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64,0000 HBvL Personalblatt 1940-41

Published by hrvonlautz, 2017-08-11 07:43:28

Description: 64,0000 HBvL Personalblatt 1940-41

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Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno -1-*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942 Nach Franz Marc, „Wölfe“ (Balkankrieg 1912/13) „Es kommt nicht darauf an, was man aus uns gemacht hat,sondern darauf, was wir daraus gemacht haben, was man aus uns gemacht hat.“ J. P. Sartre

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno -2-*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Die vierte Dekade: 1940 – 19451940-1941: Frankreich, Balkan, Russland Im Luftnachrichtendienst in Frankreich 1940/41 Als Horst B. von Lautz (HBvL) im März 1940 eingezogen wurde, gehörte er mit seinen 30 Jahren schon zu den Älteren. Er hatte zuvor 3 Jahre auf Teneriffa und 2 ½ Jahre in Italien zugebracht und beherrschte Englisch, Spanisch, Italienisch und Französisch in Wort und Schrift. Im Laufe des Krieges wurde er der Ent- wicklung der kriegerischen Ereignisse folgend erst in Frankreich, dann über Ungarn, Bulgarien in Ju- goslawien, Griechenland und in Russland, dannwieder an der Kanalküste von Frankreich, schließlich in der Heimat im Wester-wald und zum Kriegsende in Tirol eingesetzt.Er gehörte dem Bereich des „Funkhorchdienstes“ der Luftnachrichtendienste an,einer Truppe, die den kämpfenden Verbänden oder übergeordneten Stabstellen dievom Feind abgehörten Nachrichten zuleitete, ohne die deren Operationen oft garnicht durchführbar gewesen wären. Sie selbst arbeitete weitgehend im Verbor-genen und wurde von den Alliierten deshalb auch „German Signals Intelligenceand Jamming Service“ genannt.HBvL berichtet:„Im Rückblick verlief meine gewiß sehr ungeliebte Militärdienstzeit so einzig-artig, dass doch einige Zeilen darauf verwendet werden sollen.“„Viele meiner Kollegen waren bereits zum Militär eingezogen. Als junger Mannkonnte man sich kaum noch öffentlich sehen lassen. Ich belegte einen engli-schen Dolmetscherkurs in der Hoffnung, mit meinen Sprachen einen besserenEinsatz zu finden als mit der Waffe. Tatsächlich wurde ich auch im März 1939in eine Dolmetscherkompanie der Luftwaffe eingezogen.“ 1Im März 1939 kann es nicht gewesen sein. Die Mobilmachung wurde erst zum26.08.1939, also 4 Tage vor dem Überfall in Danzig auf Polen befohlen, gleich-1 64,0000 HBvL, Lebensbericht Trscr. S. 22 und 20

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno -3-*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942wohl trafen die Luftnachrichten-Einheiten (Ln-Einheiten) schon Monate zuvortechnische Vorbereitungen.Also war es im März 1940 und das beschreibt er an anderer Stelle: 2„Aber wiederum machte ein Krieg, Weltkrieg II, 1939 einen Strich durchmeine Lebens-Rechnung. Im März 1940 wurde ich zum Militär (Luftnachrich-ten als Dolmetscher) einberufen. Fast 5 qualvoll-unproduktive Jahre für einenvöllig unmilitärischen jungen Mann folgten,“ „Doch bin ich dem Schicksal immer erneut dankbar, dass es …..mich davor bewahrte, je auf einen Menschen schießen zu müssen, dass esmich ohne Verwundung und sogar ohne Gefangenschaft im Mai 1945 heim-kehren ließ.“ 3Da stellt sich doch die Frage, ob HBvL wegen seines nun doch schon fortgeschrittenen Alters (30 Jahre) 1939 zu Beginn des Mobilisierungsfalles 4 nochnicht zu den gerade einzuziehenden Jahrgängen zählte oder es andere Gründe gab,die ihn fürs Erste zurückstellten?Soweit Friedenstruppenteile der Ln-Truppe 5 auch im Kriege ihre Arbeit fastunver-ändert fortsetzten, waren sie auf den Mobilisierungsfall meist wohlvorbereitet. Erweiterung und Änderung ihrer Aufgaben sowie Einsätze konntendiesen Einheiten kaum Schwierigkeiten bereiten. Wo aber neue, nur im Kriegsfallaufzustellende Formationen gebildet wurden, waren diese Verbände undEinheiten kaum mit ihren Aufgaben vertraut und nicht aufeinander eingespielt. 6Die Aufstellung der im Westen benötigten Einheiten und die Zuführung der Ver-bände und Einheiten in die Mobilmachungs- und Einsatzräume erfolgten erst ab15. 08.1939. Da sich die Ln-Truppe 1939 noch im Aufbau befand, der erst 1942bis zu einem gewissen Grade abgeschlossen sein sollte, war die Mobilmachungfür die Truppe eine große, kaum zumutbare Belastung.72 64,0000 HBvL, Lebensbericht Transcr S. 53 ebenda, S. 5f4 im Folgenden „Mob-Fall“5 „Ln-Truppe“ = Luftnachrichtentruppe6 Hoffmann, Karl Otto „Ln – Die Geschichte der Luftnachrichtentruppe, 1965, Neckargemünd Bd.I, S. 2537 Hoffmann, aaO, Bd. 1, S. 254

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno -4-*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Dass die Mobilmachung viel zu früh für die Ln-Truppe kam, bewiesen die Lücken,die in der Ausrüstung der Mob-Formationen zu Tage traten. Es fehlte besondersan Funk- und Fernschreibgerät, Sonderfahrzeugen, und fast alle Gerätesätzewaren unvollständig. Der größte Teil des zugewiesenen Reservepersonals warunausgebildet oder nicht auf die Kriegsaufgabe vorbereitet.Dennoch stellt der Seabourn-Report in seiner Auswertung der TICOM –Protokolle 1945 fest:“..... it can be said that prior to the outbreak of war in September 1939 theGarman Air Force High Command had \"quite accurate picture of the airarmament, deployment, and strength of foreign air forces. as well as theirorganization and expansion.\" 8[,,,, es kann gesagt werden, dass vor Ausbruch des Krieges im September1939 das Oberkommando der deutschen Luftwaffe ein ziemlich genaues Bildhatte von der Luftstreitmacht, Ausrüstung und Stärke der gegnerischenStreitkräfte, ebenso wie von deren Organisation und Ausdehnung. Übers d.Verf.]Der Abmarsch dieser Formationen in die Einsatzräume vollzog sich trotz allerMän-gel geordnet und zeitgerecht. Entlang der Eisenbahnen, Straßen undAutobahnen stand die Bevölkerung und sah dem Aufmarsch der deutschenWehrmacht nach-denklich zu. Es herrschte keine Begeisterung, wie man sie vonder Mobilmachung 1914 her kannte, doch winkte man freundlich zum Abschiedden Soldaten zu und wünschte ihnen, dass auch diese Aktion des „Führers\"friedlich verlaufen würde. 9Als der Krieg dann am 03. September 1939 doch mit dem Einmarsch deutscherTruppen in Polen ausbrach, wusste jeder in Europa, dass sich sein Lebenverändern würde. Was genau geschehen würde, wusste jedoch niemand. StefanZweig vertraute seinem Tagebuch im britischen Exil an:„Dieser Krieg werde wohl tausendmal schlimmer werden als 1914…. Und wirhaben auch keine Vorstellung davon, welche neuen Schrecken von Vergiftungund aufgepeitschten Emotionen dieser Krieg mit sich bringen wird; ich bin beidiesen Kriminellen auf alles gefasst. Was für ein Zusammenbruch derZivilisation.“ 108 IF-180 Armee Security Agency, Washington D. C., Europian Axis Signal Intelligence in world war II as revealed by “TICOM” investigations and by other prisoner of war interroga- ions and captured Material, principally german. --Volume 5--The German Aire Force Signal Intelligence Service , 1946, freigegeben 06.01.2009, S. 109 Hoffmann, aaO, Bd. 1, S. 25510 zitiert nach Ian Kershaw, „Höllensturz – Europa 1914 bis 1949“, Deutsche Verlagsanstalt 2016, S. 472

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno -5-*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942„Ich hatte mich in einem kleinen Dorf in der Eifel bei meiner künftigen Kom-panie zu melden, wurde dort in eine Funkeruniform gesteckt und erhielt, daich im Gegensatz zu allen anderen Soldaten keine Grundausbildung hinter mirhatte, von einem Feldwebel Unterricht im Grüßen, Marschieren, Exerzieren,im Umgang mit dem Gewehr u.s.w. Auf einer grünen Apfelwiese spielte sich das ziemlich lässig ab, so daß ich bei dem täglichen Appell bald nicht mehr allzu oft auffiel. Die Dolmetscherkameraden waren meist umgäng- liche, gebildete Leute, Lehrer, Professoren, Aus- landsdeutsche. Unsere Aufgabe war das Abhören des feindlichen Funkverkehrs der Flugzeuge unter- einander, das Peilen, Orten und Auswerten der auf- gefangenen Meldungen.“ 11 HBvL wurde ganz offensichtlich zweifach durch Eide gebunden: Zum einen – wie jeder andere Soldat auch – durch seinen „Fahneneid“ auf den Führer, Adolf Hitler. Zum anderen war es ihm auf seinen Eid hin als Mit- glied der Ln-Truppe untersagt, Details aus seiner Tä- tigkeit außen stehenden Personen zu offenbaren. An diese Schweigepflicht fühlte er sich auch noch langenach dem Krieg gebunden und so hat er nur selten von seinen Erlebnissen erzählt.Umso wertvoller sind seine Aufzeichnungen, die erst nach seinem Tode bekanntgeworden sind. Aber auch hier hielt er sich – zumindest, was seine Kriegszeitbetraf – zurück, sodass es heute schwierig ist, seine Kriegseinsätze nach Ort undZeit näher festzulegen. Zum Glück existieren aber noch verschiedene andereQuellen, die es ermöglichen, wenigstens wahrscheinliche Einsatzgebiete und Ter-mine annähernd zu verfolgen. 121946 ließ er sich in Steeden an der Lahn vom Bürgermeister eine Bescheinigungausstellen, aus der ersichtlich ist, dass er in mehreren, unterschiedlich benanntenTruppenteilen seinen Dienst im Krieg versah.11 Dieses Foto wurde für diesen Zusammenhang gewählt, obwohl es keine Rückschlüsse auf den Ort der Aufnahme zulässt.12 z. B. http://www.lexikon-der-wehrmacht.de

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno -6-*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Mit Hilfe dieser Daten kann versucht werden, den Weg durch seine Einsatzgebietenachzuvollziehen. 13Die Benennung seiner 1. Einheit auf der Bescheinigung macht eine zuverlässigeIdentifizierung erst einmal nicht möglich. Sieht man jedoch den Zusammenhangmit seiner 2. Einheit und 3. Einheit und den Umstand, dass er ja zunächst zurAusbildung eingezogen worden war, dann erscheint doch relativ sicher, dass er 1. in das vormals im Oktober 1939 umgebildete Ln-Regiment ObdL eingezogen wurde. 14 Es besaß in seiner III. Ln-(Funkhorch-) Abteilung einen Kompanie-Stab z.b.V. für Funkhorch-Kompanie mit Funkhorch- Betriebsstellen, 2. einen Personalzug und einen Funkhorchzug für Störungs- und Täusch- zwecke.15 3. Diese Einheit wurde just im März 1940 umgebildet und erhielt die Bezeichnung 9. Funkhorch-Kompanie des Luftnachrichten-Regimentes ObdL. 4. Diese 9. Kompanie des Ln-Regimentes ObdL wurde dann später im März/ April 1941 – Beginn des Balkanfeldzug – aufgelöst und eingegliedert in das neu aufgestellte Luftnachrichten-Regiment 38 und dem VIII. Fliegerkorps quasi als „Hausnachrichtentruppe“ unterstellt.Soweit lassen sich die Angaben auf der Steedener Bescheinigung in Übereinstim-mung mit den Quellen zum Luftnachrichtenregiment ObdL bringen.Wahrscheinlich befand sich die 9. (Funkhorch-) Kompanie oder wenigstens derTeil, der mit der Ausbildung befasst war, im März 1940 in ihrem Bereitstel-lungsraum Eifel. Wo genau in der Eifel kann er seine Grundausbildung absolviert haben? Luftnachrichtentruppe „Am 1. Dezember 1933 wurde, noch ge- heim, die damals Fliegerfunkertruppe ge- nannte Luftnachrichtentruppe gegründet. Als Schöpfer der ab 1. März 1935 auch offiziell Luftnachrichtentruppe genann- ten Teilstreitkraft gilt Wolfgang Martini, der ab 1944 auch Generalnachrichtenführer der Luftwaffe war. Zu den Aufgaben der Luftnachrichten- truppe gehörte die Erstellung und Un- Funkmessgerät Würzburg in Frankreich terhaltung von Fernmeldeverbindungen (Funk und Telefon) zwischen allen militärischen Einheiten der Luftwaffe und als Verbindung zum Heer und Kriegsmarine. Weiterhin war sie verantwortlich für die gesamte Luftraumüberwachung (mit- tels Funkmessverfahren) über dem deutschen Luftraum und in den von der13 Je mehr ich mich mit dieser Bescheinigung beschäftigt habe, um so unsicherer wurde ich in der Beurteilung, ob alle diese Zeitangaben so zutreffend gewesen sein konnten. [Anm. d. Vwerf.]14 Hoffmann, aaO, Bd. 1, S, 14415 Hoffmann, aaO, Bd. 1, S. 144

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno -7-*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Wehrmacht besetzten Ländern.Insbesondere in Deutschland und im besetzten Westeuropa betrieb sie Flug-melde- und Jägerleitdienststellen zur Abwehr der alliierten Bomberangriffe.Auch war sie verantwortlich für die Flugsicherung und Funknavigation dereigenen Flugzeuge.Ein weiteres Betätigungsfeld war die Funkaufklärung des Gegners mittelsFunkhorch- und Funkmessaufklärung und daraus resultierende Stör- undTäuschungsmaßnahmen.Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges waren in der Luftnachrichtentruppe unge-fähr 70.000 Soldaten im Dienst. Dieser Wert erhöhte sich bis zum 20. Mai1941 auf 243.000 und bis zum Sommer 1944 auf 500.000 Soldaten. Eswurden insbesondere innerhalb Deutschlands, zum Beispiel bei den Jägerleit-dienststellen, auch Frauen zum Dienst verpflichtet.Zu den Leistungen der Luftnachrichtentruppe zählte unter anderem die Funk-aufklärung der polnischen Luftwaffe zu Beginn des Polenfeldzuges. Nach derBesetzung Norwegens wurde durch sie ein Funknetz für die Verbindungen in-nerhalb und nach außen aufgebaut. Im Funkmessverfahren (Radar) wurde1942 der deutsche Kanaldurchbruch unterstützt (durch Störung der britischenRadargeräte) und die Gebieten der alliierte Landung in Dieppe aufgeklärtwerden.In den besetzten Sowjetunion wurde ein Drahtfernmeldenetz (Drehkreuz-Tele-grafenachsen mit Trägerfrequenz und Wechselstromtelegraphie) aufgebautund betrieben. Bei den Kesseln von Demjansk, Stalingrad oder Tunis und zubesetzten Inseln mussten Richtfunkverbindungen erstellt werden.Die offizielle Waffenfarbe der Luftnachrichtentruppe war Braun.“Die Grundausbildung der Ln-Soldaten wurde schon seit 1937 nur noch bei den16Ln-Abteilungen und -Regimentern selbst durchgeführt; die spezifischere Fort-bildung erfolgte dann später bei den Leithorstnachrichtenkompanien mit ihren Ln-Stellen sowie anderen Einsatzeinheiten der Ln-Truppe. 17 HBvL gehörte in denAnfangsmonaten seines Militärdienstes zu den 150 – 200 Re-kruten, diehalbjährlich „in den einzelnen Einheiten der Ln-Regimenter und - Ab-teilungenlaufend ausgebildet wurden.“ 18 Seine „Funkerausbildung“ dauerte damals 12Wochen an, so dass davon ausgegangen werden kann, dass er nicht vor dem30.05.1940 der kämpfenden Truppe zugeteilt wurde.Wie die Ausbildung zu bewerten war, mag verdeutlichen: 1916 https://de.wikipedia.org/wiki/Luftwaffe_(Wehrmacht)_Luftnachrichtentruppe17 Hoffmann, aaO, Bd.1, S. 15618 Hoffmann, aaO, Bd.1, S. 15619 Seabourn Report, “The Signal Intelligence Service of the German Luftwaffe”, Vol. VI, Teil 1, IF-181- “Origins of the Luftwaffe SIS and history of its operations in the West”, S. 23

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno -8-*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942[In der Zwischenkriegszeit wurden auch die zivilen Angestellten in Armee-abhörstellen ausgebildet, das SIS-Training für Militärpersonen war aber totalvernachlässigt worden. Darum, als die Anzahl des SIS-Personals um dasZehnfache in den ersten Kriegsmonaten anstieg, erhielten die Neueinsteigerkeine Einführung in ihre Aufgaben und sie mussten ihre eigenen Ideen undMethoden unabhängig entwickeln. Übers. d. Verf.]Unterdessen wurde der Frankreichfeldzug auch organisatorisch vorbereitet und abdem 10.05.1940 auch umgesetzt.Das Ln-Regiment ObdL war der „Chi-Stelle ObdL“ direkt zugeordnet, jener zen-tralen Abteilung, in der alle abgeschöpften Meldungen der Nachrichtendienste desHeeres, der Marine und der Luftwaffe zusammengeführt, dechiffriert, ausgewertetund weiterverteilt oder in entsprechende Befehle gefasst wurden. Man kann da-rum auch annehmen, dass es für besondere oder eher zentrale Aufgaben bereit zusein hatte. Doch weil die Ausbildung des Ln-Personals nach Kriegsbeginn 1939unter realen Kriegsbedingungen durchzuführen war, war die 9. Kompanie (Funk-Horch) des Ln-Regimentes ObdL ganz sicher so zu sagen hinter den Kulissen indie Aufklärungs- und Meldearbeit einbezogen, die nach dem 10.05.1940 diekämpfenden Verbände beim Vordringen durch die Beneluxländer und den NordenFrankreichs notwendig machte.Zu Beginn des Krieges hatte die Ln-Truppe keinen guten Ruf bei den kämpfendenVerbänden, konnte aber im Laufe des Frankreich-Feldzuges an Bedeutunggewinnen.

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno -9-*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942[Selbst die fliegenden Einheiten der Luftflotten, die einzig nur am Luftkampfinteressiert waren, beobachteten den SIS mit Skepsis. Der erste Durchbruchin diese Mauer von Mistrauen, die den SIS umgab, wurde durch die Abhör-ergebnisse des feindlichen Funksprechverkehrs erreicht. Unter dem Befehl,Angriffe von französischen Kampfflugzeugen auf Deutschland zu bekämpfen,wurden eigene, individuelle Abhöreinheiten aus den bisher der W-Leit 3 20unterstellten Kompanien aufgestellt, um den Sprechfunk-Verkehr dieserKampfflugzeuge abzuhören. In eigener Initiative suchten diese Einheiten denKontakt zu deutschen Fliegereinheiten, denen sie ihre Beobachtungen mitteil-ten. Weil die französischen Kampffliegerpiloten extrem unvorsichtig warenund unheimlich viel sprachen, ergaben sich aus dem französischen Funk-sprechverkehr (R/T) 21 sehr wertvolle Hinweise für die deutsche Flugkontrolle;besonders seit diese Einheiten mit Richtungsmessgeräten ausgestattet waren,konnten sie kontinuierlich die Positionen der feindlichen Kampfflieger weiter-melden. Die Abschusserfolge von Fliegerstaffeln und -Geschwadern, die mitden SIS-Einheiten zusammenarbeiteten, nahmen so sehr zu, dass der SignalIntelligence Service zu einem mehr und mehr geachteten und vom OKL 22erwünschten Nachrichtendienst wurde. Übers. d. Verf.]Dabei waren die Mittel, die den Trupps zur Verfügung standen nochbescheiden:“In France, in the early months of the war, only the movements of bomberand reconnaissance units could be determined, since the fighter arm couldonly be followed by monitoring R/T traffic.”[In Frankreich konnten in den ersten Kriegsmonaten nur die Bewegungen vonBombern und Aufklärern festgestellt werden, weil die Jagflieger nur durch dieÜberwachung ihres Sprechfunks verfolgt werden konnten. Übers. d. Verf.] 23Obwohl sich HBvL selbst nie dazu geäußert hat, ob und ggf. wo er unmittelbar amAngriffsgeschehen Anteil hatte, darf davon ausgegangen werden, dass die geschil-derten Umstände auch auf seine Ln-Einheit zutrafen.Jedenfalls hat er, als er wohl aus seiner Etappe an die Front verlegt wurde, seinerLiebe, ChrP, ein Foto geschickt und auf der Rückseite einen wagen Hinweisgegeben:20 „W-Leitstelle“ war die Tarnbezeichnung für eine \"Auswertestelle\".21 „R/T“ = Radiotraffic = Sprechfunkverkehr22 „OKL“ = Oberkommando der Luftwaffe23 IF-181 Seabourne Report „The Signal Intelligence Service of the German Luftwaffe” Vol. VI, Teil 1, S. 20

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 10 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Aus den Übersichten der einzelnen Fliegerkorps im Internet lässt sich kein Hin-weis entnehmen, der bis zum Juni 1940 auf eine Unterstellung seiner Einheit unterein bestimmtes Fliegerkorps und eine Luftflotte hinwiese.  HBvL in Paris 1940HBvL´s persönliche Schilderungen setzen erst wieder im besetzten Paris ein, dasam 14.06.1940 - von der 7. französischen Armee geräumt -, kampflos der 18.Armee undGeneraloberst Georg von Küchler übergeben wurde.„Im Frankreichfeldzug waren wirmit unter den ersten Besetzernvon Paris. Da unsere Offiziereauch keine schlechte Lebensarthatten, lagen wir im VorortBougival in einem schönenSchloß, der Chataingerie.Der riesige Weinkeller würztedie Militärverpflegung. 24 Le Chateau „La Chateignerie“ in 78170 La Celle Saint Cloud 2524 64,0000 HBvL, Lebensbericht Transcr, S. 2225 http://chateaustfrancois.com/

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 11 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Aus der Literatur geht hervor, 26 dass hier im Schloss „La Chateignerie“ die „W-Leit 3“ und die „W-33“ untergebracht waren. „W- Leit 3 „ (Wetterfunkempfang-stelle Nr. 3) war die Tarnbezeichnung für \"feste Horchstelle\", „W-Stelle“ die füreine „Auswertestelle“. Es befand sich also im Schloss eine komplette Abhör- undAuswertungsorganisation. Sie wurden der Luftflotte 3 zugeteilt. Ab wann wurde W-Leit 3 und W 33 der Luftflotte 3 unterstellt?[Auch während des sechswöchigen Frankreichfeldzuges konnte der SIS sichnicht auszeichnen - geschuldet der Geschwindigkeit der Ereignisse. Eine Aus-nahme waren die vorausschauend denkenden Einheiten der 9. und 10. Kom-panie unter W-Leit 3, die in Kooperation mit deutschen Flieger-Einheiten ar-beiteten. Nach Ende der Frankreich-Kampagne verlegte „W-Leit 3“ nach LaCelle St. Cloud nahe bei Paris, die 9. Kompanie nach Deauville am Ärmelkanal,die 10. nach St. Malo, W-23 nach Brest und W-33 nach St. Cloud. – Übers. D.Verf.] 27HBvL gehörte also zu den Soldaten, die für die „W-Leit 3“ oder „W-33“ in Parisihren geheimdienstlichen Tätigkeiten nachgingen. Ob und wie genau er schonzuvor in den Frankreichfeldzug mit einbezogen war, muss offen bleiben. Feststeht aber, dass er in Paris von Kollegen umgeben war, die anerkanntermaßeneinen „guten Job“ machen wollten.HBvL führte mich 28 Jahre später in den1960er Jahren einmal auf die Terrasse desTrocadero und zeigte mir das Fundamentdes Eiffelturmes, in dessen Innerem erseinen Dienst versehen hatte.Der Tarnname des Eiffelturmes war„Palme“ 29 und entsprach damit dem Na-menauswahlprinzip, das gewöhnlich denAnfangsbuchstaben des Originals mit demdes Tarnnamens gleichsetzte. Eiffelturm, Besuch Adolf Hitlers 3026 IF-181, Seabourn Report, aaO, Teil 1, S. 2227 IF-181, Seabourn Report, aaO, Teil 1, S. 2228 H. R. von Lautz, * 194529 www.deutschesatlantikwallarchiv/Radar/Frankreich30 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 12 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Hier befand sich ein Radarortungsposten, der mit einer Funkmessanlage (bewegli-ches „Korfu“ von Blaupunkt?) ausgestattet war. 31  1940 FrankreichDer Waffenstillstand vom 25. Juni 1940 teilte Frankreich in ein unbesetztes Ge-biet im Südosten und in eine deutsche Besatzungszone, die den Großteil Frank-reichs im Westen und Norden umfasste. Zur Situation in Frankreich 1940/41Frankreich zählte zu den Ländern, deren entwickelte Wirtschaft die Herrschaft desDeutschen Reiches über Europa mitzufinanzieren hatte.Politisch war Frankreich seit seiner Kapitulation zersplittert worden:„Die nord-französischen Departements Nord und Pas de Calais wurden demdeutschen Militärbefehlshaber in Belgien unterstellt.“ 32Die Gebiete des Elsass und Lothringens, die Deutschland aufgrund der VersaillerVertragsbestimmungen 1919 an Frankreich abtreten musste, wurden der Zivilver-waltung der angrenzenden deutschen Gaue Baden und Saar-Pfalz unterstellt undfaktisch - wenn auch nicht staatsrechtlich - vom Deutschen Reich annektiert. 33Im von der Wehrmacht unbesetzten Süden war Vichy im Departement Allier abJuli 1940 Sitz einer neuen französischen Regierung unter Henri Philippe Pétain.Die Franzosen hatten am 10. Juli 1940 ihre demokratische Regierung der 3.Republik ganz demokratisch abgewählt und aufgelöst. Mit 569 gegen 80 Stimmenverabschiedeten sie in der Nationalversammlung ein Ermächtigungsgesetz, mitdem Marschall Pétain, der „Held der Schlacht um Verdun“, ermächtigt wurde, ineinem oder mehreren Akten eine Verfassung für den „État français“ (anstelleder République) zu verkünden; diese Verfassung müsse „die Rechte der Arbeit,der Familie und des Vaterlandes“ garantieren.Tags darauf verkündete Pétain die ersten drei Konstitutionsakte, in denen er sichunter anderem selbst zum Chef d’État (Staatschef) mit Weisungsrecht gegenüberder Exekutive, Legislative und Judikative erklärte. Mit Konstitutionsakt Nummer4 erklärte er am 12. Juli Pierre Laval zu seinem Stellvertreter.Die Umsetzung von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit warjetzt nicht mehr das politische Ziel, die Gewaltenteilung unddamit der Rechtsstaat wurden außer Kraft gesetzt. Einmal mehr wurde in Europa eine Demokratie zugunsten einer Diktatur auf demokratischem Wege beseitigt. Das damalige Vertrauen auf den vermeintlich „starken Mann“ führte Frank-reich in den Folgejahren in ein politisches Desaster, das seinen prägenden Einfluss auf dieFranzösische Gesellschaft noch heute erkennen lässt.31 ebenda32 https://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/besatzungsregime-in frankreich.html -33 https://de.wikipedia.org/wiki/Vichy-Regime

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 13 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Der „Etat français“, der nur dem Namen nach Gestaltungsgewalt auch für die be-setzten Gebiete hatte, bestand bis 1944 und erhielt den Namen nach seinem Re-gierungssitz, dem Kurort Vichy in der Auvergne. Dem Vichy-Regime unterstan-den ungefähr 40 Prozent des französischen Staatsgebiets mitsamt den Koloniensowie ein 100.000 Mann starkes Heer.“ 34In den besetzten Gebieten Frankreichs teilten sich zwei Militärbehörden dieVerwaltung:„Der Kommandostab befehligte in der Militärverwaltung die deutschen Besatz-ungstruppen, der Verwaltungsstab kontrollierte die französische Verwaltung.Ziel der Deutschen war eine Besatzungsform mit einem Minimum an militärisch-em und verwaltungsmäßigem Aufwand, was die Bereitschaft französischer Ver-waltungsbehörden und nicht zuletzt eines großen Teils der französischen Bevöl-kerung zu einer reibungslosen Zusammenarbeit mit den deutschen Besatzern vor-aussetzte. Tatsächlich reichte der deutschen Militärverwaltung ein relativ kleinerApparat von insgesamt 1.200 Beamten und Offizieren, den besetzten Teil Frank-reichs zu regieren und die vom Deutschen Reich zur Kriegführung dringend be-nötigten industriellen und landwirtschaftlichen Lieferungen sicherzustellen.Langfristig sollte eine funktionierende französische Wirtschaft in einen vonDeutschland angestrebten und dominierten Großwirtschaftsraum integriert werden.Um die deutsche Kriegswirtschaft zu entlasten, wurden französischen Firmen imZweiten Weltkrieg zunehmend Aufträge von deutscher Seite übertragen und dieWirtschaftskraft Frankreichs fast vollständig auf die Bedürfnisse des DeutschenReichs eingestellt. Die Kosten der Besatzung wurden von Frankreich eingefordert,das 20 Millionen Reichsmark täglich zu zahlen hatte. Die von den Deutschen be-wusst zu hoch berechneten Besatzungskosten machten die größten Belastungenfür den französischen Staatshaushalt aus, dem kein entsprechendes Steueraufkom-men gegenüberstand.“ 35Mit Paris, der Hauptstadt des zentralistisch organisierten und verwalteten fran-zösischen Staates, fiel den deutschen Truppen nicht nur die pyramidale Spitze derfranzösischen Administration in die Hände, sondern eben auch der Kulminations-punkt kommunikativer Strukturen, deren sich die deutsche Besatzungsverwaltungunmittelbar bedienen, deren Netze sie sofort effektiv nutzen konnte. Folgerichtigwurde der Eiffelturm als Antenne für den Funkverkehr eingerichtet.Mit dem Sieg über die französischen Truppen musste natürlich zeitnah die Über-nahme der französischen Informations- und Kommunikationsstruktur eingeleitet,wo notwendig ersetzt oder parallel eine eigene aufgebaut werden.Wie das vorhandene französische Fernkabelnetz gleich nach der Besetzungergänzt werden sollte, lässt sich aus einer Handskizze nachvollziehen. 3634 https://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/besatzungsregime-in- frankreich.html35 ebenda36 Hoffmann, aaO, Bd II, Teil 2, S. 49

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 14 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 15 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Das organisatorische Netzwerk der Ln-Truppe in Frankreich zur Mitte 1940 ver-deutlicht dieses Ornigramm: 3737 IF-181, Seabourne Report, aaO, , Teil 1, S. 24a

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 16 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Wie schon jetzt im Frankreichfeldzug waren es auch später im weiteren Laufe desKrieges – so lange es vorwärts ging – stets die Nachrichteneinheiten, die denersten Stoßtruppen an den verschiedenen Fronten unmittelbar auf dem Fußefolgten.Die normannische Halbinsel „Cotentin de La Hague“ war bereits am 22.06.1940und Cherbourg samt Hafen am 29.06.1940 „fernmeldemäßig“ von deutschenTruppen eingenommen worden und wurde alsbald zu der später so berühmten„Ln-Halbinsel“ ausgebaut.38 HBvL in Urville 1940„Bald aber wurden wir in die Normandie nach Urville bei Cherbourg verlegt,nahe dem heute berüchtigten Cap de la Hague.“ 39Die Quellen lassen nicht eindeutig erkennen, wann genau der Standort Urvilleausgebaut und bemannt wurde. Aber wie die Karte (siehe oben Figure No 4) ausdem Seabourn Report erkennen lässt, wurde die 9. Kompanie des Ln-RegimentesObdL schon Mitte 1940 nach Deauville verlegt. Der Standort „Urville“, ebenfallsbemannt von der 9. Kompanie wird Mitte 1940 noch nicht, in der Literatur erst füretwa Oktober 1940 genannt.40 HBvL verblieb daher entweder in Paris, währendseine Kameraden verlegt wurden, oder er kam mit ihnen später, vielleicht imOktober 1940, von Deauville aus nach Urville.Geht man davon aus, dass die Zeitangaben der Steedener Bescheinigung zutreffen,dann kam HBvL mit Teilen seiner 9. Kompanie des Ln-Regimentes ObdL zueinem späteren Zeitpunkt von Paris aus direkt in Urville an.Urville-Hague beherbergte unter seinem Tarnnamen „W225 – Castor“ ein so ge-nanntes „Peildorf“ mit Funkhorchstellung und war mit FuSAn – Funkmess-antennen ausgestattet. 41 Als „W-Stelle“ hatte sie eine eigene Auswertungs-abteilung.38 Hoffmann, aaO, Bd. 2, Teil 1, S. 2239 64,0000 HBvL, Lebensbericht Transcr, S. 2240 IF-181 Seabourne Report, Technical Sergant Karl Jehring und Leutnant Erwin Scheuerle:The Signal Intelligence Service of the German Luftwaffe – Vol. VI, S. 3241 www.deutschesatlantikwallarchiv/Radar/Frankreich

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 17 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Untergebracht waren die Mannschaften in den Bunkern eines über 100 Jahre altenForts, das schon Napoleon hatte errichten lassen. Hinter den Bunkern sind dieFunk- und Peil- oder Radarantennen zu erkennen. Die gesamte Cotentin-Halbinselwar militärisches Sperrgebiet, zu dem nur Zugang hatte, wer eine entsprechendePassiergenehmigung vorweisen konnte. Welche Antennenanlagen sind das? Welche Reichweiten hatten sie?Informationen darüber, welche konkreten Aufgaben die 9. (FunkHorch-) Kompa-nie des Ln-Regimentes ObdL etwa ab Oktober 1940 in Urville zu erfüllen hatte,ließen sich im Seabourn Report finden.42Zur gleichen Zeit (Oktober 1940) begann die Leitstelle 3 einen endgültigenEinfluss auf die D/F –Abteilungen (D/F =Directionfinder) in den Kompanienauszuüben. HF D/F´s 43 wurden vom Nordende Dänemarks bis zur Gegend umBiaritz zu mehreren Netzwerken verlinkt, von denen jedes eine breite Regionüberwachte. Die Funk- und Erdkabel gebundene Kommunikation zwischen D/FEinheiten machte eine große Bandbreite und ein extrem effizientes D/F-Syst-em möglich. Auch wurden die betreffenden Kompanien nach Wichtigkeit inMannschaftsstärke und Ausrüstung aufgestockt; außerdem hatte die D/FAuswertungsabteilung der W-Leitstelle 3 immer noch die Kontrolle und dieFührung der gewaltig anwachsenden D/F-Missionen inne. Übers. d. Verf.]Die Arbeit der Funkaufklärung in Urville wurde – wie in den anderen Aufklär-ungszentren auch – ab November 1940 in eine Krise geführt: Die Briten führteneine neue, die VHF 44 - Technik ein.„Im November 1940 begann das RAF-Jägerkommando ihre Flieger mit UKWnachzurüsten. Beginnend mit den Flugkontrollstationen und den Schwadronender 11. Gruppe begann eine Gruppe nach der anderen mehr und mehr ausdem Funkverkehr zu verschwinden. Jetzt bezahlten die Deutschen teuer denPreis für ihre großen Vernachlässigungen auf dem UKW-Gebiet und seinerEntwicklung durch Funkmateure.Der einzige verfügbare UKW-Enpfänger (Viktor) erwies sich wegen seiner kur-zen Reichweite als unbrauchbar. Die Entwicklung des „E-Empfängers“, der dierichtige Bandbreite und Stärke hatte, war noch nicht abgeschlossen. Der Kol-laps des Deutschen Warnsystems war unausweichlich.“ 45In dieser Situation wurde HBvL aus Urville in die Balkanregion abkommandiert.Sein Aufenthalt in Urville könnte maximal von August 1940 bis Januar 1941,also weniger als 6 Monate gedauert haben.Er war jedenfalls war nach eigenen Angaben vor Ort und könnte in die folgendenEr-eignisse (auch von Paris aus) eingebunden gewesen sein: 2. Juli - 18. August 1940:  Besetzung der Kanalinseln, Einsätze gegen englische Geleitzüge im Kanal und auf die englische Küste bei Portsmouth, Portland und Flughäfen. 19. August 1940 - Dezember 1940:  Luftschlacht um England42 IF-181, Seabourne Report, aaO, Teil 1, S. 31 f43 „HF D/F s“ = High Frequency Directionfinders = Hochfrequenz Richtungsorter44 „VHF D/F“ = UKW Richtungsorter45 IF-181, Seabourne Report, aaO, Teil 1, S. 31

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 18 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942HBvL hat sich darüber ausgeschwiegen, in wie weit er als Funkhorch-Soldat undDolmetscher an konkreten Aktionen Anteil hatte. Doch musste er ganz offen-sichtlich im Rahmen seiner abhörenden, ortenden oder analytischen Tätigkeit undder Weitergabe seiner gewonnenen Erkenntnisse die Luftangriffe seiner Kamera-den mit abgeschirmt und unterstützt haben.Luftschlacht um EnglandAls Vorbereitung für „Seelöwe\", das geplante Landeunternehmen in England,wurde am 1. August 1940 von Hitler die Weisung Nr. 17 zur Eröffnung der„Luftschlacht um England\" gegeben.Der „Adlertag\" am 8. August 1940 leitete die Luftschlacht ein, die offiziell am16. August begann.Während der Zeit des Aufmarsches der Luftflotten 2 und 3 und der Bereitstel-lung der Landeschiffe in den Kanalhäfen versuchte die britische RAF, die Vor-bereitungen zu stören. Einzelflugzeuge zur bewaffneten Aufklärung erschienenüber den besetzten Westgebieten. Gemäß der Direktive des britischen Luftfahrt-ministeriums vom 4. 7. 1940 bekämpfte die RAF deutsche Kriegsschiffe der „In-vasionsflotte\" in den Häfen Kiel, Hamburg, Bremen, Wilhelmshaven, Brunsbüt-tel und Rotterdam. Erst Anfang September, als britische Aufklärer eine beträcht-liche Anzahl von Schiffen in den niederländischen und belgischen Häfen festge-stellt hatten, die sich dann in den französischen Kanalhäfen sammelten, erkannt-en die Briten, daß eine Landung auf der Insel tatsächlich vorbereitet wurde.Die nun einsetzenden nächtlichen Bombenangriffe auf die vermeintlichen Ein-schiffungshäfen fanden zwar einen aufmerksamen Flugmeldedienst und einewirksame Flakartillerie vor, aber die Angriffe zerstörten dennoch einen großenTeil der Landungsschiffe. Das Unternehmen „Seelöwe\", ursprünglich für den 17.September vorgesehen, mußte aus Gründen, die hier nicht zur Erörterung stehen,verschoben und später ganz aufgegeben werden. Hoffmann, Bd2, Teil 1, S. 32HBvL´s Aufenthalt in Frankreich dauerte nur etwa 6 – 7 Monate an; Zeit genug,um an der „Luftschlacht um England“ Anteil gehabt zu haben.Währenddessen aber legten in Berlin, Moskau und in den Donau-Anliegerstaatendie politischen Mächte die Voraussetzungen für eine weitere deutsche Invasion:diesmal in Richtung Balkan/Griechenland. 1940 - Die Ausweitung des Krieges nach SüdostenAm Anfang dieser Entwicklung stand schon 1939 als politische undmilitärstrategische Voraussetzung der „Hitler-Stalin-Pakt“, ein Nichtangriffs-vertrag, der neben einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschlandund der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll auch eine NeuordnungOst-Europas vorsah. Die beiden Diktatoren hatten mit dem Vertragsschluss vom23./24 August 1939 osteuropäische Gebiete von Finnland bis zur Donau aufKosten der jeweiligen Nationalstaaten in Einflusssphären unter sich aufgeteilt. 46In der Folge - während HBvL gerade in Paris angekommen seinen neuen Aufga-ben nachkam, verstrickte das Deutsche Reich die Donau-Anliegerstaaten auf dem46 https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-sowjetischer_Nichtangriffspakt

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 19 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Balkan in den nächsten Monaten in ein Geflecht von Abhängigkeiten 47 27. Mai 1940  Zwischen Deutschland und dem Königreich Rumänien kam der Öl-Waffen- Pakt zustande. 28. Juni und 1. Juli 1940  9 Monate nach Abschluss des Nichtangriffsvertrages mit der UDSSR ließ Stalin, gerade als die französische Kapitulation in Compiegne besiegelt worden war, die Rote Armee in das rumänische Bessarabien und die Nord- Bukowina ein-marschieren. Sein Beispiel weckte zunächst bei der Ungarischen Regierung Begehrlichkeiten auf das rumänische Siebenbürgen, sie verlangte seine Abtret-ung, dann forderte Bulgarien das Gebiet der Süddobrudscha von Rumänien zurück.Als HBvL vielleicht in Deauville oder schon in Urville auf der Halbinsel Cotentinangekommen war, spitzten sich die Ereignisse weiter zu. 30.August1940  Im „Zweiten Wiener Schiedsspruch“ Deutschlands und Italiens, dem sich Rumänien gegen Grenzgarantieversprechen unterwarf, wurden Ungarns Gebietsansprüche teilweise befriedigt. 09. September 1940  Beginn des „Afrika-Feldzuges“. Deutsche und italienische Truppen kämpfen in Nordafrika. Ziel des Feldzugs war die Erlangung der Vorherrschaft in dieser Region. 48 19. September1940  Hitler fällte die endgültige Entscheidung, eine deutsche Heeres- und Luft- waffen-Mission zum Schutz des rumänischen Erdölgebietes und anderer kriegswichtiger Objekte als „Lehrtruppen“ nach Rumänien zu entsenden. Ziel war auch die Vorbereitung eines deutsch-rumänischen Einmarsches in die Sowjetunion im Falle eines deutsch-sowjetischen Konfliktes.Ab Ende September 1940 gestaltete die Deutsche Führung im Eiltempo innerhalbvon 4 Monaten ein Bündnisgeflecht mit den Donau-Anliegerstaaten auf der Basisdes Drei-Mächte-Paktes, 49 während gleichzeitig die Luftschlacht um Englandtobte: 28. Oktober 1940  Italienische Verbände griffen ohne Abstimmung mit dem Deutschen Reich mit etwa 155.000 Soldaten vom seit 1939 italienisch besetzten Albanien aus Griechenland an, woraufhin britische Truppen Kreta besetzten und die grie- chischen Küstengewässer gegen Landungsversuche verminten. 27.September 1940  Der Drei-Mächte-Pakt wird auf Initiative Adolf Hitlers zwischen Deutsch- land, Italien und Japan geschlossen. Er wurde von den Vertragspartnern oft auch als Achse Berlin-Rom-Tokio bezeichnet.50 Berlin und Rom versuchten im Herbst 1940, die Balkanländer in den Pakt einzubeziehen. Sie waren be- reits vor dem Krieg wichtige Rohstoff- und Nahrungsmittellieferanten und47 https://de.wikipedia.org/wiki/Balkanfeldzug_(1941)48 https://de.wikipedia.org/wiki/Afrikafeldzug49 https://de.wikipedia.org/wiki/Dreimächtepakt50 ebenda

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 20 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942 sollten damit nun auch politisch an die Achse gebunden werden. 08. Oktober 1940 Es erfolgte dann tatsächlich die Entsendung deutscher Soldaten nach Rumä- nien und eine Truppenstärke von 500.000 Soldaten.51 wurde bald erreicht. Dafür hätten zwar nach Artikel III des deutsch-sowjetischen Paktes zunächst diplomatische Konsultationen stattfinden müssen, aber es sollte ja auch der Einsatz deutscher und rumänischer Streitkräfte gegen die Sowjetunion vor- bereitet werden. 52 04.November 1940 Hitler beschloss, Griechenland über Ungarn, Rumänien und Bulgarien anzu- greifen und erteilte am 12. November 1940 in der Weisung Nr.18 der Luftwaffe folgenden Auftrag:53 „OBdL bereitet im Einklang mit den beabsichtigten Heeresoperationen den Einsatz deutscher Luftwaffenverbände auf dem südostwärtigen Balkan und den Einsatz eines Flugmeldedienstes an der Südgrenze Bulgariens vor.\" 20. November 1940 Ungarn unterzeichnete den Dreimächtepakt. 23. November 1940 Rumänien dem Dreimächtepakt bei, um sich vor einer sowjetischen, aber auch vor einer deutschen Aggression zu schützen und erlaubte (nachträglich) Deutschland, Truppen auf seinem Gebiet zu stationieren.54 24. November 1940 Die Slowakei tritt dem Drei-Mächte-Pakt bei. Sie hatte sich bereits 1939 von der Tschechoslowakei unabhängig erklärt und danach umgehend am 23. März 1939 einen Schutzvertrag mit Deutschland geschlossen. Schon 1939 hatte sie dem Deutschen Reich weitreichende Einflussmöglichkeiten auf die slowakische Wirtschafts- und Außenpolitik eingeräumte. 22./23. Januar 1941 In einer Besprechung zwischen dem deutschen und dem bulgarischen Gene- ralstab und dem mit der deutschen Generalität einer Besprechung von süd- westlich von Kronstadt erklärte sich Bulgarien nicht in der Lage, das Land vor Angriffen der Sowjetunion, der Türkei und Griechenlands zu schützen und war auf die militärische Hilfe Deutschlands angewiesen, weswegen deutsche Truppen im Lande stehen und auch Luftverteidigungsaufgaben übernehmen sollten. Erst wenn dies gewährleistet sei, erklärte sich Bulgarien bereit, dem Dreimächtepakt beizutreten. Es räumte dem Militär des Deut- schen Reiches ein Durchmarschrecht nach Griechenland ein. 55Hitler war an der Klärung der Verhältnisse auf dem Balkan sehr interessiert, zu-mal es galt, das für Deutschland besonders kriegswichtige Erdölgebiet um Ploestiin Rumänien zu schützen. Das rumänische Erdöl war zwar von minderer Qualität,aber, solange es der deutschen Industrie nicht gelang, die Kohleverflüssigung zurGewinnung von Treibstoffen technisch und in nennenswerten Produktionsmengenzu realisieren, blieb das rumänisches Erdöl für die Kriegsführung von entschei-51 https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Rumäniens_Zweiter_Weltkrieg52 https://de.wikipedia.org/wiki/Balkanfeldzug_(1941)_Vorgeschichte53 Hoffmann, Bd. 2, S. 10854 https://de.wikipedia.org/wiki/Königreich_Rumänien#Zweiter_Weltkrieg55 https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Bulgariens#Bulgarien_und_der_Zweite_Weltkrieg

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 21 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942dender Bedeutung.Ende Februar 1941 befanden sich die Donau-Anliegerstaaten - außer Jugoslawien- in einem gemeinsamen „Raum Südost“ an der Seite der Achsenmächte mit derVerpflichtung zum militärischen Beistand. 56 25.März 1941  Das Königreich Jugoslawien trat den Achsenmächten bei, aber nur zwei Tage später ließ ein von Großbritannien unterstützter Staatsstreich Jugos- lawiens Loyalität zur „Achse“ fraglich erscheinen. Das jugoslawische Bündnis mit den Achsenmächten dauerte ganze zwölf Tage, denn am 06.04.1941 überfielen deutsche und ungarische Truppen das Land. 57 HBvL auf dem Weg nach Bulgarien „Nach ½ Jahr wurden wir, da sich der Blitzkrieg im Westen im Osten fortsetzte über Ungarn, Rumänien, Bulgarien nach Griechenland verlegt.“ 58Wann genau HBvL von Urville aus in Richtung Balkan verlegt wurde, ist nichtbekannt. 59 Seine 9. (FunkHorch-) Kompanie des Ln-Regimentes OBdL muss sichnoch auf den Weg in die Rumänischen, dann Bulgarischen Bereitstellungsräumegemacht haben, ehe sie dann im März/April 1941 als die „9. Kompanie“ in das„Ln-Regiment 38“ eingegliedert wurde.Aus den Quellen lässt sich herauslesen, dass im März/April 1941, also im direktenZusammenhang mit dem Einmarsch nach Jugoslawien und Griechenland, diebeiden Funkhorch-Kompanien (9. und 10.) des Ln-Regimentes ObdL aus ihrembisherigen Regimentsverband herausgelöst wurden, ohne dass Ersatz für sie ge-schaffen worden wäre.Die 9. Kompanie wurde im Rahmen des Ln-Regimentes 38 dem VIII. Flieger-korps in Wien unterstellt, während die 10. vorerst beim I. Fliegerkorps in Frank-reich blieb. Wenn der gesamte Funkhorch-Dienst des Ln-Regimentes OBdL er-satzlos aus seinem Verbund gelöst wurde, heißt das auch, dass sich seine Bedeut-ung und Aufgaben geändert hatten. HBvL´s Spähaufgaben sollten jetzt dezentralerauf der Ebene des VIII. Fliegerkorps organisiert sein.Wenn HBvL für seine Steedener Bescheinigung angibt, er habe bereits vom 14.11.1940 an dem Ln-Regiment 38 angehört, dann kann das eigentlich nicht zutreffen,weil es ja erst im März 1941 gebildet wurde.Zutreffen könnte allerdings, dass er am 14.11.1940 Urville in Richtung Balkanverlassen hat und u. U. kurzfristigere Einsätze oder Zeiten bei der „W-Leit 3“ inLa Celle St Cloud verbracht hat. Das wäre dann allerdings 6 -7 Wochen früher56 https://de.wikipedia.org/wiki/Ungarn_im_Zweiten_Weltkrieg57 https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Ungarns#Zwischenkriegszeit_und_Zweiter_ Weltkrieg58 64,0000 HBvL, Lebensbericht Transcr, S. 2259 Eine entsprechende Anfrage bei der WAST/Berlin könnte hier weiterführende Aufschlüsse bringen

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 22 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942gewesen, als sein künftiges VIII. Fliegerkorps im „Gefechtskalender“ festhält: 60 6. Januar - 23. Februar 1941:  Verlegung des Korps in den Raum um Wien. Stabs-Quartier wurde Baden bei Wien.Gerade jetzt (seit etwa Mitte Januar) befindet sich HBvL in einem Lazarett inHomburg/ Saar, wie aus einem Briefwechsel zwischen der C. H. Boehringer SohnAG, seinem zivilen Arbeitgeber, und ihm hervorgeht. Hier ist er seit Mitte Januarwegen akuten Gelenk-Rheumas in Behandlung. Das Schreiben datiert vom 12.02.1941. Die H. C. Boehringer Sohn AG versuchte HBvL dafür zu gewinnen, einem„Wirtschaftsurlaub“ oder einer UK-Stellung zuzustimmen, die sie für ihnbeantragen wollte. Er war dafür vorgesehen, zunächst in Florenz für ein halbesJahr die Möglichkeiten zu erkunden, die etwa für eine neu zu gründendeitalienische Vertriebsorganisation beständen.HBvL greift diese Pläne interessiert auf und sucht nach Wegen, sein militärischesSchicksal zu wenden, auch wenn er dabei durchaus skeptisch ist. Er antwortet am17.02.1941: 61Im Briefkopf gibt HBvL schon sein WienerLuftgaupostamt an, über das ihn jetzt persön-liche Briefe erreichen können, was ein Hin-weis dafür ist, dass er am 17.02. 1941 schongewusst haben muss, dass seine Reise inRichtung Balkan gehen sollte. Den genauenStandort und Namen seiner Einheit hätte er aber in einem Brief nicht nennendürfen. Es muss also davon ausgegangen werden, dass er seinen Marschbefehl inRichtung Balkan bereits erhalten hatte.Wie wir heute wissen, haben sich die Pläne seines zivilen Arbeitgebers nicht reali-sieren lassen. Weder bekam HBvL eine Kur genehmigt, noch wurde er zu einemErsatztruppenteil versetzt, was sicher auf die konkret in Vorbereitung sich befin-denden Invasionspläne zurückgeführt werden muss.60 http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/Fliegerkorps/Fliegerkorps8.htm61 64,0000 HBvL 1941 UK-Antrag wg Florenz Boeringer.pdf

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 23 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Vielmehr ist anzunehmen, dass HBvL seiner Einheit noch im Februar 1941 nach-reiste und genau wie vorgesehen über Wien nach Ungarn und Rumänien gelangte.Während HBvL im Lazarett Homburg/Saar darauf wartete, entlassen zu werden,wurden lt. Gefechtsbericht des VIII. Fliegerkorps die folgenden Vorbereitungenfür die Besetzung Griechenlands getroffen: 62 19. Januar 1941  Die Verbände des VIII. Fliegerkorps richten sich befehlsgemäß auf den Flug-plätzen, Feldflugplätzen und in rumänischen Dörfern ein.  Oberstleutnant von Schönebeck erhält Befehle für die Vorkommandos der Fernsprecher und Flugmeldedienst usw. 21. Februar 1941  Die Verteilung der Verbände des VIII. Fliegerkorps in ihre rumänischen Bereitstellungsräume wurden getroffen:Stuka 2 Oberstleutnant Dinort Banesa / BukarestJu 88 Major Hoffmann BuzanuJG 27 Major Schellmann Banesa / BukarestTransportstaffel Oberleutnant Schöberl westlich PloestiTransportgruppe Major Beckmann Rosieriide VedeLuftnachrichten-Rgt. 38 Oberstleutnant SiberFlak-Regiment 99 Oberstleutnant Pirmann DobruschauZG 26 Major von Rettberg Alessiandria Leider lässt dieser Aufteilungsplan gerade nicht erkennen, wo genau das Luftnachrichten-Regiment 38, dem HBvL angehören würde, stationiert werden sollte - vielleicht aus Gründen der Geheimhaltung oder, weil für diese mobile Einheit vorläufig kein fester Standort vorgesehen war.Wenn die Steedener Bescheinigung die „4. Kompanie des Ln-Reg. 38“ nennt,dann rührt das daher, dass etwa im Okt. 1941 die 9. Kompanie in der 4. aufging. 63HBvL hat sich wohl 1947 bei seinen Angaben für die Steedener Bescheinigung imNachhinein dafür entschieden, kurze Perioden in der Geschichte seinerKompanien der Einfachheit halber zu unterschlagen. Ganz sicher kam es ihm undwohl auch für den Zweck der Bescheinigung nicht darauf an, akribisch dieTruppenteile seiner Militärdienstzeit darzulegen. Ein Hinweis, dass er 1946 etwaszu verschleiern gehabt hätte, hat sich jedenfalls nicht ergeben. 64Der Gefechtsbericht des VIII. Fliegerkorps beschreibt weiter: 65 24. Januar - 27. Februar 1941:  Verlegung des Korps in den Raum Rumänien In diesem Zeitraum muss HBvL auch aus seinem Lazarett entlassen wordenund wieder zu seinem Regiment gestoßen sein. 26. Februar 194162 http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/Fliegerkorps/Fliegerkorps8.htm63 ebenda64 Hierauf wird in der Beschreibung der Erlebnisse des HBvL während der Nachkriegszeit zurückzukommen sein.65 ebenda

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 24 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942 Der Befehl zum Einmarsch in Bulgarien trifft beim VIII. Fliegerkorps ein. 27. Februar 1941 Letzte Vorbereitungen für den Einzug in Bulgarien. Alles ist im Aufbruch. Der Korpsstab geht in die Baracken auf dem Flugplatz Banesa bei Bukarest. 28. Februar - 7. März 1941: Einmarsch in Bulgarien: Am 28. Februar 1941 rückten deutsche Verbände von Rumänien aus bei Giurgiu südlich von Bukarest über die Donau in Bulgarien ein. Zur gleichen Zeit überschritten in der Dobruschda bereitge- stellte deutsche Truppen die bulgarische Grenze Richtung Warna. 66 01. März 1941 Erst jetzt tritt Bulgarien als letzter dem Drei-Mächte-Pakt bei und erlaubte offiziell (nachträglich) dem Deutschen Reich die Stationierung von Trup- pen auf seinem Staatsgebiet.In den Ländern auf dem Balkan herrschte bis nach Griechenland hinab eine poli-tisch-soziale Gemengelage, die im 1. Vierteljahr 1941 gekennzeichnet war vonwechselnden Regimes, faschistischen Bewegungen, nationalistisch – deutsch-freundlichen Eliten bis hin zu zum Widerstand gegen eine deutsche Besetzungentschlossenen Gesellschaftskreisen. Die politische Situation in den meistenStaaten war instabil, Regimewechsel eher die Regel.Dies genauer darzustellen, sprengt den Rahmen dieser Darstellung, bleibt abersehr interessant, zumal die Kollaboration in den Balkanländern ein nur wenigbekanntes, vielleicht auch ungeliebtes Kapitel aus der Geschichte jener Natio-nalstaaten, Deutschlands, ja sogar aus heutiger Sicht der Europäischen Uniondarstellt. 67 Die historische und politische Situation Griechenlands vor dem deutschen Einmarsch1935 hatte eine Gruppe von Offizieren gegen die Republik in Griechenlanderfolgreich geputscht und die Monarchie wieder eingesetzt. „Während dieMilitärchefs und Politiker vor allem ihren eigenen Vorteil suchten, ernannte derKönig einen der Generäle zum Diktator, `um das Heilige Griechenland vor demKommunismus zu retten´.“ 68Wie der König war auch General Ioannis Metaxas voller Bewunderung für diePolitik Hitlers in Deutschland. Der General war aus dem Exil zurückgekehrt, indas ihn die griechische Republik geschickt hatte, weil er für den Faschismus ein-getreten und Führer einer extrem königstreuen Partei gewesen war.Metaxas selbst hatte seine Ausbildung an der Militärakademie in Berlin erhalten.1936 begann er mit Billigung des Königs, Griechenland nach nationalsozi-alistischem Vorbild umzugestalten. Er säuberte das Offizierskorps von ca. 600Republikanern, gründete nach dem Muster der Hitler-Jugend die EON (EthnikiOrganosis Neolaias), den nationalen Jugendverband, und unterwarf die Medieneiner strengen Zensur. Alle bekannten Dissidenten ließ er in Konzentrationslager66 https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Bulgariens#Bulgarien_und_der_Zweite_Weltkrieg67 Für Griechenland sei verwiesen auf: William R. Polk „Aufstand“, S. 131 ff68 ebenda

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 25 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942sperren. 69Wie er in seinem Tagebuch festhielt, glaubte er, Hitler, Mussolini und er würdenan einem Strang ziehen.70 Doch dann wurde das vermeintlich gemeinsame faschi-stische Projekt unvermutet durchkreuzt: von Italien.Am 28. Oktober 1940 griff Mussolini von Albanien aus ohne Absprache mitHitler Griechenland an. Das Invasionsunternehmen wurde von den italienischenMilitärs stümperhaft durchgeführt und die kleine griechische Armee konnte dieitalienischen Invasoren schon im Dezember 1940 zurückschlagen, obwohl dasOffizierskorps noch unter der Säuberungsaktion zu leiden hatte. 71Großbritannien unterstützte Griechenland gleich zu Beginn des Krieges durch dieEntsendung mehrerer Staffeln der Royal Air Force, die später auch in die Boden-kämpfe eingriffen. So landete im November 1940 eine britische Brigade auf derInsel Kreta und etwa 4200 Mann Flaksoldaten, Luftwaffenbodenpersonal und Un-terstützungseinheiten wurden im Raum Athen stationiert. 72„Einige Tage nach Ankunft der 30. RAF-Staffel (Blenheim-Jäger und -Bomber)wurden drei weitere Staffeln (Nr. 80 mit Gladiator-Jägern und Nr. 84 und 211 mitBlenheim-Bombern) nach Athen-Tatoi (Menidi) und Eleusis bei Athen eingesetzt.Später verlegten die Jäger nach Trikkala bei Larissa. Anfang 1940 wurde eineweitere Staffel (112) Gladiator-Jäger an die griechische Luftwaffe übergeben.“ 73„In Treue fest“ versicherte Metaxas Adolf Hitler, er werde nicht zulassen, dass dieBriten von dieser Situation profitierten.Griechenland war jedoch ganz offensichtlich zwischen zwei gegensätzliche Inter-essensphären geraten:  Hitler konnte nicht zulassen, dass britische Truppen von griechischem Boden aus seine vitalen Erdölinteressen in Rumänien gefährden könnten.  Die britische Regierung aber konnte nicht zulassen, dass deutsche Bom- berverbände den ebenso vital-wichtigen Suez-Kanal möglicher Weise kontrollierten.Außerdem stand im März 1941 zu befürchten, dass das nunmehr mit den Achsen-mächten verbündete Bulgarien auf Seiten der Deutschen in Griechenland einfallenwürden. Adolf Hitler hatte dem bulgarischen König, Zar Boris III., die Gebiete inNord-Griechenland zugesagt, die das „Herzogtum Bulgarien“ schon bei seinerGründung 1878 im Friedensvertrag von San Stefano von Russland und dem Os-manischen Reich zugesprochen erhalten hatte: u. a. die Städte Niš, Thessalonikiund Skopje. Hitler versprach auch eine Wiedervereinigung mit den mazedo-nischen „Brüdern“. Dadurch hatte der Kriegsbeitritt im April 1941 für Bulgarieneine eigen-ständig völkisch-nationale Komponente. 74Außerdem drohte die neutrale Türkei im Osten mit Truppenaufmärschen.Die griechische Öffentlichkeit war sehr deutschfeindlich eingestellt, nicht so dieFührungseliten. Wäre Metaxas nicht im Januar 1941 verstorben, hätte sich wahr-scheinlich Griechenland den Achsenmächten angeschlossen - wie die anderen69 ebenda, S. 132 mit weiteren Verweisen70 ebenda71 ebenda mit Verweis auf: Stefanos Sarafis, In den Bergen von Hellas, S. 53572 https://de.wikipedia.org/wiki/Griechisch-Italienischer_Krieg73 Hoffmann, aaO Bd. 2, Teil 1, S. 10874 https://de.wikipedia.org/wiki/Dreimächtepakt

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 26 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Balkanstaaten zuvor. Weil die deutschen Truppen schon zusammengezogen, quasiauf dem Sprung bereit standen, versicherte sich der König aber noch rechtzeitigim Februar 1941 des militärischen Beistandes der Briten.Die sagten ein Expeditionskorps zu, das aber nicht die erwünschte Stärke von 9Divisionen umfassen sollte. Es bestand hauptsächlich aus australischen undneuseeländischen Truppen, die „Force W“ 75Am 4. März entsandten die Briten ihren ersten Konvoi mit Truppen und Versor-gungsgütern nach Griechenland. Insgesamt sollten bis April 1941 britischeTruppen im Umfang von rund vier Divisionen, darunter eine Panzerbrigade, mitinsgesamt etwa 57.000 Soldaten Griechenland erreichen. Diese waren von vorn-herein nicht zum Kampf gegen die Italiener, sondern für die Abwehr des erwar-teten deutschen Angriffs im Verbund mit griechischen Truppen vorgesehen 76 undergänzten die Fliegerstaffeln, die bereits schon bei Athen und Volos, sowie aufKreta stationiert waren.Als dann Jugoslawien am 25. März 1941 den Achsenmächten beitrat, aber schonam 27. März 1941 Offiziere erfolgreich gegen ihren König putschten, entschlosssich Hitler noch am selben Tage, nicht nur Griechenland, sondern auchJugoslawien anzugreifen. Er sah das Ölgebiet Ploesti von Westen und Ostensowie von Süden bedroht, denn Jugoslawien konnte den Öltransport über dieDonau kontrollieren. 77Adolf Hitler befahl inder OKW-Weisung Nr.25 vom 27. 3. 1941, ineinem Blitzfeldzug Ju-goslawien „militärischund als Staatsgebilde zuzerschlagen“.In Bulgarien nahm die12. Armee, acht Divisi-onen und drei Regimen-ter, ihre Angriffspositi-onen ein. In Österreichstand die 2. zum Ein-marsch in Jugoslawienbereit. Wegen der plötz-lichen Änderung des„Marita-Planes\" vom27.03.19441 wurden 12.Armee und Pz.-Gruppe1 (v. Kleist) mit demVIII. Fliegerkorps an-gewiesen, hauptsäch-lich in westlicher Richt-ung gegen Jugoslaw-75 https://de.wikipedia.org/wiki/Griechisch-Italienischer_Krieg76 https://de.wikipedia.org/wiki/Griechisch-Italienischer_Krieg77 Hoffmann, aaO,Bd.2, Teil 2 S. 65

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 27 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942isch-Mazedonien und Serbien vorzustoßen.78Am 6. April 1941 um 5:15 Uhr fielen neben deutschen auch italienische, ungar-ische und bulgarische Truppen in Jugoslawien und Griechenland ein. Der Vor-stoß nach Süden und Osten begann.Der erste geplante Schritt hin zu den Ölfeldern im Nahen Osten wurde umgesetzt. HBvL im BalkankriegHBvL hat seine Teilnahme am Griechenland-Feldzug nicht kommentiert und esbleibt, weil seine 9.Kompanie, ja selbst sein Ln-Regiment 38, nur ganz spärlich inder Literatur zitiert wird, nur übrig, seine möglichen Stationen und Ereignisseannähernd zu erschließen, in dem wieder der Spur des VIII. Fliegerkorpsnachgegangen wird.Da wäre zunächst der Zeitraum, den HBvL am Griechenlandfeldzug teilnahm,einzugrenzen: Hoffmann berichtet, 79 dass die Flugmeldefunkkompanien derLuftnachrichten-Regimenter 34, 35 und 38 bei den Fliegerkorps IV, V undVIII“ zu denen gehörten, die schon am 22.06.1941, am Beginn des Russ-landfeldzuges, die stationären Einheiten vor Ort ergänzten. „Das gesamte VIII.Fliegerkorps wird an seinem neuen Standort in Suwalki ab dem 07.06.1941 ausCraiowa/ Rumänien erwartet.“ 80Es darf also davon ausgegangen werden, dass HBvL nur 2, maximal 3 Monate amKriegsgeschehen auf dem Balkan teilgenommen hat.Im Nachhinein wurde 1945 von den Ln-Insidern im Rahmen der TICOM-Verneh-mungen der Beitrag der Ln-Truppe am Balkankrieg eher geringer eingeschätzt.[„Der Luftnachrichtendienst spielte keine große Rolle in der Balkankampagne,aber es war der große Verdienst seiner vorausschauenden Arbeit, dass dasOKL so eine profunde Kenntnis von den Balkan Streitkräften und ihrerStationierung besaß. Das machte es möglich, diese Kräfte auf einmal in einemeinzigen Moment anzugreifen, bevor sie die Chance hatten, ihr Stehvermögenzu beweisen.“ Übers. d. Verf.] 8178 Hoffmasnn, aaO,Bd.2, Teil 2 S. 7279 Hoffmann, aaO, Bd. 2, Teil 1, S. 11780 Hoffmann, aaO, Bd, 2, Teil 1, S. 13781 IF-184, Seabourne Report -- Vol. IX Ops in South --, S.2

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 28 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942HBvL´s III. Stab im Ln-Regiment 38 sah eine Gliederung in: “Stab III./38 new with: 7./38 (Flugmelde) new 8./38 from 3./Luftnachrichten-Abteilung 38 9./38 (Funkhorch) from 9./Luftnachrichten-Regiment ObdL Gerätekolonne new(?)“ 82vor, die ganz eindeutig der 9. Kompanie Funkhorch-Aufgaben zuordnete.HBvL musste daher wohl hauptsächlich Aufgaben der Feindfunküberwachungausführen. So lange englische Flugzeuge und Schiffe im Raum Griechenland undÄgäis operierten, wurden sicher auch Englisch-Dolmetscher gebraucht, die denFunkverkehr der Briten überwachten und abhörten. Dolmetscher für Griechischwaren in diesem Aufgabenbereich weniger vonnöten, weil der griechische Flug-meldedienst gleich in den ersten Tagen des Feldzuges komplett zusammen-gebrochen war. 83Auch verfügten die Griechen nur über 41 einsatzbereite Flugzeuge, die schon bald- z. B. am 08.04. und 16.04.1941 - am Boden zerstört oder abgeschossen wordenwaren. 84Nach 12 Tagen hatte die Wehrmacht Jugoslawien besiegt und schon am21.04.1941  beschloss die griechische Regierung die Truppen vom Festland nach Ägypten zu evakuieren. Der Hafen von Salamis wurde in die Luft gesprengt, nachdem das letzte alliierte Evakuierungsschiff ausgelaufen war.23.04.1941  Kapitulation Griechenlands.27.04.1941  Athen wird kampflos besetzt. Dieser letzte „Blitzkrieg“ hatte bis dahin nur 17.Tage gedauert, aber konnte erst als abschlossen angesehen werden, nachdem die Briten auch vom Pele- pones bis hinab nach Kalamata und von der Insel Kreta (bis etwa 03.06.1941) vertrieben worden waren.Lt. Gefechtsbericht des VIII. Fliegerkorps könnte HBvL in diesen Monaten beifolgenden Kriegsereignissen mitgewirkt haben: 6. April - 9. April 1941:  Kampf um die Metaxas-Linie - Rupel-Pass.  Vernichtung der jugoslawischen Luftwaffe.  Vorstoß auf Skopje, Prilep, Veles. 8. April 1941:  Einnahme von Saloniki 10. April - 13. April 1941:  Einbruch aus Jugoslawien nach Griechenland 14. April - 20. April 1941:82 http://www.ww2.dk/ground/ln/ln38.html83 Hoffmann, aaO, Bd. 2, Teil 1, S.10984 http://weltkrieg2.de/griechische-streitkraefte/

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 29 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942 Kampf um die Servia-Stellung. Dabei am15. April 1941: Durchbruch am Kastoria-See. Vernichtung der griechischen Epirus-Armee. Kämpfe am Olymp. Einnahme von Larissa.21. April - 25. April 1941: Einnahme von Volos. Kampf um die Thermopylen. Einnahme Chalkis und Thebens.01. Mai - 5. Mai 1941: Besetzung der Kykladen-Inseln01. Mai - 21. Mai 1941: Schiffsbekämpfung im Seegebiet um Kreta22. Mai 1941: See-Luft-Schlacht gegen die Englische Mittelmeerflotte bei Kreta20. Mai - 2. Juni 1941: Luftlandung auf Kreta03. Juni - 4. Juni 1941 Erster Nachtangriff auf Alexandria.Der „Balkankrieg“ war durchaus kein Spaziergang und schon gar kein „Touristik-Unternehmen“. Er forderte auf deutscher Seite 2.559 Tote, 5.820 Verletzte und3.169 Vermisste. 85 Griechenland beklagte 15.700 Mann Verluste auf demSchlachtfeld und 220.000 Soldaten wurden gefangen genommen, jedoch kurzdanach wieder freigelassen. 86Die Briten erlebten aber ein Desaster, das ihnen die gesamte Ausrüstung ihresExpeditionskorps kostete. Britische Verlustzahlen recherchieren und einfügen!Sofort nach Beendigung des Feldzuges wurde Jugoslawien als Staatsgebilde zer-schlagen, sein Staatsgebiet unter verschiedene Volksgruppen aufgeteilt und dabeiloyale oder auch faschistische Regime eingesetzt.Selbstverständlich gab es in beiden Gebieten auch Bevölkerungskreise, die kolla-borierten: Einmal von den Besatzern mit Machtbefugnissen ausgestattet, wurdensie ihre willfährigen Schergen, die im Schutze der Fremdherrschaft alte Rechnun-gen beglichen und sich zu bereichern suchten. 87Die Völker Jugoslawiens und Griechenlands hungerten, 1000ende verhungerten,die Besatzer herrschten gewaltsam. Der Balkankrieg war ebenso ein Raubzug, wiees die vorherigen in Westeuropa waren. Die Goldreserven der Nationalbankenwurden nach Berlin gebracht. Der Krieg sollte den Krieg finanzieren!In Griechenland wurde am 21.04.1941 eine zur Kollaboration bereite Mario-nettenregierung aus den Resten der faschistischen Regierung eingesetzt. In derFolgezeit wurden die Industrieanlagen demontiert, die Maschinen nachDeutschland gebracht, alle Vorräte an Lebensmitteln beschlagnahmt, die Verfol-gung und Deportation von Juden, die Verpflichtung von Arbeitskräften ins Reichorganisiert.85 https://de.wikipedia.org/wiki/Balkanfeldzug_(194186 ebenda87 William R. Polk, aaO, S. 113 ff,135f

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 30 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Die Arbeitslosigkeit stieg rasant an. Verzweiflung, Hunger und Hass auf die deut-schen Besatzer führten zum entstehen verschiedener Widerstandsbewegungen, zuderen Bekämpfung schlimme „Vergeltungsmaßnahmen“ und Massaker an derZivilbevölkerung angerichtet wurden.Auch auf dem Balkan wurde die Liste deutscher Verbrechen gegen die Menschen-und Kriegsrechte lang und länger.HBvL schreibt:„Aber nach kurzer Zeit schon wurden wir mit unbekanntem Ziel mit derEisenbahn verladen (frühere Verlegungen erfolgten mit unseren Kfz). StilleHoffnungen auf Richtung Heimat erfüllten sich nicht, sondern nach tage- undnächtelanger Fahrt sahen wir uns in Russland wieder. Nach dem zivilisiertenFrankreich und dem historischen Griechenland trafen wir auf trostlose Zustän-de, lebten in Zelten und ohne Postverbindung.“ 88Das hat HBvL sicher ganz unvoreingenommen oder unbeeinflusst von derdeutschen Propaganda so empfunden. Er verfügte ja über eine solide gymnasialgeprägte Bildungsbreite, war weltoffen und kosmopolitisch orientiert, was ihm alsIm- und Exportkaufmann schon vor dem Krieg in Italien und auf Teneriffa sehr zuGute gekommen war.Die deutsche Propaganda vermarktete den Sieg über Jugoslawien und Grie-chenland, indem sie Bilder und Berichte von „Deutschen Tourist-Soldaten“ durchdie Medien verbreiten ließ. die den Anschein erwecken sollten, dass mit dem„Reisebüro Wehrmacht“ die weite Welt den Soldaten zu Füßen läge.Auf diesem Foto aus einer ganzen Serie des Fotografen Gerhard Gronefeld glaube88 64,0000 HBvL, Lebensbeschreibung Transcr.pdf, S. 22

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 31 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942ich (in der Vergrößerung im Tiff-Format) ganz links HBvL wieder erkannt zuhaben. Die Abzeichen auf Uniformjacke und Käppi jedenfalls weisen den 1.Soldaten von links als Ln-Soldaten aus. Auch erinnere ich Erzählungen vongriechischen Gesprächspartnern, die mir in den 1980iger Jahren noch berichteten,wie sie sich über die deutschen Soldaten gewundert hätten, die auf demSyntagma-Platz wie die Kinder euphorisch die Orangen an den Bäumen bestaunthätten. Orangen an Bäumen mitten im Stadtzentrum und jeder darf sie pflücken!Das war ganz sicher für so manchen Soldaten aus deutschen Arbeitervierteln einunvergessliches Erlebnis.Der Balkanfeldzug verzögerte den Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion umsechs Wochen und erschwerte den Plan der Wehrmacht, in einem Blitzkrieg nochvor dem Wintereinbruch Moskau einzunehmen. 89Es war auch in diesem Jahr 1941, dass HBvL sich mit Chr. P. verlobte. Chr.P war1938 als Auslandskorrespondentin in die Abteilung bei der Boehringer Sohn AG,Ingelheim, eingetreten, in der HBvL, ihr vorgesetzt, ebenfalls arbeitete. Sie warjetzt 21 Jahre alt und diese Arbeitsstelle war ihre erste nach dem Arbeitsdienst, diesie als 18jährige angetreten hatte. Die Verlobungsfeier fand per „Telepathie“ statt:jeweils vor dem Foto des Anderen, tausende Kilometer von einander getrennt amper Post vereinbarten Zeitpunkt.  HBvL in RusslandHBvL äußerte sich auch im Hinblick auf den Russlandfeldzug sehr zurückhaltend- weder zu Orten noch zu exakten Zeitdaten nimmt er Stellung.„Stille Hoffnungen auf Richtung Heimat erfüllten sich nicht, sondern nachtage- und nächtelanger Fahrt sahen wir uns in Russland wieder. Nach demzivilisierten Frankreich und dem historischen Griechenland trafen wir auftrostlose Zustände, lebten in Zelten und ohne Postverbindung. Doch nachetwa 3 Monaten meinte das Schicksal es wieder gut mit mir: Mit einigenKameraden wurde ich zurück in die Normandie nach Urville kommandiert,gerade noch rechtzeitig vor dem eisigen Winter“ 90Ziehen wir wieder die Steedener Bescheinigung zu Rate, dann fand der Wechselvon Russland nach Frankreich um den 30.10.1941 statt. Er verließ die 4. Kom-89 https://de.wikipedia.org/wiki/Balkanfeldzug_(1941)90 64,000 HBvL, Lebensbericht Trscr S. 22

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 32 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942panie des Ln-Regimentes 38 und wurde in die „8. Ln-Kompanie des Ln-Regimentes L. C. Nr. 3“, die an der Atlantikküste stationiert war eingegliedert.Um etwa 4 Monate zurückgerechnet ergäbe sich ein Zeitpunkt für die Abreise ausGriechenland (oder Rumänien) in der ersten Junihälfte 1941, was mit den Verle-gedaten seines VIII. Fliegerkorps in Übereinstimmung gebracht werden kann.Gleiches muss für die Angaben bei Hoffmann gelten. 91Die zweite Phase des Krieges begann am frühen Morgen des 22. Juni 1941 damit,dass deutsche Truppen ohne Kriegserklärung die Sowjetunion überfielen. Mehrals 3 Millionen deutsche Soldaten überschritten die Grenzen. In der westlichenSowjetunion standen ihnen fast ebenso viele Soldaten der Roten Armee gegenüber.So begann der größte bewaffnete Kampf der Geschichte - und er forderte, wie sichzeigen sollte auch die meisten Todesopfer. 92Dieser Feldzug sollte von Anbeginn an ein „Vernichtungskrieg“ sein, der für die„Endlösung der Judenfrage“ unbedingt gewonnen werden musste, der den„Lebensraum für das Deutsche Volk“ bringen sollte und der unerlässlich schien,um die russischen Rohstoffe für eine spätere Bezwingung Englands verwerten zukönnen. Verbrämt als Krieg „Rasse gegen Rasse“ sollte er ein Raubzug werden,der den vielfachen Völkermord an den zivilen Bevölkerungen des vorgesehenendeutschen Lebensraumes-Ost gleich mit ermöglichen sollte. 93Der Russlandfeldzug gliederte sich in drei Stoßrichtungen: Nord, Mitte und Süd.Für die Heeresgruppe Mitte (v. Bock) war die stärkste Luftwaffenkonzentrationvorgesehen. Das VIII. Fliegerkorps (v. Richthofen) befand sich mit demGeneralkommando am Wigry-See, ostwärts von Suwalki (Sudauen), imgleichnamigen Zipfel Südostpreußens. 94Hoffmann weist auf die dünne Quellenlage hin, die sich dem Ansinnen einer Re-cherche auch für unser Ziel entgegenstellt:„Wenn auch das VIII. Fliegerkorps das berühmteste des Zweiten Weltkriegeswar, waren die Einsätze der anderen Ln-Verbände der an der Ostfront einge-setzten Fliegerkorps (Ln-Rgt. 31 vom I. Flg.-Korps, Ln-Rgt. 32 vom II. Flg.-Korps, Ln-Rgt. 34 vom IV. Flg.-Korps und Ln-Rgt. 35 vom V. Flg.-Korps),Flakkorps (LnAbt. 101 vom I. Flakkorps, Ln-Abt. 102 vom II. Flakkorps) undder vielen Ln-Einheiten bei der Bodenorganisation, bei den Kommandeurender Luftwaffe usw. nicht weniger eindrucksvoll und interessant. Sie könntengenau so als Beispiel der Leistungsfähigkeit und der Bedeutung der Luftnach-richtentruppe dienen, wenn darüber entsprechende Unterlagen vorlägen. 95Das VIII. Fliegerkorps (General Frhr. v. Richthofen) war auf Zusammenarbeitmit der Panzergruppe 3 (Hoth) angewiesen und erst kurz vor Beginn desUnternehmens Barbarossa im Suwalki (Sudauen)-Zipfel Ostpreußens, mit denfliegenden Verbänden vom Balkan kommend, eingefallen.“ 96Im Juni/Juli 1941 war es Aufgabe des VIII. Fliegerkorps die Panzergruppe 3 ausdem Raum Suwalki heraus in der Doppelschlacht bei Bialystok und Minsk bis indieSchlachten um Sewastopol und an der Düna und am Dnjepr zu unterstützen. 9791 Hoffmann, aaO, Bd. 2, Teil 1, S. 13792 Ian Kerschaw, aaO, S. 47993 Ian Kerschaw, aaO, S. 496 ff94 Hoffmann, aaO, Bd. 2, Teil 2, S. 7995 Hoffmann, aaO, Bd. 2, Teil 2, S, 13396 Hoffmann, ebenda S. 12897 http://www.balsi.de/Weltkrieg/Einheiten/Luftwaffe/Korps/Fliegerkorps/8-

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 33 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Ende Juli 1941 wurde es dann der Luftflotte 1 unterstellt und nun imNordabschnitt zur Verstärkung der 16. Armee westlich des Ilmensees eingesetzt,dann vor Leningrad und bei den Kämpfen an der Bahnlinie Leningrad-Moskau beiTschudowo.Im Oktober 1941 verlegte es wieder zurück in den Frontabschnitt Mitte nachSmo-lensk zur Luftflotte 2 und nahm an der Schlacht um Moskau und Kalinin teil.Dann, Ende Oktober wurde ihm die Fliegerführung im gesamten Raum derHeeresgruppe Mitte an Stelle der abgezogenen Luftflotte 2 übertragen.HBvL war mit seinem „LN-Regiment 38“ eingebettet in eine übergeordneteStruk-tur einerseits ortsfester W-Leitstellen – W-Leit 1, W-Leit 2 und W-Leit 4 -und denrelativ mobilen Luftnachrichtenabteilungen bei den Luftflotten. 98Allerdings wird es in diesem Schema nicht als Strukturelement verstanden, jaüber-haupt aufgeführt. [2. Der Krieg gegen Russland98 Ornigramm aus: IF-185, Seabourn Report, “The Signal Intelligence Service of the German Luftwaffe”, - Volume XI - “History of the operations in the East Luftwaffe SIS”, 1945, S. 5a

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 34 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Aufgabe des Bataillons war am Beginn des Feldzuges die Überwachung derrussischen Luftwaffe im Gebiet der Luftflotte 4. Es wurden folgende SIS-Einheiten verwendet. W-Leit 4. Vier Ln-Kompanien. Eine ortsfeste SIS-Station.Das Bataillon hatte auch die operative Kontrolle der SIS-Kompanien der Flie-gerkorps (diese Fliegerkorps-Kompanien wurden beigeordnet und zogen mitden Fliegerkorps, und dies verursachte viele störende Situationen). Übers. d.Verf.] 99HBvL´s damals noch 9. Kompanie des Ln Reg. 38 besaß als „Haus-Ln-Truppe“des VIII. Fliegerkorps eine gewisse Strukturunabhängigkeit und hatte für die ak-tuellen Momentaufnahmen im eher allgemeinen Luftlagebild zu sorgen. Es ge-hörte sicher zu den mobileren Einheiten in diesem Geflecht. Das Ln-Regiment 38folgte dem Zuge seines VIII. Fliegerkorps durch Russland und HBvL zog mit.HBvL´s Aufgaben müssen sich ganz erheblich von denen unterschieden haben,die er in Urville auszufüllen hatte. Aus den “TICOM-Vernehmungen” ist bekannt:“A further fundamantal distinction was that in the West the enemy emergepractically each month with a new and revolutionary radio or radar technique,while the four years' struggle in the East brought relatively few technical inno-vations. To this was added the fact that during the course of' the war each ofthe Russian air armies developed its own particular radio procedure, theindividual evaluation of which, of necessity, had to be left to the Signals In-telligence service battalions located on the various sectors of the Front whichwere specialists on this Subject.” 100[Ein weiterer fundamentaler Unterschied war, dass der Feind im Westenpraktisch jeden Monat mit einer neuen, revolutionären Funk- oder Radar-technik herauskam, während die vier Kriegsjahre im Osten ziemlich wenigtechnische Neuerungen brachten. Hinzu kam der Umstand, dass im Verlaufedes Krieges jede russische Luftflotte ihre eigene, spezielle Funk-Prozedur, der-en individuelle Auswertung - wegen der Dringlichkeit - bei den in den ver-schiedenen Frontsektoren angesiedelten SIS-Abteilungen, die Spezialisten aufdiesem Gebiet waren, bleiben musste. Übers. d. Verf.]Der 9. Kompanie des Ln-Regiment 38 fielen an der Ostfront nicht mehr die tradi-tionellen Aufgaben des „Funkhorchdienstes“ zu. Abhöraufgaben traten in denHintergrund und waren den Spezialisten überlassen, die auch das Russische be-herrschten. Aufgaben des Fliegerleit- und Flugmeldefunkdienstes wurden jetztwichtiger. Diese meine Vermutung wird von Hoffmann 101 unterstützt, der die „9.Kompanie des Ln-Regimentes 38 nicht als „Funkhorch-Kompanie“ benennt. Jetztweist er ihr das Aufgabenfeld des „Flugmeldefunkdienstes“ zu. “Air-to-ground R/T traffic of Russian fighters and fighter bombers.The company that performed this work was prepared to send teams of menand sets to advanced German fighter airfields. These teams, possessing sixradio sets and Russian speaking operators, were sent to fighter Gruppen, and99 ebenda, S. 36100 IF-180 Army Security Agency, European Axis Signal Intelligence in World War II as reveal- ed by TICOM-Investigations an by other prisoner of war interrogations and captured material, principally German –Volume 5 – “The German Air Force Signal Intelligence Service”, 1946, (freigegeben 2009), S, 38f101 Hoffmann, aaO, Bd.2, Teil 2, S. 137

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 35 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942worked directly with these units. The reports were also sent to the battalionevaluation company for incorporation in the overall intelligence picture. Thebattalion had a total of 120 receivers, the majority of which were always inoperation”.102[Luft-Boden-R / T Verkehr103 von russischen Jägern und Jagdbombern.Die Kompanie, die für diese Aufgabe ausgebildet war, bereitete Teams vonMännern und Gerät vor, um sie zu vorgeschobenen deutschen Flugplätzen zusenden. Diese Mannschaften, die sechs Radiosender und russisch sprechendeOperatoren besaßen, wurden zu den Geschwadern gesandt, und arbeitetendirekt mit diesen Einheiten zusammen. Die Berichte wurden auch an die Aus-wertungskompanie des Bataillons gesendet, damit sie in das allgemeine Lage-bild eingehen konnten.Das Bataillon hatte insgesamt 120 Empfänger, von denen die meisten immerin Betrieb waren. Übers. d. Verf.]Bei Hoffmann findet sich eine Bestätigung für diese Spezialtrupps. Er zitiert ausdem „privat-dienstlichen“ Tagebuch eines Ltn. W. Bergmann, der „seit Beginndes Ostfeldzuges Führer der Flugmeldeauswertung bei 9. Kompanie des Ln-Rgt.38 beim VIII. Fliegerkorps war. 104Als Chef der Flugmeldeauswertung war Ltn. Bergmann wohl nicht direkter Vor-gesetzter von HBvL, es sei denn, er wäre Teil des Auswerte-Teams gewesen.Weil er aber berichtete, er habe mit seinen Kameraden in Zelten und ohne Post-empfang kampiert, ist eher anzunehmen, dass er zu den Soldaten gehörte, dieeinem der 12 Flugmeldetrupps des Ln-Reg. 38 angehörte. Diese auch mit ihrenTarnnamen „Waldemartrupp“ (bei der Luftflotte 2 „Hannemanntrupp“) benanntenEinheiten gingen mit den schnellen Heeresverbänden vor, bauten ihre Flugwachenentweder entlang der Vormarschstraßen oder hinter den sich bildenden Haupt-kampflinien auf.Ihre Beobachtungen und Meldungen setzten sie über Funk an die Flugmeldezen-trale ab. Die Kontrolle des feindlichen Luft-Boden-Funkverkehrs - auch Adler-Verfahren genannt - sollte der Heranführung deutscher Jäger direkt an die feind-lichen Flugzeuge durch die Flugwachen am Boden unmittelbar und auf Sichtmöglich machen. 105Dieses „Adler-Verfahren“ erinnert an die Improvisationen der Ln-Truppe zu Be-ginn des Frankreichfeldzuges, als die Funkhorchkompanien noch in Eigeninitia-tive von sich aus den Kontakt zu den fliegenden Einheiten suchten. Der Kontaktwar jetzt nicht mehr beliebig, sondern systematisiert und die Ln-Trupps mit ge-eignetem Gerät versehen. Das funktechnische Abhören des feindlichen R/T- Luft-Boden Funkverkehrs wurde ergänzt durch Sicht- und Hörwahrnehmung der ein-zelnen Trupps. Die Kompanie war wie alle anderen gegliedert. Die Trupps arbei-teten mit dem 1941 noch üblichen Fu G lila, da die Bordfunkgeräte auch noch imKurzwellenbereich (Fu G VIIc) betrieben wurden.Bei Hoffmann findet sich eine Auflistung und Gliederung von HBvL´s Kompaniemit den Namen der jeweiligen Vorgesetzten: 106102 IF-186 Seabourne Report, Vol XI, S. 24103 R/T = Radiotraffic = Funkverkehr104 Hoffmann, aaO, Bd. 2, S. 128ff105 Hoffmann, ebenda, S. 128106 Hoffmann, aaO, S. 131

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 36 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942I. Zug Lt. Pfeiffle, H. A. II. Zug Lt. Curth, H. J.Trupp 1 Fw. Felchner Trupp 5 Uffz. MöhrkeTrupp 2 Ofw. Hilburg Trupp 6 Fw. BemingTrupp 3 Fw. Stahr Trupp 7 Uffz. KulessaTrupp 4 Fw. Koch Trupp 8 Ofw. SchülerAuswertung Lt. Bergmann, W.Komp.-Chef Oblt. EbelingIII. Zug Lt. Meßner, KurtTrupp 9 Fw. NiklasTrupp 10 Fw. BiallowonsTrupp 11 Fw. FernkornTrupp 12 ?Einem dieser Züge und einem dieser 12 Trupps muss HBvL angehört haben.Bedenkt man, dass die Trupps im 3-Schicht-Dienst ihre Überwachungs- und Mel-deaufgaben wahrzunehmen hatten und über Fahrzeuge verfügten, dann muss jederTrupp eine Mannschaftsstärke von mindestens 9, wahrscheinlicher 12 oder mehrSoldaten gehabt haben.„Am 21. Juni 1941 hatte die Kompanie ihr Gerät usw. nach einer Vorwarnungverladen.“ 107Die Kesselschlachten von Bialystok und Minsk waren die ersten nach dem Einfallauf Weißrussisches Gebiet vom 22.06.1941. Bialystok wurde am 28.06.1941eingenommen, aber erst am 9. Juli kapitulierten die letzten Rotarmisten in Minsk,obwohl die Stadt bereits am 28. Juni großteils besetzt worden war. 108Während die russischen Truppen in den Kesseln zu großen Teilen aufgeriebenwerden konnten, sicherte die 9. Kompanie des Ln-Regimentes 38 die Luftwegefür das Jagd-Geschwader 27.Im direkten Anschluss ging es darum, die Panzergruppe 3 in der Kesselschlachtbei Smolensk zu unterstützen. Sie dauerte vom 10. Juli bis zum 10. September1941 an und bereitete der Illusion vom „russischen Blitzkrieg“ ein Ende. In ihremVerlauf wurde der deutsche Vormarsch in Richtung Moskau an der Dnepr-Düna-Linie vorübergehend aufgehalten. 109Noch während um Smolensk gekämpft wurde, verlegte das VIII. FliegerkorpsEnde Juli 1941 in den Nordabschnitt und wurde der Luftflotte 1 unterstellt.Aufgabe war es nun die 16. Armee, insbesondere die Angriffsoperationen des I.Armeekorps (v. Both) zur Unterbrechung der strategisch außerordentlich wich-tigen Eisenbahn Leningrad-Moskau bei Tschudowo und beim anschließenden An-griff auf Leningrad zu unterstützen. 110Wenn auch HBvL keinerlei Aussagen zu den Ereignissen traf, die er zwischen107 Hoffmann, aaO S. 128108 https://de.wikipedia.org/wiki/Kesselschlacht_bei_Bialystok_und_Minsk109 https://de.wikipedia.org/wiki/Kesselschlacht_bei_Smolensk110 Hoffmann, aaO, Bd. 2, Teil 2, S. 134

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 37 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942dem 22.06.1941, dem Barbarossa-Tag, und seiner Abkommandierung nach Frank-reich erlebte, so können doch die Berichte in Ltn. W. Bergmanns Tagebuch sehrdazu beitragen, seine Lebensumstände im 2. Halbjahr 1941 besser zu verstehen.Aus dem Tagebuch des Ltn. Bergmann: 111„Der neue Platz für das J.G. 27 war Ssoltzy. Die Flugmeldefunkkompanie er-reichte nach dreitägigem Marsch über Witebsk, Ostrow, Porchow den neuenEinsatzraum. Aus dem „Hannemann\" wurde hier ein „Waldemar\" und baldhatten sich die meist bekannten Flugzeugführer auch an diese Bezeichnunggewöhnt. Die Decknamen der Verbände und selbstverständlich der Plätzewurden, ebenfalls wie die für Tast- und Funksprechverkehr verschiedenenFrequenzen, gemäß den Befehlen der jetzt zuständigen Luftflotte 1 geändert.Wie immer wurde die Auswertung, die sich in einem Omnibus befand, nebendem Geschwadergefechtsstand aufgebaut. Etwas abgesetzt standen der zureigenen Sicherung ausgestellte Späher, der Sendeanhänger mit dem FuG IIIund der Funkempfangstrupp.Erst am 8. 8. war die Auswertung wieder voll einsatzbereit. Auch die schwereFlak-Abt. 111/23 war eingetroffen. Mit ihr wurden die üblichen Absprachengetroffen, auch erhielt die Auswertung einen Fernsprechanschluß.Nach und nach meldeten alle Trupps ihre neuen Einsatzorte. Zu diesem Zeit-punkt wurde Lt. Bergmann, um auch praktische Erfahrungen bei den einge-setzten Flugmeldetrupps sammeln zu können, als Führer zum II. Zug befohlen(19. 8. 1941). Der Zuggefechtsstand befand sich auf dem Flugplatz Nowgorod,nördlich des Ilmensees. Als Trupps waren dem Zug nicht die organisch zuge-hörigen unterstellt, sondern Trupp 5: Uffz. Möhrke, an Straße Nowgorod-Tschudowo, etwa 7,5 km vor Tschudowo bei Flak-Rgt. 99 in Gluschiza, Trupp8: Ofw. Schlüter, an Straße Nowgorod - Tschudowo, etwa 15 km vorTschudowo bei 21. Inf.-Div. in Mal. Opotschiwalowo, Trupp 9: Uffz. Zampich,am Wolchow-Fluß, etwa 12 km südlich Tschudowo, später bei I.A.K. inPodberesje an Straße Nowgorod-Tschudowo, etwa 20 km hinter Nowgorod.Die Aufgabe des VIII. Fliegerkorps war, die 16. Armee, insbesondere die An-griffsoperationen des I. Armeekorps (v. Both) zur Unterbrechung der strate-gisch außerordentlich wichtigen Eisenbahn Leningrad-Moskau bei Tschudowound beim anschließenden Angriff auf Leningrad zu unterstützen. Das J.G. 27befand sich zu dieser Zeit noch mit Teilen auf dem bisherigen Platz Ssoltzy,bereitete aber mit dem Gefechtsstand des Geschwaders und der 11/52 dieVerlegung zum frontnäheren Platz Spakaja Polist an der Straße Nowgorod -Tschudowo, etwa 25 km vor Tschudowo, vor.Am 20. August fiel Tschudowo in deutsche Hand. Um russische Luftangriffeauf die dort gewonnenen fünf Brücken rechtzeitig melden zu können, wurdeder Trupp 5 (Möhrke) am nächsten Tag früh nach dort vorgezogen, dochmußte er am nächsten Tage wieder bis 4 km vor Tschudowo wegen zu star-ken Artilleriebeschusses zurückverlegen. Schlechte Übersicht gab aber baldVeranlassung, den Späher wieder nach vorne zu ziehen und mit einer Einfach-leitung und Erdrückleitung an den Trupp anzuschließen.Ein Großangriff der 18. Inf.-Div. (mot) mit sehr starker Unterstützung durchKampf- und Sturzkampfverbände (II./SKG 210, K.G. 2, II./L.G. 2 und Stuka 2)des VIII. Fliegerkorps erfolgte am 24. 8. Nach der Eroberung des BahnhofsTorfjanoje war der außerordentlich wichtige Eisenbahnknotenpunkt Tschudo-wo endgültig in deutscher Hand und die Operationen gegen den Ladogasee(Leningrad) konnten beginnen. Übermütig geworden, mußte Lt. Bergmannseinen Drang nach billiger frischer Butter und einem Ausflug in die Umgebungmit mehr als einigen bangen Minuten im fast deckungslosen Gelände bezahlen,111 Hoffmann, aaO, Bd. 2, Teil 2, S. 1333ff

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 38 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942weil die russische Artillerie ihn wütend mit dicken Kalibern als Zielscheibe ver-folgte. Ein Trupp wurde am nächsten Tage bereits in die Marschspitze nachLjuban (Richtung Leningrad) bei Babino (18. Inf.-Div. - mot) eingegliedert.Zahlreiche Rata-Anflüge waren hier zu melden. Gegen 15.00 Uhr sollte Ljubangenommen werden, aber die 12. Pz.-Div. hatte den Ort bereits von Südenerobert.Der Flugmeldetrupp verlegte sofort in den Ort. Bei Tagesende hatte man 20Einflüge mit 70 Flugzeugen gemeldet. Zwei Abschüsse wurden beobachtet.Diese Abschussbeobachtungen mussten immer genau an dieFlugmeldezentrale gemeldet werden, da sie den Jagdfliegern alsBestätigungen für ihre Abschussanerkennungen dienten.Der Flugplatz Ljuban wurde schleunigst eingerichtet, belegt und auch sofortvon sowjetischen Flugzeugen angegriffen, ebenso der Platz des J.G. 27 inSpaskaja Polist, manchmal mehrmals täglich. Die Alarmrotten erzielten in denbeiden letzten Tagen 30 Abschüsse.Ende August erreichte das XXXIX. (39.) Armeekorps Tossno und verfolgte denFeind weiter in Richtung Mga nach Schlüsselburg am Ladoga-See, um Lenin-grad von Osten her abzuschließen. Dies gelang am 8. September.Der Flugmeldezug des Lt. Bergmann verlegte bereits am 29. 8. um Schapki,20 km ostwärts Tossno. Der direkte Weg von Ljuban nach Schapki war für dieKraftfahrer ein erster Vorgeschmack vom hereinbrechenden regnerischenHerbst. Trotz der Knüppeldämme war man fast in Gefahr, im Schlamm zu ver-sinken und zu ersticken. Bereits am 1. 9. konnte Fw. Rollwage von der 4./J.G.53 aufgrund einer Meldung des Trupps 1 (jetzt Uffz. Grezeiczyk), der dem II.Zug zugeteilt war, im Raum Schapki drei „Himmelhunde\", das sind einmotori-ge Flugzeuge, melden, die in 300 m Höhe flogen. Der Rottenflieger, Ofw.Lütgens, schoß zwei Flugzeuge ab, Fw. Rollwage musst wegen eines Treffersim Kühler südlich Mag notlanden. Rollwage versuchte dann mit seinem Bord-funkgerät selbst seine Kameraden gegen einfliegende SB 2 einzuweisen, dochkamen ihm die „Waldemars\" (Flugmeldetrupps) zuvor.Es verging kein Tag, an dem nicht die Waldemartrupps an den zahlreichen Ab-schüssen, die den Jägern gelangen, mit schnellen, unmittelbaren und richti-gen Anweisungen beteiligt waren.J-G. 27 hatte inzwischen auch mit der II./J.G. 52 nach Ljuban verlegt und wardaher sehr schnell am Kampfplatz. Bei einem Besuch von Lt. Bergmann beider Flugmeldezentrale (Auswertung) in Ljuban musste er feststellen, dass dieSowjets täglich und oft mit verschiedenen Flugzeugtypen angriffen. Bergmannvertrat nun den auf Urlaub befindlichen Auswertezugführer Oblt. Wichering.Dem Jagdgeschwader 27 wurden am 7. 9. wieder folgende Verbändeunterstellt: 11/52 und II. (Schladit)/Lehr-Geschwader 2 in Ljuban und 111/27 so- wie 11/52, die vorübergehend in anderen Frontabschnitten flogen.Seinen 700. Abschuß erzielte das J.G. 27 am 11. September. Einen beträcht-lichen Teil verdankten die Jagdflieger der mittel- oder unmittelbaren Unter-stützung durch die Flugmeldefunkkompanie 9./Ln-Rgt. 38, was zu bestätigendie Jagdflieger gern bereit waren. Die Auswertung der Abschüsse ergab, daßmit Hilfe des Flugmeldedienstes noch bessere Ergebnisse hätten erzielt wer-den können. So wurde bereits am 12. 9. befohlen, stets eine Jagdgruppe mitdrei Schwärmen für Alarmstarts aufgrund von Flugmeldungen zur Verfügungzu halten. Den Einsatzbefehl sollte der Offizier vom Gefechtsstanddienstgeben. Zur Auswirkung kam es aber vorerst nicht, da die Jäger immer mehrzu Begleitaufträgen für das K.G. 2 und Stuka 2 nach Leningrad und Kronstadteingeteilt wurden. Für Alarmstarts blieben wenige Flugzeuge übrig. Täglichaber wurde der Platz von den Russen weiterhin belästigt, manchmal von biszu 20 Flugzeugen, doch blieb der angerichtete Schaden gering. Auch mit der

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 39 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942inzwischen in der Nachbarschaft eingetroffenen 7./Lg.-Nachr.-Rgt. 3 wurdeVerbindung aufgenommen. Das J.G. 54, das von der 7/3 betreut wurde, flogoft im Abschnitt der 9/38 und erzielte Ende September zahlreiche Abschüsse,die von den Waldemar-Trupps ohne Einflußnahme auf das Geschehen beob-achtet werden konnten.Am 28. 9. wurde der Einsatz des VIII. Fliegerkorps im Bereich der Luft-flotte 1abgebrochen. J.G. 27 und die Flugmeldefunkkompanie 9/38 verlegten da-durch auch zurück zum Flugplatz Stabna bei Smolensk in den Bereich derLuftflotte 2.Während des Landmarsches zum Verladeort Dno verweilte die Kompanie nocheinmal am Grabe des bei Nowgorod gefallenen Obgefr. Eichler und nahm end-gültig Abschied von ihrem toten Kameraden. Teils mit Bahn, teils durch Land-marsch erreichte sie am 4. Oktober den neuen Einsatzraum.“Für HBvL war also die Situation nicht ungefährlich. Die Lufthoheit der deutschenLuftwaffe war in diesem Bereich durchaus nicht sichergestellt. Außerdem warendie doch sehr kleinen und vereinzelt im Gelände postierten Meldetrupps einattraktives Ziel für versprengte russische Soldaten oder Partisanen. „Die Flugmelde-Funktrupps als Trä- ger der Beobachtung und Meldeüb- ermittlung wurden so eingesetzt, dass der Luftraum über dem Einsatz- gebiet der Flugmelde-Funkkompanie lückenlos überwacht war.“ 112 „Daraus ergibt sich, daß die Trupps der 1 Linie soweit vorzuschieben waren, wie es Ausrüstung, Beriebs- durchführung und Geländeverhält- nisse nur irgendwie gestatteten. Sie mussten dabei auf jeden Fall dieHauptkampflinie (HKL) bis zur Erfas-Unbekannte Ln Soldaten UdSSR sung von Tieffliegerangriffen einseh-en können. In der Praxis ergaben sich Abstände von normalerweise 1-5 Km.Die Lage guter Beobachtungsorte spielte dabei eine wesentliche Rolle“ 113„Zur Besetzung der Tiefe des Gefechtsfeldes wurde im Abstand von etwa 15 -20 km eine zweite Linie ausgebaut. Die Trupps waren im Zusammenhang mitder 1 Linie möglichst auf Lücke zu stellen. Die annähernd parallele undzusammenhängende Führung der zweiten Linie war für die ununterbrocheneLuftraumbeobachtung besonders während des Bewegungskrieges von wesent-licher Bedeutung. Beide Linien bildeten dann ein organisches Ganzes undführten wahrend stattfindender vor- oder rückläufiger Bewegungen überschla-genden Einsatz durch. Das bedeutet, dass bei Vorwärtsbewegungen Truppsder zweiten Linie die Stellungen der Trupps der ersten Linie einnahmen, währ-end diese den Bewegungen folgten oder die Trupps der ersten Linie an ihrenStandorten verblieben und die Trupps der zweiten Linie zur Teilnahme an denBewegungen bis zum nächsten Halt oder Tagesziel vorgezogen wurden.“ 114„Die rückwärtige Begrenzung des Einsatzraumes wurde durch den Anschlußan den ortsfesten Flugmeldedienst dargestellt. War der Anschluß durch denEinsatz der zweiten Linie nicht schon gegeben, so erfolgte hinter dieser der112 Hoffmann, aaO, Bd 2, Teil 1 S. 441113 ebenda114 Hoffmann, aaO, Bd 2, Teil 1 S. 442

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 40 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Aufbau weiterer Trupps und zwar nicht mehr in Linien, sondern in der zweck-mäßigeren Schachbrettform.“ 115Wir wissen leider von HBvL selbst nicht, ob, wie oft und wie sehr er in der vor-dersten Linie eingesetzt worden war; auch nicht wie prägend seine akuten Erleb-nisse sich auf sein Gefühlsleben ausgewirkt haben. Die Angst der Soldaten führtedoch all zu oft zu seelischen Wunden, die ein Leben lang die Kriegsteilnehmerbegleitet haben.Wahrscheinlich gehörte HBvL zu jenen vielen durch den Krieg Traumatisierten,die ihre schmerzenden Erinnerungen in Schweigen gehüllt in ein Vergessen ab-senken wollten. Von Alpträumen hat er uns Kindern nie erzählt. Sicher ist aber,dass seine Erlebnisse an der Ostfront für ihn selbst nichts Heldenhaftes, schon garnichts Ehrenhaftes für ihn bedeuteten. Hinweis auf PartisanenDer September 1941 war für die Wehrmacht noch einmal mit großen Siegen ver-bunden. So wurde die nordrussische Stadt Demjansk zwischen Ilmen- und Selig-ersee von Verbänden der Heeresgruppe Nord eingenommen. Demjansk liegt imBezirk (Oblast) Nowgorod am Westrand der Waldanhöhen und sollte Ausgangs-punkt für weitere Unternehmungen im Zuge vom Unternehmen Barbarossa sein.116Da war zunächst die Stadt Gorki, das umbenannte alte Nowgorod, die die deut-sche Wehrmacht erobern musste, wollte sie auf ihrem Marsch Richtung Leningradvorankommen. Die Stadt war am Stadtrand durch Panzersperren gesichert wordenund beherbergte bedeutende Rüstungsindustrien.Munition und die bekannten Katjuscha-Raketen wurden hier produziert. Stukas over Leningrad area 117115 ebenda116 http://www.designmodproject.de/schlachten/kessel-von-demjansk117 http://www.ww2incolor.com/german-air-force/Leningrad-Nowgorod_1941_2.html

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 41 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942Bis 1945 flog die deutsche Luftwaffe 47 Angriffe auf die Stadt, um die Rüstungs-betriebe zu zerstören. 118Das 45. Infanterie Regiment konnte die Werenda-Stellung der 48. Armee prob-lemlos einnehmen und am 16. August 1941 Nowgorod erobern, weil eine auf-schlussreiche Feindkarte erbeutet worden war.Leningrad war das Ziel jener Tage. Ausgangspunkt war die alte HandelsstadtNowgorod. Der Artilleriebeschuss der Stadt begann am 4. September. Am 8. Sep-tember eroberte die Wehrmacht Schlüsselburg am Ufer des Ladogasees und unter-brach die Landverbindung zu Leningrad. 119Die Einschließung der Stadt durch die deutschen Truppen mit dem Ziel, die Le-ningrader Bevölkerung systematisch verhungern zu lassen, war eines der eklatan-testen Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht während des Krieges gegendie Sowjetunion. Schätzungen gehen von etwa 1,1 Millionen zivilen Bewohnernder Stadt aus, die infolge der Blockade ihr Leben verloren. Die meisten dieserOpfer verhungerten oder erfroren. Der Massentod durch Verhungern wurde vonden Deutschen gezielt herbeigeführt und ist (war bis Aleppo) in diesem Ausmaßweltweit beispiellos. 120Diese Eisenbahnlinie Leningrad - Moskau, zu deren Unterbrechung HBvLbeizutragen hatte, war auch deswegen so kriegswichtig bedeutsam, weil über siedie Zivilbevölkerung von Leningrad mit Lebensmitteln hätte versorgt werdenkönnen. Völkermord an den Juden„Der Krieg im Osten war unverhohlener Völkermord. Kurz vor der Invasion er-hielten vier große „Einsatzgruppen“, gebildet aus Angehörigen der Sicher-heitspolizei, den Auftrag, das Heer zu begleiten und alle „subversiven Ele-mente“ zu eliminieren. Und das hieß: vor allem Juden“ 121Während HBvL in der Nähe von Tschudowo kämpfte, wurden im Rücken derFront„überall im Osten jüdische Männer, Frauen und Kinder umgebracht. In derSchlucht von Babi Jar am Stadtrand von Kiew starben am 29. und 30. Sep-tember 1941 in einem ungeheuerlichen Massaker 33.771 jüdische Männer,Frauen und Kinder in den Salven deutscher Maschinengewehre. Weitere Zehn-tausende wurden in der Ukraine, in Weißrussland und anderen ehemals sow-jetischen Gebieten ermordet, als die deutschen Besatzer im Herbst und Winterweiter vorrückten. Der Völkermord im Osten war in vollem Gange. Er wurdebald zu einem Programm des totalen Völkermords im gesamten deutsch be-setzten Europa erweitert.“ 122HBvL hat sich nie dazu geäußert, wann und wo er erstmalig von diesen Verbrech-en, in die auch Einheiten der Wehrmacht schuldhaft verwickelt waren, Kenntniserhielt. Als Funker hatte er ganz sicher auch Zugang zu Informationen, die nicht118 https://de.wikipedia.org/wiki/Nischni_Nowgorod119 http://www.designmodproject.de/schlachten/kessel-von-demjansk120 https://de.wikipedia.org/wiki/Leningrader_Blockade - Man denke aber an Aleppo 2016121 Ian Kershaw, aaO, S. 498122 Ian Kershaw, aaO, S. 502

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 42 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942jedem Soldaten offen standen. Außerdem war er umgeben von Kollegen, die überein gehobenes Bildungsniveau verfügten und sich sicher auch ihren eigenes Bildvon den Vorkommnissen machen konnten. In wie weit aber sie sich getrauten,sich auszutauschen, muss eine offene Frage bleiben.Seine Haltung, in diesem Krieg als Soldat missbraucht worden zu sein, und seineentschiedene Gegnerschaft zu jeder Form von Antisemitismus, Rassismus oderder Diskriminierung von Minderheiten nach dem Krieg spricht dafür, dass er imKriege wie schon vor dem Krieg sich nicht in die Nazi-Ideologisierung undMenschen verachtende Barbarei hat einbinden lassen.Es ist kein Briefwechsel aus dem Kriege mit ChrP oder seiner Familie erhalten,dem persönliche Hinweise auf seine Befindlichkeiten entnommen werden könnte.Weil aber nicht angenommen werden kann, dass er bis Kriegsende überhauptkeine Briefe geschrieben oder erhalten hat, liegt nahe, dass sie nach dem Kriege inGänze vernichtet worden sind. Warum?Er schenkte ganz sicher nicht dem so genannten Reichenau-Befehl vom 10. Okto-ber 1941 Glauben, in dem es zum „Verhalten der Truppe im Ostraum“ heißt: „Das wesentliche Ziel des Feldzuges gegen das jüdisch-bolschewist- ische System ist die völlige Zerschlagung der Machtmittel und die Ausrottung des asiatischen Einflusses im europäischen Kulturkreis. Hierdurch entstehen auch für die Truppe Aufgaben, die über das her- gebrachte einseitige Soldatentum hinausgehen. Der Soldat ist im Ost- raum nicht nur ein Kämpfer nach den Regeln der Kriegskunst, sondern auch Träger einer unerbittlichen völkischen Idee und der Rächer für alle Bestialitäten, die deutschem und artverwandtem Volkstum zuge- fügt wurden. Deshalb muß der Soldat für die Notwendigkeit der harten, aber gerech- ten Sühne am jüdischen Untermenschentum volles Verständnis haben.“ 123Dies hatte HBvL ganz sicher nicht!Das Inferno des Völkermordes an den polnischen Juden gipfelte in der Errichtungund Ausrüstung der drei ausschließlich zur Tötung durch Gas bestimmten Ver-nichtungslager von Belzec, Sobibor und Treblinka, die später im Frühjahr undSommer 1942 im Rahmen der Aktion „Reinhard“ ihren industriell durchorgani-sierten Tötungsbetrieb aufnahmen.Am 28. 9.1941 begann das VIII. Fliegerkorps erneut, seine Verbände in den Mit-telabschnitt zurück zur Luftflotte 2 zu verlegen. 124 „J.G. 27 und die Flugmelde-funkkompanie 9/38 verlegten dadurch auch zurück zum Flugplatz Stabna beiSmolensk in den Bereich der Luftflotte 2.“ 125Jetzt ging es darum, in die Schlacht um Moskau und Kalinin unterstützendeinzugreifen. Ende Oktober übernahm dann das VIII. Fliegerkorps die Fliegerfüh-rung im gesamten Raum der Heeresgruppe Mitte an Stelle der abgezogenen Luft-123 Ian Kershaw, aaO, S.124 Hoffmann, aaO, Bd. 2, Teil 2, S. 136125 Hoffmann, aaO, Bd. 2, Teil 2, S. 136

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 43 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942flotte 2.126In diesem Zusammenhang wurden Neugruppierungen durchgeführt und die 9./Ln.Rgt.38 zur Bildung der 4./Ln.Rgt.38 herangezogen, 127 die HBvL dann auch inseiner Steedener Bescheinigung von 1946 angibt.Das J.G. 27, für das HBvL bereits auf dem Balkan und dann in Russland denFlugmeldedienst versah, bestand nur noch aus einer einzigen Gruppe, der 111/27.Sie wurde aus dem Einsatz gezogen und zurück nach Döberitz zur Auffrischungverlegt. Geschwaderstab und Gruppe hatten am Verlegetag, dem 16. 10.1941, nurnoch zwei einsatzbereite Flugzeuge.Während der vorerst letzten Woche in Russland hatte man für das J.G. 52 (Kdr.Maj. Trübenbach) und die II./J.G. 3 im Raume Kalinin, also nördlich von Moskau,gearbeitet. Jetzt – Mitte November 1941 – genoss die Truppe nach dem verlustrei-chen Vorwintereinsatz in vollen Zügen die Auffrischung in Deutschland. 128Es muss im Zuge dieser Umgruppierungen und Neuordnung der Streitkräfte inRussland gewesen sein, dass auch HBvL zurück an die Atlantikküste beordertwurde. „Doch nach etwa 3 Monaten meinte das Schicksal es wieder gut mit mir: Miteinigen Kameraden wurde ich zurück in die Normandie nach Urville komman-diert, gerade rechtzeitig vor dem eisigen Winter.“ 129Dies liest sich wie ein Seufzer aus lebenslanger Bedrückung. HBvL konnte denKatastrophen des russischen Winters 1941 zwar entgehen, musste aber hinnehmen,dass er in seinem Bereich mit dazu beigetragen hatte, dass Verbrechen an derMenschlichkeit, begangen werden konnten. Verhindern konnte er sie nicht!  “ Seit Beginn des Russlandfeldzuges am 22. Juni 1941 bis zum Jahresende büßte die Luftwaffe an der Ostfront 2.093 Flugzeuge, darunter 758 Bom-ber, 568 Jäger und 767 sonstige Flugzeuge ein.  Des Weiteren sind 773 Bomber, 413 Jäger und 475 sonstige Flugzeuge beschädigt worden.  Das deutsche Ostheer verlor bis zum Jahresende 1941 mehr als 800.000 Soldaten. Das sind etwa 25 Prozent der Durchschnittsstärke von anfäng-lich 3.2 Millionen Soldaten. Allein die Zahl der Gefallenen betrug fast 174.000 Tote, 36.000 Vermisste und 604.000 Verwundete.\" 130126 http://www.balsi.de/Weltkrieg/Einheiten/Luftwaffe/Korps/Fliegerkorps/8-Fliegerkorps- Startseite.htm: Die Luftflotte 2 wurde nach Italien verlegt.127 http://www.ww2.dk/ground/ln/ln38.html128 Hoffmann, aao, Bd. 2, S. 136129 64,0000 HBvL, Lebensbericht Trscr, S. 22130 http://www.designmodproject.de/schlachten/kessel-von-demjansk

Personalblatt: 64,0000 von Lautz, Horst Benno - 44 -*11.04.1909 -  12.07.1994 Kapitel: 1940/1942  Hinweis auf die zivilen OpferAus Deutscher Sicht und vor allen Dingen der Perspektive meiner Nachkriegsge-neration war schon im Herbst 1941 absehbar, dass der Russlandfeldzug nichtwerde gewonnen werden können. Die Blitzkriegsstrategie war gescheitert, imMorast der Russischen Vormarschstraßen festgefahren. Zwar war die russischeArmee vorerst geschlagen, doch stellte Stalin schon eine neue Streitmacht auf. Bisdie dann im Frühjahr 1942 würde einsatzbereit sein, war ein Abnutzungskrieg zuführen, auf den die deutsche Generalität nicht vorbereitet war. Es war nicht dieSchlacht um Stalingrad, die die Wende im Russlandfeldzug und im gesamten 2.Weltkrieg markierte.Dass der Krieg im Osten etwa von den deutschen Armeen hätte gewonnen werdenkönnen, muss doch sehr bezweifelt werden.Die deutschen Armeen eroberten ja nur die „Rollbahnen“ von West nach Ost,konnten aber das weite Land dazwischen weder kontrollieren noch in irgendeinerWeise verwalten. Dies ließ breiten Raum für Partisanen, versprengte Soldaten-gruppen, die aus dem Rücken der deutschen Frontlinie die die Abnutzungsge-fechte der regulären russischen Truppen wirksam ergänzen konnten.Jetzt im Herbst/Winter 1941 begann sich bereits abzuzeichnen, dass die Räume imOsten gemessen an den zur Verfügung stehenden Mitteln, Soldaten, militärischerAusrüstung und Rohstoffen weit überdehnt waren.Dass dann Hitler auch noch die 2. Luftflotte nach Italien verlegte, musste dieseSituation noch verschärfen. Da half auch keine Neugruppierung der deutschenStreitkräfte, der HBvL seine Rückkehr an die Atlantikküste, wieder nach Urville,verdankte.


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