LehrbuchSymptomenlexikon UWE PLATE
Lehrbuch SymptomenlexikonUwe PlateHeilpraktikerVerfasser und Herausgeber des Symptomenlexikonsnach einer Idee des Begründers der HomöopathieSamuel Hahnemann©2016 Verlag Uwe Plate – alle Rechte vorbehalten. i
Inhalt 4 8 Homöopathie 10 Fünf Schritte zum Simile 14 Anamnese 18 Zeichenkombinationen 26 Signifikanzen 30 Analyse 32 Arzneistudium 39 Kollektaneen 47 Polaritäten 53 Modalitäten 59 Beschwerden 62 Organe 64 Körperseiten 66 Ober- und Unterrubriken Fallbeispiel ii
Indem ich aber der Welt diese großen Funde mittheile, bedaure ich,zweifeln zu müssen, ob meine Zeitgenossen die Folgerichtigkeit diesermeiner Lehren einsehen, sie sorgfältig nachahmen und den unendlichdaraus für die leidende Menschheit zu ziehenden Gewinn, welcher ausder treuen, pünktlichen Befolgung derselben unausbleiblich hervorge-hen muß, erlangen werden – oder ob sie, durch das Unerhörte man-cher dieser Eröffnungen zurückgeschreckt, sie lieber ungeprüft undunnachgeahmt, also ungenutzt lassen werden. Samuel Hahnemann Begründer der Homöopathie iii
ABSCHNITT 1Homöopathie nach HahnemannDas Symptomenlexikon basiert auf der Lehre des Begründers derHomöopathie, die aber mit anderen Lehren oder der so genanntengenuinen Homöopathie nicht identisch ist. Der Begriff genuine Homöo-pathie wurde von Will Klunker als Rückbesinnung auf die ursprüngli-che Lehre Hahnemanns geschaffen, doch die genuine Homöopathiehat sich nicht auf den Begründer rückbesonnen, sondern auf nachfol-gende Homöopathen, zum Beispiel von Bönninghausen.Ich habe mich bei den Arzneien im Symptomenlexikon zwar an Bön-ninghausens Taschenbuch orientiert und alle Arzneien aufgenommen,mit denen auch Bönninghausen mit seinem Repertorium gearbeitet hat(bis auf den physikalischen Magneten, weil das keine Arzneitherapieist), und das Symptomenlexikon besteht wie das Taschenbuch ausRubriken, dennoch sind die Symptome in den einzelnen Rubrikennicht immer identisch mit Symptomen und Arzneimitteln, die Bönning-hausen in den gleichnamigen Rubriken aufgeführt hat.Im Taschenbuch gibt es zum Beispiel die Rubrik „Jucken Kratzenverschlimmert“ und im Symptomenlexikon die Rubrik „Kratzen ver-schlimmert“ die mit Jucken kombiniert werden kann, aber dannbekommt man nicht die Symptome der Verschlimmerung des Juckensdurch Kratzen, sondern andere Beschwerden nach Kratzen (Hitze,Röte usw.). Wenn sich nämlich ein Jucken nach Kratzen verschlim-mert, „hilft Kratzen nicht“ und das ist im Symptomenlexikon die Rubrik„unstillbares Jucken“. Darin sind aber nicht nur Symptome aufgeführt,bei denen Kratzen das Jucken verschlimmert, sondern auch das Wund-kratzen durch Jucken oder unstillbares Jucken bis zum blutig Kratzen,ohne dass etwas von „Kratzen verschlimmert“ angegeben ist. 4
Im Symptomenlexikon stehen oft dieselben Rubriken wie in Bönning-hausens Therapeutischem Taschenbuch, denn es geht um dieselbenSymptome (Zeichen) der Materia medica. Aber im Symptomenlexikonsind nicht alle Rubriken aus dem Taschenbuch enthalten, weil es dortnicht wenige Rubriken gibt, die keinen Sinn ergeben. Der Unterschiedzwischen „Prickeln“ und „Kribbeln“ ist zum Beispiel nicht ersichtlichund deswegen gibt es im Symptomenlexikon nicht beide Rubriken wiebei Bönninghausen, sondern nur die Rubrik „Kribbeln“. Auch der Unter-schied im Taschenbuch zwischen „Liegen im Bett“ (was nicht Liegenverschlimmert ist) und „Bettwärme“ ist nicht nachvollziehbar, weswe-gen es im Symptomenlexikon nur die Rubrik „Bett verschlimmert“ gibt.„Schlaf verhindernde Beschwerden“ gibt es nicht, weil das Beschwer-den sind, die nachts auftreten und dadurch den Schlaf verhindern.Nächtliche Beschwerden sind im Symptomenlexikon aber in derRubrik „Nacht“ aufgeführt und nicht in der Rubrik „Schlaf“. „Gehen bes-sert“ aus dem Taschenbuch gibt es im Symptomenlexikon auch nicht,weil keine Beschwerden mit einer signifikanten Besserung beimGehen in der Arzneimittellehre vorhanden sind. Das sind nur einigevon vielen Unterschieden zwischen dem Symptomenlexikon und demTherapeutischen Taschenbuch. Es „fehlen“ folglich Rubriken im Symptomenlexikon gegenüber demTherapeutischen Taschenbuch, weil das Taschenbuch nicht der Maß-stab für das Symptomenlexikon ist, sondern die Arzneimittellehre!Wenn also Rubriken des Lexikons nicht mit dem TherapeutischenTaschenbuch überein stimmen, erübrigt sich eine Kritik am Sympto-menlexikon (oder „Fehlermeldung“). Bönninghausen postuliert eine Ähnlichkeit in differenzierten Einzel-zeichen, zum Beispiel die Differenzierung von Gehen in Schnellgehen,Gehen im Freien oder Gehen über einen Steg, während Hahnemanndie Charakteristik in Zeichenkombinationen gefunden hat. Und wenneine Arznei irgendwann einmal irgend eine Beschwerde zum Beispiel 5
am äußeren Augenwinkel geheilt hat, soll diese Arznei einem „Genius“entsprechen. Sie soll zukünftig sämtliche Beschwerden am äußerenAugenwinkels heilen, ob diese in Prüfungen aufgetreten sind odernicht. Entscheidend sind nach derm Genius nur die Heilungen, nichtdie Prüfungssymptome. Vor diesem Missbrauch der Heilungssympto-me als Indikationen (ab usu in morbis) hatte Hahnemann zwar ineinem Brief an Bönninghausen gewarnt („Wahrlich wir haben zu strei-ten und zu wehren, daß man unsere Kunst nicht wieder mit Allöopathis-mus verhunze.“), aber Bönninghausen hatte darauf nur entgegnet:„Missbrauch hebt den rechten Brauch nicht auf.“ Er hat jedoch nieerklärt, was der „rechte Brauch“ sein soll. Nach dem Genius sollen Arzneien, die irgend etwas am äußerenAugenwinkel geheilt haben, für „Jucken am äußeren Augenwinkel“ indi-ziert sein, obwohl kein Arznei existiert, die in Prüfungen charakteri-stisch Jucken am äußeren Augenwinkel hervorgebracht hat. NachHahnemann ist diese Zeichenkombination zur Arzneiwahl folglich nichtzu gebrauchen! Wer jedoch glaubt, dass in der Rubrik „Augenwinkelaußen“ im Symptomenlexikon eine Art Genius wie im TherapeutischenTaschenbuch enthalten ist und die ausgezeichneten Arzneien (Kollekta-neen) als „Genius“ benutzt, wird scheitern. Wenn es aus technischenGründen im Symptomenlexikon viele Rubriken wie im TherapeutischenTaschenbuch gibt, bedeutet das nicht, dass beide Werke vergleichbarsind. Die Rubriken sind nur identisch, weil es um dieselben Symptomeder Arzneimittellehre geht. Auch andere Methoden der „genuinen“ Homöopathie sind mit demSymptomenlexikon nach Hahnemann nicht umsetzbar. Sammelrubri-ken wie „Rot“ oder „Weiß“ im Symptomenlexikon haben nichts miteiner Farbenlehre zu tun! Es sind nur Sammelrubriken für Zeichenkom-binationen, zum Beispiel für die Kombination rote Zunge. Und wenn inder Rubrik „Rot“ im Symptomenlexikon keine Blutungen aufgeführtsind, die Boger wegen der roten Farbe dazu zählt, dann sind sie im 6
Symptomenlexikon nicht aufgeführt, weil Nasenbluten mit einer rotenZunge nichts zu tun hat, außer der Farbe Rot, die jedoch nichts mitdem Ähnlichkeitsgesetz zu tun hat. Wer also nach Boger die Farbe Rotan sich als „Charakteristik“ ansieht, muss mit dem Symptomenlexikonzwangsläufig scheitern, auch wenn die Rubrik im Symptomenlexikonvorhanden ist und „signifikante“ Arzneien enthalten sind. 7
ABSCHNITT 25 Schritte zum SimileMit dem Symptomenlexikon nach Hahnemann kann das homöopathi-sche Heilmittel einfach, schnell und sicher bestimmt werden, weil esRegeln gibt, die auf jeden Krankheitsfall angewendet werden können.Die Regeln stammen vom Begründer der Homöopathie und nur mit die-sen Regeln kann das Symptomenlexikon sinnvoll eingesetzt werden.Lehren und Regeln anderer Homöopathen können mit dem Sympto-menlexikon nicht umgesetzt werden! In Hahnemanns Homöopathie gibt es keine „Leitsymptome“, diewichtiger sind als andere, oder „Allgemeinsymptome“, die den ganzenMenschen betreffen und „Lokalsymptome“, die den Allgemeinsympto-men untergeordnet sind. Es gibt keine unerklärlichen Symptome, keinepathognomonischen, die angeblich zur Arzneiwahl nicht herangezogenwerden dürfen. Und es gibt keine Hierarchie der Symptome, wonachetwa generell Gemütssymptome wichtiger sind als andere Symptome.Nach Hahnemanns Lehre gibt es nur Symptome, die alle zur Arznei-wahl benutzt werden, und es gibt nur eine einzige Unterscheidung derSymptome, nämlich charakteristische und nicht charakteristische. Dazu schreibt Hahnemann in der Vorrede zur 6. Auflage des Orga-nons: „Hiernach ist die Homöopathik eine ganz einfache, sich stets inihren Grundsätzen so wie in ihrem Verfahren gleich bleibende Heil-kunst. Wie die Lehre auf der sie beruht, erscheint sie, wohl begriffen,in sich völlig abgeschlossen und dadurch allein hülfreich. GleicheReinheit in der Lehre wie in der Ausübung, sollten sich von selbstverstehen...“ 8
Diese, „sich stets in ihren Grundsätzen und Verfahren gleich bleiben-de Heilkunst“ ist eine wissenschaftliche, reproduzierbare Methode,wenn die Bedingungen eingehalten werden. Oder wie Hahnemannsagt: „Gleiche Reinheit in der Lehre wie in der Ausübung, sollten sichvon selbst verstehen“! Werden die Bedingungen, also die Reinheit derLehre in der Ausübung eingehalten, kann das Simile in fünf einfachenSchritten für jeden Krankheitsfall bestimmt werden. 9
ABSCHNITT 31. Schritt: AnamneseDie Anamnese ist die Grundlage der Arzneiwahl, denn Voraussetzungfür eine gute Arzneiwahl ist eine gute Anamnese. Das beste Werkzeugnutzt nichts, wenn die Anamnese fehlerhaft oder unvollständig ist. Abereine gute Anamnese sollte jeder Mediziner beherrschen, denn sie istdas Grundwerkzeug der Medizin. Und eine homöopathische Anamne-se ist nicht viel komplizierter als eine schulmedizinische, denn es gehtimmer nur um die einfachen Fragen was, wo, wie, wann und womit. Zuerst muss geklärt werden, was vorliegt. Bei Kopfschmerzen,Schwindel oder Gesichtsröte ist das nicht schwierig, weil die Beschwer-den schon die Rubriken im Symptomenlexikon bestimmen. Aber esgibt Symptome, bei denen geklärt werden muss, worum es geht. Liegtzum Beispiel ein „dicker Bauch“ vor, muss herausgefunden werdenworum es sich handelt um die richtige Rubrik zu finden. Sind esBlähungen, muss die Rubrik Auftreibung genommen werden und wennes ein Aszites ist, die Rubrik Geschwulst. „Verwechselt die Wörter“kann so nicht benutzt werden, es muss geklärt werden was vorliegt,eine Sprachbehinderung oder eine Zerstreutheit? Es muss also ersteinmal eruiert werden worum es sich handelt, damit die richtigen Rubri-ken des Symptomenlexikons zur Arzneiwahl benutzt werden. Wo sind die Beschwerden? Bei den meisten Beschwerden ist einOrgan betroffen, das bestimmt werden muss. „Kopfschmerz“ alleingenügt oft nicht und es muss bestimmt werden ob der Schmerz dengesamten Kopf einnimmt oder die Stirn, den Hinterkopf usw. BeiSchmerzen im Oberbauch muss geklärt werden, ob der gesamte Ober-bauch betroffen ist oder der linke Oberbauch, der Magen oder dieLebergegend um die richtige Organrubrik zu benutzen. 10
Wie sind die Beschwerden? Das ist die ganz wichtige Frage nachden Empfindungen, besonders bei Schmerzen, weil es verschiedeneSchmerzarten gibt. Es muss also möglichst geklärt werden, ob es bren-nende, reißende, drückende Schmerzen sind usw. Wann sind die Beschwerden? Wodurch verschlimmern sich dieBeschwerden? Das ist die Frage nach den Modalitäten. Nicht immerkönnen die Patienten genau angeben, wodurch sich ihre Beschwerdenverschlimmern, weil sie nicht darauf achten. Wenn sie aber erst einmalwissen worum es geht, bekommt man auch exakte Angaben. Womit treten die Beschwerden noch auf? Das sind die begleiten-den Beschwerden, die eine große Gruppe sind und unbedingt eruiertwerden müssen. Wenn bei einem Krankheitsfall mehrere Symptome vorhanden sind,muss jedes einzelne entsprechend näher bestimmt werden wie inHahnemanns Fallbeispiel der Lohnwäscherin.1. Bei jeder Bewegung, vorzüglich bei jedem Auftreten, und am schlimmsten bei jedem Fehltritte, sticht es sie in der Herzgrube, wo- hin es jedesmal aus der linken Seite kommt, wie sie sagt. Im Liegen ist es ihr ganz wohl, dann hat sie gar keinen Schmerz irgendwo, auch weder in der Seite, noch in der Herzgrube. Bei starken Schmer- zen überläuft sie Schweiß.2. Sie kann nicht länger als bis um 3 Uhr früh schlafen.3. Die Speisen schmecken ihr, aber wenn sie etwas gegessen hat, dann wird es ihr brecherlich. Das Wasser läuft ihr dann im Munde zusammen und aus dem Munde, wie Würmerbeseigen.4. Es stößt ihr nach jedem Essen vielmal leer auf.5. Sie ist von heftigem, zu Zorn geneigtem Gemüt. 11
1. Symptom: MagenbeschwerdenWas? MagenschmerzenWo? MagenWie? StechenWann? Bewegung, Gehen, FehltretenWomit? Schweißausbruch2. Symptom: SchlaflosigkeitWas? SchlaflosigkeitWo? – „ –Wie? – „ –Wann? – „ –Womit? – „ –3. Symptom: Übelkeit nach dem EssenWas? ÜbelkeitWo? – „ –Wie? – „ –Wann? Nach dem EssenWomit? Speichelfluss4. Symptom: AufstoßenWas? AufstoßenWo? – „ –Wie? Leeres AufstoßenWann? Nach dem EssenWomit? – „ –5. Symptom: ZornDer Zorn ist immer vorhanden, unabhängig von den einzelnen Symptomen. 12
Anamnese im SymptomenlexikonHier kann ein beliebiger Text eingegeben werden, der zusammen mit derAuswertung gespeichert wird. 13
ABSCHNITT 42. Schritt: ZeichenkombinationenHahnemann hat schon vor 200 Jahren seine Arzneimittellehre mitmodernen statistischen Methoden analysiert und erkannt, dass sichArzneiwirkungen nicht in vollständigen Prüfungssymptomen zeigen,sondern in statistisch signifikanten Elementen (Zeichen), die er „cha-rakteristische Symptome“ nannte. Die charakteristischen Symptomenach Organon §153 sind signifikant häufig in Arzneiprüfungen aufgetre-tene Zeichenkombinationen aus zwei Symptomenelementen. Auseinem Patientensymptom müssen also erst einmal die Zeichenkombi-nationen gebildet werden, um sie anschließend auf ihre Häufigkeit(Signifikanz) in der Arzneimittellehre zu überprüfen. Symptom Stechen Magen Gehen Das Symptom „Stechen im Magen beim Gehen“ besteht aus den drei Elementen Stechen, Gehen und Magen. 14
ZeichenkombinationenStechen Magen Stechen Magen Gehen GehenAus dem Symptom Stechen beim Gehen im Magen werden die dreiZeichenkombinationen Stechen im Magen, Stechen beim Gehen undMagen (-Schmerzen) beim Gehen gebildet.Kopf Das Symptom „Kopfschmerz beim Bücken“ zum Bücken Beispiel ist bereits eine Zeichenkombination aus den zwei Elementen, Kopf (-schmerz) und Bücken, weil hier das dritte Element, die genaue Empfindung fehlt.Brennen Zusammengesetzte Wörter sind Zeichenkombi- Zunge nationen. Zungenbrennen ist Zunge + Brennen. 15
Aus den Patientensymptomen werden Zeichenkombinationen gebil-det, indem das erste Zeichen eines Symptoms mit dem zweiten kombi-niert wird, dann mit dem dritten usw. Dann wird das zweite Zeichen mitdem nächsten kombiniert, bis alle Zeichenkombinationen zusammen-gestellt sind. In diesem zweiten Schrittder Arzneiwahl geht es nur umdie Zusammenstellung allermöglichen und sinnvollen Zei-chenkombinationen. Das istdie individuelle Liste der Patien-tensyptome (aufgelistet nachZeichenkombinationen) und da-zu sagt Hahnemann in §104:„Ist nun die Gesamtheit der,den Krankheitsfall vorzüglichbestimmenden und auszeich-nenden Symptome, oder mitandern Worten, das Bild derKrankheit irgend einer Art ein-mal genau aufgezeichnet, so ist auch die schwerste Arbeit geschehen.Der Heilkünstler hat es dann ... auf immer vor sich, kann es in allen sei-nen Theilen durchschauen und die charakteristischen Zeichen heraus-heben...“ Das „Herausheben“ der charakteristischen Zeichen ist derdritte Schritt zum Simile. 16
ABSCHNITT 53. Schritt: SignifikanzenIm dritten Schritt werden die Zeichenkombinationen aus der Liste alsKollektaneen erstellt um zu erkennen, welche Zeichenkombinationencharakteristisch sind, für die es auch signifikante Arzneien gibt. Für Magenschmerzen mit Schweiß gibt es keine signifikanten Arzneien 17
Hahnemann sagt in §104, dass der Homöopath nach der Anamnesedas Bild der Krankheit vor sich hat und es „in allen Theilen durchschau-en“ kann, also die Zeichenkombinationen („Theile“) erkennen und „diecharakteristischen herausheben“ kann. Bei der Lohnwäscherin (siehe„Hahnemanns Arbeitsweise“) sind das folgende Zeichenkombinationenund die charakteristischen (A fett) werden zur Arzneiwahl benutzt. Auswahl der charakteristischen Zeichenkombinationen Ein einzelnes Prüfungssymptom muss durch andere Symptomebestätigt werden, damit eine Arznei für das Symptom (Zeichenkombi-nation!) charakteristisch ist (Signifikanz). Eine Zeichenkombination soll-te aber auch bestätigt werden. Es sollten mehrere Arzneien dieseZeichenkombination signifikant hervorgebracht haben, sonst bestehtkeine Sicherheit, dass diese Kombination von Arzneien hervorgerufenwurde, auch wenn eine signifikante Arznei dabei ist. 18
„Blutdrang mit Schwindel“ ist nur beiLachesis signifikant aufgetreten. Ist Lachcharakteristisch für „Blutdrang mit Schwin-del“? Warum hat nur Constantin Hering die-ses Symptom mehrmals bekommen? Inder gesamten Arzneimittellehre (des Symp-tomenlexikons) mit mehr als 77 000 Prü-fungssymptomen gibt es gerade einmal11 Symptome „Blutdrang mit Schwindel“und davon 4 bei Lachesis. Das ist zwarsignifikant, gibt aber trotzdem zu denken,denn warum ist es nur bei einem Prüfermehrfach aufgetreten? Diese Zeichenkombination von Lach ist nichtsicher, weil sie nicht durch andere Arzneien (Prüfer) bestätigt wird. Für „Beißen im Magen“ gibt es 19 Sym-ptome. Helleborus hat signifikant fünfSymptome mit Beißen im Magen. Warumhat das keine andere Arznei mehrfachhervorgebracht? Zumal zum BeispielSulph oder Phos mit über 1900 Sympto-men viel mehr Prüfungssymptome habenals Helleborus mit 288. In der Arzneimittel-lehre müsste „Beißen im Magen“ dochauch bei anderen Arzneien (Prüfern) mehr-fach vorgekommen sein. Diese fünf Symp-tome von Helleborus sind aus der Arznei-mittellehre von Hartlaub/Trinks, die ich in das Symptomenlexikon über-nommen habe, aber nicht Hahnemann! Und weil sie nicht in Hahne-manns Arzneimittellehre stehen, habe ich solche Symptome in eckigeKlammern gesetzt. Es kann sich bei dem Beißen im Magen um Falsch-beobachtungen oder um eine falsche Bezeichnung der Schmerzart 19
handeln. Helleborus ist also für Beißen im Magen eine zweifelhafteArznei, auch wenn diese Zeichenkombination „signifikant“ ist. Symptome in eckigen Klammern stehen nicht in Hahnemanns Arzneimittellehre! Es gibt auch seltene und seltsame Zei-chenkombinationen die bei mehreren Arznei-en signifikant aufgetreten sind, zum Beispiel„kneifendes Brennen“. Kali-c, Mag-c undPhos sind ausgezeichnet. Studiert man aberdie Prüfungssymptome, dann zeigt sich,dass es gar keine Signifikanzen gibt. Hiertreten zwar die Empfindungen Kneifen undBrennen zusammen in einem Symptom auf,aber meistens nicht als „kneifendes Bren-nen“ (oder brennendes Kneifen), sondernals getrennte Empfindungen. Diese Sympto-me kommen nur als „Signifikanzen“ in denKollektaneen zustande, weil sie von der Soft-ware wegen der Begriffe „Kneifen“ und„Brennen“ innerhalb eines Prüfungssym-ptoms zusammengestellt werden. 20
Kneifendes Brennen ist nicht signifikant Von den fünf Symptomen bei Kali-c ist ein Symptom Kneifen imBauch und Brennen im Mastdarm, ein Symptom Brennen um denNabel und Kneifen im Bauch und ein Symptom Brennen in der Leiste,mit Kneifen im Bauch. Diese Symptome sind kein „kneifendes Bren-nen“, sondern Kneifen hier und Brennen da. Es bleiben letztlich nurzwei Symptome „kneifendes Brennen“ und das ist nicht signifikant.Und bei Mag-c und Phos gibt es auch nur Kneifen hier und Brennenda. Bei solchen seltsamen Beschwerden, müssen die Prüfungssympto-me zwingend überprüft werden, ob auch tatsächlich Signifikanzen vor-handen sind. Wobei natürlich ein „kneifendes Brennen“ wenn über-haupt höchst selten in der Praxis vorkommen dürfte. Denn in der Medi- 21
zin gibt es die alte Regel „seltene Krankheiten sind selten“. Und selte-ne Symptome auch – muss man für die Homöopathie hinzufügen. Es gibt also charakteristische Zeichenkombinationen mit mehrerensignifikanten Arzneien und nicht charakteristische, für die es keinesignifikanten Arzneien gibt. Und wenn nur eine signifikante Arznei vor-handen ist (oder mehrere seltsame), dann bietet diese eine Signifikanznoch keine ausreichende Sicherheit. Solche Zeichenkombinationensollten nicht benutzt und das Simile über bessere Symptome bestimmtwerden. Und eine „Heilung“ ist kein Beweis für nicht charakteristischeSymptome, was folgendes Beispiel zeigen soll.Fallbeispiel: Die Patientin hatte vier Wochen zuvor Magenschmer-zen und wurde vom Arzt krankgeschrieben. Sie bekam ein (allopathi-sches) Medikament und wenn esnicht hilft, oder die Magenschmer-zen wieder auftreten, sollte beimFacharzt eine Gastroskopie ge-macht werden, weil es sich um einMagengeschwür handeln könnte.Jetzt sind beim Essen wieder Magen-schmerzen aufgetreten. Es sind„Krämpfe“ und Bücken verschlim-mert den Magenschmerz. Für dieersten drei Symptome gibt es charak-teristische Arzneien, das sind siche-re Zeichenkombinationen, aber für„Magenschmerzen verschlimmertbeim Bücken“ gibt es keine signifi-kanten Arzneien. Calc und Bell kom-men infrage, aber auch Sulph undZinc, weil beide Arzneien mit je zweiSymptomen in Spalte 3 nur ein Symp- 1. Fallauswertung22
tom weniger als Calc und Bell haben. Bry hat hier zwar vier Sym pto-me, aber das ist kein großer Unterschied zu den drei Symptomenvon Calc und Bell, aber Bry hat in Spalte 1 nur zwei Symptome unddas ist keine Konkurrenz zu den anderen Mitteln (Aber die Sympto-me von Calc und Bell in Spalte 1 sind in Konkurrenz zu den Sympto-men von Bry). Und Bar-c hat hier auch nur drei Symptome, das reichtnicht aus. Alle anderen Arzneien haben in Spalte 3 nur ein Symptomund das ist so gut wie kein Symptom. Beim Studium der Prüfungs-symptome fallen Sulph und Zinc heraus, weil sie im Vergleich zuCalc und Bell zu viele Widersprüche haben (Verschlimmerung vor demEssen oder besser durch Essen).Calc und Bell passen für alle Sympto-me gleich gut und es gibt keine Un-terscheidung. Wie soll jetzt das Simi-le bestimmt werden?Wird die nicht charakteristischeZeichenkombination Bücken ver-schlimmert Magenschmerzen hinzu-gezogen, dann hat Bell zwei Sympto-me mehr als Calc. Belladonna hatdie Magenkrämpfe nach 20 Minutenbeseitigt und sie sind nie wieder auf-getreten. Ist das nicht charakteristi-sche Symptom „Magenschmerzenverschlimmert beim Bücken“ dochwichtig für die Arzneiwahl? Beweistdieser Fall, dass diese beiden Symp- 2. Fallauswertungtome den Ausschlag für Bell geben und Bell ohne diese Symptomenicht bestimmt werden kann? Dass Bell hier geheilt hat, ist kein Be-weis! Es kann sein, dass Belladonna wegen der zwei Symptome ge-heilt hat, es kann aber auch sein, dass Calc ebenso geheilt hätte, 23
weil Calc für die ersten dreiZeichenkombinationen ge-nauso charakteristisch ist ???wie Bell und genauso heilenmüsste. Es kann aber auchsein, dass ich ein Symptomübersehen habe und Belldeswegen geheilt hat. Oderdie Frau hatte einfach nurzu viel und zu schnell geges-sen und bekam „Magen-krämpfe“ und der Magenwar gar nicht wieder erkrankt? Ich hätte Fragen müssen, ob sie nichtaufstoßen kann. Und wenn es so war, dann wäre Bell das Simile.Bell kann folglich aufgrund eines Symptoms geheilt haben, das ich ü-bersehen habe und nicht wegen der nicht charakteristischen Magen-schmerzen beim Bücken. Heilungen können nicht nach dem Motto „wer heilt hat Recht“ alsBeweis angeführt werden! Mit diesem Fall kann nicht belegt werden,dass die zwei Symptome „Magenschmerzen beim Bücken“ von Bellstammen und nicht charakteristische Symptome zur Arzneiwahl heran-gezogen werden können. Mit Heilungen kann nicht belegt werden,dass sich Hahnemann bezüglich der nicht charakteristischen Sympto-me geirrt hat. Solche Scheinbeweise können auch nicht als „Weiterent-wicklung“ der Homöopathie Hahnemanns oder der Anwendung desSymptomenlexikons deklariert werden, denn ein geheilter Fall beweistgar nichts. 24
ABSCHNITT 64. Schritt: AnalyseMit der Funktion „Berechnen“ erstellt das Programm eine Liste derArzneien von der wahrscheinlichsten für das Simile bis zur unwahr-scheinlichsten. Damit werden die infrage kommenden Mittel bestimmt,die dann im letzten Schritt mit dem Studium der Arzneimittellehre diffe-renziert werden um die am besten passende zu bestimmen. WelcheArzneien für das Studium in die engere Wahl kommen, hängt von derAnzahl der Signifikanzen ab und ob Zeichenkombinationen signifikantoder hochsignifikant sind. In dem eBook „Hahnemanns Arbeitsweise“wird die Analyse an vielen Fallbeispielen aufgezeigt. Die Analyse im vierten Schritt dient nicht dazu, das Simile zu bestim-men, auch wenn es in der Repertorisation oft an erster Stelle stehenwird. In diesem Schritt geht es nur darum, alle Arzneien auszuschlie-ßen, die für den Fall irrelevant sind. Dieses Ausschlussverfahren birgtwie jede Repertorisation ein gewisses „Restrisiko“ das Simile zu verlie-ren, wenn bei der Entscheidung für die infrage kommenden Arzneienzu viel Wert auf die Kollektaneen gelegt wird. Im Fallbeispiel „Christille“bleiben wegen der hochsignifikanten Zeichenkombination „Stechenbeim Husten“ (Spalte 1) nur Sulph und Sep übrig. Aber theoretischkönnen auch in den 9 Symptomen „Stechen beim Husten“ mehrerefalsche enthalten sein. Der goldene Weg wäre eine Arzneiwahl ohneRepertorisation, direkt aus den Prüfungssymptomen im Textteil für jedeeinzelne Zeichenkombination, aber dieser Weg ist zeitaufwendig. DieRepertorisation dient nur der Zeitersparnis und der Benutzer mussselbst entscheiden, welches Risiko er jeweils eingehen will. Je mehrZeichenkombinationen im Textteil überprüft werden, desto sicherer(aber auch zeitaufwendiger) ist die Arzneiwahl. 25
Analyse: Auswertungsfenster „Berechnen“. Das Programm berechnet eine Hierarchie der Arzneien von derwahrscheinlichsten bis zur unwahrscheinlichsten und dabei geht esprimär um die Anzahl der signifikanten Zeichenkombinationen (Aus-zeichnungen) und erst danach um die Anzahl der Treffer insgesamt.Kali-c hat im Fallbeispiel Christille sieben signifikante Zeichenkombina-tionen von acht insgesamt (7/8) und steht deswegen in der Reihenfol-ge ganz oben, zusammen mit Alum, das auch sieben signifikante Zei-chenkombinationen hat. Danach folgen die Arzneien mit je sechs signi-fikanten Zeichenkombinationen, dann mit fünf signifikanten usw. DieAnzahl der signifikanten Zeichenkombinationen bestimmt die Reihen-folge. Haben mehrere Arzneien gleich viele ausgezeichnet, bestimmt 26
die Anzahl der Gesamttreffer die Reihenfolge. Deswegen steht Alumunter Kali-c, weil Alum sieben Treffer insgesamt hat (7/7) und Kali-chat acht insgesamt (7/8). Sulph steht unter Alum, obwohl Sulph insge-samt acht Treffer hat (Alum hat nur sieben insgesamt), weil Sulph nursechs signifikante hat (6/8). Werden auch nicht charakteristische Zeichenkombinationen einbe-zogen, zum Beispiel Kopfschuppen und Reißen im Kehlkopf (Spalte9 und 10), für die es keine charakteristischen Arzneien gibt, dann hatCalc zwar mit zehn Zeichenkombinationen die meisten Treffer, abernur sechs ausgezeichnet (6/10) und steht deswegen in der Rangord-nung nur an dritter Stelle. Die Gesamtzahl der Treffer (zehn insgesamtfür Calc) ist für die Rangordnung nicht entscheidend. Die Arznei mit den meisten Signifikanzen steht an oberster Stelle, unabhängig von der Gesamtzahl der Treffer. 27
Wenn entgegen den Regeln Hahnemanns nicht charakteristischeZeichenkombinationen in die Auswertung übernommen werden, bleibtdie Arznei mit den meisten Signifikanzen trotzdem an erster Stelle,unabhängig von der Gesamtzahl der Symptome! Obwohl Calc die Arz-nei mit den meisten Treffern ist, steht sie nur an dritter Stelle, weil esauf die Gesamtzahl der Symptome nicht ankommt, sondern auf dieGesamtzahl der charakteristischen Symptome (Organon §104). Das bedeutet aber nicht, dass wahllos alle Zeichenkombinationen(charakteristische und nicht charakteristische) in die Analyse übernom-men werden können, weil sie die Reihenfolge nicht verändern. Nichtcharakteristische Zeichenkombinationen, für die es keine signifikantenArzneien gibt, führen nicht weiter und verkomplizieren nur unnötig dieAuswertung. 28
ABSCHNITT 75. Schritt: Studium derArzneimittellehreIn seinem Werk „Chronische Krankheiten“ schreibt Hahnemann aufSeite 150: „Mit dem zweiten Hauptfehler, ... mit der unhomöopathi-schen Wahl der Arznei versündigt sich der angehende Homöopathiker(viele bleiben, leider, lebenslang solche Anfänger) durch Ungenauig-keit, Leichtsinn und Bequemlichkeit.“ Und weiter: „Mit großer Gewis-senhaftigkeit ... muß der Homöopathiker ein ... mit seinen eigenthümli-chen Symptomen in Aehnlichkeit passendes Arzneimittel im Buche vonden chronischen Krankheiten selbst, so wie in der reinen Arzneimittel-lehre aufzusuchen sich befleißigen, nicht aber mit den vorhandenenRepertorien zu dieser Absicht sich begnügen – ein sehr häufiger Leicht-sinn, indem die letzteren Bücher nur leichte Winke auf dieß oder jenesetwa wählbare Mittel zu geben bestimmt sind, nie aber das Nachschla-gen in den Quellen entbehrlich machen können.“ Das Nachschlagen in den Quellen hat Bönninghausen im Vorwortzu seinem Therapeutischen Taschenbuch das „Studium der Arzneimit-tellehre“ genannt und er sagt darüber: „Es liegt wohl ausser allem Zwei-fel, dass das fleissige und umsichtige Studium der reinen Arzneimittel-lehre durch kein Repertorium, es möge sein, welches es wolle,vollständig ersetzt werden kann. Auch ist Nichts weniger jemals meineAbsicht gewesen, als Jene entbehrlich zu machen; viel mehr halte ichsämmtliche Werke, die solches bezwecken für unbedingt schädlich.“ Durch das Studium der Arzneimittellehre werden die charakteristi-schen Symptome einer Arznei bestimmt, genauer gesagt die signifikan-ten Zeichenkombinationen, denn in den Repertorien stehen keine signi-fikanten und hochsignifikanten Arzneien eines Zeichens oder einer Zei-chenkombination. Die mussten zu Hahnemanns Zeit (und bis zum 29
Erscheinen des Symptomenlexikons) erst mühsam ermittelt werden.Wenn es um „Reißen in der Schulter bei Bewegung“ ging, musstenalle Arzneien von Acon bis Zinc durchgearbeitet werden, um herauszu-finden, welche Reißen bei Bewegung, Reißen in der Schulter undSchulterschmerzen bei Bewegung häufig hervorgebracht haben. DieseArbeit ist jetzt mit dem Symptomenlexikon mit wenigen Mausklicksgemacht. Aber das reicht noch nicht. Man erkennt im Symptomenlexi-kon zwar sofort alle nicht charakteristi-schen, alle signifikanten und hochsig-nifikanten Arzneien für die Zeichen-kombinationen eines Krankheitsfal-les, aber innerhalb der Prüfungssym-ptome gibt es oft noch detaillierteUnterschiede, die berücksichtig wer-den müssen. Und bei den Modalitä-ten können Widersprüche und Unklar-heiten die Arzneiwahl beeinflussen.Außerdem können in den Zeichen-kombinationen auch Falschsympto-me auftreten. Deswegen müssennach der Analyse (4. Schritt) die infra-ge kommenden Arzneien mit den Prü-fungssymptomen verglichen werden,um Falschsymptome, Widersprüche, Unklarheiten und Details in derÄhnlichkeit zu erkennen. Eine Arzneiwahl nur nach den Kollektaneenist eine unhomöopathische Arzneiwahl durch Ungenauigkeit, Leicht-sinn und Bequemlichkeit. Wie wichtig der fünfte Schritt ist, wie wichtignach der Analyse das Studium der Prüfungssymptome im Textteil desSymptomenlexikons ist, wird an Fallbeispielen in „Hahnemanns Arbeits-weise“ aufgezeigt. 30
ABSCHNITT 8Kollektaneen Mit dem Symptomenlexikon kön-nen statistisch signifikante Zeichen-kombinationen der Arzneimittellehreabgerufen werden, zum Beispiel„Kopfschmerz mit Übelkeit“, und manerkennt die statistischen Verteilun-gen. Arsen hat nur zwei Symptome,während Asarum sieben und Boraxfünf Symptome hat. Die Anzahl derSymptome ist offensichtlich nicht ab-hängig von der Gesamtzahl der Prü-fungssymptome einer Arznei. DennArsen hat mit 1231 sehr viel mehrPrüfungssymptome als Asarum mit269 oder Borax mit 460 Symptomen.Kopfschmerz mit Übelkeit ist in denArzneiprüfungen also nicht linear auf-getreten, denn bei einer linearen Ver-teilung müsste mit der Anzahl derPrüfungssymptome auch die Anzahl der Symptome „Kopfschmerzenmit Übelkeit“ steigen. Arsen müsste viermal so viele Symptome wieBorax haben, weil Ars viermal so viele Prüfungssymptome hat. EineLineare Verteilung bedeutet, dass die Symptome zufällig oder alsFalschbeobachtungen aufgetreten sind. Je mehr geprüft wird, je mehrSymptome vorhanden sind, desto mehr Fehler können und müssenauftreten, und zwar linear steigend mit der Anzahl der Prüfungssympto-me. Dass aber Borax mehr als doppelt so viele Kopfschmerzsympto- 31
me mit Übelkeit hat wie Arsen belegt, dass es sich bei diesen Sympto-men nicht um einen Zufall handeln kann, denn ein solcher Zufall müss-te bei Borax viel seltener auftreten, als bei Arsen. Damit ist die Wahr-scheinlichkeit für eine Arzneiwirkung signifikant größer, als eine Zufalls-wahrscheinlichkeit. Statistische Verteilung für „Kopfschmerzen mit Übelkeit“ 32
Es gibt aber keine mathematische Berechnung, wann Zeichenkom-binationen im Verhältnis zur Anzahl der Prüfungssymptome einer Arz-nei signifikant oder zufällig sind! Deswegen wird im Symptomenlexikonab drei Symptomen von einer Signifikanz ausgegangen. Das heißtnicht, dass ab drei Symptomen eine absolute Sicherheit gegeben ist.Die Sicherheit steigt mit der Anzahl der signifikanten Prüfungssympto-me von signifikant bis hochsignifikant, denn signifikant bedeutet, dassdie Wahrscheinlichkeit für einen Zufall gering ist und hochsignifikantbedeutet, dass sie sehr gering ist. Die Anzahl der Symptome einer Zeichenkombination kann mit demSymptomenlexikon als Kollektaneen aufgelistet werden. Den Begriffhabe ich von Hahnemann übernommen, der Tabellen von Bönninghau-sen als „Kollektaneen“ bezeichnete. Das sind wissenschaftliche Auszü-ge oder Sammlungen in tabellarischer Form. Die Kollektaneen gebeneinen schnellen Gesamtüberblick über die Anzahl der Zeichen undZeichenkombinationen und damit über die statistischen Signifikanzenoder „charakteristischen Symptome“, wie es Hahnemann nannte. DieKollektaneen dienen als Repertorium, um Arzneien auszuschließen,die nicht infrage kommen können. Die Kollektaneen im Symptomenlexikon wurden nicht ausgezähltund als Tabellen gespeichert, sie werden vom Programm berechnet,wenn eine Zeichenkombination in die Auswertung übernommen wird.Dann erst werden die Symptome von der Software gezählt und alsZahlenkolonnen im Auswertungsfenster aufgelistet. Arzneien ab dreiSymptomen werden ausgezeichnet (dunkle Felder), damit der Benut-zer einen besseren Überblick über signifikante und nicht signifikanteArzneien hat. Die Zahlen sind keine „Wertegrade“! Sie geben nur dieAnzahl der Prüfungssymptome an. Die Zahl 5 bei Borax besagt nicht,dass es mit Sicherheit fünf Symptome mit Kopfschmerz und Übelkeitsind. Die Symptome werden aus der Rubrik „Kopf“ erstellt, indem dasProgramm aus dieser Rubrik alle Symptome auflistet, in denen auch 33
eine Übelkeit vorhanden ist, das müssen aber nicht immer Kopfschmer-zen sein. In der Rubrik Kopf sind auch andere Symptome wie Juckenoder Kopfhitze enthalten, die natürlich auch zusammen mit Übelkeitauftreten können und in den Kollektaneen gezählt werden! Die Kol-lektaneen geben wie jedes Repertorium erst einmal nur Hinweise, sindaber für sich keine Charakteristika. Arsen hat das Symptom. „Schwäche im Kopf, vor vielen Schmer-zen, mit Schwäche und Weichlichkeit [Übelkeit] in der Herzgrube...“Aus diesem unklar formulierten Symptom geht nicht hervor, ob es sichum einen Kopfschmerz handelt, das Symptom wird aber bei derZeichenkombination „Kopf + Übelkeit“ aufgeführt und in den Kollektane-en gezählt. So kann es vorkommen, dass eine Arznei mit 5 Sympto-men für „Kopfschmerz mit Übelkeit“ ausgezeichnet ist, worunter sichaber 3 Symptome befinden können, die gar keine Kopfschmerzensind. Dann wäre diese Arznei nicht signifikant, obwohl sie als signifi-kant ausgezeichnet ist. Aber das ist kein Problem! Wenn diese Arzneinämlich im konkreten Krankheitsfall gar nicht in die engere Wahlkommt, dann interessiert es auch nicht, ob sie für das Symptom signifi-kant ist oder nicht, denn diese Arznei wird ja sowieso nicht beachtet. Und was ist, wenn diese Arznei in die engere Wahl kommt? Danngibt es nur ein Problem, wenn der Benutzer des Symptomenlexikonsden zweiten Hauptfehler der Homöopathie begeht, den Hahnemannals „unhomöopathische Arzneiwahl“ bezeichnet hat (CK S. 150), näm-lich die Arzneiwahl nur nach Repertorien ohne Studium der Arzneimit-tellehre. Auch die Kollektaneen sind nur ein Repertorium! Deswegenmüssen nach einer Vorauswahl mit den Kollektaneen die Prüfungs-symptome im Symptomenlexikon studiert werden und dann fallen dieSymptome auf, die gar keine Kopfschmerzen sind! Diese Arznei istfolglich nicht signifikant für Kopfschmerzen mit Übelkeit, aber das gehtaus den Kollektaneen in diesem Fall nicht hervor. 34
Einige sind auf die Idee gekommen, eine Art Repertorium mit korri-gierten Kollektaneen zu erstellen. Ein Repertorium der „Charakteristi-ka“, am besten noch in Verbindung mit dem Therapeutischen Taschen-buch von Bönninghausen als „Wertegrade“. Man könnte die Kollektane-en korrigieren (zumindest theoretisch), wenn sämtliche Zeichenkombi-nationen auf Falschzuordnungen durcharbeitet und die falschen Sym-ptome aus der Zählung herausgenommen werden. Selbst wenn dasbei 50 000 bis 100 000 Kombinationen machbar wäre, würde es mehrschaden als nutzen. Das hatte schon Hahnemann erkannt, als er anBönninghausen wegen einer ähnlichen Idee schrieb: „Das ist IhreAnsicht von dem Vorzüglichen der Arzneien, ein Anderer ist wieder an-derer Ansicht.“ Wer will bestimmen, was gezählt wird und was nicht?Wird das Arsen-Symptom „Schwäche im Kopf, vor vielen Schmerzen“als Kopfschmerzsymptom gezählt oder nicht? Ein Anderer ist wiederanderer Ansicht. Und das ist nur ein Beispiel von vielen Tausend. Werlegt fest, was gezählt wird und was nicht? Die „Meister“ bestimmen miteinem Repertorium die charakteristischen Arzneien? Die Meister legenfest, was charakteristisch ist und die Schüler müssen ihnen folgen?Wer als Meister über andere bestimmen will, braucht natürlich Reperto-rien ohne Prüfungssymptome, die von den Schülern nicht kontrolliertwerden können, sonst könnten unangenehme Fragen kommen. DieEinträge in den heutigen Repertorien können nicht überprüft werden,denn keiner weiß, nach welchen Symptomen die Einträge erfolgten. Nach welchen Kriterien wurde zum Beispiel die Rubrik „Reißenherunter“ von Bönninghausen erstellt? Nur wenn es im SymptomReißen herab oder herunter heißt? Oder wurde auch das Symptom„Reißen von der Schulter bis in den Oberarm“ aufgenommen? Bedeu-tet „von der Schulter bis in den Oberarm“, dass sich das Reißen nachunten erstreckt, also von der Schulter herab in den Arm zieht? Oderbedeutet es, dass das Reißen den gesamten Bereich von der Schulterbis in den Arm einnimmt und gar nicht von oben nach unten zieht? 35
Im Gegensatz zu den Kollektaneen können die Einträge in denRepertorien nicht überprüft werden. In den Kollektaneen können zujedem Eintrag die dazugehörigen Prüfungssymptome unmittelbar abge-rufen werden. Damit kann sich der Benutzer selbst ein Bild machen,wie die Zahlen zustande kommen. Er kann also selbst entscheiden, ober Symptome akzeptiert oder nicht, weil es zu jeder Zahl in denKollektaneen die dazugehörigen Prüfungssymptome im Textteil desSymptomenlexikons gibt, die ja vom Programm gezählt wurden. Prüfungssymptome zu jedem Eintrag 36
Die Kollektaneen sind zwar auch ein Repertorium, aber der Benut-zer kann mit den Prüfungssymptomen sofort entscheiden, ob er eineZusammenstellung akzeptiert oder nicht und ob die Symptome auf sei-nen Fall passen. Es gibt nämlich viele Varianten in den Prüfungssym-ptomen, die zwar pauschal in Rubriken zusammengefasst sind, Detailskönnen jedoch in den Kollektaneen mit einer Zahl nicht dargestelltwerden. Um die Unterschiede innerhalb einer Rubrik zu erkennen,müssen die Symptome gelesen werden. Deswegen sind die Kollektaneen keine „Charakteristika“. Sie sindnicht das Ergebnis des Studiums der Arzneimittellehre! Sie geben nurHinweise auf zu studierende Arzneien. Hinweise auf Arzneien mit mehroder weniger Wahrscheinlichkeit für das Simile. Und das gilt ganzbesonders für die Modalitäten. Denn hier gibt es viele Unklarheitenund Widersprüche in den Prüfungssymptomen, die in Kollektaneenoder Repertorien nicht mehr dargestellt werden können. Eine Fallaus-wertung mit den Kollektaneen liefert nur einen Überblick über Arzneiendie in die engere Wahl kommen und mit den Prüfungssymptomenverglichen werden (Studium der Arzneimittellehre) und Arzneien, beidenen ein Studium sinnlos wäre, weil sie nicht infrage kommenkönnen. Beispiele werden in „Hahnemanns Arbeitsweise“ gezeigt. 37
ABSCHNITT 9PolaritätenIn den Arzneiprüfungen gibt es gegenteilige Wirkungen, die Hahne-mann Wechselwirkungen nannte. Heute werden sie als „Polaritäten“bezeichnet. Hitze und Kälte, Gesichtsröte und Gesichtsblässe, Hungerund Appetitlosigkeit oder Verschlimmerungen und Besserungen sindBeispiele solcher Gegenteile. Wir müssen aber bei den Polaritätenzwischen sprachlichen und medizinischen Gegenteilen unterscheiden!Durchfall und Verstopfung mögen sprachlich vielleicht Gegenteile sein,wie vielleicht auch Fließschnupfen und Stockschnupfen, aber das sindkeine medizinischen Gegenteile, weil es ganz unterschiedliche Krank-heitserscheinungen sind. Durchfall einfach nur als häufigen Stuhl zudefinieren und Obstipation als seltenen, ist zu einfach. So simpel sindKrankheiten nicht. Fließschnupfen als „vermehrte Absonderung“ und Stockschnupfenals Gegensatz mit „verringerter Absonderung“ zu definieren, berück-sichtigt nicht die Pathologie. Fließschnupfen mit Kopfschmerzen undStockschnupfen mit Kopfschmerzen ist nicht dieselbe Erkrankung,zumindest nicht dasselbe Krankheitsstadium, wie auch schmerzhafterfestsitzender Husten ohne Auswurf und schmerzhafter Husten mit Aus-wurf unterschiedliche Krankheitsstadien sind oder unterschiedlicheErkrankungen, aber keine Gegenteile. Und es gibt entsprechend auchkeine Arzneien in der Arzneimittellehre, die zwei gegensätzlicheZustände mit ein und derselben Beschwerde hervorgebracht haben,weil es gegensätzliche Beschwerden nicht gibt!Gesichtsröte und Gesichtsblässe sind keine medizinischen Gegentei-le. Eine Arznei kann sowohl Symptome mit Gesichtsröte als auch mitGesichtsblässe signifikant hervorgerufen haben, aber nicht mit densel- 38
ben Beschwerden. Es gibt keine gegenteiligen Begleitsymptome inden Zeichenkombinationen mit Gesichtsröte und auch mit Gesichts-blässe. Es gibt keine spezielle Beschwerde in der Materia medica, diesignifikant zusammen mit Gesichtsröte und auch mit Gesichtsblässeaufgetreten ist. Keine Arznei hat signifikant Übelkeit mit Gesichtsbläs-se und auch signifikant Übelkeit mit Gesichtsröte.Kali-c hat 5 Symptome mit Gesichtsrö-te und 11 mit Gesichtsblässe. Darausgeht aber noch nicht hervor, welcheBeschwerden zusammen mit Gesichts-röte oder -blässe aufgetreten sind. Estreten nämlich nicht dieselben Be-schwerden zusammen mit Gesichtsrö-te und auch Gesichtsblässe auf. Kali-chat zwar Übelkeit mit Gesichtsröte in2 Symptomen und ebenso Übelkeitmit Gesichtsblässe in 3 Symptomen,aber das ist nicht charakteristisch. Ein-zelne Symptome einer speziellen Be-schwerde zusammen mit Blässe undauch mit Röte in der Materia medicasind nicht signifikant und deswegen istes fraglich, ob diese einzelnen Symp-tome Arzneiwirkungen sind. Es gibtkeine Arznei, die sowohl Gesichtsrötemit Übelkeit signifikant bewirkt hat undauch signifikant Gesichtsblässe mitÜbelkeit. Und ob Durst und Durstlosig-keit Polaritäten sind, ist nicht belegt. Die Formulierung „ohne Durst“ inden Prüfungssymptomen kann einfach nur beschreiben, dass ein aus-gesprochener Durst fehlt. „Ohne Durst“ bedeutet dann nur, dass eben 39
kein vermehrter Durst aufgetreten ist. Durstlos ist somit keine Arzneiwir-kung, sondern eine nicht vorhandene Wirkung (vermehrter Durst istnicht aufgetreten). Arsen hat Hitze mit Durst, aber nicht das GegenteilFrost mit Durst, sondern Frost ohne Durst. Auch hier ist die PolaritätHitze und Frost nicht zusammen mit Durst aufgetreten. Arsen hat5 Symptome Hitze mit Durst und kein Symptom Frost mit Durst. Somit gibt es bei den Beschwerden keine Polaritäten, die bei derArzneiwahl berücksichtigt werden müssten. Hier muss nicht Gesichts-röte als begleitende Beschwerde im Verhältnis zur Gesichtsblässeüberprüft werden, weil solche gegenteiligen begleitenden Beschwer-den bei ein und derselben Erscheinung in der Arzneimittellehre nicht(signifikant) aufgetreten sind. In den Beschwerderubriken sind deswe-gen auch keine Gegenteile mit kursiven Arzneikürzeln aufgeführt. Inder Rubrik Gesichtsröte sind nur Symptome mit Gesichtsröte undkeine Gesichtsblässe und in der Rubrik Durstlosigkeit sind keine Durst-symptome enthalten. Bei den Modalitäten sieht die Sache anders aus, hier gibt es vielegegenteilige Wirkungen mit ein und derselben Beschwerde. Es gibtArzneien, die signifikant Stechen verschlimmert bei Bewegung undauch Stechen besser bei Bewegung haben. Dieselbe Beschwerde(Stechen) erscheint unter exakt gegenteiligen Bedingungen (Bewe-gung und Ruhe). Kali-n hat sowohl mehrere Symptome mit Stechenverschlimmert bei Bewegung als auch mit Stechen in Ruhe (besser beiBewegung). Und hier stellt sich die Frage, was Kali-n eigentlich hervor-gebracht hat? Stechen bei Bewegung oder Stechen besser bei Bewe-gung? Was ist charakteristisch? Wofür kann Kali-n gewählt werden?Weder das Eine noch das Andere ist wahlanzeigend, weil aus denPrüfungssymptomen nicht hervorgeht, was Kali-n tatsächlich bewirkthat. Kali-n ist zwar für beide Pole signifikant, aber eben für beide.Es gibt keine deutliche Signifikanz für eine Seite, im Unterschied zumBeispiel zu Bryonia, das signifikant acht Symptome mit Stechen 40
verschlimmert bei Bewegung und nur zwei Symptome Stechen inRuhe hat. Wobei diese Symptome noch nicht einmal eine eindeutigeRuheverschlimmerung sind. Bryonia ist also charakteristisch fürStechen bei Bewegung und bei Kali-n können wir nicht herausfinden,welche Wirkung diese Arznei tatsächlich hervorgebracht hat. Es gibt 41
keine klare Aussage, wie bei Bryonia. Das besagt nicht, dass dieseSymptome von Kali-n falsch sind! Es besagt nur, dass der Bezug zuRuhe und Bewegung nicht bestimmt werden kann. Kali-n kann fürstechende Beschwerden gegeben werden, aber für Stechen in Ruheoder Bewegung ist Kali-n nicht charakteristisch. Bryonia hingegenkann als charakteristische Arznei für Stechen bei Bewegung einge-setzt werden, denn diese Zeichenkombination ist signifikant, ohnewidersprechende Symptome. Wenn Widersprüche vorliegen, wird dieArznei unsicher. Je mehr Widersprüche, desto unsicherer. Gegenteile bei den Modalitäten sind im Symptomenlexikon durchKursivdruck des Mittelkürzels dargestellt und ein Gegenteil ist gegentei-lig zum Rubrikentitel. In der Rubrik Bewegung verschlimmert ist dasGegenteil Bewegung bessert oder Ruhe verschlimmert. Und fürBücken verschlimmert ist das Gegenteil Bücken bessert (Aufrichtenverschlimmert). Durch den Kursivdruck der gegenteiligen Symptomekann man im Symptomenlexikon sofort erkennen, ob Widersprüchevorliegen und ob es viele sind (Kali-n) oder wenige (Bry). Man kannschnell erkennen, wie sicher oder unsicher eine Arznei bei einer Moda-lität ist. Bry ist für Stechen bei Bewegung sicher, Kali-n nicht. Die kursiv ausgezeichneten Symptome werden aber in den Kollekta-neen nicht mitgezählt. Es werden nur die nicht kursiven übernommen!Kali-n hat 4 Symptome Stechen verschlimmert bei Bewegung und5 andere Symptome (Kursivdruck). Die fünf kursiven werden in denKollektaneen nicht gezählt, so dass hier nur die 4 Verschlimmerungenaufgeführt werden. Es können auch nicht 9 Symptome aufgeführtwerden, weil Kail-n nur 4 Symptome mit Verschlimmerung hat. Die fünfanderen sind keine Verschlimmerung des Stechens bei Bewegung undentsprechen damit nicht dem Rubrikentitel „Bewegung verschlimmertStechen“. Kali-n ist jedoch in den Kollektaneen mit 4 Symptomen als„charakteristisch“ ausgezeichnet, obwohl es nicht charakteristisch ist.Die Auszeichnung ist falsch! Das ist ein „Fehler“ in den Kollektaneen. 42
Aber wo ist das Problem? Da sind wir wieder beidem zweiten Hauptfehler der Homöopathie, beider „unhomöopathischen Arzneiwahl“, wie esHahnemann genannt hat, bei der Arzneiwahlnach Repertorien oder Kollektaneen. Die Kol-lektaneen sind keine „Charakteristika“! Manmuss mit einem Mausklick die Symptome vonKali-n im Textteil aufrufen um zu überprüfen, obes kursiv ausgezeichnete Gegenteile gibt. Aberman könnte es sich doch noch bequemermachen und die Kollektaneen korrigieren, dannmüsste man nicht auch noch die Symptomelesen und könnte gleich mit den Kollektaneendie Arznei bestimmen, denn Hahnemann war„Dogmatiker“, der nur seine Arzneimittellehreretten wollte, wie heute behauptet wird. Mankann die Kollektaneen nicht „fehlerbereinigen“,selbst wenn man es wollte, denn was sollte korri-giert werden? Die gegenteiligen Symptome sindnun einmal vorhanden und können nicht einfachgelöscht werden. Und wer will bestimmen, was gelöscht wird und nachwelchen Kriterien? Dann könnte man doch aber in den Kollektaneendie Polaritäten als Verhältnis aufführen, beispielsweise für Kali-n 4/5,dann sieht man sofort, welche Arzneien Widersprüche aufweisen, undob es viele sind oder nur wenige, und müsste keine Symptome mehrstudieren. Aber auch das funktioniert nicht. Es gibt unzählige Varianten von Gegenteilen, 3/1, 3/3, 1/3, 3/4, 3/5,3/6, 4/5, 4/6, 6/7, 6/2, 7/3 usw. Die Liste könnte fast endlos fortgesetztwerden. Es gibt aber keine Formel um ein Verhältnis zu berechnen.Und ob eine Arznei mit Widersprüchen gewählt werden kann hängtauch nicht nur von den Widersprüchen ab, sondern von den Konkur- 43
renzarzneien einer Fallauswertung. Ob eine Arznei das Simile ist,hängt von allen anderen Arzneien ab. Das Simile ist die „am besten“passende Arznei und was am besten passt ergibt sich nur aus demVergleich einer Arznei mit allen anderen. Bry würde im Vergleich mitKali-n für Stechen bei Bewegung allemal besser passen, was abernicht besagt, dass Kali-n nie gegeben werden kann, wenn Stechen beiBewegung vorhanden ist. Selbstverständlich könnte auch dann Kali-nimmer noch die am besten passende Arznei sein, wenn es nämlichkeine bessere gibt, denn Kali-c ist zwar nicht charakteristisch, aber fürdas Simile muss nicht jede Zeichenkombination signifikant sein. Esmuss nur die meisten charakteristischen haben. Und Kali-n könntesogar für Stechen verschlimmert bei Bewegung besser passen alseine Konkurrenzarznei, wenn die Konkurrenz charakteristisch fürStechen besser bei Bewegung ist. Das wäre ein Widerspruch, der beiKali-c nicht vorhanden ist. Man könnte jetzt auf die Idee kommen, gegenteilige Modalitäten mitbeiden Kollektaneen aufzurufen um Arzneien auszuschließen, die inbeiden ausgezeichnet sind. Wird Stechen bei Bewegung und Stechenin Ruhe (besser bei Bewegung) verglichen, gibt es viele Arzneien, diein beiden Kollektaneen eingetragen sind und somit Widersprüchehaben. Und eine Arznei mit vielen Widersprüchen fällt heraus. So könn-te vielleicht das ach so mühsame Studium der Arzneimittellehre um-gangen werden. Es funktioniert aber nicht. Bei Kali-carb zum Beispielist das Verhältnis 7:4 für Stechen bei Bewegung zu Stechen in Ruhe.Somit wäre Kali-c nicht charakteristisch für Stechen bei Bewegung.Tatsächlich ist Kali-c aber doch charakteristisch. Man muss die Symp-tome lesen und vergleichen, dann erkennt man, dass hier zwar unkla-re Symptome enthalten sind, die aber nicht den Widerspruch Stechenin Ruhe bedeuten. Diese Symptome zeigen nur, dass die Prüfungnicht so sicher ist, wie zum Beispiel bei Bry. Je besser eine Arzneiprü-fung ist, desto sicherer ist die Arzneiwahl. 44
Kali-n ist charakteristisch für Stechen beiBewegung, während Kali-c für Stechen beiBewegung nicht charakteristisch ist undauch nicht für Stechen in Ruhe. Wenn beideArzneien in Konkurrenz stehen, passt Kali-nbesser, weil es eine charakteristische Zei-chenkombination mehr hat. Das geht aberaus der Gegenüberstellung der entsprechen-den Kollektaneen nicht hervor! Und wennbeide Kollektaneen nebeneinander aufgeru-fen werden, kann natürlich keine Berech-nung mehr gemacht werden, denn dasProgramm erstellt die Hierarchie nach derAnzahl der Auszeichnungen. Und dann kom-men Mittel nach oben die sowohl fürStechen bei Bewegung als auch für Stechenin Ruhe ausgezeichnet sind und das kannnicht funktionieren. Gegenteilige und unklare Modalitäten wer-den also erst einmal in der Auswertung garnicht berücksichtigt, denn sie sind in den Kol-lektaneen nicht enthalten. Das kann dazuführen, dass Arzneien nach den Kollektane-en in die engere Wahl kommen, die tatsäch-lich aber gar nicht charakteristisch sind, weil sie viele Widersprüchehaben. Diese Mittel fallen erst beim Studium der Arzneimittellehreheraus (kursive Mittelkürzel). Das macht zwar zusätzliche Arbeit, istaber der sicherste Weg. Denn ein „charakteristisches“ Verhältnis vonVerschlimmerung zu Besserung kann nicht aufgestellt werden. EinRepertorium (Kollektaneen) kann nun einmal nur Winke auf die Arznei-prüfungen geben, wie Hahnemann sagt 45
A B S C H N I T T 10ModalitätenModalitäten sind die unsicherstenZeichen in der Materia medica, weilbei jeder auftretenden Beschwerdewährend einer Arzneiprüfung immerirgend welche Umstände bestehen.Aber welche Umstände gehören zurArzneiwirkung? Es ist die Kunst desPrüfers, hier die richtigen Modalitätenzu bestimmen und dazu hat Hahne-mann im Organon eine ausführlicheAnleitung gegeben. Bekommt der Prü-fer Beschwerden, muss er herausfin-den, unter welchen Bedingungen dieBeschwerden auftreten, sich verschlimmern oder bessern. Wenn er imSitzen einen Rückenschmerz verspürt, muss er aufstehen und testen,ob der Schmerz bleibt oder vergeht. Und wenn der Schmerz vergehtmuss er sich sicherheitshalber wieder hinsetzen und beobachten, obder Schmerz zurückkehrt. Wenn sich der Rückenschmerz nämlichnicht verändert, wenn der Prüfer nicht mehr sitzt, hat Sitzen auchkeinen Einfluss und das muss überprüft werden. Wenn das korrektgemacht wurde, hat Hahnemann in den entsprechenden Prüfungs-symptomen „Rückenschmerzen im Sitzen, besser nach Aufstehen undGehen“ angegeben.Die „Besserung“ der Rückenschmerzen durch Aufstehen und Gehenist aber keine Besserung! Es ist eine Scheinmodalität, weil die eigentli-che Verschlimmerung im Sitzen nicht mehr gegeben ist, wenn der 46
Prüfer nicht mehr sitzt. Egal was der Prüfer nach dem Sitzen macht,Gehen, Stehen oder Liegen, es wird nur deswegen besser, weil ernicht mehr sitzt. Die scheinbare „Besserung“ beim Aufstehen oderGehen ist gar keine bessernde Modalität. Von solchen Scheinmodalitäten gibt es sehr viele in der Arzneimittel-lehre. Deswegen sollten bei den Modalitäten möglichst immer dieVerschlimmerungen anstatt der Besserungen zur Arzneiwahl herange-zogen und in der Anamnese eruiert werden. Wenn der Patient sagt,dass seine Rückenschmerzen im Liegen besser sind, muss herausge-funden werden, wodurch sie sich verschlimmern! Denn es muss eineVerschlimmerung geben (oder mehrere), sonst könnte es im Liegennicht besser werden. Bei Rückenschmerzen im Sitzen ist die Ver-schlimmerung ausschlaggebend und nicht Aufstehen und Gehen bes-sert. Hier muss also Rückenschmerzen im Sitzen genommen werdenund nicht „Gehen bessert Rückenschmerzen“. Im Symptomenlexikon gibt es deswegen kaum Rubriken mit Besse-rungen. Anstatt „Bewegung bessert“ gibt es nur die Rubrik „Ruheverschlimmert“, was dasselbe ist, denn wenn Bewegung bessert,muss Ruhe zwangsläufig verschlimmern, sonst könnte Bewegungnicht bessern. Wird also „Bewegung bessert“ gesucht (Bewegung>)erscheint dazu im Menü „Ruhe verschlimmert“ (Ruhe<). Und wird Auf-richten bessert gesucht (Aufrichten>), erscheint Bücken verschlimmert,denn wenn es beim Aufrichten besser wird, muss es beim Bückenschlechter werden, sonst könnte Aufrichten nicht bessern. Für diemeisten Besserungen gibt es also eine entsprechende Verschlimme-rung, die anstatt der Besserung zur Arzneiwahl benutzt wird. Es gibtaber auch Rubriken mit Besserungen ohne analoge Verschlimmerun-gen, zum Beispiel „Druck bessert“ (Druck>), weil es für Druck bessertkeinen analogen Begriff gibt. Für Bewegung bessert gibt es den analo-gen Begriff Ruhe verschlimmert, der dasselbe bedeutet, aber dieseAnalogie gibt es nicht für Druck bessert (oder verschlimmert). 47
Es ist bei einer Arzneiprüfung natürlich schwierig, immer alleUmstände herauszufinden und manchmal ist es auch gar nicht mög-lich. Bekommt ein Prüfer beim Gehen auf der Straße einen Rücken-schmerz, müsste er zumindest stehen bleiben um zu testen, ob Gehenden Rückenschmerz verschlimmert. Aber wenn der Schmerz dannnicht verschwindet, müsste er sich hinsetzen oder hinlegen um heraus-zufinden, ob das einen Einfluss hat, was natürlich nicht immer möglichist. Also konnte er nur „Rückenschmerzen im Gehen und Stehen“formulieren. Modalitäten sind folglich unsichere Zeichen, denn einBeschwerde kommt von selbst, eine Modalität muss aktiv herausgefun-den werden. Bei den Modalitäten gibt es deswegen Formulierungen wie „in Ruheund Bewegung“ oder „bei Bewegung unverändert“. Hier haben diePrüfer getestet, ob sich die Beschwerden in Ruhe oder Bewegungverändern, was aber nicht der Fall war. Solche Symptome haben alsomit Ruhe oder Bewegung gar nichts zu tun, aber sie sind im Sympto-menlexikon aufgeführt (mit kursivem Mittelkürzel), denn sie könnenPrüfungssymptome anderer Prüfer relativieren. Wenn fünf Prüfer die-selbe Arznei prüfen und drei bekommen Rückenschmerzen beimGehen, aber zwei haben die Rückenschmerzen sowohl beim Gehenals auch im Sitzen und Liegen, dann stellt sich die Frage, wie gut oderschlecht die drei Symptome Rückenschmerzen beim Gehen der ande-ren Prüfer sind? Haben die auch getestet, ob die Rückenschmerzenbeim Gehen auch im Sitzen oder Liegen anhalten oder vergehen? Staphysagria zum Beispiel hat für Reißen bei Bewegung einigegegenteilige Symptome (besser bei Bewegung) und einige „in Ruheund Bewegung“. Insgesamt hat Staphysagria jedoch signifikant mehrSymptome Reißen verschlimmert bei Bewegung und ist somit charak-teristisch. Aber im Vergleich zu Ledum ist diese Charakteristik nicht sogut, weil Ledum eben keine Widersprüche und Unklarheiten hat.Deswegen ist Ledum hierfür sicherer als Staphysagria. 48
Im Vergleich zu Ledum ist Staphysagria die schlechtere Wahl 49
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