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Inhalt_Feuerstein_3. Auflage

Published by info, 2017-08-07 11:52:21

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1Günter FeuersteinErfolgreich Nymphenfischen auf Salmoniden

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3 Günter Feuerstein Erfolgreich Nymphenfischen auf SalmonidenDas umfassende Lehrbuch für den ambitionierten Nymphenfischer Verlag fischueberalles.ch

4 Mein besonderer Dank gilt Harald Birkl für die zahlreichen Fotos und Anregungen zum Buch Edgardo Donà, Wolfgang Fabisch, Sepp Fuchs, Marc Petitjean, Gerhard Schnöller und Jupp Verstraten die ihre liebsten Nymphenmuster in diesem Buch präsentieren. Diepoldsau, im April 2010 www.g-feuerstein.com3. überarbeitete und erweiterte Auflage 2016© 2010 by Mächler Media, Verlag fischueberalles.ch, 5326 Schwaderloch/SchweizAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-905678-49-9www.fischueberalles.ch

5InhaltsverzeichnisVorwort 11Teil 1: Wichtige Fischnährtiere 13 Die wichtigsten Wasserinsekten 14 - Die Eintagsfliegen 15 - Die Köcherfliegen 19 - Die Steinfliegen 25 - Die Zweiflügler 28 - Die Libellen 29 - Die Wasserwanzen und Wasserkäfer 30 Bachflohkrebse 31 Terrestrische Nahrung 33Teil 2: Theorie und Praxis des Nymphenfischens 34 Nymphen und ihre Eigenschaften 34 Nymphentypen 35 - Die annähernd perfekte Imitation 36 - Das Gruppenmuster 37 - Das gruppenübergreifende Muster 38 Minimal Patterns 38 - Die Reiznymphe 42 Die Bedeutung der Nymphenfarbe 46 Die Größe der Nymphe 51 Das Gewicht der Nymphe 53 Der Geruch der Nymphe 57 Tabelle zur Nymphenwahl 60 Nymphenfischen mit System 61 Die gebräuchlichsten Montagen 66 Das Angeln mit mehreren Nymphen 68 Barbless, Andrücken bzw. Brechen des Widerhakens oder Microbarbs? 74 Die Sache mit dem Widerhaken 77 Haken lösen 80 Die Technik des Nymphenfischens 81 Das Nymphenfischen in Fließgewässern 81 Suchfischen 81 Fischen mit Sichthilfen 83 Traditionelles Nymphenfischen stromauf 85 Stromauffischen bei tiefem oder schnellem Wasser 87 Traditionelles Nymphenfischen stromab 89 Die gezupfte Nymphe 91 90° Fischen bzw. direktes Stromabfischen mit Indikator 92

6 Stop and Go Technik 94 Riffle Hanging – das Abfächern von Hot Spots 95 Direktes Nymphenfischen mit kurzer Schnur 96 Pocket Water Nymphing 96 Czech Nymphing – Stil oder nur Notlösung? 97 Modernes Nymphenfischen mit Schlaufentechniken und Schwimmschnüren 100 Das Prinzip der Umlenkrolle 101 Die FP-Technik (Feed and Pull Technik) 103 Kombiniertes Stromauf- und Stromabfischen - die lange Drift 102 KSF mit Betonung auf Stromabfischen 107 Das Befischen von tiefen Stellen 109 Reines Stromabfischen mit Schlaufentechniken 110 Erfolgreiche Mörrum Technik 110 Das Fischen jenseits der Strömung 114 Die Parallel-Drift-Technik 114 Circle Nymphs 118 Das Stromabfischen mit der 90° Methode am gegenüberliegenden Ufer 122 Stromabfischen ohne Rückraum stromauf 123 Stromabpräsentation ohne Rückraum mit der 90° Methode 124 Fischen auf Sicht 125 Fischen auf Sicht stromauf – die traditionelle Methode 126 Fischen auf Sicht stromab 128 Futterneid 132 Schlafende Äschen 133 Fischen auf Sicht quer zur Strömung 133 Magic Moves – Zuckmücke mit Eigenleben 134 Tandemfischen – Fischen auf Sicht mit Guide/Partner 136 Strike! 138 Die Techniken des Nymphenfischens im Stillwasser 139 Lough Style Fishing 140 Einstrippen der Sinkschnur in unterschiedlicher Geschwindigkeit und Tiefe 141 Das Fischen knapp über Grund mit Sinkschnur und schwimmenden Nymphen 145 Das stationäre Fischen mit der Nymphe im Oberflächenfilm oder knapp darunter 147 Das Fischen auf Sicht auf herumstreunende Fische 150 Vom Wurf zum Anschlag 151 Präsentieren, einstrippen, menden 151 Flach oder tief? 151 Das Handling der Fliegenschnur beim Einstrippen 151 Das Nachfüttern der Fliegenschnur 152

7 Der Anschlag 155 Der Drill 156 Die Landung 158 Spezialwürfe für das Nymphenfischen 162 Der Rollwurf 163 Der Magic Switch 164 Der Snap-T 174 Die Würfe für extremen Tiefgang 180 Umsetzung des Prinzips beim Dunker 181 Der Vertikale Bogenwurf (Distance Dunker) 182 Der Sideroll-Snap - eine besondere Rollwurf Variante 183 Der Froller 185 Die Ausrüstung 187 Die Fliegenrute 187 Die Fliegenschnur 190 Core Protectors 192 Die Fliegenrolle 194 Das Vorfach 197 Sichthilfen (Indicators) 201 Die Polarisationsbrille 208 Der C&R Kescher 210 Mud und Schwimmittel 211 Softlead und Split Shots 211 UV Lampe und UV Kleber 212 Der Schnurkorb 212 Das Mono-Tool 212Teil 3: Unsere Zielsalmoniden 214 Die Äsche 214 Die europäische Äsche 214 Die sibirische Äsche 216 Die europäische Forelle 217 Die Bachforelle 218 Die Flussforelle 220 Die Marmorata 222 Der Seesaibling 223 Der Bachsaibling 225 Der Dolly Varden 226 Der Ostasiatische Saibling 228 Die Regenbogenforelle 229 Fische und Schmerz? 233 Die Purpurforelle 235 Das Felchen 236 Der Mountain Whitefish 238

8Teil 4: Gewässer lesen – Wo steht der Fisch? 240 Anforderungen an den Standort eines Fisches 241 Klassische Standplätze 249 Überhängendes Buschwerk 249 Unterspülte Ufer 250 Alte Uferbefestigungsmauern 251 Wurzelwerk 251 Die Uferbank 252 Die Vertiefung im Flussbett (Mulde) 253 Die Rausche 254 Die Engstellen 254 Pool-Riesel Strecken 255 Der Einlauf 256 Das Auge des Pools 257 Die Mitte des Pools 258 Der Auslauf von Pools 258 Riesel am Pool-Auslauf 258 Resonanzwellen und Spiegel 262 Das Wasserkissen 263 Die Strömungstasche 264 Der Mündungsbereich von Seitengewässern 265 Ausläufe von Kraftwerken 267 Wasserfälle 268 Einzelne grosse Steine 267 Kanten mit Blocksteinen 268 Die Rinne 270 Brücken 271 Wer nicht wagt, der nicht gewinnt… 252 Schluchtstrecken 275 Strömungstaschen in Schluchten 276 Sporen, Buhnen 277 Grundwassergiessen (Spring Creeks, Chalk Streams) 278 Die Abbruchkante 279 Hinterwasser mit Gegenströmung 280 Das Futterförderband 281 Stromleitungen 282 Sohlschwellen 283 Blocksteinrampen 284

9Teil 5: Erfolgreich Nymphenfischen 286 Vertrauen und Zuversicht als Grundeinstellung 286 Wetter und Beißzeit 287 Wassertemperatur und Beißverhalten 289 Die Aktivitätstabelle 291 Die Krux mit dem Schwall 293 Die 10 Gebote für erfolgreiches Fischen 299 Fischen um jeden Preis? 301 Unsere Verantwortung gegenüber der Kreatur 302 Regeln zum Drillen, Lösen und Zurücksetzen 303 Wildfischpopulationen 305Teil 6: Praxiserprobte Nymphen für Fließ- und Stillgewässer 306 Fängige Nymphenmuster 312 Anhang: Glossar 338 Foto- und Literaturnachweise 347

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11VorwortEs ist nun schon mehr als 30 Jahre her, seit ich meine ersten Fische mit der Nymphefing. Es war eine tolle Zeit, damals, als meine Jugendfreunde und ich mit einfachs-tem Material und selbst gebasteltem Fliegengerät noch unser Auslangen fandenund trotzdem schöne Fische fingen. Die Ausführungen von Hans Steinfort und Frankde la Porte haben mir, wie so vielen anderen damals, den Einstieg ins Nymphenfi-schen erleichtert. Das Fachsimpeln mit meinen Fischerfreunden war die Würze inder Suppe. So reihte sich schließlich ein Stein auf den anderen.Seit dieser Zeit hat sich sehr viel geändert. Die Fliegenruten sind leichter undschneller geworden, die Schnüre haben sich in Form und Eigenschaften stark indie Breite entwickelt. Die Vorfächer haben inzwischen eine wesentlich höhere Trag-kraft, und unter Wasser sind sie mittlerweile schon fast unsichtbar. Auf dem Sektorder Bindematerialien ist eine ganze Lawine von synthetischen Materialien über dieFliegenfischer hernieder gegangen und hat viele alteingesessene Muster regelrechthinweggefegt.Parallel dazu hat sich in dieser Zeit auch die Einstellung der meisten Fliegenfischerzur Nymphenfischerei geändert. Vorbei ist vielerorts die Zeit, als Massenschlüpfevon Insekten noch an der Tagesordnung waren und die Fische teilweise wie verrücktan der Oberfläche tafelten. Dies ist heute nur noch an sehr wenigen Gewässern imAlpenraum zu beobachten. Mit den schwindenden Insektenmengen verschwandenauch die Trockenfliegenpuristen. Die Gewässer haben sich auch in anderer Hinsichtverändert. Sie sind zwischenzeitlich zum Tummelplatz vieler Freizeitsportler undErhohlungsuchender geworden. Die Fische haben darauf reagiert. Will der Fliegen-fischer heute erfolgreich sein, so muss er sich diesen Veränderung anpassen undseine Geräte und die ihm zur Verfügung stehenden Materialien gepaart mit neuemWissen über die Biologie der Schuppenträger richtig einsetzen. Dieses Buch solleine Stütze sein für all diejenigen, die sich etwas intensiver mit der Nymphenfische-rei auseinandersetzen wollen oder müssen.Ein Plus an Möglichkeiten bedeutet aber auch mehr Eigenverantwortung. Ein gewis-ses Verständnis für die Belange der Natur, den Schutz unserer Gewässer, Selbst-beschränkung, besonders in Bezug auf die Entnahme von wertvollen Wildfischen,der Schutz von potentiell wertvollen Laichfischen und -habitaten sollte uns allen eingroßes Anliegen sein. Denn was nützt uns die beste Technik an fischleeren Gewäs-sern?In diesem Sinne: Limit your kill, don't kill your limit!Tight Lines und viel Spaß beim Lesen wünscht IhnenGünter Feuerstein

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13 Teil 1 Wichtige FischnährtiereFliegenfischen und die elementare Kenntnis der Fischnährtiere gehören untrennbarzusammen. Ohne die einzelnen Bestandteile der Nahrungskette zu kennen und dasVerhalten der Fische in Bezug auf die Verfügbarkeit ihrer Nahrung zu verstehen,wird man wohl kaum ein wirklich guter Fliegenfischer werden. Leider sind deutsch-sprachige Werke zum Thema Entomologie sehr komplex und eher für fortgeschritte-ne Fliegenfischer gedacht. Totale Neulinge schrecken diese Bücher eher ab. Dabeisind sie hervorragend gemacht und wer sich eingehender damit befasst und gerneFliegen bindet, wird seine wahre Freude damit haben. Anfänger sind oft zu sehr aufden Fisch fokussiert, doch um ein guter Fliegenfischer zu werden, ist es besonderswichtig zu begreifen, was eigentlich einen Fisch zu welcher Zeit und aus welchemGrund dazu bewegt, ganz bestimmte Nahrung aufzunehmen. Für mich ist es einbesonderes Anliegen, das Blickfeld unserer Neulinge zu erweitern und auch aufdas Umfeld des Gewässers auszudehnen. Nur so gelingt es uns Fliegenfischern auflange Sicht unsere Gewässerlebensräume und Fischpopulationen zu erhalten undwichtige Zusammenhänge zu verstehen. Fliegenfischen ist viel mehr als nur Fischefangen! Es sollte bedeuten, sich im Einklang mit der Natur zu bewegen, ihren Pulszu fühlen und mit ihr zu verschmelzen.Ich möchte in den folgenden Kapiteln versuchen, die für das Fischen notwendigenEntomologiekenntnisse auch für Anfänger relativ einfach und verständlich zu hal-ten. Dazu ist es allerdings notwendig, zwischen einzelnen Gewässertypen zu unter-scheiden.Aus langjähriger praktischer Erfahrung mit verschiedensten Gewässertypen bin ichüberzeugt, dass besonders in Bezug auf die alpinen und hochalpinen Gewässernder Stellenwert der Entomologie bzw. der exakten Nachahmung stark überbewertetwird. Es genügt vollkommen, die im Wasser vorkommenden Larven oder adultenInsekten sich in Größe und Farbe einzuprägen. Bei den Larven sind in erster LinieTiere mit dunklen Flügelscheiden von Interesse, da sie sich kurz vor dem Schlüp-fen befinden und somit am ehesten in der fließenden Welle anzutreffen sind. Eingenaues Imitieren ist hier überhaupt nicht nötig. In solchen Gewässern heißt es für

14die Fische in erster Linie: „Friss oder stirb!“, denn die Winter sind lang und hart inden Alpen. In solchen Gewässer haben Einsteiger meist die besten Erfolge, denn dieFische können es sich dort einfach nicht leisten wählerisch zu sein.Wenn es sich beim Zielgewässer jedoch um einen Niederungs- oder Voralpenflusshandelt und das Gewässer sehr sauber, nahrungsreich und gar noch einem hohenBefischungsdruck ausgesetzt ist, sind die Fische zu gewissen Zeiten unter Umstän-den sehr selektiv. Besonders gegen Ende der Fischereisaison, nachdem hunderteAngler das Gewässer durchpflügt haben, sollte man dort ein möglichst genauesImitat zur Hand haben. An den von mir heiß geliebten Gewässern des nordamerika-nischen Westens ist dies sogar ein absolutes Muss.Nach manchen Autoren sollte man auch über die Schlupfgewohnheiten und auchüber die Art der Bewegung der Insekten unter Wasser Bescheid wissen. Man sollte,denn all dieses Wissen beim Fischen dann auch noch umzusetzen, ist selbst fürProfis oft ein Ding der Unmöglichkeit. Es funktioniert im besten Falle bei lamina-rer Strömung und bei relativ ruhigem Wasser. Doch stehen dort auch immer diegewünschten Fische? Wohl kaum! Theorie ist gut, Praxis ist besser. Dieses Buchist in erster Linie ein Buch für Praktiker. Es soll auch dazu beitragen, manches zuentmystifizieren.Statt die einzelnen Arten beim Namen zu kennen, ist es für den Fischereierfolgwesentlich sinnvoller einen Überblick darüber zu bekommen, wo bestimmte Fisch-nährtiere in der Regel zu finden sind. Aufgrund ihrer Anatomie können sich nämlichin bestimmten Bereichen nur ganz bestimmte, darauf spezialisierte Arten aufhal-ten. In solchen Zonen ist das Fischen mit Imitaten der dort am wahrscheinlichstenanzutreffenden Nymphen gewöhnlich immer Erfolg versprechend.Die wichtigsten WasserinsektenDa in diesem Buch die Nymphenfischerei behandelt wird, möchte ich mich auchbei den Wasserinsekten hauptsächlich auf jenen Teil ihrer Entwicklung beschrän-ken, der unter Wasser abläuft. Der folgende Exkurs in die Welt der Bewohner desGewässerbodens und des Schotterlückensystems ist nur als minimale Einführunggedacht und keineswegs als vollständig zu betrachten. Das Thema ist überaus um-fangreich und komplex. Im Literaturhinweise im Anhang finden sich hervorragendeWerke zum Thema. Jeder ambitionierte Fliegenfischer wird sich irgendwann einmalgenauer in diese Materie einlesen, um die Lebensweise der Insekten, Krusten- aberauch anderer Nährtiere etwas besser zu verstehen.Für Anfänger sind einfache Grundkenntnisse jedoch vollkommen ausreichend. Da

15die deutschen Namen für die einzelnen Insektenarten jedoch gänzlich in der Ver-senkung verschwunden sind, werden heute ausschließlich lateinische oder engli-sche Ausdrücke zur Unterscheidung verwendet. Um diese Fachausdrücke kommtauch der Anfänger leider nicht herum. Im Glossar im Anhang finden sich Erklärun-gen zu sämtlichen im Buch verwendeten Spezialausdrücken aus dem Gebiet derFliegenfischerei. Ein Blick unter die Steine gibt uns Auskunft, was am Gewässer gerade so läuft.Die Eintagsfliegen (Ephemeroptera)Die entwicklungsgeschichtlich sehr alten Eintagsfliegen(ca. 200 Mio. Jahre) gehö-ren zu den drei wichtigsten Insektengruppen. Für viele Fliegenfischer sind die be-deutendsten Wasserinsekten überhaupt. Eintagsfliegen sind für uns deshalb so in-teressant, weil sie fast das ganze Jahr über am Wasser anzutreffen sind. Bereits imzeitigen Frühjahr können erste Massenschlüpfe auftreten und selbst im Novemberfliegen noch einzelne Exemplare dieser Spezies an den Ufern entlang.

16In den Gewässern des europäischenKontinents leben nach Illies ungefähr200 Arten dieser filigranen Tiere, diesich in Fliessgewässern aber auchSeen mit ihnen behagender Gewäs-sergüte aufhalten. Im biologischenEuropa (West Palaearctic) wird garvon 369 Arten ausgegangen (Bauern-feind & Soldan 2012). Je nachdemob wir an der Strömungskante, in faststehenden Bereichen, über Stein,moosigem Grund, sandigem oder garschlammigem Boden fischen, dürfenwir dort mit ganz spezifischen, für die-sen Lebensraum optimal angepass-ten Arten rechnen.Nach Oliver Kite, einem der erstenProtagonisten des Nymphenfischens,unterscheiden wir nach dem Körper-bau und der Verhaltensweise die fol-genden Larvenarten:Grundgräber (Ephemera) Eintagsfliege (Ephemera vulgata), „Schlammkriecher (Caenis) SubimagoMooskletterer (Ephemerella)Steinklammerer (Heptagenia)Schlängler (Leptophlebia)Kl. und gr. Schnellschwimmer (Baetis bzw. Siphlonurus)EntwicklungEintagsfliegen haben eine ganz eigene Art sich zu entwickeln, die für die modernenInsekten absolut untypisch ist. Wie auch bei den anderen Wasserinsekten entwi-ckelt sich zunächst aus dem Ei eine Larve. Diese wiederum verbringt je nach Art1 bis 3 Jahre ihres Lebens unter Wasser und häutet sich während dieser Zeit vieleMale. Dann geschieht eine rapide Veränderung. Die Flügelscheiden werden dunkelund kurze Zeit später schwimmt das Tier zur Oberfläche, um zu schlüpfen. Dies ge-schieht meist in den Morgen- und Abendstunden, bei bedecktem Himmel oder garim Schutze der Dunkelheit. Hat die Larve die Wasseroberfläche durchstoßen, befreitsie sich umgehend von der Nymphenhaut. Die Flügel werden ausgebreitet. Nach de-ren Aushärtung, die je nach Art und Witterung unterschiedlich lange dauert, fliegtdas kleine Insekt ins Ufergestrüpp. Es ist jetzt allerdings noch nicht geschlechtsreifund wird als Subimago bezeichnet. Um die Geschlechtsreife zu erlangen, muss es

17sich an der Luft ein weiteres Mal häuten. Nach der 2. Umwandlung ist die äußere Er-scheinungsform genau diesem Zweck angepasst. Die kleinen Tierchen können kei-ne Nahrung mehr aufnehmen, sondern sich nur noch paaren, um schließlich völligausgetrocknet und entkräftet vom Himmel zu fallen und zu sterben. Mit diesem sogenannten Spinnerfall der Weibchen nach der Eiablage schließt sich der Kreislaufdieser filigranen Tiere. Eintagsfliegen können bis zu 2500 Eier legen.FischereiEintagsfliegen legen bis zu 2500 Eier und es können während eines Jahres mehrereGenerationen derselben Art vorkommen. Die erste Generation ist dabei deutlichgrößer als die folgende(n). Die Größenunterschiede können dabei mehrere Milli-meter betragen. Dies kann bei der Wahl der Nymphengröße mitentscheidend sein.Eintagsfliegen leben nach dem Schlüpfen nicht nur einen Tag, auch wenn der Namedies vermuten ließe. Manche von ihnen leben gar bis zu zwei Wochen in ihrer neuenUmgebung, bis sie sich schließlich fortpflanzen, stromauf fliegen, um ihre Eier zulegen und anschließend zu sterben. Da sich der größte Teil ihres Lebens jedoch un-

18ter Wasser abspielt, sind sie dort auch für die Fische leichter und länger verfügbar.Darauf ist auch zurückzuführen, dass Fliegenfischer mit der Nymphe meist mehrErfolg haben, als diejenigen, die einzig mit der Trockenfliege fischen. Zwar ist die Fi-scherei mit der Trockenfliege besonders dann, wenn große Fische steigen, äußerstspannend und spektakulär, doch nimmt die Schlupfphase im Lebenszyklus der Ein-tagsfliegen wirklich nur einen winzig kleinen Bruchteil ein. Dies bedeutet gleichzei-tig auch, dass man während des größten Teils des Jahres in Dead Drift (abtreibenlassen der Nymphe ohne zusätzliche Bewegung derselben) fischen sollte, um vonder Strömung mitgerissene oder sich in ihr abtreibende Larven zu imitieren bzw. mitReizködern die Fische zum Biss zu verleiten.Wenn das Ende des Larvenstadiums naht und die Larven schlüpfen, muss sich auchder Fliegenfischer etwas umstellen. Zur Imitation des Schlüpfens sollte dem Imitatnun Leben eingehaucht werden. Das kleine Tierchen schwimmt nämlich rasch zurWasseroberfläche, zuckt und strampelt, um sie zu durchbrechen und sich anschlie-ßend von der Nymphenhaut zu befreien. Danach kehrt wieder für einen kurzen Mo-ment Ruhe ein, bis die Flügel ausgehärtet sind und das Insekt vom Wasser abhebenkann. Um den Schlupfvorgang zu imitieren, wird die Drift der Nymphe gestoppt, umsie mit der Strömung zur Oberfläche steigen zu lassen. Durch das Stoppen, Freige-ben und abermalige Stoppen in wiederholter Folge kann dieser Schlupfvorgang beilaminarer Strömung und ruhig fließendem Wasser imitiert werden. Ich schreibe hierbewusst kann, denn unser Einfluss auf die effektive Bewegung der Nymphe ist nurschwer kontrollierbar, da sie ja auch von der Aktion der Rute, der Fliegenschnur, derVorfachlänge, dessen Durchmesser und natürlich von den verschiedenen Strömun-gen abhängig ist. In den meisten Situationen sollten wir uns damit begnügen, denSchlupfvorgang mit einfachem Abstoppen unmittelbar vor dem vermuteten Aufent-haltsort eines Fisches zu imitieren (Leisering Lift).Wie bereits einleitend erwähnt, sind an schnell fließenden und nahrungsärmerenAlpenflüssen genaue Imitationen eher überflüssig. Alles was im Entferntesten alsfressbar eingestuft wird und die Aufmerksamkeit des Fisches erregt, wird zumindestins Maul genommen und – falls für nicht fressbar eingestuft – wieder ausgespuckt.Wenn aber genügend Nahrung verfügbar ist, so wird die Fischerei sehr schwierigund die Fische selektieren ihre Nahrung instinktiv, um ihre Vitamin- und Aminosäu-redepots wieder aufzufüllen. Jetzt muss auch der Nymphenfischer seine Imitateund Technik optimieren, um noch Erfolg zu haben.Die Eintagsfliegenlarven sind als Imitation gefischt praktisch das ganze Jahr übereine gute Wahl. Wenn sich der Fliegenfischer mit offenen Augen am Wasser bewegt,wird er bald über Größe, Farbe und Verhalten der in Frage kommenden Insektengenug Bescheid wissen, um eine passende Imitation zu wählen. Ein paar Steine um-gedreht, das Hinterwasser nach Nymphenhäuten abgesucht, ein suchender Blicküber die Wasseroberfläche, und dann kann es losgehen.

19Wo fische ich welche Eintagsfliegen Imitation?Schnelles Wasser beherbergt Larven, die optimal an die Strömung angepasst sind.Es sind dies Insekten aus der Familie der Heptageniden, so genannte Steinklam-merer (Heptagenia, Epeorus, Ecdyonurus, Rhithrogena). Starke Beine mit Endhakenund ein abgeplatteter Kopf und Körper, der bei aufgestellten Hinterbeinen wie einSpoiler beim Auto wirkt und den Anpressdruck verstärkt, sind charakteristisch fürdiese Gattungen. Sie klettern scheinbar mühelos über die glatten Steine und wei-den Algenbeläge ab. Schwimmen können sie allerdings nur sehr schlecht. Wir fin-den diese Larven oft in sehr schneller Strömung bis 1 m/sec. In Dead Drift gefischt,imitieren wir die von der Strömung mitgerissenen, hilflos dahin treibenden Larven.Als Besonderheit gibt es unter ihnen Arten, die beim Schlüpfen schon unter Wasserdie Flügel entfalten. Dem kann natürlich beim Binden der Nymphe Rechnung getra-gen werden.Der Randbereich der schnellen Strömung (Strömungsschatten und Spalten) wirdvor allem von kleinen, schwimmenden Larven (Baetis) besiedelt. Durch ihr gutesSchwimmvermögen können sie sich in diesem Bereich problemlos fortbewegen.Ihre Schwimmbewegungen sind ruckartig. Bei einem Baetis-Schlupf lassen wir so-mit die Nymphe bzw. den Aufsteiger mit Wippbewegungen der Rutenspitze zuckendzur Wasseroberfläche steigen.Mäßige Strömung ist charakteristisch für Kriecher und Schlängler der GattungenEphemerella und Leptophlebia. Auch sie werden (Schlupfphase ausgenommen) inDead Drift gefischt, da sie meist beim Abtreiben von den Fischen aufgenommenwerden.Im Uferbereich und ruhigem Wasser sauberer Flüsse und Bäche finden wir gro-ße schwimmende Siphlonurus-Larven, deren ruckartige Schwimmbewegungen wirnachahmen müssen, um erfolgreich zu sein. Aber auch unsere größten Eintagsflie-genlarven leben in diesem Bereich. Die großen Maifliegen der Gattung Ephemerahausen in U-förmigen Röhren im sandigen Gewässerboden von Hinterwässern. IhreEntwicklungszeit dauert zwei Jahre. Entsprechend ihrer Lebensweise werden diegroßen Maifliegennymphen in Bodennähe langsam strippend gefischt. Dabei kom-men in tieferen Fließgewässern und in Seen auch Sinkschnüre zum Einsatz.Die Köcherfliegen (Trichopteren)Meist von April bis Oktober können wir hauptsächlich in der zweiten Tageshälfte dieadulten Tiere dieser Art über das Wasser taumeln sehen. Wie auch die Schmetter-linge besitzen Köcherfliegen keine Schwanzfäden, die ihren Flug stabilisieren. Dieschmetterlingsähnlichen Taumelbewegungen während des Fluges sind deshalb

20 schwärmende Köcherfliegen an der Drau im Süden Österreichscharakteristisch für diese Insektengattung. Wir unterscheiden grundsätzlich zwi-schen gehäusebauenden und gehäuselosen Köcherfliegen.Die gehäusebauenden Köcherfliegenarten gehören wohl mit zu den besten Bau-meistern, die Mutter Natur hervorgebracht hat. Wenn man die Gehäuse mancherArten (besonders Sericostama) betrachtet, so kann man sich ob der Perfektion ihresKöchers kaum vorstellen, dass so filigrane Tiere in der Lage sind, so etwas Perfek-tes herzustellen. Natürlich sind Köcherfliegen nicht primär auf die Herstellung einesoptisch perfekten Köchers bedacht. Sie verwenden für den Köcherbau schlicht Ma-terialien, die in ihrem Umfeld leicht verfügbar sind und die sie mit einem Spinnfadenaneinander „kleben“. So entstehen beispielsweise Köcher aus Tannennadeln, auskleinen Schneckengehäusen, aus Holzstückchen oder eben schlicht aus Steinchen.Nützlich ist alles was dazu dient, den weichen Hinterleib der Tiere zu schützen. BeiGefahr zieht sich die Larve blitzschnell in ihr Gehäuse zurück und fällt meist in eineSteinspalte. Ein Jungfisch kann somit dem Tier nicht viel anhaben. Einer großenForelle oder Äsche ist dies jedoch ziemlich egal. Sie verspeist das Insekt mit \"Hautund Haar\". Manche Forellenmägen sind mit kleinen Steinchen geradezu angefüllt,während der Inhalt vom Magensaft längst aufgelöst und der Verwertung zugeführtwurde. Die kleinen gehäusebauenden Köcherfliegenarten (bis zu 1 cm Länge) sindbekannt als Zeiger bester Wasserqualität, während die großen Arten meist in Ge-wässern der Güteklasse 2 leben.

21 Sind die Habitate für andere Arten eher suboptimal, so kann mit einem Massenvorkommen von Köcherfliegenlarven gerechnet werden.Dort und auch in Gewässern der Güteklasse 2–3 finden sich viele netzbauende,räuberisch lebende Köcherfliegenarten. Die bekanntesten unter ihnen sind die Hy-dropsychiden und Rhyacophilliden.Die Larve der Hydropsyche besitzt einen ovalen Kopf, 3 größere dunkelbraune Rü-ckenplatten und einen olivfarbenen Hinterleib mit kräftiger Endklaue (Nachschie-ber). Sie baut unter Steinen ein meist trichterförmiges Netz, an dessen Ende sie ineiner stationären, versponnenen Röhre sitzt. Diese verlässt sie von Zeit zu Zeit, umantreibendes, totes, organisches Material und kleine lebende Organismen, die sichim Fangnetz verfangen haben, einzusammeln.Die räuberisch lebende Rhyacophilla-Larve baut keinen Köcher, um sich zu schüt-zen. Sie ist hellgrün gefärbt und ihr Hinterleib ist beidseitig mit Büschelkiemen (proSegment - 1 Paar) besetzt. Der Kopf ist kleiner als der der Hydropsyche. Sie bautkein Netz sondern jagt nachts. Dabei ist sie an einem permanent erzeugten Sicher-heitsfaden gesichert. Sie schnellt ihren Kopf – einer Schlange gleich – nach vor undtötet die Beute mit ihren starken Kieferzangen.

22Auch die köcherlosen Arten bauen zur Verpuppung einen Köcher. Dieser ist aberkeineswegs kunstvoll geformt. Unter kleinen Steinkuppeln, die der aufmerksameFliegenfischer in fast jedem Gewässer findet, vollzieht sich in einem Kokon die Ver-wandlung zur Puppe. Ist sie abgeschlossen, beißt die Puppe ihre Puppenhäuschenauf, um an die Wasseroberfläche zu streben und sich ihrer Puppenhaut zu entledi-gen. Eine freilebende, räuberische Köcherfliegenlarve. Sie baut nur zur Verpuppung einen Köcher.Massenvorkommen von Köcherfliegen lassen Äschen zu Giganten heranwachsen.Laut Studien an deutschen Gewässern korreliert das Längenwachstum der Äschemit der Verfügbarkeit einer großen Menge von Köcherfliegen. Große Flüsse mitenormem Aufkommen an Köcherfliegen produzieren somit die kapitalsten Äschen.Leider wirkt sich der durch Kraftwerke verursachte Schwallbetrieb in vielen Alpen-flüssen auch sehr negativ auf die Köcherfliegenpopulationen aus. Kein Wunderalso, wenn in Folge auch die Äschenpopulationen schrumpfen.Leider schlüpfen bzw. schwärmen viele Köcherfliegen mit Vorliebe nachts, also zueiner für den Fliegenfischer der Alpenländer aufgrund der bestehenden Verbote der

23Nachtfischerei eher ungünstigen Zeit. Dadurch ist ein Massenschlupf von Köcher-fliegen für die Fischerei in den Alpen ein eher schlechtes Vorzeichen für die Fische-rei. Die Fische fressen während des Tages kaum, da sie vom nächtlichen Mal nochvoll gefressen sind. Nächtliche Schlüpfe erkennt man in schwallbeeinträchtigten Gewässern am nächsten Morgen an den Nymphenhäuten im Uferbereich.Im Hohen Norden Europas wie auch in den Rocky Mountains ist die Fliegenfischereiin den Nachtstunden eine Selbstverständlichkeit. Deshalb hat dort das Fischen mitKöcherfliegenimitationen (hauptsächlich Trockenfliegen) noch einen viel höherenStellenwert. Für die Nymphenfischerei sind Imitationen von Köcherfliegenlarvenebenfalls unentbehrlich. Sowohl die gehäusebauenden Arten als auch die räube-risch lebenden, köcherlosen Gattungen der unteren Flussregionen werden oft mitgroßem Aufwand in allen Entwicklungsstadien nachgebunden, um eine der begehr-ten Fahnenträgerinnen oder Getupften zu überlisten.

24FischereiDie Imitate der Gehäuse bauenden als auch der köcherlosen Köcherfliegenlarvenwerden am Rande der Strömung, der so genannten Strömungskante, in Dead Driftgefischt. Wir imitieren dabei eine von der Strömung mitgerissene Larve.Die aufsteigenden Puppen aller drei Arten werden vor oder hinter großen Steinenbzw. in Rieseln angeboten. Viele Insekten nützen die zur Oberfläche führenden,meist von größeren Steinen herrührenden Resonanzwellen aus, um an die Oberflä-che zu gelangen. Durch Stoppen und Freigeben der Fliegenschnur in Kombinationmit Zuckbewegungen der Rutenspitze kann der Schlupfvorgang imitiert werden. Täuschend echte Imitation: eine sogenannte „Peeping Caddies“ eines russischen Fliegenbinders

25Die Steinfliegen (Plecoptera) Adultes Insekt („) und LarveWie der Name schon sagt, leben Steinfliegen in Gewässern mit steinigem Grundund Ufern, also in den Oberläufen von Bächen und Flüssen. Sie haben ein sehrhohes Sauerstoffbedürfnis und sind in der Regel Indikatoren bester Gewässergüte.Sie leben räuberisch und fressen Zuckmücken und andere Insektenlarven, mitunterauch Fischbrut im Dottersackstadium. Kleine Arten hingegen leben von Aufwuchsal-gen und totem organischen Material.Überall dort, wo Menschen sich niederlassen, verschlechtert sich meist schon balddie Wasserqualität und somit die Lebensgrundlage für diese sensiblen Tiere. In denmeisten Talebenen sind sie deshalb inzwischen fast vollständig verschwunden,oder sie kommen nur noch in bescheidenen Restpopulationen vor. In den fast un-bewohnten Rocky Mountains jedoch, schlüpfen die Stone Flies noch zu tausendenund man muss aufpassen, dass sie einem beim Fischen nicht gar in die Nase krie-chen. Sie haben dort in fischereilicher Hinsicht aufgrund der vergleichsmäßig gigan-tischen Biomasse einen ganz anderen Stellenwert. Besonders die riesigen SalmonFlies (Pteronarcys Californica) locken während einer kurzen Zeit des Jahres sogarkapitalste Bachforellen an die Oberfläche.

26LebenszyklusDer Entwicklungszyklus der Steinfliegen dauert von einem (kleine Arten) bis zu drei,bei manchen Arten gar vier Jahre (einige große Perlidenarten). Die geschlüpftenLarven halten sich während dieser Zeit ständig in den Stein- und Schotterzwischen-räumen auf bzw. leben auch in Moospolstern oder auf Unterwasserpflanzen. Siebewegen sich nur kriechend vorwärts und können nur sehr schlecht schwimmen.Deshalb besitzen sie starke Fußkrallen, um sich am Untergrund festzukrallen.Werden sie dennoch einmal von der Strömung mitgerissen, treiben sie hilflos mitstark abgespreizten Beinen (einem Fallschirmspringer im Freiflug ähnelnd) dahin,um sich beim ersten Bodenkontakt möglichst wieder festkrallen zu können. DieSteinfliegen besitzen keine beweglichen Tracheenkiemen am Hinterleib, sondernBüschelkiemen an Hals, Brust, Beinen oder After. bei Sauerstoffmangel beginnensie deshalb durch Pumpbewegungen mit den Hinterbeinen ihre Kiemen besser mitWasser zu umströmen. Während der Entwicklung häu- ten sie sich wie auch die ande- ren Larven mehrmals. Wenn ihr Lebensabschnitt unter Wasser beendet ist, kriechen sie – nach einer meist nächtlichen Wande- rung stromauf – an Land. An der lichtabgewandten Seite größerer Steine, an Totholz oder Bäumen klammern sie sich fest und ver- harren. Nach kurzer Zeit bricht der Thorax an der dafür vorgesehe- nen Rissstelle auf und das adulte Insekt entsteigt der Larvenhaut, die dann zurückbleibt und dem Fliegenfischer Aufschluss auf Far- be und Größe der zu fischenden Imitation gibt.Die zahlreichen Nymphenhäute (hier im Uferge- Die geschlüpfte Steinfliege begibthölz des Yellostone Rivers) sind Zeugen davon, sich ins Ufergehölz oder unterdass hier vor kurzem ein intensiver Schlupf gro- große Steine und lebt dort bis zußer Steinfliegen stattgefunden hat. zwei Wochen. Einzig um Wasser zu trinken, begibt sie sich ab und zu an die Wasserkante und fällt

27dabei nicht selten ins Wasser. Nach der Paarung legt das Weibchen stromauf ihrenEiklumpen ins Wasser ab. Die gallertartige Hülle der Eier quillt im Wasser auf unddient als Kleber. Die Eier haften somit am Gewässergrund und nach dem Schlupfder Larven beginnt der Kreislauf von neuem.FischereiWährend mit der Trockenfliege eine harte und laute Präsentation notwendig ist(extrem: Chuck-n’-Duck Fischerei am Snake River in Idaho), da diese Rieseninsek-ten nicht nur sehr schlecht fliegen, sondern oft regelrecht abstürzen, werden beimNymphenfischen gewöhnlich Gruppenmuster in verschiedenen Größen einfach inDead Drift in unmittelbarer Grundnähe gefischt, um hilflos abtreibende Larven zuimitieren. Steinfliegennymphen sind besonders im Frühjahr sehr fängig

28Die Zweiflügler (Diptheren)Stechmücken gehören aus der Sicht des Anglers wohl zu den lästigsten Bewoh-nern von Feuchtgebieten. Da die Puppen sich über eine Art „Schnorchel“ mit Luftversorgen können, kann man die Stechmücken nicht zur Bestimmung der biologi-schen Gewässergüte verwenden. Sowohl in Pfützen als auch in stehenden Zonender Fliessgewässer lassen sich diese Puppen feststellen. Da sie knapp unter derWasseroberfläche hängen, ist die Fischerei für Ungeübte oft etwas schwierig. Sieverwechseln nämlich das Buckeln der Fische mit einer Nahrungsaufnahme von derWasseroberfläche und wundern sich dann, dass sie auf Trockenfliegen keine Bissebekommen.Interessanter und vor allem ohne Stiche verläuft die Begegnung mit den harmlosenZuckmücken. Sie sind in den meisten Salmonidenseen und Reservoiren die wich-tigste Fischnahrung (besonders auch für Coregonen), und in den Flüssen findensich besonders deren Larven in den Mägen vieler Äschen wieder. Auch wenn diePuppen schlüpfen und langsam zur Wasseroberfläche aufsteigen oder später, wennsie unmittelbar darunter im Film hängen, sind sie für viele Fischarten eine leichteBeute.Im Mageninhalt einer Äsche lassen sich die Zuckmückenlarven gut erkennen. MancheArten besitzen den Blutfarbstoff Hämoglobin, der sie leuchtend rot erscheinen lässt.

29FischereiStechmückenWir fischen die Buzzer Nymphen(Imitation der Stechmückenlarven) also unmittelbarunter der Oberfläche oder im Film hängend und beobachten sowohl das teilweisegefettete Vorfach als auch jede Veränderung der Wasseroberfläche im unmittelba-ren Umkreis unserer Nymphe. Teilweise erkennt man Bisse nur an kleinen Wirbelnan der Wasseroberfläche, wenn die Fische die darunter hängenden Larven derStechmücken aufnehmen.ZuckmückenlarvenBesonders in Gewässern der Äschenregion ist der in der Schweiz seit Jahrzehntenbekannte Rote Haken (Sammelbegriff für die unzähligen Varianten dieses Reizkö-ders) zur Imitation der Zuckmückenlarve der Köder Nr.1. Dieser sehr einfach undschnell zu bindende Köder ist in den restlichen Teilen des Globus weniger populär.Dort wird der „Bloodworm“ meist auch ganz anders gebunden. In der Schweiz gibtes unzählige Varianten davon. Der sowohl als Imitat als auch als Reizköder zu be-trachtende Rote Haken gehört meines Erachtens zum am meisten unterschätztenKöder für die Nymphenfischerei überhaupt. Man bietet ihn gewöhnlich knapp überGrund in Kombination mit einer zweiten schwereren Nymphe oder unbeschwert je-doch mit einem kleinen Bleischrot am Vorfach als Beschwerung in Dead Drift an.Es ist natürlich auch möglich, auf den Roten Haken eine Gold- oder Tungstenperleeinzubinden. Eine Beschwerung in der Mitte eines Buckelhakens reduziert die Hän-gergefahr.Die Libellen (Odonata)Libellen kommen in den meisten ruhig fließenden Gewässerabschnitten unse-rer Flüsse und in Stillgewässern vor. Sie leben räuberisch und machen auch vorMolchlarven, Kaulquappen aber auch Kleinfischen nicht halt. Ihr Vorkommen istvon der Anzahl ihrer Beutetiere abhängig. In Jahren mit großem Bestand an Cypri-nidenbrut ist auch der Libellenbestand wesentlich größer. Es lohnt sich dann, dieseunscheinbaren Wasserkreaturen zu imitieren. Unscheinbar sollte auch die Farbeder Nymphen sein, meist im Oliv- bis Grautönen. So schön manche adulte Libellenauch sein mögen, ihre Larven sind meist unscheinbar und gut getarnt doch hässlichanzusehen. Nichtsdestotrotz sind sie an einer Sinktip Schnur, einer Intermediateoder einfach mit sinkendem Vorfach und Trockenleine gefischt im Stillwasser nichtnur eine willkommene Abwechslung, sondern zur richtigen Zeit gefischt unter Insi-dern gar die Geheimköder schlechthin.

30FischereiFischen Sie die Libellenimitationen tief und langsam mit sehr kurzen Zupfern von3–6 cm entlang von Uferpartien oder Gräben in der Nähe von Unterwasserpflanzen.Halten Sie die Rutenspitze dabei knapp über oder unter das Wasser, damit Sie imFalle eines Bisses schnell reagieren können. Sind Sie jedoch auf der Hut, denn eskönnen sich ohne Vorwarnung kapitalste Fische aus dem Nichts auf die Libellen-nymphe stürzen. Da passiert es schnell, dass man auch ein starkes Vorfach durchÜberreaktion abschlägt.Wasserwanzen (Hemiptera, Heteroptera) undWasserkäfer(Coleoptera)Ruderwanzen (Corixa, lesser water boatman) und Rückenschwimmer(water boat-man) sind natürlich besonders für die Seenfischerei von Bedeutung. Ruderwanzen(auch bekannt als Wasserzikaden) finden sich sehr häufig in Fischmägen. Typischfür sie sind ihre langen, behaarten hinteren Schwimmbeine, denen wir natürlich beiFliegenbinden besondere Beachtung schenken. An höher gelegenen Bergseen sindauch Wasserkäfer besonders wichtig, weil sie dort meist die einzige, rund um dasJahr verfügbare Nahrungskomponente darstellen.FischereiDie bis zu 1,5 cm großen Wasserzikaden werden am langen Vorfach mit der Tro-ckenschnur oder mit einer Intermediate-Schnur (ideal Monocore) am Rand von Was-serpflanzenbeständen gefischt. Während der kälteren Zeit, aber auch im Sommer,wenn die oberen Wasserschichten zu warm werden, kann die Imitation auch aneiner schnell sinkenden Schnur (z.B. Teeny) ähnlich den Boobies tief gefischt wer-den. Meist aber wird eine Trockenschnur verwendet, da damit das Auftauchen derZikaden besser imitiert werden kann. Da sie von Zeit zu Zeit Luft tanken müssen,bietet sich dieses schnelle Auftauchen zur Wasseroberfläche zur Imitation natürlichbesonders an. Ähnlich dem natürlichen Insekt, werden die Wasserzikaden durchkurze, sehr schnelle Zugbewegungen gefischt. Attacken von Fischen kommen dabeisehr überraschend. Vorsicht Vorfachbruch!Wenn Wasserzikaden schwärmen verlassen sie das Wasser und fliegen in denUferbereich, um ihre Eier zu legen. Die Rückkehr ins Wasser selbst ist spektaku-lär. Ähnlich einem Regenschauer prasseln sie auf die Wasseroberfläche herniederund durchbrechen sie, um wieder ihren Platz in den Tiefen einzunehmen. Währenddieser Phase, die man am Gewässer jedoch selten erlebt, wird die Nymphe hartpräsentiert (Plopp!). Damit sie schneller abtauchen kann wird eine zusätzliche LageBlei verwendet.

31Bachflohkrebse (Gammariden) Gammariden in unterschiedlichen Schwimmlagen bzw. in RuhepositionBachflohkrebse gehören, wie der Name schon sagt, nicht zu den Insekten, sondernzu den Krebstieren. Sie sind in kalkhaltigen, sauerstoffreichen, abflussstabilen Ge-wässern mit Pflanzenbewuchs häufig anzutreffen. Als Zerkleinerer ernähren sie sichin erster Linie von Totholz und Falllaub. Forellen und Äschen lieben Bachflohkrebseund ihr meist massenhaftes Vorkommen begünstigt deren rasches Wachstum. DerKörper eines Bachflohkrebses ist schlank und seitlich zusammengedrückt und sei-ne Länge schwankt je nach Art zwischen 12–25 mm. Zwischen weißlich, gelblich,grünlich und bräunlich bis ins leichte orange/rosa (Hochzeitskleid) sind sämtlicheFarbnuancen möglich. Der Bachflohkrebs bewegt sich in Seitenlage über Steine rut-schend oder aber auch ruckartig schwimmend oder springend vorwärts. Seine star-ken Beine helfen ihm dabei. Der in Ruhelage gebogene Körper, dessen Imitation aufspeziellen Shrimp-Haken gebunden wird (dann meist als Imitation von toten Gam-mariden), ist in der Schwimmlage gestreckt. Äschen „picken“ die Bachflohkrebseoft mit ihrem leicht unterständigen Maul aus dem Quellmoos und anderen Wasser-pflanzen, während die Forellen hauptsächlich driftende Tiere aufnehmen.

32FischereiDie Bachflohkrebsimitation stellt für den Fliegenfischer eines der wichtigsten Mus-ter dar. Besonders im Frühjahr und Sommer während der Paarungszeit der Bach-flohkrebse fressen Fische oft sehr selektiv die rosafarbenen Exemplare. Es wirdin erster Linie in Dead Drift, in langsam fließenden Gewässern aber auch als ge-strecktes Imitat in Schwimmform in kurzen, schnellen, ruckartigen Bewegungen inGrundnähe oder über Wasserpflanzenbeständen gefischt. Wunderschöne und sehr fängige Gammarus-Imitationen von Carlos Furlan (SLO). Der rote Fleck imitiert eine Parasitierung durch den Strudelwurm.

33Terrestrische NahrungDie für die Fliegenfischerei wichtigen Landinsekten wie Käfer, Fliegen, Heuschre-cken, Wespen oder Ameisen werden meistens trocken angeboten. Für die Nym-phenfischerei sind jedoch auch Raupen, Maden oder Würmer von Bedeutung.Sie gelangen durch das Vorhandensein von toten Tieren oder Fischen ins Wasser(Maden von Schmeiß- und Fleischfliegen), fallen von Bäumen (Raupen) oder lebenim Wasser oder Boden (Wurmarten). Viele Landinsekten aber auch Würmer undSchnecken werden während starker Regenschauer ins Wasser gespült und sind denFischen somit als Nahrung bestens bekannt. Da viele dieser „eingeschwemmten“Tiere auf ein Leben im Wasser nicht vorbereitet sind, sind sie demzufolge auch nichtschwimmfähig und werden deshalb ausnahmslos nur in Dead Drift angeboten. Diesgilt besonders auch für die im Wasser lebenden Ringelwurmarten, die besonders inden großen Flüssen des nordamerikanischen Kontinents sehr häufig sein könnenund durch diverse San Juan Worm Varianten imitiert werden.

34 2. Theorie und Praxis des NymphenfischensNymphen und ihre EigenschaftenWenn wir vom Nymphenfischen sprechen, so ist der Ausdruck natürlich nicht ganzrichtig. Viele Arten der beim Nymphenfischen imitierten Benthoslebewesen habennämlich gar kein Larvenstadium, das ja im Allgemeinen als Nymphenstadium be-zeichnet wird. Das Wort Nymphenfischen hat sich seit der ersten Propagierungdurch Frank Sawyer von seiner ursprünglichen Bedeutung kontinuierlich wegentwi-ckelt. Während in den Anfängen praktisch ausschließlich die Larven der Insekten,die auch für die Trockenfliegenfischerei von Interesse waren, imitiert wurden, soumfasst der Begriff des Nymphenfischens heute alle unter Wasser angebotenenImitate, die keine Fische, Lurche, Amphibien oder Kleinsäuger imitieren. Somit ge-hört das Imitieren von Gammariden, Wasserwürmern und -asseln genauso dazu wiedas der allseits bekannten Insektenarten.Beim Nymphenfischen kommt der Wahl der Nymphe meines Erachtens eine ganzentscheidende Bedeutung zu. Vorausgesetzt der Fischer weiß, die Nymphe einiger-maßen korrekt zu führen, so wird er bald erkennen, wie extrem die Zahl der Bisse al-leine schon von der Wahl der Nymphenfarbe abhängig ist. Es stimmt meiner Ansichtnach keineswegs, dass jemand, der die Nymphe optimal zu führen weiß, praktischalles an das Ende seines Fliegenvorfachs binden kann und seine Fische fängt. Spä-testens an heiklen Spring Creeks gerät da auch der Profi an seine Grenzen. Zwarist ein Könner auch mit einer weniger optimalen Nymphe erfolgreich, doch kleinsteAbweichungen der Farbnuancen, die von Laien oft als bedeutungslos angesehenwerden, zeigen oft verblüffende Wirkung. Für mich sind die Wahl der richtigen Far-be, des Materials, der Form und der Größe die entscheidenden Kriterien bei derWahl des Nymphenmusters.Ich bin wie bereits eingangs erwähnt absolut der Auffassung, dass bei der Nym-phenwahl im Allgemeinen unwesentlichen Dingen meist zuviel Aufmerksamkeit ge-schenkt und somit viel zu genau gebunden wird. Eine Ausnahme bilden hier jedochsehr saubere, jedoch nahrungsreiche Voralpenflüsse, wo die Fische sehr selektivsein können und genauestes Imitieren v. a. bei stärkerem Befischungsdruck uner-lässlich ist.

35 Marc Petitjean und der Autor bei der NymphenwahlNymphentypenIch möchte im nun folgenden Teil vier verschiedene Nymphentypen unterscheiden,deren Wahl vom Gewässertyp, den dort vorkommenden Insektengruppen und -ar-ten, der Wasserfarbe, Jahreszeit, Tiefe, Strömungsgeschwindigkeit und Temperaturabhängig ist.• Die annähernd perfekte Imitation (API)• Das Gruppenmuster (GM)• Das gruppenübergreifende Muster (GÜM)• Die Reiznymphe (RN)

36Die annähernd perfekte Imitation (API)Nymphen, die in Form, Größe und Aussehen das natürliche Vorbild fast perfekt imi-tieren (superrealistische Fliegen) jedoch keine irisierenden oder rauen Materialienim Thoraxbereich vorweisen, zeigen meiner Ansicht nach über den Zeitraum einesJahres hinaus betrachtet in unseren alpinen Gewässern die schlechtesten Fanger-gebnisse. Dies hat für mich verschiedene Gründe:Die API fällt dem Fisch zuwenig aufEine Nymphe sollte sich – genau wie eine Trockenfliege auch – durch eine wennauch noch so kleine Besonderheit von den natürlichen Vorbildern abheben, umvom Fisch während einer Schlupfperiode oder während einer organismischen Driftbesser wahrgenommen werden zu können. Eine solche Abhebung kann man durchdie Verwendung von irisierenden Materialien, farbigen oder glänzenden Körperen-den erreichen. Aus diesem Grund sind auch Goldkopfnymphen in vielen Gewässernbesonders fängig (Ausnahme: bei starkem fischereilichen Druck). Oft ist auch dieVariation der Nymphengröße (z.B. Verwendung deutlich größerer Muster als das Ori-ginal) ein Mittel, um mehr Bisse zu bekommen.API sind meist zu statischUm die glatten Körper der Insektenlarven zu kopieren, werden oft Körpermaterialienverwendet, die zu glatt sind und somit zu wenig Leben haben. Die Körperoberflächesollte wann immer möglich rau sein, damit sich feine Luftbläschen darin fangenkönnen, um die Luftperlen in den Tracheenkiemen der natürlichen Vorbilder zu imi-tieren. Zusätzlich dazu erhält die Nymphe durch diese Bläschen einen irisierendenLuftumhang, der sich meist deutlich von der Umgebung unter Wasser abhebt undso dem Fisch ins Auge sticht. Einzig in schnellem und tiefem Wasser, kann ein Kom-promiss in die Richtung der Wahl glatter Oberflächen gemacht werden, um das Ab-sinken zu erleichtern (extreme Variante: die französichen Piam-Nymphen).Die Konturen sind zu hartEine perfekte Kopie eignet sich bestenfalls, um tote unbewegliche Larven darzustel-len (z.B. Steinfliege) oder um sie einzurahmen und an die Wand zu hängen. Durchdie meist schnellen Bewegungen der sich vom Gewässerboden lösenden Insekten,wird deren Kontur für den Fisch sehr unscharf. Das Zauberwort für eine optimal fän-gige Nymphe heißt diffuse Transparenz. Nymphen, deren Konturen verlaufen, sindvon besonderer Fängigkeit. Dafür eignen sich manche Bindematerialien wesentlichbesser als andere.

37Perfekte Imitationen engen einAPI imitieren immer eine bestimmte Insektenart. Dadurch wird die Bandbreite dernatürlichen Nahrung und somit die Fängigkeit einer Nymphe entscheidend einge-schränkt.Wann fischt man dennoch ein möglichst perfektes Imitat?Die API hat ihre Berechtigung in Zeiten, in denen sich der Fisch leisten kann, aufeinen Happen zu verzichten, also besonders selektiv seine Nahrung auswählt. Diesgeschieht nur dann, wenn übermäßig Nahrung im Wasser vorhanden ist und derFisch sich in seinem optimalen Temperaturbereich bewegt, er es sich also leistenkann, Energie zu verbrauchen (beim Nachschwimmen oder Verlassen seiner strö-mungstechnisch ökonomischsten Lage), ohne dann tatsächlich auch zuzuschnap-pen. Flüsse mit einem Überfluss an Nahrung sind in Mitteleuropa äußerst selten,verlangen jedoch eine möglichst genaue Imitation des von den Fischen selektiv ge-wählten Insekts. Welche Mechanismen dafür ausschlaggebend sind, dass Fischeganz spezielle Insekten und Krebstiere aufnehmen und sogar von einer Minute zuranderen plötzlich andere Insektenarten bevorzugen, ist meines Wissens nicht ge-nau geklärt. Ich vermute jedoch, dass Fische dadurch ihre Defizite ausgleichen,also fehlende Vitamine und bestimmte Aminosäuren ganz gezielt über bestimmteInsekten aufnehmen. Haben wir es also mit einem sehr nahrungsreichen Gewässerzu tun, so wählen wir die API v. a. in flachen, besonders aber in langsam fließendenFluss- oder Bachabschnitten und in stark befischten Gewässern. Die nahrungsrei-chen Kreideflüsse (chalk streams) und die amerikanischen Spring Creeks verlan-gen, wenn nicht eine Reiznymphe zum Einsatz kommt, unbedingt eine möglichstnaturgetreue Nachbildung, die aber trotzdem „leben sollte“ (semirealistische Nym-phe). Ein wirklicher Kenner der Materie wird also beim Binden jeglichen Firlefanzweglassen, der nicht von Bedeutung ist, denn der Fisch sieht die Nymphe nun malmit anderen Augen, und die sehen garantiert nicht so scharf wie die des Menschen.Das Gruppenmuster (GM)Als Gruppenmuster bezeichne ich hier Nymphen, die eine bestimmte Insekten-gruppe imitieren und durch die besonderen Kennzeichen derselben charakterisiertsind(Größe, Form, Farbe). So hat ein Gruppenmuster für Eintagsfliegen, weil esverschiedene Eintagsfliegen imitieren soll, einen anderen Aufbau als ein GM fürKöcherfliegen. Gruppenmuster sind dann vorteilhaft, wenn im Gewässer oder zubestimmten Zeiten nur bestimmte Insektenarten vorkommen und andere komplettfehlen (z.B. Steinfliegen). Ein solches Gruppenmuster imitiert dann eine recht große

38Bandbreite an Nahrung und ist deshalb eine gute Wahl. Solche Gruppenmuster wer-den oft diffus gebunden und stechen weniger durch ihre optische Perfektion als vielmehr durch ihre Fängigkeit, also Attraktivität für die Fische heraus.Das gruppenübergreifende Muster (GÜM) Wie schon im Kapitel Fischverhalten erwähnt, fressen Fische derselben Fischartoft ganz selektiv unterschiedliche Nahrung. Die meisten Fliegenfischer schränkensich oft unbemerkt ein, indem sie zu exakt imitieren. Wenn verschiedene Arten vonNährtieren im Wasser vorkommen, ist es ganz besonders in schnellem Wasser vonVorteil, ein Muster zu präsentieren, das in Form, Farbe und Größe möglichst vieleArten abdeckt. Ich meine hier nicht verschiedene Arten von Eintagsfliegen, sondernein gruppenübergreifendes Muster, das sowohl eine Köcherfliegen-, Steinfliegen-oder Eintagsfliegenlarve als auch einen Bachflohkrebs imitieren kann. Solche Mus-ter bestechen durch ihre Unscheinbarkeit, Einfachheit und besondere Fängigkeit.Die zu verwendende Farbe hängt von der Sichttiefe, der Jahres- und Tageszeit sowievom vorhandenen Licht ab. Gruppenübergreifende Muster fische ich in der Regel in„Dead Drift“. Sie sind meist beschwert und tragen oft zusätzlich einen Metallkopf(goldig, silbern, kupferfarben oder schwarz, UV-Glasperle). Dieser dient primär derBeschwerung übt aber ohne Zweifel auch eine gewisse Reizwirkung auf Fische aus.Ob diese Köpfe nun sich ausdehnende Luftbläschen imitieren, die am aufsteigen-den Insekt haften oder einfach nur eine besondere Reizwirkung haben sei dahinge-stellt. Ich denke auch, dass wir uns darüber nicht den Kopf zerbrechen müssen, dader Fisch ohnehin nicht so genau sehen kann. Was er jedoch wahrnehmen kann,sind Kontraste bzw. alle Dinge, die sich vom Hintergrund unter Wasser durch Farbeoder eine andere Geschwindigkeit abheben. Für mich dient der Kopf neben derBeschwerung in erster Linie dazu, dem Fisch ins Auge zu stechen. GÜM werdenmeist hart am Grund gefischt. In Zeiten extremer Selektivität ist der API und der RNallerdings Vorrang zu geben.Minimal PatternsIch war noch keine zwanzig Jahre alt, als ich damit begann, meine Nymphen mehrund mehr bis auf ein Minimum zu reduzieren, weil ich auf der Jagd nach besonderskapitalen Fischen permanent am Limit fischte (Totholz unter Wasser, überhängendeSträucher, hölzerne Brückenpfeiler) und dabei an einem Nachmittag schon mal 10bis 20 Nymphen durch Hänger verlor. Ich erkannte dabei, dass die zeitraubende Per-fektion beim Binden besonders für alpine aber auch eher nahrungsarme Gewässereinfach nicht notwendig war und ich auch das Imitationsspektrum damit einengte.Überdies sind die Fische in rasch fließendem oder leicht angetrübtem Wasser mei-

39ner Meinung nach gar nicht in der Lage, zwischen den unterschiedlichen Nährtierenzu unterscheiden. Die Fische nehmen hier wohl nur verschwommene Konturen war.Ein MP reduziert die optischen Eigenschaften verschiedener Nymphen auf ein Minimum.

40Sind bestimmte Schlüsselreize vorhanden, so packen sie in der Regel zu. So ent-standen damals meine „Minimal Patterns“ (meine Freunde nannten sie mit einemetwas mitleidigen Lächeln auch „Besen“), die gleichzeitig mehrere Insektengruppenimitieren sollten.Dies geschah zu einer Zeit, als noch jede Nymphe sowohl Schwänzchen als auchAbdomen, Thorax, Flügelgehäuse und Beinchen haben musste, um als solche auchanerkannt zu werden. Etwas anderes war weder in der Fliegenfischerliteratur nochin den Angelzeitschriften zu sehen. Ich wusste jedoch um die Fängigkeit meiner1-Minuten Nymphen gut Bescheid und so hatte ich immer eine Besucher-Box mitperfekt gebundenen Mustern in der Jacke und eine zweite mit ebendiesen „Besen“,deren Anblick ich dem Auge des passionierten Fliegenfischers nicht zumuten wollte,um nicht augenblicklich fliegenbinderisch degradiert zu werden. Einige Minimal Patterns, die ich natürlich auch ganz ohne Schwänzchen fischte.

41Die FeuerprobeAls ich einige Jahre später in Matrei Bas Verschoor, einen der damals bekanntestenund besten Fliegenbinder Europas kennen lernte, war der Augenblick gekommen,einem absoluten Profi in Sachen Fliegenbinden meine Ansicht über das Nymphen-fischen und auch Fliegenbinden zu unterbreiten. Bas Verschoor kannte natürlichalles was an Nymphen weltweit auf dem Markt war, da er ständig in Europa und denUSA (er hat die Goldkopfnymphe in die Staaten gebracht) als Showbinder unterwegswar. Als ich eines Morgens nach dem Frühstück meine Faust öffnete und ihm eineNymphe mit den Worten „Probier mal die!“ übergab, schüttelte er nur den Kopf undfragte mich erstaunt: „Was ist denn das?“ Ich erwiderte nur: „Fisch sie mal, und wirsprechen später darüber!“ Am Ende der Woche nahm mich Bas beiseite und sagte:„Ich muss dir etwas gestehen. Ich habe fast die ganze Woche mit deiner Nymphegefischt ... und verdammt gut gefangen!“Somit hatten diese Minimal Patterns die Feuerprobe mit Bravour bestanden, auchwenn Bas meinte, ich würde die Fliegenbinderei damit bloß stellen. Es dauerte noch1½ Jahre, bis diese auf den ersten Blick banalen „Minimal Patterns“ in den deut-schen Fliegenfischer Magazinen auftauchten und somit allgemein akzeptiert waren.Auch Äschen lieben oft einfache Muster, jedoch in der Regel in etwas grelleren Farben alsForellen.

42Die Reiznymphe (RN)Reiznymphen unterscheiden sich in Form, Größe oder Farbe deutlich von den imGewässer vorkommenden Insektenlarven, Krebstieren oder eventuell ins Wassergelangter terrestrischer Nahrung. Reiznymphen fangen meist auch dann, wenn andere Muster versagen.Aus verschiedenen Gründen – meiner Meinung nach aber besonders wegen derenguter Sichtbarkeit – wecken sie die Neugier einzelner Salmonidenarten oder ap-pellieren an ihr Revierverhalten. Besonders während der Laichzeit entwickelt sichbei Salmoniden durch die hormonelle Umstellung eine verstärkte Aggressivität undWachsamkeit, die dazu da ist, Artgenossen vom eigenen Laichplatz fernzuhalten.Beim Lachsfischen aber auch beim Fischen auf andere Räuber kann sich der Fi-scher diesen Beißreflex zu Nutzen machen. Da diese Aggressivität beim Ablaichenihren Kulminationspunkt erreicht, werden Reiznymphen besonders vor und nach

43der Schonzeit mit Erfolg angeboten. Auf die Salmoniden umgesetzt bedeutet dies,dass die Hauptfängigkeit der RN im Herbst und Frühjahr liegt. Fischt man währenddes Winters mit Reizködern auf Äschen oder Felchen, so vergreifen sich oft kapi-talste Forellen an den kleinsten Imitaten. Wenn die hormonelle Umstellung wiedervorbei ist, lässt die Fängigkeit zumindest gewisser RN sehr rasch nach.Allerdings bringen sie auch in Perioden ohne besondere Aktivität der Salmonidenoft noch verblüffende Resultate, v. a. deshalb, weil sie sich im Wasser gut vomHintergrund abheben. Besonders mit UV aktiven und luminiszierenden Materialienhabe ich bereits in den frühen 90ern experimentiert und sehr gute Erfolge erzielt.Es kamen damals verschiedene Produkte auf den Markt, die mit UV Licht bestrahltin den Geschäften verlockend leuchteten.Sicher sind viele Fliegenfischer diesem Reiz erlegen. Ebenso schnell wie die Produk-te auftauchten, waren sie jedoch auch wieder verschwunden. Wahrscheinlich warendie Fliegenfischer nicht in der Lage, diese Materialien erfolgreich einzusetzen. Undin der Tat muss man genau wissen, was man wann mit ihnen wo anfangen kannund auch welche Salmonidenart welche Farben bevorzugt. Inzwischen gibt es inden Staaten ein hervorragendes Buch zum Thema, das auch die Hintergründe fürdie Fängigkeit erläutert. Wir erleben gegenwärtig eine zweite Renaissance dieser UVaktiven Materialien in Form von Dubbing und Gummiware. Reiznymphen machenaufgrund ihrer guten Sichtbarkeit die Fische auch neugierig. Sie kommen somitauch zu anderen Jahreszeiten dann zum Einsatz, wenn keine erkennbare Aktivitätvon Insekten auszumachen ist.Viele Fliegenfischer stellen sich in Zusammenhang mit Reiznymphen die Frage, wodenn eigentlich die Goldkopfnymphen einzuordnen sind. Ich denke, wenn man un-sere Nymphen genauer betrachtet, so sind eigentlich die meisten von ihnen näheran Reiznymphen als an Imitaten, da sie entweder zu groß, zu dick oder falsch pro-portioniert sind und viele auch mit modernsten Materialien gebunden werden, dieEffekte hervorzaubern, wie sie in der Natur nicht vorkommen. Goldkopfnymphensind sicher in der Lage, sowohl ausperlende Luftbläschen zu imitieren, wie auchextrem zu reizen, abhängig von der Intensität des Lichts, die auf die Nymphe trifft.Um es jedoch genau zu beurteilen, müsste man die Fische fragen. Wenn ich in die-sem Buch von Reiznymphen spreche, dann ist es nicht der Goldkopf, der über denNymphentyp entscheidet.Reiznymphe oder Imitat?Um diese Frage zu beantworten, muss man sich zuerst Gedanken darüber machen,was einen Fisch eigentlich dazu veranlasst, einen von der Norm stark abweichen-den Köder überhaupt aufzunehmen.Ganz allgemein hat der Fisch das Fressen schon im Blut. Sobald er frei schwimmen

44kann, ist er auf Bewegungsreize fixiert und alle kleinen Partikel werden aufgenom-men. Da die Menge der in einem Gewässer driftenden Materialien teilweise enormist und die Partikel unterschiedlichsten Ursprungs sind, lernt der Fisch zusätzlichauch schlicht und einfach durch Versuch und Irrtum. Ist der Fisch noch unerfahren,ist wenig Nahrung verfügbar, erlaubt die Strömung keine genauere Begutachtungdes vermeintlichen Happens oder hat der Fisch bislang keine schlechte Erfahrungmit einem Partikel gleicher Form oder Farbe gemacht, so nimmt der Fisch den Ge-genstand gewöhnlich auf, um ihn auf Verwertbarkeit zu prüfen. Ist er nicht fressbar,so spuckt er ihn schließlich wieder aus. Im Prinzip hat also jeder Köder die Chanceaufgenommen zu werden, sofern er die Aufmerksamkeit des Fisches erregt oderdurch einen gewissen Schlüsselreiz von ihm als potentiell fressbar eingestuft wird.Übliche Schlüsselreize für Fische in Bezug auf Wasserinsekten sind:• Farbe• Form• Größe• Bewegung• GeruchAlle Wasserinsekten sind durch ihre eigenen arttypischen Reize definiert. Der Fischkennt sie und weiß auch sie zu unterscheiden, wenn auch die Möglichkeiten im flie-ßenden Wasser im Gegensatz zum stehenden Medium eingeschränkt sind.Auch andere Nahrungsquellen kann sich der Fisch durch Versuch und Irrtum er-schließen. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn bei Einleitung häuslicher Kü-chenabfälle selbst Äschen gerne Nudeln und Ähnliches aufnehmen. Auch ein Reiz-köder kann für einen Fisch somit als potentielle Nahrung eingestuft werden.Ein guter Reizköder sollte in der Form einer in der Natur vorkommenden Nahrungs-komponente entsprechen, sich aber farblich vom Hintergrund (im Wasser ist diesermeist grün, grau, braun, beige, ...) deutlich abheben, um vom Fisch besser wahr-genommen zu werden. Kontrast heißt in diesem Zusammenhang das Zauberwort.Wie viel Reiz (z.B. durch Farbe) etc. wirklich verwendet wird, hängt vom Befischungs-druck und den Vorlieben der Fischer für bestimmte Muster ab, die an dem jeweili-gen Gewässer zum Einsatz kommen.Eine Nymphe, die möglichst viele Schlüsselreize abdeckt, hat praktisch immerChancen aufgenommen zu werden. Im Gegensatz dazu können sehr von der Normabweichende Köder, wie eben Reiznymphen, besonders in nahrungsreichen undüberfischten C&R Gewässern das Gegenteil bewirken und kategorisch zur Ableh-nung führen, falls sie von zu vielen Anglern (egal ob korrekt oder unkorrekt) ange-

45boten werden. Ein guter Reizköder fischt also nur gut, solange ihn nicht zu vieleFischer zu häufig verwenden. Die Fische scheinen in stark befischten Gewässern zulernen, dass diese Köder schlicht „ungenießbar“ sind.Imitiert zwar auch Gammariden im Hochzeitskleid, ist aber in erster Linie eine optimaleReiznymphe für migrierende Regenbogenforellen – die GF Pin-Ki.Wenn auch gewissen Fischen (besonders Karpfen) Intelligenz in Form einer längerandauernden Erinnerung zugesprochen wird, so bezweifeln viele Ichthyologen je-doch, dass Salmoniden oder auch andere Flussfische aufgrund ihrer Gehirngrößeeine besondere Gabe auf diesem Gebiet besitzen.Fast jeder erfahrene Fliegenfischer kennt jedoch die Problematik der Fischerei mitGoldkopf Nymphen in gewissen Gewässern zumindest zu bestimmten Jahreszeiten(Saisonende). Dies lässt sich wohl nur auf einem gewissen Lerneffekt zurückfüh-ren. In manchen Gewässern können die Fische die Dinger ja auch kaum vergessen,denn bis zum Saisonende sehen sie sie praktisch jeden Tag. Länger als bis zum

46nächsten Frühjahr hält diese „Erinnerung“ aber in der Regel nicht an. So werdenbesonders zu Saisonbeginn immer wieder kapitale Standfische gefangen, da sieüber die Schonzeit offenbar auch die Namen der vielen Nymphen wieder vergessenhaben. Um nun die Frage zu Beginn dieses Kapitels zu beantworten: Ich fische jenach Gewässer wahrscheinlich über 90% meiner Angelzeit ausschließlich mit Reiz-nymphen oder Nymphen die zumindest auch typische Elemente von Reiznymphenaufweisen.Die Bedeutung der NymphenfarbeBevor mit dem Fischen in einem unbekannten Gewässer begonnen wird, solltenzuerst die im und am Wasser vorherrschenden Insekten unter die Lupe genommenwerden. Ein Blick auf die Wasseroberfläche (Kehrwasser nicht vergessen!) verrätuns, was gefragt ist. Sind noch keine Insekten am Wasser, sucht man Spinnennetzein Ufernähe ab, um darin eventuell Insekten der letzten Nacht zu entdecken. Istkeine Aktivität an der Oberfläche auszumachen, dreht man in der Regel zuerst eini-ge Steine um. In Bächen und Flüssenmit Schwallbetrieb oder sonst starkschwankendem Wasserstand hal-ten sich die Insekten vornehmlich inder ständig bewässerten Zone auf.Ist das Gewässer intakt, werden wirauch im Uferbereich fündig werden.Bei genauer Beobachtung der Larvenwerden wir feststellen, dass bei denmeisten Insektenarten und Bachfloh-krebsen einige wenige Grundfarbenvorherrschen.Es sind dies meist die Farben Beige, Die Grattack, eine unscheinbare, aber fürBraun, Grau und Grün, die in diversen Äschen äußerst effiziente Reiznymphe des Au-Nuancen vorkommen. Bei den größe- tors.ren Steinfliegen, Gammariden undvielen Eintagsfliegenarten dominie-ren die helleren Brauntöne, die grü-nen Farben stammen meist von denräuberischen Köcherfliegen (haupt-sächlich Rhyacophilla) während dun-kelbraune, dunkelgraue oder schwar-ze Farben v. a. bei den Baetiden und

47Heptageniden und kleinen Steinfliegen vorherrschen. Eintagsfliegenlarven mitdunklem Flügelgehäuse sind kurz vor dem Schlüpfen und deshalb für uns von be-sonderem Interesse. Wer öfters die Unterseiten der Steine nach Nymphen absucht,wird feststellen, dass sich mit zunehmender Trübung des Wassers auch die Farbeder Insekten leicht verändert und „milchiger“ wird. Dies ist bei der Auswahl desNymphenmusters, in heiklen Gewässern unbedingt zu beachten. Da sich Bindema-terialien in der Farbe meist verändern, wenn man sie ins Wasser eintaucht(Farbendunkeln nach), ist es wichtig, dass die Nymphe bereits am Bindetisch zur Kontrollegewässert wird. Dies ist besonders dann wichtig, wenn man Nymphen am Wasserfotografiert und zu Hause am Bindestock imitieren möchte.Allgemein kann gesagt werden, dass die Nymphe desto heller gewählt werdenmuss, je sauberer das Wasser ist. In einem glasklaren Gebirgsbach ist somit einetief gefischte schneeweiße Nymphe (bevorzugt aus Schneehasenpfotenhaar, auchSnowshoe genannt) meist eine gute Wahl. Um die Fängigkeit noch zu erhöhen,kann sie noch mit einer UV-aktiven, dunklen Rippung versehen werden.Dreckiges, vom Regen getrübtes Wasser erfordert demnach dunkle, also braune bisschwarze Muster, damit sie vom Fisch vor dem Hintergrund noch wahrgenommenwerden können. Jeder \"Wassertyp“ hat eine ganz bestimmte Nymphenfarbe, wel-che als Gruppenmuster gefischt, wesentlich mehr Bisse erzielt. Wann genau eineNuance dunkler oder heller gefischt werden sollte, ist ein Erfahrungswert. Deshalbist es besonders wichtig, die Nymphenfarbe in Bezug zu den erhaltenen Bissen übereinen längeren Zeitraum zu beobachten oder besser noch zu notieren. Eine Farben-skala, wie sie Gary Borger entwickelt hat, kann dabei eine wertvolle Hilfe sein. Wennsie mit oberflächennahen Nymphen am Abend angeln, dann werden diese dunkelgewählt, um gegen den Himmel aus Kontrastgründen gut sichtbar zu sein. FischenSie mit einer Nymphe mit Durchsicht (Transparenz), gewinnt die Farbe jedoch au-genblicklich wieder an Bedeutung.Die Farbe von ReizködernDer Auswahl der richtigen Farbe und des richtigen Materials ist beim Binden vonReizmustern entscheidend.Die Farbe von Reizködern hängt einerseits von der Zielfischart ab und andererseitsvon der Sichttiefe des Wassers. Eine der wichtigsten Reizköder überhaupt ist derso genannte Rote Haken. Der Rote Haken, für mich der Kultköder schlechthin unterden Attracktors, gilt in der Schweiz als Sammelbezeichnung für verschiedenste Vari-anten von Zuckmücken und Tubifex Imitaten. Der Rote Haken ist wohl der Standard-

48köder für die Äschenfischerei in der Schweiz, wahrscheinlich auch schon mehr alshundert Jahre alt und doch in so vielen Ländern praktisch unbekannt oder gänzlichunterschätzt. Sogar im Jahre 2005 tauchte in einer renommierten deutschen Flie-genfischerzeitschrift noch ein Artikel über die Verwendung eines roten Hakens aufund der Autor schien den Lesern weismachen zu wollen, etwas Neues entdeckt zuhaben. Scheinbar war der Rote Haken nicht einmal dem Chefredakteur bekannt,sonst hätte dieser den Artikel in dieser Form wohl kaum akzeptiert. Die Schweiz undhier v. a. auch die Binder des Kantons Graubünden und besonders in den letztenJahrzehnten auch des St. Galler Rheintals haben in Bezug auf Fliegenbinden in denAlpenländern wertvolle Arbeit, teils gar Pionierarbeit geleistet und viele der Fliegen,die hier seit mehr als zwanzig Jahren gefischt werden, tauchen nun nach und nachin Magazinen auf.Der Auswahl der richtigen Farbe und des richtigen Materials ist beim Binden von Reizmu-stern entscheidend.In Bezug auf den magischen Roten Haken ist jedoch erstaunlich, dass vergleichs-mäßig wenige Nicht-Schweizer davon Kenntnis haben. In der Schweiz wird diesesImitat vornehmlich an der mit einem Zapfen (Schwimmer) bestückten Flussrute undder sogenannten Laufrolle gefischt. Vielleicht ist es auch nur deshalb nicht zu einerweiteren Verbreitung in der Fliegenfischerei gekommen, weil der Rote Haken ohne

49Beschwerung nicht in die gewünschte Fangtiefe gelangen kann, also in Gewässernwo die Anbringung eines Klemmbleis oder beschwerten Vorfaches verboten ist undauch keine schwerere Endnymphe verwendet werden darf, kaum eingesetzt wer-den kann. Vielleicht lag es aber auch einfach an den fehlenden Ideen zur Beschwe-rung oder dem Willen die Flussrute gegen eine Fliegenrute zu tauschen. Vielleichtwar dieses Muster eingefleischten Fliegenbindern auch nur zu einfach, sodass siean der Effektivität Zweifel hegten.Wohl kaum ein Köder hat jedoch eine größere Anziehungskraft auf Äschen als die-ses unscheinbare rote Ding. Ich kam mit dem Roten Haken erstmals bereits vor ca.30 Jahren, also in den Anfängen meiner fliegenbinderischen Aktivität in Kontakt.Die Urfarbe in unserer Gegend war damals ein Blassorange, das zum Äschenfangam Hochrhein und Linthkanal verwendet wurde und laut Einheimischen den so ge-nannten „Träschwurm“ (= Mistwurm) imitieren sollte. Tatsächlich dürfte der Hakenjedoch eher die eingangs erwähnten Tubifiziden und Zuckmückenlarven imitieren.In den folgenden Jahren tauchten dann immer mehr Farbvariationen auf und seitMitte der 80er werden sehr viele grelle Farben (Deep Ray Floss) verwendet. Dieskam daher, dass wir damals im Alpenrhein auf Felchen fischten, die zur Laich-wanderung den Alpenrhein hinaufzogen. Die Felchen sprachen sehr gut auf dieselangwelligen Farben und die Kontraste an und es wurden beiläufig auch sehr vieleÄschen gehakt. Ich binde seit dieser Zeit meine Roten Haken ausschließlich mitDeep Ray Floss, Glossy Floss und UV bzw. luminiszierendem Material. Inzwischensind je nach Wasserfarbe und Fischart die unterschiedlichsten Variationen vom ein-fachen unifarbenen Roten Haken bis zum Diskohaken (Rote Haken lackiert mit glit-zerndem Nagellack in diversen Variationen), vom gewöhnlichen rot bis hin zu allenmöglichen Kombinationen mit fluoreszierenden Farben (meist orange-rot-pink) anunseren Gewässern im Einsatz.Aus meiner Erfahrung reagieren Äschen am besten auf rosafarbene Imitate und hel-les Pink, Regenbogenforellen auf ein strahlendes Pink bis Pink-Rot und Bachforelleneher auf ein tief strahlendes Rot. Dies sind jedoch nur Anhaltspunkte, denn je nachGewässertyp und Sichttiefe (Trübung) kann die Idealfarbe beträchtlich variieren.Auch muss man sich im Klaren sein, dass das Fischen mit UV aktiven und luminis-zierenden Farben auch immer mit dem Einfallswinkel der Sonne abzustimmen ist,da die UV Stahlen bei unterschiedlichem Sonneneinfallswinkel auch unterschied-lich tief eindringen. Kurz vor die Sonne untergeht, ist die Wirkung der UV aktivenFarben am besten. Seit den 80er Jahren befasse ich mich nun mit diesen Farbenund ich kann Ihnen nur empfehlen, das Buch von J. Solseth zu diesem Thema zulesen. Es deckt sich alles mit meinen Erfahrungen und seinen Schlussfolgerungengibt es meinerseits nichts hinzuzufügen. Meine eigenen Erkenntnisse werden da-durch praktisch lückenlos wissenschaftlich untermauert.

50MaterialkaufWenn Sie Bindematerialien für ihre Nymphen einkaufen, so lassen sie sich in Bezugauf die UV Aktivität nicht von ihren Augen täuschen! Haben Sie ein wirklich effizien-tes Nymphenmuster auf Basis UV aktiver Materialien entwickelt, so legen sie sichsicherheitshalber ein Stück des Materials beiseite. Es ist ihnen sonst unter Umstän-den später nicht mehr möglich, dasselbe Material zu kaufen. Einer meiner Freundestaunte einmal nicht schlecht, als ich ihn fragte, welches von drei Pink Chenilleser denn für meine Pin-Ki verwenden würde. Nachdem er meinte, dass alle drei jagleich aussehen würden, strahlte ich sie mit der UV Lampe an. Erst jetzt wurde ihmklar, dass Pink nicht gleich Pink ist, denn alle drei für das menschliche Auge nahezuidentischen Farben strahlten im UV Licht ganz unterschiedlich. So verhielt es sichauch mit der Fängigkeit der Nymphe, denn eine der drei Farben fängt wirklich mar-kant besser als die beiden anderen. Nehmen Sie also zum Einkaufen ihre Mini-UV-Lampe immer sicherheitshalber mit.Der San Juan Wurm imitiert einen Wasserwurm, ein in manchen Gewässern sehr häufigvorkommendes Nahrungselement, kann aber auch in vielen Varianten als Reizköder sehrerfolgreich eingesetzt werden.


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