossenes Studium oder vergleichbare Berufs- auf palästinensischer Seite auch bewusst geschürt.» Allerdings folgten dann auch Beispiele, die diese Aussage so belegen, dass ausbildung als Typografische(r) Gestalter(in) / Grafiker/in / es nicht konstruiert wirkt: Kindersendungen im Staatsfernsehen Mediengestalter/in verunglimpfen Juden, die Autonomiebehörde preist Attentäter als kreativ, konzeptionsstark und typografisch sicher Märtyrer, Schulen werden nach Attentätern benannt. hoher visueller Anspruch und selbständiges, eigenverantwortliches Arbeiten, Teamfähigkeit Zudem konfrontiert Albrecht in dem Beitrag den palästinensi- sicherer Umgang mit allen gängigen Layout-Programmen schen Bildungsminister Sabrin Saidam und hält ihm vor, syste- (InDesign, Photoshop, Illustrator) matisch zu indoktrinieren. Auch das ist eigentlich der beste Weg fundierte technische Grundlagen in Bildbearbeitung einer Darstellung. Der Minister wiegelt freilich ab: Terror sei ein und Druckvorstufe «Nebeneffekt», das wahre Problem sei die israelische Besatzung. Umgang mit CMS-Systemen «Wenn die israelische Besatzung ein Ende hat, verschwinden auch alle Nebeneffekte.» Wir sind eine modern eingerichtete, christliche Fullservice- Kleinagentur. Neben der Zeitschriftenproduktion realisieren wir Besatzung als Übel Aufträge für Kunden aus Handwerk, Wirtschaft, Gesundheit und für christliche Institutionen und Missionswerke. Die Pointe dieser Konfrontation bleibt hier aber unerkannt: Auf dem Schrank hinter Saidam ist eine Karte zu sehen, die ganz Wenn Sie die Mitarbeit in attraktiver Umgebung mit professi- Israel in palästinensischen Farben zeigt. Das kann nur bedeuten, oneller Infrastruktur interessiert, schicken Sie Ihre Bewerbung dass Saidam nicht nur das Westjordanland, sondern ganz Israel inklusive Lebenslauf, Arbeitsproben und Gehaltsvorstellung für besetztes Gebiet hält. Nach dieser Logik müsste ganz Israel an: info@cicero-studio.ch verschwinden, damit die Besatzung ein Ende findet. Eine Nach- frage zu diesem für alle sichtbaren Umstand wäre an dieser Cicero Studio AG, Hinterburgstr. 8, CH-9442 Berneck Stelle wichtig gewesen. www.cicero-studio.ch Denn so bleibt der Gedanke der israelischen Besatzung als 32 ethos 9/2016 «Kernproblem» die Botschaft. Diesen Eindruck vermittelt auch die Moderatorin in Mainz, Eva-Maria Lemke, wenn sie feststellt, «wie sehr der Hass auf beiden Seiten inzwischen geschürt wurde». Ausgewogene Berichterstattung kann nicht bedeuten, beiden Seiten auf Biegen und Brechen die gleich schlimmen Vergehen nachzuweisen. «Heute+» ist so seinem Anspruch, den «Nachrich- ten-Mainstream» zu hinterfragen, schuldig geblieben. Die Aus- richtung auf ein junges Publikum, und damit auf soziale Netz- werke wie Facebook, hat in der Sache aber ihren Vorteil. Denn nie war Protest gegen verzerrende Darstellungen einfacher. n Quelle: www.israelnetz.com
WALLWURZ Ratgeber I GESUNDHEIT ethos 9/2016 33 Bewährt und wirksam bei Sportverletzungen. Die auffallenden Wallwurzpflanzen (auch Beinwell oder Comfrey genannt) finden wir in feuchten Wiesen oder Ufergebieten. Bei kräftiger Berührung von Stängel und Blättern spürt man die raue Beschaffenheit der Pflanze, dies ist ein Hinweis auf die Familien- zugehörigkeit zu den Raublattgewächsen. Versuchen Sie, diese Heilpflanze in Ihrem Hausgarten zu kultivieren. Schon ein kleines Stück einer frischen Wurzel reicht, um eine kräftige Pflanze aufzuziehen. Am heilkräftigsten ist die Wurzel im Frühjahr oder im Herbst. Beim Berühren einer frischen Schnittstelle bemerken wir grosse Absonderungen von Schleimstoffen. Das Allantoin, die Gerbstoffe und die Kieselsäure tragen zum wundheilenden Effekt bei. Bei akuten Quetschungen, Verstauchungen, Zerrungen und Prellungen ist die Anwendung der frischen Wurzel am wirksamsten. Mit einem Wallholz oder einem Hammer wird die gereinigte Wurzel zerquetscht und so auf die Verletzung aufgelegt und fixiert. Für den Vorrat in der Hausapotheke und die Behandlung diverser Knochen-, Sehnen- und Gelenkbeschwerden stellen wir uns am besten eine ein- fache Salbe aus Wallwurz her. Der Gehalt an toxischen Pyrrolizidinen schränkt die Anwendung für Schwangere und stillende Mütter ein. Wenn diese Vorsichtsmass- nahmen eingehalten werden, darf die Wallwurzsalbe bis zu vier Wochen ohne Bedenken verwendet werden. Ein wertvoller Zusatznutzen bringt unsere selbst hergestellte Salbe bei der Unterstützung der Heilung nach Knochenbrüchen. • Die fein geschnittenen, frischen Wurzelstücke werden mit Olivenöl in einem Topf angesetzt. Die Wurzeln sollten knapp mit Öl über- deckt sein. Nun köcheln wir das Ganze während 20 Minuten. Durch ein Gazetuch wird dieser Ölauszug abgefiltert. Nach dem Abkühlen werden die Rückstände mit Gummihandschuhen gut abgepresst. Pro 100 ml (= 1 dl) Ölauszug fügt man jetzt 20 g Bienenwachs dazu und löst diesen durch behutsames Erwärmen im Wasserbad. Nun wird diese Mischung abgekühlt und immer wieder umgerührt, bis sich eine geschmeidige Salbe bildet. Zur sicheren Aufbewahrung füllen wir die Salbe in kleine, gut verschliessbare Töpfe. An einem kühlen Ort ist die Salbe über ein Jahr haltbar. Beim Gebrauch muss darauf geachtet werden, dass die Heilsalbe nicht auf offene Hautstellen auf- getragen wird. Hanspeter Horsch, Jg. 1954, verheiratet, zwei er- wachsene Töchter, Naturheilpraktiker und Drogist in CH-Heiden. www.gesundeswissen.ch; Hobbys: wandern, fotografieren, lesen und musizieren. Sein Buch «Gesundes Wissen – Heilpflanzen» zu bestellen unter E-Mail: info@gesundeswissen.ch, Tel.: 0041 (0)71 891 18 10.
RUBRIK I 34 ethos 9/2016
Gewinn ICH FREUE MICH ÜBER DEIN WORT WIE EINER, DER GROSSE BEUTE MACHT. PSALM 119,162 ethos 9/2016 35
BRENNPUNKT I SCHÖNGEREDETE Markus, engagierter Christ, «rutscht» ab in die Pornografie; Ernst und Barbara konsumieren Pornos seit dem Teenageralter und finden später zum Glauben an Jesus Christus. Zwei Geschichten, eine Not und die Frage: Wie kommt es dazu? Dass es sich bei der Pornosucht um ein riesiges Problem Mit 17 entschied ich mich, mit Jesus durchs Leben zu gehen. handelt, weiss jeder, der darin gefangen ist. In unserer Im Kopf wusste ich, dass das, was ich tat, Sünde war. Trotzdem Gesellschaft wird das Ganze oft herunterspielt oder gar empfand ich lange kein schlechtes Gewissen und konsumierte schmackhaft gemacht. Dennoch warnen, wenn auch erst weiter pornografische Bilder und Filme. vereinzelt, Wissenschaftler vor massiven Veränderungen im Gehirn durch den Konsum solcher Bilder. Fünf Jahre später heiratete ich. Ich war überzeugt, nun end- lich von der Pornosucht loszukommen. Schliesslich konnte ich ES GIBT EINEN WEG HERAUS! ja jetzt mit meinem Mann zusammen die Sexualität in der Ehe leben. Doch das war eine Täuschung. «Meine Geschichte mit Pornografie fing mit 14 Jahren an, als ich, Barbara, auf ein erotisches Heft stiess. Im Fernsehen und Erst nach langer Zeit erkannte ich, wie sehr ich in Sünde später auch im Internet schaute ich mir Sexszenen und Filme verstrickt war. Unzählige Male bat ich Gott um Vergebung – an, was mich zusehends in Bann zog. Diese Szenen mussten mit ein ständiger Kreislauf. Ich sündigte – bekannte – sündigte wie- der Zeit immer härter werden und bald war ich süchtig danach. der – bat erneut um Vergebung ... bis Gott mich an den Punkt brachte, wo ich aufrichtig sagen konnte: Jetzt ist Schluss damit! Ein Satz aus einer Predigt traf mich bis ins Innerste: Vor Gott kann ich nichts verstecken! Nun war es an der Zeit, mein 36 ethos 9/2016
E VERSKLAVUNG Problem mit Pornografie endlich ans Licht zu bringen. Da mir Wann immer mich die Lust auf pornografische Bilder über- der Mut fehlte, mich jemandem anzuvertrauen, schrieb ich mit fiel, las ich in der Bibel. Das klappte eine Weile ganz gut, bis die Tränen in den Augen eine E-Mail an eine Freundin. Selbst das Sucht erneut die Oberhand gewann. Ich fühlte mich am Boden kostete enorm viel Überwindung. Das Ganze war mir äusserst zerstört. Mir wurde klar: Nie würde ich den Ausstieg aus eige- peinlich. Sicher will sie nichts mehr mit mir zu tun haben, ner Kraft schaffen! wenn sie jetzt alles weiss, dachte ich. Doch zu meiner grossen Überraschung reagierte sie nicht verurteilend, sondern liebe- Durch Gottes Führung stiess ich auf den Online-Video- und verständnisvoll. Kurs «Ausweg aus der Pornografie», was mich entscheidend weiterbrachte. Gott zeigte mir, dass das Ganze wesentlich Bald darauf trafen wir uns. Am liebsten wäre ich im Erd- tiefer geht und ein viel grösseres Ausmass hat, als mir bewusst boden versunken, so sehr schämte ich mich für das, was ich war. Einsamkeit, Stress, Wut und Enttäuschungen bilden einen im Geheimen tat. Wir beteten zusammen, denn für mich war gefährlichen Nährboden für diese Sucht. Zudem erkannte es einfacher, vor Gott Dinge auszusprechen, als mit meiner ich, dass die Welt der Pornografie eine einzige Lüge ist, da ich Freundin darüber zu reden und ihr dabei in die Augen zu glaubte, es mache den Pornodarstellerinnen Spass. Und wer schauen. Endlich durfte ich den schweren Rucksack meiner denkt, Frauen hätten kein Problem mit Pornografie, irrt sich Schuld und auch die Einsamkeit bei Jesus ablegen. gewaltig! ethos 9/2016 37
Nun konnte ich auch meinem Mann gegenüber meine «PORNOGR Sucht nicht länger verschweigen, denn sie stand ja zwischen uns. Es galt, die Dinge offen und klar beim Namen zu nennen. Interview mit Barbara und Ernst. Das war sehr schwierig und schmerzhaft. Was seht ihr als wirklichen Grund, der euch in die Endlich schöpfte ich wieder Mut: Ich bin kein hoffnungs- Pornosucht abrutschen liess? Auch du, Ernst, warst ja loser Fall! Es gibt einen Weg heraus aus der Pornosucht! Denn jahrelang davon bestimmt ... nur Jesus vermag meinen Hunger nach Liebe und Anerken- Ernst: Als Kind kam ich in eine liebe Pflegefamilie und nung wirklich und dauerhaft zu stillen. später, im Teenageralter, versuchte ich diese Leere der Wertlosigkeit (meine eigenen Eltern hatten mich weg- Wenn ich heute zurückschaue, kann ich nur staunen, wel- gegeben) im Herzen mit Pornografie zu füllen. Es war für chen Weg ich mit Gott zusammen gehen durfte. Er war steinig mich normal, ich dachte dabei an nichts Böses. und gesäumt von vielen, vielen Gebeten und Gesprächen mit Barbara: Als ich ein Teenager war, verlor ich meine Mut- Menschen. Meine Beziehung zu Gott wuchs und auch die zu ter durch einen Unfall, und diese Leere der Traurigkeit meinem Mann vertiefte sich. und Einsamkeit im Herzen versuchte ich mit Pornogra- fie zu füllen. Ich wuchs mit den Teenagerzeitschriften Die folgenden Aussagen fassen mein Erleben gut zusammen: «Bravo», «Girl!» und «Popcorn» auf. In diesen Magazinen • Freiheit heisst nicht, dass man mit dem Feuer spielen kann, war die – nicht gottgewollte – Sexualität allgegenwärtig. Für mich war das normal, ich kannte nichts anderes. ohne sich zu verbrennen. • Freiheit heisst, dass man sich entscheiden kann, nicht mehr Sind diese Gründe bei allen «Porno-Konsumenten» mehr oder weniger die gleichen? mit dem Feuer zu spielen. Ich entschied mich, Licht in die Beide: Wir denken ja. Porno-Konsumenten haben – ob be- Dunkelheit zu lassen. wusst oder nicht – irgendeine Leere im Herzen. Wenn man auf Pornografie stösst, besteht die Gefahr, dass man diese Ich entschied mich ... Leere damit füllt, statt mit Gottes Liebe. Für einen kurzen • mit Gott offen und ehrlich über mein Problem zu sprechen. Moment kann man alles um sich herum vergessen, was als • mein Geheimnis einer Freundin anzuvertrauen und Unter- Erleichterung erlebt wird. Aber der Stress, die Einsamkeit, die Probleme, die Konflikte sind trotzdem immer noch da stützung zuzulassen. und verschwinden mit Pornografie nicht einfach. • mich mit dem Thema Pornografie auseinanderzusetzen. • den guten Weg mit Gott zu gehen und mit ihm zu reden, IIhr habt euch geschämt, jemandem von eurer Sucht zu wenn die Lust überhandnehmen will – was nur noch erzählen. Das Thema ist also mit Scham behaftet, obwohl selten vorkommt. Am Anfang habe ich regelrecht zu Gott heute der Pornokonsum vermehrt als normal, erstrebens- geschrien, weil ich es ohne Pornografie kaum aushielt! wert und cool dargestellt wird. • erotische Bilder an Gott abzugeben, wenn sie in den Ernst: Gott hat ein Gewissen in uns hineingelegt und Gedanken hochkommen. nach der Bibel weiss jeder Mensch, was Gut und Böse ist. • mit meinem Mann zusammen mit Gottes Hilfe zu kämp- Wie beim Lügen, Stehlen, bei Neid oder Habgier meldet fen. sich anfänglich das Gewissen. Doch wenn wir Gottes • euch aus meinem Leben zu erzählen, um euch Hoffnung Reden dauernd bewusst ignorieren, stumpfen wir ab und zu schenken. gewöhnen uns an das Böse. Der Weg aus der Pornografie ist nicht einfach, aber es lohnt sich. Gottes Liebe ist das grösste Geschenk! Als Dank wollen mein Mann und ich ihm unser Leben anvertrauen und ihm die Ehre geben. Darin – nicht im Pornokonsum – findet jeder Mensch Erfüllung. Das verspricht der himmlische Vater allen, die im Gehorsam an ihn nicht mit dem Feuer, der Sünde, spie- len. Sie steht der Heiligkeit Gottes entgegen und trübt unsere Beziehung zu ihm. Gott aber liebt uns und will uns vor Scha- den bewahren. Heute dürfen wir ohne Pornografie leben. Wir gehören zum Team des Vereins Safer Surfing (Österreich), welcher hinter den Projekten www.loveismore.de/www.saferchildren.eu/ www.safersurfing.eu steht. Es ist unser Anliegen, dass auch in christlichen Gemeinden über dieses Thema gesprochen wird und Menschen frei werden von der Knechtschaft dieser Sünde. n Barbara 38 ethos 9/2016
I INTERVIEW RAFIE PORNOSUCHT HAT TIEFERE URSACHEN IST GIFT!» • Unstillbarer Hunger oder das unbändige Verlangen, von Auch wenn Pornografie in der heutigen Gesellschaft nicht einer Sache nicht genug zu bekommen, weisen darauf mehr als Sünde gilt, bleibt sie es trotzdem. Sünde heisst «Ziel- hin, dass bestimmte Bedürfnisse nicht befriedigt wer verfehlung», etwas wird «zweckentfremdet». Pornografie ver- den, es «leere Stellen» gibt. Diese gilt es zu erkennen. unehrt den Schöpfer, weil sie seinen Absichten widerspricht. Sie richten in unserem Leben vermutlich mehr Unheil Er hat Gedanken des Friedens über seine Kinder, möchte ihnen an als irgendetwas sonst. wahre Freude schenken und sie vor Schaden bewahren. Wenn wir das nur begreifen würden ... • Nicht selten erwarten wir zu viel von unserem Ehepart ner, nämlich, dass er alle unsere Bedürfnisse befrie Das Bekennen von Schuld vor Gott und den Menschen digt. Pornografie ist eine Fehlbefriedigung und darum macht frei, denn Sünde trennt in jedem Fall. Das durften wir immer zu unserem Schaden. beide erleben. • Erlösung ist nicht gleichbedeutend mit Befriedigung. Wir können gerettet und dennoch unzufrieden sein. • Erlösung empfangen wir als ein Geschenk von Gott. Zufriedenheit in ihm finden wir nur, wenn wir alle Be reiche unseres Lebens ganz bewusst an ihn ausliefern und jede leere Stelle mit der Fülle Christi erfüllt ist. • Damit wir siegreich leben und ungetrübte Gemein schaft mit Gott erfahren können, müssen wir ihm jeden Tag unser Herz ausschütten, ihm unsere Sünden be kennen, Versuchungen bewusst meiden und mit seiner Hilfe den Weg des Gehorsams gehen. Viele Betroffene glauben, dass Pornografie kein Problem mehr den Hintergrund. Zudem war ich kaum fähig, mit meiner Frau darstellt, sobald sie verheiratet sind. Was meint ihr dazu? Sexualität zu leben. Meine Gedanken waren nicht bei ihr, son- Beide: Wenn du dein Problem mit Pornografie nicht vor dei- dern gedanklich drehte ich einen Pornofilm. ner Ehe aufgearbeitet hast, wirst du sie mit in die Ehe nehmen. Dass wir heute beide beim intimen Zusammensein keine Verheiratet zu sein, verhindert nicht, dass man sich mit Porno- solchen Bilder mehr im Kopf haben, treibt uns Tränen der grafie beschäftigt. Freude und Dankbarkeit Gott gegenüber in die Augen. Unser Leben ohne Pornografie hat sich verändert. Wir kön- Wie verändert Pornografie die Sexualität und was geschieht, nen uns wieder an einer kleinen Blume am Strassenrand, über wenn ein Partner diese Sicht mit in eine Paarbeziehung bringt? verschiedenste Fische im Aquarium freuen. Unser Leben ist Beide: Pornografie ist eine Welt der Lüge, denn Sexualität ist farbiger und bunter geworden. Pornografie nahm uns die Sicht viel mehr als der reine Sexualakt. Sexualität fängt schon am für das Detail, für das Schöne auf dieser Welt und hat uns und frühen Morgen mit einem Lächeln, einer Umarmung, einem unser Leben öde gemacht. lieben Wort an. Liebe meint den andern, will ihm Gutes tun. Inzwischen haben wir einander vergeben und sind unsere In der Pornografie wird der Partner auf ein Sexobjekt redu- Sexualität neu am Entdecken. Obwohl wir beide in der Sucht ziert, und dies hat nichts mit Liebe zu tun und zieht Verletzun- gefangen waren, verletzte uns das Tun des andern und Hoff- gen nach sich. Wie habt ihr die Versklavung durch die Pornosucht erlebt? Viele denken ja, das kann nicht so schlimm sein ... Barbara: Es ging so weit, dass ich keinen Tag mehr ohne Pornografie leben konnte. Ständig kreisten meine Gedanken darum. Ich konnte nicht mehr klar denken und beteiligte mich selten an Gesprächen. Ernst: Meine Identität in Jesus und die Beziehung zu ihm war gestört, und auch ich hatte Mühe, klar denken zu können. Man Interviewstumpftab,dieWahrnehmungganzalltäglicherDingerücktin nungslosigkeit begleitete uns ständig. Pornografie ist Gift! Man geht ja beim Pornokonsum nicht «leibhaftig» mit einer anderen Person ins Bett, so beschönigen auch viele Christen ihr Handeln. Warum sprecht ihr von Sünde? Ernst: In Matthäus 5,28 steht: «Ich aber sage euch, dass jeder, der eine Frau ansieht, ihrer zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen.» Wir Menschen betonen das Äussere, aber Gott schaut unsere Herzen an, denn von dort kommen die bösen Gedanken, Ehebruch, Hurerei ... (Matth. 15,19). ethos 9/2016 39
Dann kam der Tag, an dem ihr «den ganzen Mist», wie ihr es Was für «Entzugserscheinungen» habt ihr erlebt? Wie habt ihr nennt, lassen wolltet. Barbara, du hast in deinem Bericht schon ihnen entgegengewirkt? davon erzählt. Was gab bei dir, Ernst, den Ausschlag? Ernst: Wir waren sehr schnell reizbar und genervt. Ernst: Weil ich nicht mehr andere Frauen ins Ehebett nehmen, Barbara: Bei mir, wie auch in den meisten Fällen, gehörte sondern nur noch mit meiner Ehefrau Sexualität leben wollte. Selbstbefriedigung mit dazu. Ich hielt es kaum aus ohne. Es Ich wollte Gott gehorsam sein und der Sünde absagen. Und er war mein Mittel gegen Einsamkeit, Trauer, Wut, Ärger, Stress hat mir dann dazu die nötige Kraft geschenkt. ... In solchen Momenten habe ich zu Gott geschrien und ihm meine Gefühle gebracht. Indem ich mit ihm darüber reden Barbara, du hast schon früher versucht, davon loszukommen, konnte, musste ich nicht mehr einen Weg beschreiten, der alles aber immer wieder wurdest du rückfällig ... Was war letzten nur noch schlimmer machte, meine Not stets vergrösserte. Endes an diesem Punkt anders als zuvor? Barbara: Das Bewusstsein der Sünde ging vom Kopf ins Herz. Wie verändert Pornografie die Beziehungsfähigkeit? Ernst, Nun konnte ich von Herzen Gott um Vergebung bitten. Bis du sagst: «... für eine Ehe ist Pornografie Gift!» Und wie hat dahin hatte ich einfach Gott um Vergebung gebeten, weil man sich eure Beziehung – nun ohne Pornografie – verändert? das so macht, aber ich meinte es nie von Herzen. Ernst: Die Beziehung zum Ehepartner wird oberflächlich. Pornografie kann nicht nur die Sexualität, sondern auch Seither haben wir nie mehr einen Porno geschaut, obwohl die Ehe und die ganze Familie zerstören. in manchen Filmen Pornografie leider immer noch gegen- wärtig ist. Wenn in einem Film nackte Menschen vorkommen, Inzwischen ist unsere Beziehung zueinander tiefer ge- schauen wir bewusst weg. Wir sind Gott so dankbar, dass wir worden. Unser Intimleben hat sich zum Guten verändert dann das Gesehene einfach zur Kenntnis nehmen, und das ist und wir nehmen einander viel mehr wahr. auch schon alles. Und was hat sich in eurer Beziehung zu Gott verändert? Was half euch am Anfang beim Ausstieg? Eher das bewusste Barbara: Da Pornografie nicht mehr zwischen uns steht, hat Vermeiden aller Möglichkeiten des Pornokonsums oder die sich auch meine Beziehung zu Gott vertieft. Ich muss mich veränderte geistliche Sicht der Sünde und der Beziehung zu nicht mehr vor ihm schämen, kann mich ihm ohne Vorbehalt Gott? hingeben, mit ihm reden und auf ihn hören. Ich darf einfach Beide: Beides. Eine Hilfe war uns das Buch «Mein Weg zur als Kind zum himmlischen Vater kommen. Heilung» von Mike Genung (Safer Surfing Verlag). Kommen Ernst: Meine Beziehung zu Gott ist freundschaftlicher gewor- im Alltag Bilder hoch, gilt es, sofort im Gebet zu Gott zu den und ich schäme mich nicht mehr vor ihm. Ich kann fliehen, ihm alles abzugeben und die Gedanken mit anderem wieder von Herzen mit ihm zusammen sein. Ungetrübte zu füllen. Gott hasst die Sünde, aber er liebt uns so sehr, dass Gemeinschaft mit dem heiligen Gott ist nicht möglich, wenn er uns von ihr losgekauft hat durch seinen qualvollen Tod am man in Sünde lebt, ihm den Gehorsam verweigert. Kreuz. Diese Liebe gilt uns nicht, weil wir sie verdient haben, sondern weil Gott sich für uns entschieden und uns zuerst Als Eltern von drei Kindern ist euch Prävention ganz wichtig. geliebt hat. Immer mehr Kinder werden durchs Internet «aufgeklärt» und miss-informiert darüber, was Liebe und Sexualität bedeuten. Wie hilfreich ist es, das «dunkle Geheimnis» einem Freund Was empfehlt ihr? anzuvertrauen? Ernst: Die Aufklärung sollte laufend erfolgen, alltagsbezogen Barbara: Wenn man sein Geheimnis jemandem anvertraut, und altersgerecht sein. Dazu gehört auch, dass man über kommt ganz viel Licht in das Dunkle. Man schätzt, dass dann Pornografie spricht. Es ist wichtig, von Beginn weg mit den schon 80 % der Porno-Kraft gebrochen ist! Der Freund kann Kindern über den Körper und die Sexualität, wie Gott sie sich dann immer nachfragen, wie es einem diesbezüglich geht. gedacht hat, zu sprechen, ohne falsche Scham. Man bringt sie Er kann für einen da sein, unterstützen und ermutigen. Das damit nicht auf dumme Ideen. Im Gegenteil, so fangen sie gemeinsame Gebet ist ebenfalls eine sehr grosse Hilfe. Von nicht an, sich heimlich bei Quellen zu informieren, die ihnen einer Sucht loszukommen, ist kein Spaziergang. Da ist man meist schaden. froh, wenn man jemanden hat, der einem auf diesem steinigen Weg begleitet. Wenn ein Kind weiss, dass es mit Mama und Papa jederzeit darüber reden kann, es Themen nicht ausklammern muss, wird Freunde ermutigten uns immer wieder, dass es ein Leben es Vertrauen haben und den Eltern auch belastende Situationen ohne Pornografie gibt, und verurteilten uns nicht. Einen den Eltern anvertrauen. (Buchempfehlung: Regula Lehmann, Se- Pornosüchtigen zur Busse und Umkehr führen, kann letztlich xualerziehung? Familiensache! Im Internet: www.saferchildren.eu) nur Gott. Aber ein Freund kann den Boden dazu legen. Ernst: Für die Zukunft wünsche ich mir, dass in unserer Vielen Dank für das Gespräch. Gegend eine Selbsthilfegruppe für Männer entstehen könnte. Interview: Daniela Wagner 40 ethos 9/2016
ZERBRECHLICHES GLÜCK verglichen, unter dem ich mich befinde. In Jesu Nähe bin ich wie unter einem In den Jahren 2006–2010 ging es mit Internet die wirklich harten Sachen Schirm geborgen und behütet. Wenn meiner Firma bergab. Die Auftrag- anschaute. Da es aufgrund von Kathys ich mich aus diesem Schutzraum ent- geber, für die ich arbeitete, struktu- Krankheit mit unserer regelmässigen ferne, bewege ich mich von Jesus weg. rierten ihren Vertrieb um, ich musste Sexualität nicht zum Besten stand, Je grösser die Distanz, desto weniger mich nach und nach von meinen Mit- glaubte ich (was ich heute überhaupt meldet sich mein Gewissen. Die arbeitern trennen und auch unser gros- nicht mehr verstehe), dass ich mir das Hemmschwelle sinkt. Doch wie kann ses Haus verkaufen. Meine Frau und nehmen dürfe. Satan liebt es, Gottes jemand, in dem Jesus Gestalt gewinnen ich zogen in ein kleineres Haus in die Leute in solche Situationen zu bringen möchte, sich mit solch einem Schmutz Nachbarstadt, die Kinder waren in- und ihnen dann auch noch einzureden, beschäftigen? zwischen ausgeflogen und besuchten dass alles nicht so schlimm sei. Den- eine andere christliche Gemeinde. In noch fühlte ich mich immer schlechter. Dann kam der Tag, wo ich Jesus alles der neuen Gemeinde übernahmen wir Ich bat Gott um Vergebung und konnte bekannte und ihn bat, mich aus meiner schnell Verantwortung. Ich hatte nie da- doch nicht von der Pornografie lassen. Sucht zu befreien. Auch Kathy gestand ran gezweifelt, dass Gott uns durch gute Das führte zu einem Doppelleben. Auf ich meine Sünde und brachte die Sache und schlechte Zeiten führt, auch dann der einen Seite als verantwortlicher in Ordnung. Mir wurde vergeben, es nicht, als es meiner Frau Kathy gesund- Mitarbeiter in der Gemeinde, und in steht nun nichts mehr zwischen uns. heitlich und mir geschäftlich schlecht meinem stillen Kämmerlein überkam ging. Trotz ihrer Krankheit hielten wir mich immer wieder die Lust auf diesen Ich bin sehr dankbar, dass Gott mich zusammen. Uns war bewusst, dass diese Kick. In dieser Zeit, in Verbindung mit von dieser Sucht und diesem Zwang «Einschübe» in unserem Leben einen einer Predigt, die ich hörte, wurde mir befreit hat. Dazu gehört natürlich, dass Sinn haben. Dennoch zehrten diese deutlich, was es heisst: «Christus lebt in sofort alle Alarmglocken läuten müssen Umstände an meinen Kräften. mir», wie es in der Bibel steht: «Ich bin und ich auch schon bei den geringfü- mit Christus gekreuzigt, und nicht mehr gigsten Reizen, die ich im Internet, im In dieser Zeit erwischte mich eine lebe ich, sondern Christus lebt in mir; Fernsehen oder in Zeitschriften finde, Versuchung, die mich und unsere Ehe was ich aber jetzt im Fleisch lebe, das lebe bewusst widerstehe. in grosse Gefahr brachte. Wenn ich ich im Glauben, und zwar im Glauben alleine war, zappte ich regelmässig an den Sohn Gottes, der mich geliebt und Wir haben erlebt, wie zerbrechlich durchs Fernsehprogramm und landete sich selbst für mich hingegeben hat» (Gal. Glück ist, wie wenig wir uns auf unsere dabei immer häufiger bei Softpornos. 2,19–20). Gefühle verlassen können. Wie konnte Ich fühlte mich schlecht, bin aber im es überhaupt so weit kommen? Wir Nachhinein erstaunt, was für unmögli- Was bedeutet das, dass Christus in hatten doch einen Anfang mit Gott ge- che Entschuldigungen mir einfielen, mir lebt? Er ist in jedem Augenblick macht und waren voller Begeisterung, um diese Ausflüge in die Welt der dabei, bei allem, was ich tue, denke und mit ihm zu leben. n Pornografie zu rechtfertigen. Es blieb sage. Das bedeutet, dass ich ihn mit nicht dabei, die Spirale trieb mich dem, was ich tue, auch schwer verletzen Markus immer weiter abwärts, sodass es nicht und traurig machen kann. Jemand hat mehr lange dauerte, bis ich mir im das Leben mit Jesus mit einem Schirm Auszug aus: «Ehe ihr euch trennt – Berichte von Menschen, die ihre Ehe verloren glaubten», CV Auch im Bereich der Sexualität dienen uns Gottes Anweisungen zum Wohl und zur Freude. Wo der Mensch Gottes eigentliche Absichten über geht, sich nimmt, was er uns zum Schutz verboten hat, wird er Sklave seiner eigenen Begierden. Gott liebt seine Geschöpfe und will sie vor Schaden bewahren. Wer der schnellen Befriedigung seiner Lüste frönt, zahlt einen hohen Preis. Zurück bleiben Leere, Einsamkeit, Schuld gefühle und Beziehungsunfähigkeit. ethos 9/2016 41
RSEUEBLRSIOKRIGE JUGEND I vergebenKANN MIR NOCH WERDEN? Und«d‹aGnontt,hwabeennicdhuems dironcuhrwnioecdherdgieestaens.e»inJuegMenadl lviecrhgeibwsite, tEurewiacchhsdeansenkieämwpiefdeenr!d›amit. ««DuenrdTdeeunfeSlcshemtzetrzaldleesr daaltreann,Sdüansdsewnimr GitontetudeennSRüüncdkeennbketeähurbeenn. 42 ethos 9/2016
Ein Brief an dich Du befindest dich in einem Wechselbad der Gefühle, zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Es war ein schwerer Kampf, den du ausgefochten hast, bevor du zu Gott kamst mit deiner Sünde und bekanntest: «Herr, ich hab’s schon wieder getan!» Wenn wir etwas gemacht haben, das in den Augen Gottes nicht recht ist, spüren wir den Drang, vor ihm wegzulaufen. Dem müssen wir mutig entgegentreten und vor ihn kommen, so wie wir sind, ohne Ausrede, ungeschminkt. Wenn man immer wieder in dieselbe Sünde fällt, kann das schon entmutigen. Doch die Tatsache bleibt: Gott spricht dir Vergebung zu! «Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit» (1. Joh. 1,9). Nun aber erlebst du, dass dich dein Gewissen trotzdem nicht freispricht. Die Schmerzen der Reue und des Ekels vor dir selbst sind noch immer da. Wenn sich das Gewissen immer wieder meldet, obwohl die Schuld vergeben ist, ist es Satan, der dir einreden will, du seist ein hoffnungsloser Fall. Er setzt alles daran, dass wir Gott den Rücken kehren und den Schmerz über die alten Sünden mit neuen Sünden betäuben. Sein Ziel ist es, uns von jeder Gemeinschaft mit Gott zu trennen. Er verzerrt unsere Perspektive, sodass uns unsere Sünde grösser erscheint als Gottes Gnade. Jemand hat einmal gesagt: «Die Gewissensbisse, die wir spüren, sind nicht Gottes Faust, die uns wegstossen will, sondern seine Arme, die er um uns legen möchte.» Bist du schon mal am Strand entlanggelaufen und hast zurückgesehen auf die Zickzack-Spuren dei- ner Schritte? Ist das nicht ein Bild für dein Leben? Stunden später kam die Flut, spülte die Fussabdrü- cke fort und verwandelte sie in eine glatte, saubere Sandfläche. Das tut Gott mit deinen Verfehlungen! Deine Vergangenheit muss deine Gegenwart nicht mehr bestimmen. Jesus tritt für dich ein. Er weist die Anklagen des Teufels zurück, denn er hat für dich bezahlt und legt dir seine Kleider der Gerechtig- keit an. Halte das fest! «Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt» (Römer 8,33 und 34). In der Seele des Christen tobt ein Krieg zwischen dem alten und dem neuen Ich, zwischen Licht und Finsternis, zwischen Gut und Böse. Wenn wir Christus als unseren Erlöser angenommen haben, werden unsere tiefsten Wünsche anders. Je mehr wir Jesus lieben, desto mehr schmerzt es uns, wenn wir ihn mit unseren Sünden betrüben. Unser stärkstes Motiv für ein Leben nach Gottes Massstäben ist, dass wir dem, der uns so liebt, gefallen wollen. Trotzdem sündigen wir immer wieder, aber der Schmerz darüber ist viel grösser als vor unserer Bekehrung. Paulus wusste, dass die Lehre von der Erlösung nur durch Gnade zu einem falschen Eindruck führen kann, nämlich, dass man munter drauflossündigen kann, da Gott ja sowieso vergibt. Wir müssen uns hüten, die Gnade Gottes berechnend auszunutzen. Vielmehr sollten wir uns darüber klar werden, was sie in unserem Leben bewirken will. E. W. Lutzer schreibt: «Richtig verstanden ist Gnade ein Anreiz zur Heiligung. Jeder Gärtner weiss, dass die Früchte, die er erntet, davon abhängen, was er gepflanzt oder gesät hat ... An der Ernte des letzten Jahres können wir vielleicht nichts mehr ändern, wohl aber an der des kommenden Jahres. Wir können anfangen, jene Gewohnheiten zu pflegen, die unsere Beziehung zum himmlischen Vater stär- ken. Wir säen auf den Boden des Geistes, wenn wir die Bibel lesen und die Gemeinschaft mit andern Christen suchen. Wir säen auf den Boden des Geistes, wenn wir ganz Gottes Willen für unser Leben suchen. Wir können umkehren von der Sünde und zurück in Gottes wartende Vaterarme laufen. Und dankbar sein, dass unser Vater die Kinder, die zu ihm zurückkommen, niemals abweist.» Verliere den Mut nicht! Immer ist ein neuer Anfang möglich. «Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe und mit einem willigen Geist rüste mich aus» (Psalm 51,14). n Yvonne Schwengeler, Jg. 1946, ethos 9/2016 43 verwitwet, vier erwachsene Kinder, langjährige ethos-Chefredaktorin.
JUGEND MIX LÜGEN ÜBER GOTT GOTT HAT DIE AUFGABE, MEINE PROBLEME AUS DER WELT ZU SCHAFFEN lnteressanterweise glaubt das ein Grossteil der Menschen, während viele von ihnen gleichzeitig glauben, dass Gott sich aus ihrem Leben heraushält. Wie soll das zusammenpassen? Die meisten der jungen Leute, mit denen wir gespro- dass Gott Widrigkeiten und schwierige Phasen in unserem chen haben, sagten uns Folgendes: Theoretisch sei ih- Leben meist dazu benutzt, uns bei unserem geistlichen nen zwar klar, dass Gott nicht ihr «Problemlöser auf Abruf» Wachstum zu unterstützen. In Jakobus 1,2–4 heisst es sei, in der täglichen Praxis würden sie Gott aber genauso sogar, dass wir uns freuen sollen, wenn wir in Prüfungen behandeln. Eine von ihnen fasste das Problem wie folgt geraten. Gott prüft so unseren Glauben, der dadurch wach- zusammen: sen kann. In Römer 5,3–4 steht, dass «die Trübsal Aus- harren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Be- «Ich weiss, dass ich Gott nicht als ‹Problemlöser auf währung aber Hoffnung». Das heisst, Gott wirkt immer in Abruf› betrachten soll. Aber oft denken wir Christen unserem Leben, selbst in jenen Zeiten, in denen wir Leid doch so. Wer kein regelmässiges Gebetsleben hat, ertragen müssen. Es ist wichtig, dass wir das Leid akzep- wendet sich doch nur an Gott, wenn es ein Problem tieren, das Gott in unserem Leben zulässt. Einige der jun- gibt, das er für einen aus der Welt schaffen soll.» gen Menschen haben dies gut zum Ausdruck gebracht: Selbst viele derjenigen Christen, die ein regelmässiges «Es ist in Ordnung, Gott zu bitten, unsere Probleme zu Gebetsleben haben, beschränken sich darauf, Gott eine lösen. Aber man darf dort nicht stehen bleiben, sondern Liste vorzulegen, die er dann abarbeiten soll. Beten darf muss prüfen, ob Gott einem durch das Problem nicht aber nicht hierauf reduziert werden. Zum ernsthaften Ge- irgendeine Sache zeigen oder beibringen will.» bet gehört auch Lob, Dank, Hören auf Gottes Reden und das Bekennen von Sünden. Für diejenigen, die sich beim «Man muss sich wirklich in Demut üben und sich Beten nur auf das Vorlegen einer solchen Liste beschrän- seinem Willen ergeben. Man darf nicht auf sein eigenes ken, ist Gott im Grunde eine Art «kosmischer Flaschen- Wohl sehen, sondern muss sagen: ‹Dein Wille geschehe, geist», der nur existiert, um unsere Wünsche zu erfüllen. Herr›.» Ein solches Beten vermittelt den Eindruck, dass unser Ziel lediglich ein Leben ohne Probleme ist. Gott soll alles Schwerpunkt unseres Gebetslebens sollte also nicht das wegnehmen, was schwierig oder unangenehm ist. sein, was wir von Gott wollen, sondern das, was Gott von uns will. Um dem Herrn Jesus ähnlicher zu werden, Gottes Absicht aber ist es in erster Linie, dich Christus sollten wir so beten wie er. In der Stunde seiner grössten ähnlicher zu machen und nicht, all deine Probleme zu Prüfung flehte er: lösen. Das heisst jedoch nicht, dass ihn unsere Probleme nicht interessieren würden. Er sitzt nicht einfach im Him- «Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch mel und beobachtet, wie wir uns abmühen. Nein, der Gott an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du der Bibel ist «uns Zuflucht und Stärke, eine Hilfe, reichlich willst» (Matthäus 26,39). gefunden in Drangsalen» (Psalm 46,2). Sein Haupt- anliegen ist es dennoch, uns in das Bild seines Sohnes Wir hören nicht oft Gebete, die eine derartige Unterord- Jesus Christus umzugestalten, der «an dem, was er litt, nung und einen solchen Gehorsam widerspiegeln. Aber den Gehorsam lernte» (Hebräer 5,8). Die Bibel zeigt uns, wir sind nun einmal aufgefordert, dem Beispiel des Herrn Jesus nachzueifern. n 44 ethos 9/2016 AnNueasbwn: ec«oynLdLüdeguieegnsihn,ieDdBeiejMeejodtustnesgon,edDTFeaarrnagnuiaresghnieeGgnhrldaesasuwtnh!bo,edCnde»LiVo,nret nauf, die Liste nebenanHäng Spiegel,
Wenn ich einen wirklich schlech- Wenn ich mir wegen meiner momen- Wenn ich denke, ich sei einem ten Tag habe und geneigt bin, zu tanen Umstände Sorgen mache Problem nicht gewachsen denken, Gott sei nicht gut Ich kann Gott Gottes Gnade vertrauen. ist genug. Gott ist gut. «Befiehl dem Herrn deinen Weg und «Und er hat zu mir gesagt: Meine «Preist den Herrn, denn er ist gut vertraue auf ihn, und er wird han- Gnade genügt dir, denn meine ...» (Psalm 136,1) deln!» (Psalm 37,5) Kraft wird in Schwachheit voll- bracht. Daher will ich mich Die Wahrheit hat die Macht, uns zu befreien. am allerliebsten vielmehr mei- ner Schwachheiten rühmen, da- Wenn ich mich zurückgewiesen fühle Wenn ich mich fern von Gott fühle und geneigt bin, zu denken, er mit die Kraft des Christus bei mir Gott nimmt mich würde mich nicht lieben wohne.» durch Christus an. Gott liebt mich (2. Korinther 12,9) «... wie er uns auserwählt hat in ihm und will mein Bestes. vor Grundlegung der Welt, dass wir Wenn wir eine Lüge heilig und untadelig seien vor ihm in «Denn ich bin überzeugt, dass we- glauben, nimmt sie uns Liebe; und uns zuvor bestimmt hat der Tod noch Leben, weder Engel zur Sohnschaft durch Jesus Chris- noch Fürstentümer, weder Gegen- gefangen. tus für sich selbst, nach dem Wohl- wärtiges noch Zukünftiges, noch gefallen seines Willens, zum Preise Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, Wenn ich denke, es sei etwas pas- der Herrlichkeit seiner Gnade, wo- noch irgendein anderes Geschöpf siert, wodurch mein Leben unwider- mit er uns begnadigt hat in dem Ge- uns zu scheiden vermögen wird von ruflich dem Untergang geweiht ist der Liebe Gottes, die in Christus Je- liebten ...» Gott macht keine Fehler. (Epheser 1,4–6) sus ist, unserem Herrn.» (Römer 8,38–39) «Gott – sein Weg ist vollkommen ...» Wenn ich denke, meine Sünde sei zu (Psalm 18,31) gross, um von Gott vergeben zu werden Wenn ich mich hässlich oder fett fühle «Der Herr wird es für mich vollenden. Das Blut Christi ist Gott schuf mich als sein Herr, deine Güte währt ewig. Lass ausreichend für alle Meisterwerk. nicht ab vom Werk deiner Hände!» (Psalm 138,8) meine Sünden. «Ich preise dich dafür, dass ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise ge- Wenn ich nicht weiss, an wen ich «Wenn wir aber in dem Licht wandeln, macht bin. Wunderbar sind deine Werke, mich wenden könnte, um Rat oder wie er in dem Licht ist, so haben wir und meine Seele weiss es sehr wohl.» Gemeinschaft miteinander, und das Hilfe zu bekommen Blut Jesu Christi, seines Sohnes, rei- (Psalm 139,14) Gottes Wort ist nigt uns von aller Sünde.» Wenn ich denke, ich würde es nie schaf- ausreichend, mich an- (1. Johannes 1,7) fen, eine sündige Gewohnheit abzulegen zuleiten, mich zu lehren Wenn ich denke, meine Zukunft sei Das Kreuz Jesu ist ausrei- und mich zu heilen. durch meine Vergangenheit festgelegt chend, um meinen «Leib der Sünde» zu besiegen. «Das Gesetz des Herrn ist vollkom- Meine Zukunft wird nicht men und erquickt die Seele; das zwangsläufig durch meine «... da wir dieses wissen, dass unser al- Zeugnis des Herrn ist zuverlässig Vergangenheit bestimmt. ter Mensch mitgekreuzigt worden ist, und macht weise den Einfältigen.» damit der Leib der Sünde abgetan sei, (Psalm 19,8) «Daher, wenn jemand in Christus ist, so dass wir der Sünde nicht mehr dienen. «Er sendet sein Wort und heilt sie, ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist Denn wer gestorben ist, ist freigespro- vergangen, siehe, Neues ist geworden.» chen von der Sünde.» und er befreit sie aus ihren Gruben.» (Römer 6,6–7) (Psalm 107,20) (2. Korinther 5,17) «Dein Wort ist Leuchte meinem Fuss und Licht für meinen Pfad.» (Psalm 119,105) ethos 8/2016 45
DIE BITTERKEIT DER SEELE Es ist eine äusserst üble Angewohnheit, die ich mit «Jagt dem Frieden nach mit jedermann und der etlichen andern – hauptsächlich Frauen – teile: Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird, Ich grüble mit grossem Vergnügen den Schorf von einer und seht darauf, dass nicht jemand Gottes Gnade ver- Wunde, selbst wenn sie noch nicht verheilt ist. Unver- säume; dass nicht etwa eine bittere Wurzel aufwachse ständlich, aber wahr. Ärgerlich ist, dass dabei manch- und Unfrieden anrichte und viele durch sie unrein mal Narben zurückbleiben. werden ...» (Hebr. 12,14+15). Weniger offensichtlich für andere ist das ständige Bitterkeit ist demzufolge ein Mangel an Gnade. Nicht Grübeln und Stochern in seelischen Kränkungen und die Verletzung ist das Problem, sondern die Reaktion Verwundungen. Ist Ihnen schweres Unrecht widerfah- darauf. Was ist denn Gnade anderes als unverdiente ren? Hat Sie jemand ver- « Liebe? Wer mit seiner leumdet oder auf andere Verbitterung und Groll Schuld zu Gott kommt, Weise zutiefst verletzt? darf durch das Opfer Wir haben den Hang, sind oft Ursache von Jesu Vergebung erfahren. unsere Gedanken immer Seine Schuld wird im wieder zu dem zurück- Depressionen. Wie alle tiefsten Meer versenkt, schweifen zu lassen, was dorthin, wo keiner mehr unserer Seele Schmerz «ungelösten inneren Konflikte dran kann. Wird uns zugefügt hat. Wenn wir kann auch die Bitterkeit die Schuld nicht mehr alte Wunden ständig zu Angst, Ermüdung angerechnet und erfah- «aufkratzen», setzen und psychosomatischen ren wir stattdessen sich Ärger und Zorn in Störungen führen. Annahme und Liebe – uns fest. Dies äussert das ist Gnade. Unbarm- sich in unterschiedlicher herzigkeit dem Nächsten Weise. Man reagiert gegenüber ist eine Folge aggressiv oder zieht sich der Blindheit oder Heu- zurück. Die Folge des Rückzugs ist die Bitterkeit im chelei sich selbst gegenüber. Bitterkeit ist in den Augen Herzen. Wenn dem Groll immer wieder Nahrung gege- Gottes keine Bagatelle. Wenn wir sie pflegen, geben wir ben wird, indem man sich dauernd mit der Verletzung dem Teufel Raum, dem nur daran gelegen ist, Unfrieden beschäftigt, entartet das Ganze zu einem hässlichen zu säen und zu zerstören. Wer selbst Vergebung erfahren Geschwür. Bitterkeit vergiftet das Klima, verseucht die hat, darf Vergebung nicht verweigern. Das beinhaltet Gemeinschaft und zerstört den Betreffenden selbst. auch, Vergangenes nicht mehr hervorzukramen. Es geht Das Pflegen der emotionalen Wunden bereitet manch- hier nicht um eine Forderung des Herrn, die wir nicht mal ein krankhaftes Vergnügen, aber es kommt uns erfüllen könnten. Gottes Geist möchte das als Frucht in teuer zu stehen. Verbitterung und Groll sind oft Ur- uns wirken. Bitterkeit ist ein Laster, das mit Güte und sache von Depressionen. Wie alle ungelösten inneren Barmherzigkeit überwunden werden kann. Konflikte kann auch die Bitterkeit zu Angst, Ermüdung Erinnern wir uns immer wieder daran, dass Gottes Sohn die Herrlichkeit des Himmels verliess und für uns auf diese Erde kam, wo er von seinem eigenen Volk zurückgewiesen, lächerlich gemacht, geschlagen und am Kreuz grausam getötet wurde. Und doch trug er all das ohne Groll oder Bitterkeit. Dieses Wissen sollte uns helfen, unsere Wunden in Ruhe und von Gott heilen zu lassen. Yvonne Schwengeler, Jg. 1946, verwitwet, vier erwachsene Kinder, langjährige ethos-Chefredaktorin. und psychosomatischen Störungen führen. Bitterkeit ist ein scharfer, unangenehmer Geschmack, ein Schmerz oder Unbehagen. Ein Prediger äusserte, er sei sich seiner feindseligen Gefühle jahrelang nicht bewusst gewesen, obwohl sie für andere offensichtlich waren. Er litt an schwerer Erschöpfung. Nachdem er seinen Groll abgelegt hatte, fühlte er sich frei und voller Freude und hatte, so berichtete er, mindestens die dreifache Energie von früher. persönlichDerSchreiberdesHebräerbriefsfordertunsauf: 46 ethos 9/2016
LeserbriefeAUFBAUEND UND TRÖSTEND JERIEL, 5 LORIN, 3 Danke und Gottes Segen für die weitere Für das Sonntagsschul-Weih- Lorin sitzt am Tisch und will Arbeit. Ich freue mich jeden Monat auf nachtsfest dürfen sich die Kin- sein Abendbrot. Ich sage zu die aufbauende und tröstende Zeitschrift der ein kleines Geschenk wünschen. ihm, dass wir alle gemeinsam – gibt Mut und Hoffnung im alltäglichen «Eine Tischbombe», ist die klare Ant- an den Tisch kommen und doch Leben. wort meines Sohnes. Auf meinen Ein- immer zuerst noch beten. wand, dass ich das nicht so passend Maria Kaiser, Österreich finde, meint er: «Aber Mami, Jesus hat Lorin: «Lieber Heiland, danke fürs Geburtstag. Da muss es doch chlöpfe!» feine Essen, Amen.» JOSEF, 3 (knallen) «Das haben aber nicht alle gehört», Josef entdeckt einen Gipsabdruck von DANK sage ich zu ihm. Gretas Fuss (4 Wochen alt) und fragt Mama: «Spur?» ... vielen Dank für Ihre wertvolle Zeit- Lorin ganz selbstbewusst: «Aber Jesus schrift, die wir seit vielen Jahren von hat’s gehört, und das ist das Wichtigste.» «Ja, das ist der Fussabdruck von vorne bis hinten lesen! Greta», sagt Mama. Eingesandt von Familie Vatter, Kathrin Börlin, Schweiz CH-Winterthur Darauf Josef: «Nein – Tiger.» Eingesandt von Familie Scheunert, ... persönlich bin ich so sehr froh, dass KLARE GEDANKEN ZUR DE-Chemnitz es Zeitschriften wie ethos noch gibt. MIGRATIONSPROBLEMATIK Ich bete inständig, dass dies so bleiben möchte. zu: «Was sagt die Bibel zum Thema Flüchtlinge?», 7/16 Hartmut Theel, DE-Scheessel Vielen Dank für die klaren biblisch fundierten Hinweise/Gedanken zur Migra- tionsproblematik. Super! Wunderbar und wertvoll sind auch immer wieder Beiträge von konvertierten Muslimen, welche den Islam kennen und durchschauen und so uns Christen die Wahrheit über den Islam rüberbringen können. (Zum Beispiel der Syrer und der Jude, welche in Deutsch- land als Pastoren tätig sind.) Besonders beeindruckt haben mich auch die Aussa- gen des Syrers Adnan, welcher sagt, dass ein Muslim sich niemals in unsere Gesellschaft integrieren kann, solange er dem Islam angehört und damit der Scharia gehorcht, welche immer über der Demokratie oder anderen Staatsformen steht. Ebenfalls ausgezeichnet ist der «Tischlein deck dich-Beitrag»! Vielen Dank für Ihre wertvolle Zeit- schrift. Andreas Hess, Schweiz Kindermund: Lustige Kindersprüche zusammen mit Alter, Name und evtl. dem Foto des Kindes an folgende Adresse: ethos, Kindermund, Postfach, CH-9442 Berneck, E-Mail: info@ethos.ch Leserbriefe widerspiegeln nicht in jedem RätselAutor: Dietmar Noelle, Auflösung auf Seite 65. Fall die Meinung der Redaktion. Kürzungen behalten wir uns vor. Wir beachten alle Leserzuschriften, auch wenn wir nicht alle abdrucken oder beantworten können. Die ethos-Redaktion ethos 9/2016 47
RUBRIK I HeimatMARTYRIUM Die schwere, holzgeschnitzte Haustür des weiss getünchten Hauses der Welchs führte in eine grosse, mit Fliesen ausgelegte Eingangshalle. Das Ehepaar führte mich in mein Zimmer, einem hellen, ganz mit Teppichen ausgelegten Raum und mit einem Doppelbett und einer Kommode, für mich allein! Frau Welch gab mir die neuen Kleider, die sie mir versprochen hatte. Doch welch eine Enttäuschung! Es waren keine Faltenröcke mit dazu passenden Pullovern, wie ich mir das vorgestellt hatte. Es war eine schwarz-weisse Arbeitskleidung. Ich würde ihr Dienstmädchen sein! Ich sollte das Telefon bedienen, Besucher empfangen, bei Tisch servieren und viele andere Arbeiten verrichten. Einige Tage nach meinem Einzug kamen meine persönlichen Sachen von der Familie, bei der ich acht Monate gewohnt hatte. Als ich eins meiner Kleider anzog, fand ich einen Zettel: «Du bist eine Heuchlerin», stand darauf. Am nächsten Tag entdeckte ich einen weiteren: «Du fieses Ding». Und in meiner Strickjacke einen mit: «Judas». Ich brach in Tränen aus. Frau Welch wollte wissen, was passiert sei. Ich erklärte ihr den ganzen Sachverhalt, 48 ethos 9/2016
Dritter I FORTSETZUNGSGESCHICHTE eil Die Odyssee der inzwischen 13-jährigen Dorie und ihrer Schwester geht weiter. Bei den Makins wird Dorie noch schlimmer misshandelt als im Waisenhaus. Ihre Mutter droht gar, sie umzubringen. Schliesslich landet sie bei einer christlichen Pflegefamilie, wird aber wieder bitter enttäuscht. Überraschend bekommt sie von Dr. Welch, dem Arzt des Waisenhauses, das Angebot, für ihn zu arbeiten. worauf sie sofort das Jugendamt be- Familienleben. Ich beobachtete, wie auch ein Junge dazugekommen. Die nachrichtigte, um eine Überprüfung sie sich liebevoll anblickten und einan- Kinder liebten mich, und ich liebte sie. meiner Pflegeeltern anzuordnen. der freundlich behandelten. Ich sah, mit welcher Zärtlichkeit Frau Welch ihre Auch wurde mir gestattet, Maria zu Leider lehnte sie das Evangelium kleine Tochter wickelte und anzog. So besuchen. Sie und ihr Mann lebten in mit der Begründung ab, sie sei von den eine Mutter wollte ich auch einmal sein! einer kleinen Kellerwohnung in San Christen enttäuscht worden. Als Bei- Francisco. Ihr Baby war ein süsser spiel führte sie die besagten Zettel an. Eine Skizze, die ich von ihrem Vater kleiner Junge mit Namen Norman. gemacht hatte, gefiel ihr so gut, dass sie Wir unterhielten uns angeregt. Doch Obwohl ich nur ein Dienstmädchen sagte: «Dorie, du hast noch manches bevor ich ging, sagte ich ihr noch ein- war, gaben mir die Welchs mehr Liebe andere Gute für uns getan, ich möchte, mal, was Jesus Christus mir bedeutete. und Freundlichkeit, als ich je empfan- dass du weisst, wie sehr ich deine Arbeit Wieder wies sie mich ab. «Das ist nichts gen hatte. Und sie nahmen sich Zeit, schätze.» Ich glaubte, durchs Zimmer für mich. Ich habe meinen Mann und mich zu unterweisen. Frau Welch lehrte zu schweben! mein Kind. Ich brauche Gott nicht.» mich, wie man richtig sauber macht und den Haushalt versorgt. Doch Weiterhin lernte ich Bibelverse aus- Frau Welch und ich unterhielten uns am meisten beeindruckte mich ihr wendig und studierte das Wort Gottes. oft über geistliche Dinge. Sie sagte je- Im Radio hörte ich mir alle christli- weils: «Dorie, ich sehe ja ein, dass das chen Sendungen an, die ich nur finden für dich gut ist. Doch wenn du eine konnte, und besuchte den Gottesdienst. Familie hättest, die dich liebte, müsstest du dich nicht auf Religion verlassen. Als dann die Welchs sogar an meine Ich führe ein glückliches, ausgefülltes Schulabschlussfeier kamen, klopfte Leben ohne den Glauben. Ich habe mein Herz zum Zerspringen. Hunderte alles, was ich brauche.» von Leuten klatschten, doch jemand klatschte für mich! Ein Jahr verging, dann noch eins. Mit 19 wurde mir klar, dass ich nicht Nach der Schule besuchte ich das ewig bei Familie Welch bleiben konnte, California College für Kunst und obwohl ich hier die schönste Zeit mei- Kunsthandwerk. Einer meiner wich- nes Lebens verbracht hatte. Wochen- tigsten Aufgaben bei den Welchs war lang betete ich über dieser Sache. Dann jedoch das Babysitting. Inzwischen war ethos 9/2016 49
überraschte mich der Arzt eines Tages zeigen. Da standen drei grosse Buchsta- betete ich mit gemischten Gefühlen. mit der Frage: «Dorie, wo ist eigentlich ben – «DAD». Was, wenn er mich ablehnen würde? dein Vater? Lass uns doch versuchen, et- was über ihn in Erfahrung zu bringen!» Meine Gefühle überwältigten mich. Da das Semester in der Kunstschule Ich raste die Treppe hinauf in mein noch nicht vorüber war, beschloss ich, Vor Jahren hatte ich einmal gehört, Zimmer, verschloss die Tür und begann noch sechs Wochen zu warten, ehe ich dass er in Tulsa, Oklahoma, lebte. In zu lesen. Tränen rannen mir die Wangen mich auf den Weg nach Tulsa machte. einem Telefonbuch fand ich schliesslich herunter. Der Mann schrieb, dass er Als ich Maria erzählte, dass ich die seine Adresse. An jenem Abend setzte sich beim Lesen meines Briefs kaum Verbindung zu unserem Vater aufge- ich einen Brief auf an einen Mann, beherrschen konnte. Erinnerungen aus nommen hatte, wandte sie sich voller den ich nicht kannte, um ihn zu fragen, alter Zeit wären wieder in ihm hochge- Bitterkeit ab und sagte: «Für dich ist ob er zufällig mein Vater sei. stiegen, und er freue sich zu hören, das gut. Doch ich will nichts von ihm dass es mir gut gehe. Der Brief endete wissen. Er wollte ja auch nie etwas von SIND SIE MEIN VATER? mit der Aufforderung, ihm wieder zu mir wissen.» schreiben. Gleich am nächsten Tag warf Zwei Wochen vergingen, als es klingelte. ich einen Brief in den Briefkasten. Schliesslich bestieg ich mit einer Der Postbote gab einen Brief ab und ich Fahrkarte in der Hand den Bus nach traute meinen Augen nicht! Mein Name Eines Abends klingelte das Telefon. Tulsa. Die Fahrt schien endlos. Noch stand darauf! Vor Überraschung schrie «Kann ich bitte Doris sprechen?», nie war ich so weit von zu Hause weg ich laut. fragte eine männliche Stimme. gewesen. Je näher ich meinem Ziel kam, «Am Apparat», erwiderte ich. desto aufgeregter wurde ich. «Doris, was ist denn los?» «Doris, Liebling!» «Ich habe einen Brief bekommen!» Mir fiel vor Schreck der Hörer aus Als ich ausstieg, hatte ich den Ent- «Dann öffne ihn doch!» der Hand. «Doris, bist du da? Liebling, schluss gefasst, mir den am besten aus- Jetzt erst blickte ich auf den Absen- hier ist dein Papa!» Es war die schönste sehenden Mann in der Halle auszusu- der und erkannte, dass er von Herrn Stimme, die ich je gehört hatte. Doch chen und einfach anzunehmen, dass er Duckworth war. Ich zitterte wie Espen- ich hatte Angst. Ich sprach ja mit einem mein Vater sei. An eine Säule gelehnt laub. Statt den Brief zu lesen, bat ich Fremden, und er forderte mich auf, halb stand ein Mann mit dunklem Haar. Dr. Welch, mir nur die Unterschrift zu durch die Vereinigten Staaten zu reisen, Prompt stellte ich meinen Koffer neben um ihn zu besuchen. An jenem Abend ihm ab und fragte: «Mein Herr, sind Sie mein Vater?» «Immer stärker ver- spürte ich: Ich musste «Ich glaube schon», antwortete entweder ‹Ja › zu Gott dieser schelmisch. Wie ein Pfeil schoss sagen und meinen ich in seine starken Arme. Vaters Augen Vater verlassen, oder waren feucht, und ich weinte. ‹Nein › zu Gott sagen und dableiben.» Wir fuhren zur Archer Street in einer gutbürgerlichen Gegend. Er bog in die Auffahrt zu einem zweigeschossigen weissen Ziegelhaus ein. Mein Vater war Grundstücksmakler, und ich sah, dass es ihm gut ging. Er stellte mich seiner Frau Blanche vor. Sie luden mich ein, für immer bei ihnen zu bleiben. Ich nahm die Einla- dung an. Unerwarteterweise fühlte ich mich wohl und wie zu Hause. Mein Vater schien mich lieb zu haben. Er war freundlich und bemühte sich, mich für die hässliche Vergangenheit zu entschädigen. Niemals versuchte er meine Identität zu verbergen. Zweifellos wollte er das Beste für mich. Er ermunterte mich, eine Arbeit als Grafikerin anzunehmen. Die Douglas Aircraft Company suchte eine Zeichne- rin, und ich schien geeignet. Der Archi- tekt gab mir Pläne. Ich fertigte dann die 50 ethos 9/2016
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