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Festschrift 100 Jahre_SPD OV_Ehingen

Published by BoulosRabih, 2015-03-21 10:56:55

Description: Festschrift 100 Jahre_SPD OV_Ehingen

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Wenn die christlich-konservative Ehinger Lokalzeitung wiederholt so gegen die Sozialde-mokratie wütet, kann das ja nur heißen, dass man diese in ihren Redaktions- und teils Le-serkreisen fürchtet. Vielleicht hatte die SPD ja gar nicht so unrecht mit ihren Thesen unddie Menschen hörten aufmerksam zu … Wer weiß?11 Manifest der französischen und deutschen Sozialdemokratie. In ihrem zweisprachigenAufruf (hier als Plakat) halten sie bei gleichem Inhalt auch noch die Regel ein: Nur der Eselnennt sich selbst zuerst. Abb. Friedrich-Ebert-Stiftung 50   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 Wahlaufruf 11 (Abb. unten) Einladung 11 (hier: Übertragung) „Zu der am Montag abend  Uhr im Lokal zur Stadtbrauerei stattfindenden Wähler-Versammlung wird hiermit freund- lichst eingeladen. Tagesordnung: Die bevorstehende Landtagswahl und die Sozialdemokratie Redner ist der sozialdemokratische Landtags- kandidat Max Denker Ulm. Zahlreicher Besuch dieser Versammlung ist notwendig. NB. Nach dem Vortrag freie Diskussion für jedermann. Der Einberufer“   Abb. oben links: Volks-  freund für Oberschwa-  ben (Stadtarchiv Ehin- gen/Volksfreund für  Oberschwaben) .1.11 Abb. links:  Ja, als Monarchisten (in einer absolutistischen Herrschaftsform) eignen sich Sozialdemokraten in der Tat weniger gut. Abb. links: Stadtarchiv Ehingen/ Volksfreund für Oberschwaben, .1.11 (Gründungsjahr OV)     

Stichworte aus dem Pressetext: Die SPD habe ausge- zeichnete Parteifinan- zen. … Von , % der männlichen Mitglieder wird dieser Beitrag [in offenbar erstaunlicher Höhe] bereits gezahlt. — Parteifreunde [der Zentrumspartei], nehmt euch ein Bei- spiel! Abb. oben: Volksfreund für Oberschwaben (Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben) 1..11 Ob da nicht Kassiere der Jetztzeit vor Neid erblassen? Abb. unten: Alltagsgeschäft — Tagesordnung einer Gemeinderatssitzung vom . Jan. 11; Beginn  Uhr vormittags (Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben, .1.11) 52   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1      Die beiden Abbil-  dungen sind aus  einer einzigen An- zeige entstanden,  die hier aus Platz- gründen zweige-  teilt ist. Die untere Abbildung mit dem Namen des Kandidaten gehört also zur oberen dazu. Es handelt sich um einen Wahlaufruf von 11. „Bei der Reichs- tagswahl vom 1. Januar 11 erziel- ten die Sozialde- mokraten mit ,% der Wähler- stimmen ihr bes- tes Wahlergebnis im Kaiserreich. Ih- re 11 Abgeordne- ten bildeten erst- mals die stärkste Fraktion im Reichstag. Mit- entscheidend für diesen Wahl- ausgang war das erstmalige Wahlbündnis von Sozialdemo- kratie und Fort- schrittlicher Volkspartei.“ http://www.dhm.de/l emo/objekte/statistik /wa11/ Gleichwohl wur- de im hiesigen Wahlkreis „na- türlich“ ein Zentrumsmann, Adolf Gröber, gewählt.   

Die katholische „Konkurrenz“ schläft nichtAbb.: Auch in den kirchlich-konservativen Kreisen hatte man bemerkt, dass für die Arbeiter-schaft etwas getan werden muss. Und dies geschah offenbar mit Erfolg und großem Zu-lauf: 1 Besucher im Rössle, „übergroße Teilnahme“ bei der Weihnachtsfeier.Man wird im Städtchen inzwischen wohl geahnt oder gewusst haben, dass eine örtlicheSPD kurz vor der Gründung stand.(Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben; ..11) Kein Vierteljahr später war es soweit …     … bitte zu den nächsten Seiten … 54   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1  11 Gründung des SPD-Ortsvereins Ehingen Der erste Vorsitzende ist Franz Scholl („Friseur und Perückenmacher“) (ob.  Abb.) Siehe auch Seite  (Franz Scholl). Alle Abb. Archiv Mangold           

An exakt demselben Tag, …… als die Ehinger Zeitung vor dem Roten Fuchs warnte (s. nächste Seite), stand im selbenBlatt „Krieg zwischen Österreich und Serbien.“Dies bedeutete den Beginn des 1. Weltkriegs. Nachstehend der Wortlaut der links abgeb. Zeitungsmeldung: Krieg Die Schicksalsstunde hat geschlagen. Die ungeheure Erregung der letzten  Stunden hat sich gelegt, die nervöse Spannung ist gewichen. Nicht nur in dem zunächst betroffenen Österreich, sondern auch in Deutschland hatte in den letzten Stunden eine ungeheure Erregung Platz gegriffen. Die Entscheidung fiel, wie erwartet, in negativem Sinne aus. Trotzdem sehen wir mit Beru- higung den Ereignissen der kommenden Tage entgegen. Deutschland ist wohl gerüstet. Wenn der unaufhaltsam heran- kommende Weltbrand emporflammen soll, dann ist jetzt die günstigste Zeit dazu. Instinktiv hat sich dieses Gefühl des Volkes bemächtigt und kommt in der begeisterten Stimmung zum Aus- druck. Der greise Kaiser Österreichs hat getan, wozu ihn die Er- eignisse zwangen. Wenn Russland die Abenteuerlust des kleinen Serbenvolkes unterstützen will und Österreich bedroht, so wer- den wir uns mit deutscher Treue, mit Gut und Blut, an die Seitedes Bundesgenossen stellen in deutscher Waffenbrüderschaft.Der Moment ist ernst. Wir sehen ihm mit Sicherheit entgegen. Entfacht die Halsstarrigkeitdes kleinen Serbenvolkes den Weltkrieg, fordern uns Russland und Frankreich heraus, sowerden wir die deutsche Würde zu verteidigen wissen.Hoffen wir, dass man jenseits der Vogesen und in Petersburg noch im letzten Moment Ein-sehen haben wird. Sollte Deutschland aber gezwungen werden, zu den Waffen zu greifen,dann sei es mit den Worten des eisernen Kanzlers: Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nie-mand in der Welt! (Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben; ..11) 56   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 Gründung des Ortsvereins „Achtung, der rote Fuchs geht um!“ „Den Arbeitern zu Nutz, den Gegnern zum Trutz“„Ehingen, 27. Juli (1914). Was wir hier bis jetzt für unmöglich hielten, ist eingetreten:nämlich die Gründung eines sozialdemokratischen Vereins in hiesiger Stadt.“Die damalige Ehinger Zeitung „Volksfreund für Oberschwaben“ begann ihren Artikel mitobigem Text und zitierte alsdann die in Ulm erscheinende SPD-Zeitung „Die Donauwacht“.Diese hatte damals offenbar geschrieben:„'Steter Tropfen höhlt den Stein;' nach diesem Rezept arbeiten die Parteigenossen desOberlandes. Und daß dies die richtige, zum Ziel führende Methode ist, lehrt die Tatsache,daß im rabenschwarzen Ehingen ein Sozialdemokratischer Verein gegründet werden konn-te. Die vom Zentrum wirtschaftlich und politisch beherrschte Stadt Ehingen galt als sozia-listenrein. Noch bei der letzten Landtagswahl stellte die Zentrumspresse Ehingen als Vor-bild für das Oberland hin. Und nun hat sich aus kleinen Anfängen nach und nach eine Or-ganisation entwickelt, die für unsere Partei ein wichtiger Stützpunkt sein wird. Nach demeinleitenden Referat von Karl Ruggaber schritten die Genossen zur Vereinsgründung. Ein-mütig erfolgte die Wahl der Vorstandschaft. In der Diskussion kam zum Ausdruck, daß dieunterdrückten Arbeiter einsehen sollen, daß sich die Unterdrückten immer mehr um dasBanner des Sozialismus scharen müssen, nur der Sozialismus führe zum Ziele. In diesemSinne müssen wir politische Aufklärungsarbeit leisten, den Arbeitern zu Nutz, den Gegnernzum Trutz.“Der zentrumsnahe Ehinger „Volksfreund für Oberschwaben“ fährt alsdannmit eigenen Worten fort:„Wenn auch die neue sozialdemokratische Gründung noch klein sein dürfte, sinddoch bei der Reichstagswahl im ganzen nur 21 sozialdemokr. Stimmen in hies. Stadtabgegeben worden, so darf man dennoch nicht unbeachtet an ihr vorübergehen, undes ist dringend notwendig, durch Ausbau und Förderung der christl. Gewerkschaftund der kath. Organisationen den Roten wirksam entgegenzutreten. Für unsereStadt und deren Umgebung gilt heute mehr denn je die Warnung: Achtung, der rote Fuchs geht um!Stimmt – seitdem gibt’s den Ehinger SPD-Ortsverein. Und seitdem ist er, wie der Fuchs inder Natur, ein wichtiger Bestandteil in seinem Umfeld geblieben.                                                              23 das „Zentrum“, ungefähr die CDU/CSU der Weimarer Republik 1919‐33, stark katholisch geprägt        

… zu verbieten sind Betreff: Sozialdemokratische VersammlungenK24.Württ. Ministerium des InnernStuttgart, den 17. März 1915Auf Anordnung des K.Stellv.Generalkommandos vom heutigen Tage wird mitsofortiger Wirkung verfügt, daß politische Versammlungen, die vom ra-dikalen Flügel der württ. Sozialdemokratie veranstaltet werden, insbe-sondere solche, in denen die Parteiführer Westmeyer, Crispien und Ro-del als Redner auftreten, von den K.Oberämtern zu verbieten sind. Diesgilt auch für nichtöffentliche Versammlungen, soweit die Absicht ihrerAbhaltung zur Kenntnis der Polizeibehörden kommt; von dem Bevorstehensolcher – bis jetzt noch nicht anzeigepflichtiger – Versammlungen ha-ben sich die Ortspolizeibehörden unter der Hand tunlichst25 Kenntnis zuverschaffen und jeweils sofort auf kürzestem Wege das Oberamt zu be-nachrichtigen.Weitere Anordnungen werden in kurzem nachfolgen. Vorerst sind denOrtspolizeibehörden ungesäumt die erforderlichen Weisungen zu ertei-len.Über erlassene Verbote ist hierher zu berichten. Ansämtliche Kgl. Oberämter An das Schultheißenamt Rottenacker zur Kenntnis und Nachachtung. Ehingen, den 19. März 1915 K.OberamtUnd kaum ist unser Ortsverein endlich begründet, wurde ein furchtbarer Krieg an-gezettelt und Tätigkeiten der SPD wurden eingeschränkt bzw. verboten.Kein leichter Anfang! Aber die Ortsvereinsgeschichte geht weiter.                                                            58 24 K./Kgl. = königlich 25 tunlichst: 1. möglichst;  2. auf jeden Fall, unbedingt  (© Duden ‐ Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2003 [CD‐ROM]) 26 Rottenacker (im Original handschriftlich eingesetzt)   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1  Ein Jubiläum — auch ein Grund für Jubel?1 Jahre SPD in Ehingen sind kein Pappenstiel. Deutschlandweit ist die SPD, soeben 1Jahre alt geworden, die älteste demokratische Partei. Wohl auch in Ehingen dürften wirdies ganz unbescheiden von uns annehmen. Darüber wollen wir uns auch freuen.Doch dürfen wir auch stolz darauf sein? Wie die Zeitungstexte aus unserem Gründungsjahrdeutlich genug zeigen, wurde die Gründung eines SPD-Ortsvereins, ja schon das Vorhan-densein sozialdemokratisch gesinnter Menschen, höchst misstrauisch oder hasserfüllt be-äugt und kommentiert. Auch der warnende Satz vor dem umgehenden roten Fuchs gehtdeutlich genug in diese Richtung!Nun, ein bisschen mehr Anerkennung haben wir uns mittlerweile ja erdient oder erkämpft,und es sind auch mehr als 1 Wählerinnen und Wähler, die der SPD ihre Stimme geben.Aber Minderheit, und teils beschimpfte, sind wir immer noch. Und so gilt weiter, wachsam,mutig, fleißig und kooperativ zu sein, intern und nach außen. Sozialdemokratische Tugen- den waren es immer schon, sich für Ärmere, Unterdrückte, Zu- kurzgekommene einzusetzen, sich um mehr soziale Gerechtig- keit zu bemühen. Zugegeben: Dieses „Bemühen“ lief auf Bun- desebene auch schon mal schief und müsste dringend, auch wenn es mühsam ist, nachgebessert werden … Tun wir uns weiter gemeinsam darin zusammen — dann kann der SPD-Ortsverein Ehingen außer seinem hundertsten noch viele weitere Jubiläen feiern. Hinweis: Der vorstehende Text stand in ähnlicher Form unter dem Titel „Grund zum Jubel“ aus Anlass des . Gründungsjubiläums im Roten Füchsle Nr. 1 vom Dezember 1. Noch keineswegs 1 Jahre her ist es … … dass SPD-Wahlplakate abgerissen und unsere Wahlplakat- ständer entweder zusammengetreten (Abb.) oder schlichtweg geklaut wurden. Und zwar weniger von Innenstadt-Vandalen, sondern eher in ländlichen Bereichen, wo „man“ sich sonntags gerne fromm gibt und hochprozentig CDU wählt.     Der leere Fleck ist  kein Druckfehler!          's Rote Füchsle Nr. 108, Oktober 2002      

Diese Zeitungsmeldung ist sozusagen die Gründungsurkunde des Ortsvereins. Sie erschien am . Juli 11 im „Volksfreund für Oberschwaben“. Die eigentliche Gründungsversamm-DieseluZneigtumnugsssmaellsdouknugrzisztusvoozruesrafgoelgntdsieeinG.ründungsurkunde des Ortsvereins. Sie erschien am . Juli11 im „Volksfreund für Oberschwaben“. Die eigentliche Gründungsversammlung muss also kurz zu-vor erDfoielgvtosmein„V. olksfreund“ zitierte „Donauwacht“ war eine sozialdemokratisch geprägte Zei- tung, die in Ulm (Donau) erschien. Wer dies nicht wusste, mag darüber staunen …Die vom „Volksfreund“ zitierte „Donauwacht“ war eine sozialdemokratisch geprägte Zeitung, die inUlm ( Donau) erschien. Wer dies nic ht wusste, mag darüber staunen … 60     

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1    Für die hundert Jahre von 11 bis 1 folgen jetzt zu jedem Jahrzweiteilige Übersichten nach dem Muster folgender Zwischenüberschriften:• Vorgänge und Zeitgeist des entsprechenden Jahres sollen spürbar werden: Was im jeweiligen Jahr geschah und (meist) auch Auswirkungen auf die Menschen hier hatte: Politik (leider auch Kriege), Wahlen, Wissenschaft, Wirtschaft, Arbeitsplätze, Lebensumstände der Menschen (dargestellt am möglichst lokalen Beispiel), Technik, Städteplanung und Städtebau, Schulen, Verwaltungsreformen …• Damit soll ein Rahmen geschaffen für die jeweils nachfolgend dargestellten ortsvereinsbezogenen Ereignisse werden. Die Quellen sind örtliche Zeitungen (Stadtarchiv Ehingen und Archiv Feger), das Archiv von Gerhard Tessin, das Archiv des Festschriftmachers, zahlreiche einzelne Internetrecherchen (wie jeweils angegeben) und — natürlich — das beinahe unerschöpfliche WIKIPEDIA, die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Landes- und Bundes-SPD Was den Ortsverein und/oder seine Mitglieder im jeweiligen Jahr betraf, berührte, beschäftigte. Manches wird unsere Genossinnen und Genossen wohl zuweilen geärgert und manch Anders auch mal gefreut haben.Für die ersten Jahrzehnte standen uns — auf den Ortsverein bezogen — als Quelle ausschließlicharchivierte lokale Zeitungen zur Verfügung (Stadtarchiv Ehingen und Archiv Feger). Seit Neubeginn1 nur sehr spärlich, seit Mitte der 1er Jahre allmählich reichhaltiger sind uns auch orts-vereinseigene Unterlagen erhalten. Seit Anfang der 1er Jahre und bis über den Redaktionsschlussdieser Festschrift hinaus führt und pflegt Georg Mangold ein umfangreiches kommunalpolitischesund ortsvereinsbezogenes Archiv. Ebenso liegen umfangreiche Unterlagen aus der jährigen Amts-zeit von Klärle Dorner als Ortsvereinsvorsitzender vor. Die  Ausgaben des Roten Füchsles konn-ten natürlich auch als Quellen herangezogen werden. Dazu kommt die digitale Fotosammlung derFamilie des Festschriftmachers.Siehe auch Seite .            

11 ... Welt — Europa — Deutschland — (Baden-)Württemberg — Landkreis — Ehingen• Kriegserklärung von Österreich-Ungarn an Serbien steht am Beginn des Ersten Weltkriegs.• . Juli: Generalmobilmachung in Russland• 1. August: Kriegserklärung des Deutschen Reiches an Russland und gleichzeitige Mobilmachung des Reichsheeres, Frankreich mobilisiert ebenfalls seine Armee,• . August: Deutsches Ultimatum an Belgien• . August: Kriegserklärung des Deutschen Reichs an Frankreich. König Albert (Belgien) weist das Ultimatum ab.• . August: Deutsche Truppen rücken im Ersten Weltkrieg völkerrechtswidrig in das neutrale Belgien ein, was Großbritannien zu einem Ultimatum mit Kriegsandrohung gegenüber Deutschland veran- lasst. Kriegserklärung Belgiens an das Deutsche Reich.• . August: Der Reichstag des Deutschen Kaiserreichs schließt nach einer flammenden Rede von Kai- ser Wilhelm II. den sogenannten „Burgfrieden“ und stimmt geschlossen für die Gewährung von Kriegsanleihen.• . August: Kriegserklärung Großbritanniens an das Deutsche Reich; damit befinden sich alle europäi- schen Großmächte, außer Italien, im Kriegszustand.• . August: Österreich-Ungarn erklärt Russland den Krieg, Kriegserklärung Serbiens an das Deutsche Reich• . August: Kriegserklärung von Montenegro an Österreich-Ungarn• 11. September: Erster Weltkrieg an Kolonialschauplätzen: Australien führt auf Neupommern im Bis- marck-Archipel eine Invasion durch und bezwingt das deutsche Truppenkontingent.•…Die obige Liste der Kriegsereignisse ist hier nur beispielhaft und grob unvollständig!• . Januar: Die Einwohner Schwedens dürfen nur noch zwölf Liter Spirituosen pro Vierteljahr kaufen.• . Januar: Auf einer Pressekonferenz kündigt Henry Ford die Einführung des Achtstundentags bei Ford zum 1. Januar 11 und einen Mindestlohn von fünf US-Dollar pro Tag an.• 1. Januar: Henry Ford lässt die Produktion des Automobils Ford Modell T auf Fließbandfertigung umstellen, was ein Senken des Verkaufspreises für das Kraftfahrzeug ermöglicht.• 1. August: Eröffnung des Panamakanals• 1. Mai: Die SpVgg Fürth wird deutscher Fußballmeister.• 1. Juni: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hisst zum ersten Mal die Fahne mit den fünf Ringen.                                                            27 Als Burgfriedenspolitik (oder kurz Burgfrieden) wird das Zurückstellen innenpolitischer Konflikte und wirt‐schaftlicher Auseinandersetzungen in Deutschland während des Ersten Weltkriegs bezeichnet. In Frankreich wurde zur selben Zeit der Begriff Union sacrée gebräuchlich.  Am 4. August 1914 versammelte Kaiser Wilhelm II. in Berlin die Vertreter aller im Reichstag vertretenen Partei‐en um sich und erklärte in einer Thronrede:  „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche! Zum Zeichen dessen, dass Sie fest entschlossen sind, ohne Parteiunterschied, ohne Stammesunterschied, ohne Konfessionsunterschied durchzuhalten mit mir durch dick und dünn, durch Not und Tod zu gehen, fordere ich die Vorstände der Parteien auf, vorzutreten und mir das in die Hand zu geloben.“ Diese von Reichskanzler Bethmann Hollweg formulierten Sätze trafen bei den Parlamentariern selbst von der oppositionellen SPD auf fast ungeteilte Zustimmung. Ein zentraler Grund dafür war, dass es der Regierung wäh‐rend der Julikrise gelungen war, die Öffentlichkeit zu überzeugen, dass das Deutsche Kaiserreich sich in einem Verteidigungskrieg gegen Russland befände. Dies galt auch für weite Teile der SPD und die ihnen nahestehen‐den Gewerkschaften. Das Parlament stimmte daher (bei zwei Enthaltungen) geschlossen für die zur Kriegsfüh‐rung benötigten Kriegskredite.  62   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 • Beginn des 1. Weltkriegs. Von „Ausbruch“ kann nicht die Rede sein, denn das wäre z. B. ein unab- wendbares Naturereignis. Der Krieg war weitgehend gewollt von den Militärs, die sich gegen ihre Regierungen durchsetzten, vor allem im Deutschen Reich. Auch die Völker ließen sich vielfach mit- ziehen. Man zog mit Jubel, Musik und Blumenschmuck „in den Krieg“.• Der erste Weltkrieg fordert europa- und weltweit furchtbar viele Opfer. Neue Waffensysteme kamen zum Einsatz: Maschinengewehre, Panzer, Kraftfahrzeuge, Flugzeuge (Bomben), U-Boote, Giftgas • „Jeder Stoß – ein Franzos“ und „zum Frühstück auf nach Paris“ – von wegen --- • Abb. Archiv LD           

11 SPD-Ortsverein Ehingen (Donau) — und auch mal Blicke über den Tellerrand Der SPD-Ortsverein Ehingen wird im Juli 11 gegründet. Sozialdemokratische Aktivitä- ten sind auch in Ehingen schon Jahre zuvor nachzuweisen. Der Gründungsakt kann also nur eine gewisse Krönung darstellen, von den eigenen Leuten sicher erwartet und her- beigeführt, von der örtlichen Presse und den mit ihr verbündeten Antidemokraten, Mo- narchisten und dgl. aufs Äußerste befürchtet. Siehe auch ab Seite . Seit 11 besteht unser Ortsverein. Seine Geschichte war zwangsweise unterbrochen in den Jahren des Nationalsozialismus (1 bis 1). Wenige Tage nach der Gründung unseres Ortsvereins begann das große Völkermorden. Zugleich waren sozialdemokratische Versammlungen wie oben beschrieben teils verbo- ten, gewiss aber in den Augen der hiesigen Mehrheit unerwünscht. Bis zum Jahre 11 sind folgerichtig keine politischen Aktivitäten nachweisbar. Was in den Köpfen vorging, wissen wir nicht. Doch 11 zeigt sich wieder Aktivität.11-1 ... Welt — Europa — Deutschland — (Baden-)Württemberg — Landkreis — Ehingen• Zunehmender Widerstand in der SPD-Reichstagsfraktion gegen die Bewilligung weiterer Kriegskre- dite und die Kriegsziele der obersten Heeresleitung. Zum wider Erwarten lange dauernden Krieg und der bald einsetzenden Hungersnot folgender Aufruf: „Was ihr am Brot spart, gebt ihr dem Vater- land!“ (Oberschwäbischer Anzeiger . Juli 11).• 11: Spaltung der SPD; Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gründen den Spartakus.• 11: Gründung der „Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei“ (USPD); die USPD tritt bald auch in Ehingen in Erscheinung• Militärpass: \"Landsturmpflichtiger Jahresklasse 11\", heißt es auf Max Mohrs Militärpass. An seine Einberufung erinnert er sich in seinen Aufzeichnungen genau: \"Am . Januar 11 bekam ich durch die Post vom 'Bezirkskommando' Ehingen (Donau) den Gestellungsbefehl. In demselben wurde mir eröffnet, dass ich mich am 1. Februar nachmittags  Uhr auf dem Güterbahnhof Ehingen zu stellen habe.\" (Quelle: http://einestages.spiegel.de/static/entry/post_aus_der_hoelle_von_verdun/111/militaerpass.html) • Kirchbierlingen muss seine Kirchenglocken abliefern, damit sie zu Kriegsgerät umgeschmolzen wer- den könnten (wie in vielen anderen Städten und Gemeinden). 11-1 SPD-Ortsverein Ehingen (Donau) — und auch mal Blicke über den Tellerrand 11: In Stuttgart findet „am Erscheinungsfest“ (. Januar) eine „Sozialdemokrat. Lan- deskonferenz“ statt, zu der  Ortsvereine mehr als 1 Vertreter entsandt hatten. Ein- stimmige Beschließung zu einem Frieden, aber unter bestimmten Bedingungen. Die „kriegsverlängernd wirkenden Pläne der deutschen Eroberungspolitiker“ werden als „volksschädlich“ abgelehnt, ebenso die „verstiegenen Absichten der Annexionisten im gegnerischen Lager.“ Gefordert wird „Frieden des Ausgleichs“- Begrüßt wird die Note des Präsident Wilson [USA]. „Den Arbeitern der feindlichen Länder liegt die Pflicht ob, ihre Regierungen zur Friedensbereitschaft zu zwingen.“ (Archiv Mangold/Volksfreund für Ober- schwaben 11) Ob unter den Vertretern  württembergischer Ortsvereine auch jemand von Ehingen dabei war? Wir wissen es leider nicht. Es ist freilich durchaus möglich, nachdem, wie wir wissen, unsere „frühen“ Genossen ausgesprochen aktiv und eifrig bei der Sache waren. 64   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 11 ... Welt — Europa — Deutschland — (Baden-)Württemberg — Landkreis — Ehingen• Der Übergang vom kriegführenden Kaiserreich zur Demokratie ging nicht reibungslos vonstatten. Es kam zu Unruhen, Aufständen, Putschversuchen Abb.: Quelle „Avantgarde und Volkspartei – Die Sozialdemokra- tie im deutschen Südwesten von ihren Anfängen bis heute“, 1 Allein aus dem damaligen - Einwohner-Dörfle Griesingen ka- men folgende Soldaten nach dem ersten Weltkrieg nicht mehr heim: Alois Bausenhart, Anton Bochtler, Paul Bottenschein, Robert Brehm, Josef Endele, Karl Endele, Josef Freudenreich, Georg Gog, Karl Haug, Wilhelm Kneer, Stefan Leichtle, Franz Locher, Eduard Pflug, Franz Paul Pflug, Franz Rai- ber, Meinrad Rieger, Johann Rie- ger, Max Rieger, Karl Schöb, Wen- delin Schöllhorn, Paul Seifert, Mat- thäus Seifert, Paul Seitz, Markus Seitz, Ulrich Steinle, Josef Stirmlinger, Andreas Ströbele, Georg Weger, Karl Wiget.• Der 1. Weltkrieg endet mit der Kapitulation Deutschlands. Kaiser Wilhelm, Mit-Kriegstreiber der ers- ten Stunde, dankt ab. Nun sollen die einst so gering geschätzten Sozialdemokraten den Karren aus dem Dreck ziehen. Der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann ruft in Berlin die Republik aus. Nach dem militärischen Zusammenbruch Revolution in Berlin. Die Militärs überlassen Waffenstillstands- verhandlungen den Zivilisten. Revolutionsregierung: „Rat der Volksbeauftragten“ aus SPD und USPD. Einführung: Frauenwahlrecht, Erwerbslosenfürsorge, Acht-Stunden-Arbeitstag• August: Reichstag stimmt gegen Einführung des Frauenwahlrechts. Nur SPD und USPD stimmen dafür.• 1. November: Verkündung des „gleichen, geheimen, direkten allgemeinen Wahlrechts (…) für alle mindestens  Jahre alten männlichen und weiblichen Personen“: Geburtsstunde des Wahlrechts auch für Frauen• Ehingen: mehrere Betriebsgründungen, allerdings unter Berücksichtigung des 1 durchgesetzten Wegfalls der Gewerbefreiheit• In Ehingen wird auf . Dezember „abends  ½ Uhr“ eine Versammlung ins Schwert einberufen: Ziel ist die „Bildung eines Bauernrats“; Vorstand Tiber Rothenbacher „im Auftrag des Bauernvereins“• Ehingen: „Große öffentliche Volksversammlung am Samstag den 1. Dezember 11 in der Turnhalle in Ehingen punkt  ½ Uhr zur Neubildung des Arbeiter- und Soldatenrats. Hiezu wird die gesamte Bürgerschaft eingeladen. Der Einberufer.“               

Mitglieder der Württembergischen Landstände des Königreichs Württemberg   in der Wahlperiode von 11 bis 11 1 Mitglieder der Württembergischen Kammer der Standesherren (Erste Kammer) 1.1 Prinzen des Hauses Württemberg 1.2 Standesherren 1.3 Vertreter der Ritterschaft 1.4 Auf Lebenszeit ernannte Mitglieder 1.5 Vertreter der evangelischen Landeskirche 1.6 Vertreter des Bistums Rottenburg 1.7 Vertreter der Universität Tübingen 1.8 Vertreter der TH Stuttgart 1.9 Vertreter der Landwirtschaft1.10 Vertreter von Handel und Industrie1.11 Vertreter des Handwerks 2 Mitglieder der Württembergischen Kammer der Abgeordneten (Zweite Kammer) 2.1 Die Abgeordneten der sieben „guten Städte“ 2.2 Die Abgeordneten der Oberämter des Neckarkreises 2.3 Die Abgeordneten der Oberämter des Jagstkreises 2.4 Die Abgeordneten der Oberämter des Schwarzwaldkreises 2.5 Die Abgeordneten der Oberämter des Donaukreises* 2.6 Die Abgeordneten des I. Landeswahlkreises (Neckar- und Jagstkreis) 2.7 Die Abgeordneten des II. Landeswahlkreises (Schwarzwald- und Donaukreis)*Aus Ehingen: Dr. Johannes Baptist Kiene, ZentrumEs handelt sich um eine Art „stark vordemokratischen“ Landtag.Abb. Stadtarchiv Ehingen/Schwäbische Zeitung, 11   66   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 Ehinger Notgeld von 11 Notgeld ersetzt fehlende gesetzliche Zahlungsmit- tel und wird von Staaten, Gemeinden oder priva- ten Unternehmen herausgegeben. Das Ver- trauen in Notgeld ist in Kriegs- und Krisen- zeiten oftmals größer als in offizielles Geld. Es wird meist in inländischer, aus- ländischer oder historischer Währung (Goldmark, US-Dollar) ausgegeben, aber auch als Anspruch auf Waren wie Ge- treide, Zucker oder Holz. Neben den üb- lichen Geldformen Münze (Notmünze) und Geldschein kamen und kommen auch verschiedene Ersatzmaterialien wie Porzellan, Pappe, Leder, Presskohle, Seide oder Leinen zum Einsatz. (…) Auch Briefmarken (…), Spielkarten, Schecks und ähnliche Vorlagen werden zu Notgeld um- funktioniert. Welchen Gegenständen dabei ein Wert als Notgeld zugesprochen wird, kannsehr vielfältig und gelegentlich auch regional sehr be-grenzt sein. Gemeinsam ist den als Notgeld dienenden Materi-alien, dass sie keine Wertangabe tragen, sondern in sich selber den Wert darstellen. IhrTauschwert ergibt sich aus Angebot und Nachfrage. Notgeld wird nur als Zahlungsmittelgebraucht, nicht zu Kreditzwecken. (Quelle: Wikipedia) Abb.: Ehinger Notgeld von 11 Abb. links: The New York Times 11 Die Hungersnot dauerte längere Zeit und endete nicht mit dem Krieg - in weiten Teilen Europas.  Famine Cond.: Hungersnot  Food Shortage appr. Fam.P.: Nah- rungsmittelmangel kurz vor Hungernot  Serious F.Sh.: ernstliche Lebens- mittelknappheit  Suff. Pr. Food S.: derzeit ausrei- chende Nahrungsmittelvers, künftig besorgniserregend  Menschen, die amer. Hilfe erhalten  nicht spezifiziert           

11 SPD-Ortsverein Ehingen (Donau) — und auch mal Blicke über den Tellerrand Erste nachweisbare Versammlung der SPD in Ehingen: „Große öffentliche Versammlung – Arbeitgeber, Arbeiter, Arbeiterinnen – Am Freitag, den 1. Dezember 11 um  Uhr abends im Gasthaus zum Schwanen – Ehingen a.D. – Aufklärung über die heutige Lage im Bezirk“. Siehe Abb. rechts. – Die damalige Presse schrieb: „Der Saal war ge- steckt voll.“ Im Dezember 11, also gleich nach der Ausrufung der Re- publik und der Unterzeich- nung des Waffenstillstands- abkommens, beginnt das po- litische Leben in Ehingen wieder. Für den . 1. 11 lädt Tiber Rothenbacher die Landwirte von Ehingen zur Bildung eines Bauernrates ein. Nur wenige Tage darauf erging die Einladung zu einer Weihnachtsfeier (Abb. unten). Das dargebotene Programm wirkt für uns Heutige wenig „sozialdemokratisch“. Über die Gründe kann man rätseln: War es so landauf landab schlicht selbstverständlich? Heiteres und Besinnliches im Stile der ländlichen Theatertraditionen zur „Erbauung“ nach den Schrecken des Krieges? Sollten auch Konservative damit angespro- chen werden? Wollte man sich als besonders volks- und heimatnah erweisen und nicht als „vater- landslose Gesellen“ betrachtet werden? Viele Fragen, keine Ant- worten … Beide Abb. Archiv Mangold/Feger, 11 68   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 Arbeiter- und Soldatenräte    Arbeiterrat: Anton Eisele,  hier mit der Berufsbe-  zeichnung Straßenwart, war ein SPD-Mann der  ersten Jahre  (alle Abb.: Archiv Man- gold/Volksfreund) Zur Abb. links: Es werden „Arbeiter und Arbeiterin- nen“ eingeladen!     

Am 1.1.11 erscheint in der Ehinger Lokalzeitung „Volksfreund für Oberschwaben“folgender Presseartikel (Abschrift im Wortlaut). Frauenwahlrecht und SozialdemokratieGewiß war schon ein fremder Hausierer bei euch, um einen hochfeinen Goldschmuck für teuresGeld euch aufzuschwatzen. Er pries seine Ware als etwas ganz Neues, nie Dagewesenes an. DieWare war jedoch Schund. Wer kaufte, wurde betrogen. So ein Hausierer klopft gegenwärtig analle Türen an. Er heißt: Sozialdemokratie. Er sucht vor allem in der Frauenwelt Helferinnen, umseine revolutionären Bestrebungen zu weiterem Erfolge führen zu können. Denn die Revolutionist noch nicht abgeschlossen. Jeden Tag verkünden das die revolutionären Machthaber. Die Sozia-lisierung der Gesellschaft, d.h. des Privateigentums, soll noch vorgenommen werden. Deshalbmuß sich die Frauenwelt klar werden, was uns die Revolution bis jetzt gebracht hat. Wir weisennur auf einige Hauptgesichtspunkte hin:1. ein wehrloses Deutschland und unsere Auslieferung an die Feinde auf Gnade und Ungnade2. eine, auf angemaßter Gewalt beruhende sozialdemokratische Regierung ohne Berechtigung3. eine Ausschaltung aller Andersdenkenden, namentlich der christlichen Volkskreise4. die Gefahr des Verlustes der Kulturgüter der früheren christlichen Staatseinrichtungen. Der Kulturkampf um den christlichen Glauben hat schon in schärfster Weise begonnen5. ein Darniederliegen aller Erwerbsstände. Handel, Industrie und Landwirtschaft kann infolge der politischen Unsicherheit nichts Großes unternehmen und leisten. eine Verdoppelung des Beamtenheeres, eine riesige Vergeudung von Staatsvermögen und die Gefahr des Staatsbankrotts. Dazu kommt die allgemeine Rechtsunsicherheit und eine das all- gemeine Wohl bedrohende Begehrlichkeit weiter Volkskreise.Die Zeitung polemisiert weiter:So sehen die Erfolge der Revolution praktisch aus. Nun versucht die Sozialdemokratie, den Geist der Revolution, des Hasses und der Feindschaft gegen die Grundlagen der Gesellschaft in die Familie hineinzutragen. Ihr Frauen sollt Vorspanndienste für die Sozialdemokratieleisten. Ihr sollt angeleitet werden, eure Kinder anstatt des Betens die Gottesleugnung, anstatt desfrohen Aufwärtsringen[s] die wilde Begehrlichkeit, anstatt der freudigen Arbeit fürs Ganze denKlassenkampf um die sozialistische Republik zu führen. In den von der Sozialdemokratie veran-stalteten Frauenversammlungen wird ganz nach dem seitherigen Schema agitiert. Alles wird kriti-siert, alles heruntergerissen. Dabei ist die Sozialdemokratie gar nicht imstande, etwas Besseresschaffen zu können.Laßt euch nicht beschwindeln, ihr Frauen und Arbeiterinnen, wenn die Sozialdemokratie euchvorgibt, daß sie seither für die Interessen der Frauenwelt und der Arbeiterinnen eingetreten sei.Die 48jährige Geschichte des deutschen Reichstags beweist, daß die Zentrumspartei als großechristliche Volkspartei von jeher die Fahne der gesetzlichen und christlichen Sozialreform voran-getragen hat.Der größte Teil der sozialen Gesetze, die insbesondere einen weitgehenden Schutz der Frauenar-beit gemacht haben, ist gegen die sozialdemokratischen Stimmen im Reichstag beschlossen wor-den.Die Sozialdemokratie ist dann weiter die Partei der Gottesleugnung, des Freidenkertums. In derallermindestwertigsten Aufmachung wird wissenschaftliche Ramschware verkauft. Die Sozialde-mokratie will das Volk entchristlichen. Sie will den Religionsunterricht aus der Schule entfernen,den Einfluß der Religion im öffentlichen Leben zerstören und die Religion zur reinen Privatsachemachen und still absterben lassen. Dazu hat die Sozialdemokratie auch Frauen nötig. Deshalb ar-beitet sie unermüdlich an der religiösen Verwüstung der Familie. Darum, christliche Frauen,  70   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 laßt euch nicht beschwätzen und beschwindeln von dem sozialdemokratischen Hausierer. Wer derFrauenwelt die Religion raubt, nimmt ihr das Beste vom Leben der Seele. Die Religion gibt eucheuer Königreich, Familie, leitet die Kinder an, zu freudigem Gehorsam und zur treuen Pflichter-füllung. Die Religion lehrt die Männer, in euch Frauen gleichwertige Geschöpfe zu verehren.Deshalb heißt es im kommenden Wahlkampf: Zusammengestanden und kräftig gearbeitet. JedeFrau und jedes Mädchen muß zur Wahlurne gebracht werden. Die sozialdemokratischen Frauenwerden alle wählen. Eine christlich gesinnte Frau, die zu Hause bleiben würde, müßte sich schä-men. Darum sorgt überall dafür, daß alles wählt, was laufen kann. Die neue Zeit stellt große Auf-gaben an euch. Darum an die Arbeit für Volk und Vaterland.(Quelle: Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben; Text: 1.1.11)   Leider geht nicht aus der An- zeige oben hervor, wes Geis- tes Kind der Vortragende Sergeant Schenzle war. Abb.: Stadtarchiv Ehingen/Schwäbische Zei- tung, .1.11 Seit Beginn ihrer Existenz strebte die SPD nach der Gleichstellung der Frau. Noch 11 wurde die Forderung der SPD nach dem Frauenwahlrecht von den bürgerlichen Parteien abgelehnt. Quelle (Plakate und zugehörige Texte): Friedrich-Ebert-Stiftung           

Weimarer Republik (11-1)11 ... Welt — Europa — Deutschland — (Baden-)Württemberg — Landkreis — Ehingen Abb.: Aufruf der württembergischen SPD zu Jah- resbeginn 11. Man war nicht zimperlich im Umgang mit dem politischen Gegner. Und wie- der einmal wird überdeutlich, wie uneins sich man in der „Linken“ ist. (Quelle: „Avantgarde und Volkspartei – Die Sozialdemokra- tie im deutschen Südwesten von ihren Anfängen bis heute“, 1) 1. Januar: Der Achtstundentag tritt im Deut- schen Reich in Kraft. 1. Januar: Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Leo Jogiches gründen die KPD als selbständige Partei. . Januar: Der Berliner Polizeipräsident Emil Eichhorn (USPD) wird vom Rat der Volksbeauf- tragten unter Friedrich Ebert entlassen. Das führt am folgenden Tag zu Massendemonstra- tionen und zum Beginn des Spartakusaufstands. .–1. Januar: Spartakusaufstand in Berlin 1. Januar: Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht werden durch rechtsradikale Freikorps ermor- det. 1. Januar: Wahlen zur Nationalversammlung. SPD ,, USPD ,  %. Koalition aus SPD, Zent- rum u. DDP. Ebert Reichspräsident, Scheide- mann Reichskanzler.• Erstmals dürfen Frauen wählen. Ihr Dank an die SPD bleibt aus. Sie geben mehrheitlich den Konser- vativen ihre Stimme.• . Februar: Beginn der zivilen Luftpost in Deutschland. Zweimal täglich starteten Flugzeuge in Berlin- Johannisthal, um Postsendungen zum Tagungsort der verfassunggebenden Nationalversammlung in Weimar zu transportieren. . Februar: Eröffnung der Weimarer Nationalversammlung durch Friedrich Ebert Die „Weimarer Republik“ ersteht. Unter der SPD-geführten Regierung wird eine Verfassung beschlossen, die in ihren Bestimmungen zu Grund- und Menschen- rechten erstaunlich modern klingt. Weitere Errungenschaften: Anerkennung der Gewerkschaften als Vertretung der Arbeitnehmerschaft und ihres Mitsprache- rechts bei Löhnen und Arbeitsbedingungen. 11. Februar: Friedrich Ebert wird von der Nationalversammlung zum ersten Reichs- präsident der Weimarer Republik gewählt und bleibt dies bis 1. • 1. Februar: Marie Juchacz (Abb.: durch eine Briefmarke geehrt) hält vor der Weimarer Nationalversammlung als erste Frau in einem deutschen Parlament eine Rede.• . März: Im Stadtteil Lichtenberg beginnen die Berliner Märzkämpfe, die mit Hinrichtungen von mehr als 1. Menschen verbunden sind.                                                             72 28 Begründerin der AWO   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 • . Mai: In Versailles erhält die deutsche Delegation den Entwurf des Friedensvertrages der Alliierten zur Beendigung des Ersten Weltkriegs ausgehändigt. Die quasi unabänderbaren Vertragsbedingun- gen bewirken im Juni den geschlossenen Rücktritt des Kabinetts Scheidemann.• . Juni: Die deutsche Delegation unterschreibt unter Protest den ihr vorgelegten Friedensvertrag von Versailles, welcher formell den Ersten Weltkrieg abschließt. Zugleich wird im Vertragswerk die Satzung des entstehenden Völkerbundes akzeptiert.• . Juli: In Nürnberg entsteht als Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund ein Zusammenschluss von  Gewerkschaften, der von Carl Legien geführt wird.• 11. August: Die Weimarer Nationalversammlung gibt Deutschland eine demokratisch- parlamentarische Verfassung.• November: Der Berliner Stadtkommandant Otto Wels bildet Soldatenwehren zum Schutz vor Plün- derungen und Bürgerkrieg in Berlin.• 1. Dezember: Marie Juchacz gründet in Deutschland unter dem Namen Hauptausschuss für Arbei- terwohlfahrt in der SPD die Arbeiterwohlfahrt (AWO).• 1. Dezember: Die deutsche Reichspost teilt amtlich mit, dass sie ab 1. Januar 1 die neue Sen- dungsart Päckchen zur Beförderung annimmt.• Gründung des Bund Neudeutschland (kath. männliche Jugend an Gymnasien und Universitäten) Ravensburg: „Grosse Frauenversammlung“ im „Waldhornsaale“; Rednerin „Frau Laura Schradin“; Thema: „Die deutsche Frau, die Freieste der Freien“. Die Reutlin- ger Rednerin war seit 1 aktiv in der SPD. Einladung: SPD Ravensburg (Abb. Laura Schradin; Quelle: SPD) Ehingen: „Aus der Schülerschaft strömten im ersten Kriegsjahr Dutzende als Frei- willige mit heiliger Begeisterung zu den Fahnen, später folgte Jahrgang um Jahr- gang in klarer Erkenntnis der heiligen Not des Vaterlandes und in gleichbleiben- dem Opfermut dem Waffenrufe …“ – „1 Schüler“ waren insgesamt „eingerückt“. „Ge- fallen sind  Schüler.“ Quelle: (ET ..1, zitiert nach den Jahresberichten des Gymnasi- ums Ehingen, erschienen 11/1, also nach dem Krieg.) Der Nachkriegstext des Ehinger Gymnasiums atmet noch sehr den Geist des Jahres 11.   Abb. links und zugehöriger Text:      SPD‐Ortsverein Ehingen (Donau) …      Laura Schradin tritt auch in Ehingen zu einer „Großen öf- fentlichen Frauenversamm- lung“ auf. Ihr Thema: „Die Frau im neuen Deutschland“. Als „Mitglied der Verfassungs- gebenden Landesversammlung“ war sie gewiss eine kompetente Rednerin. Abb. Stadtarchiv Ehingen/Schwäbische Zeitung, März 11       

siehe auch vorige Seite 11 SPD-Ortsverein Ehingen (Donau) — und auch mal Blicke über den Tellerrand   Alle Abb. oben: Stadt- archiv Ehin- gen/Volks- freund für Oberschwa- ben, 11 Abb. unten: Archiv Man- gold/Volks- freund für Oberschwa- ben 11  Anm.: zur Abb. links: Sozialde- mokrat Franz Rothenbacher taucht bald da- rauf als Vor- stand der USPD auf. SPD und USPD (mit Rothenbacher) machen aber zuweilen ge- meinsame Ver- anstaltungen. D.h.: Das Tisch- tuch war nicht ganz durch- schnitten. Massen 74   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1   Die politische Auseinander- setzung ging weiter, massiv vom „Volksfreund für Oberschwaben“ (Lokalzeitung) höchst einseitig zugunsten der Zentrumspartei unterstützt.  Das Blatt war sich, wie auch an diesem Beispiel deutlich wird, nicht zu schade, zusammen mit der Zentrumspartei in ziemlich gehässiger Weise gegen die Sozialdemokratie zu polemi- sieren. Wie auch – pfui! – ein Apostat, ein „abgefallener Priester“ … Mehr zu Constantin Wieland: http://www.oberschwaben- portal.de/oberschwaebische-biographien- beitraege/articles/.html           

 Oben links: Franz Rothenbacher im Namen des „Arbeiterwahlkomitees“ – rechts: Franz Scholl vertritt „nur“ die Interessen der Sozialdemokratie. Ob sich hier in Ehingen damit auch die Trennung zwischen SPD und USPD andeutet, welch letzterer Franz Rothenbacher ja dann auch angehörte? Beide Abb. Archiv Mangold/ Volksfreund für Oberschwaben 11Kommunalwahl Wahlvorschläge und –ergebnisse zur Gemeinderatswahl am 1. Mai 11. „Die Wahl er- folgt auf  Jahre. Je nach  Jahren scheidet die Hälfte aus und zwar erstmals mit dem Ablauf des Jahres 1.“ []/[] = gewählt auf  bzw.  Jahre• Wahlvorschlag der Zentrumspartei: Biber, Albert (Kaufmann) [], Büchner, Ernst (Zementarbeiter), Hafner, Franz (Landwirt) [], Zink, Josef (Hauptlehrer) [], Ott, August (Malermeister) [], Freuden- reich, Stefan (Maurer), Mantz, Josef (Landwirt) [], Manz, Karl (Geometer), Braig, Paul (Wagnermeis- ter) [], Hugger, Johann (Heizer), Moser, Georg II (Landwirt, Tuchergasse), Feger, C. Louis (Buchdru- ckereibesitzer) [], Weger, Marie (Witwe, Arbeiterin), Buckenmaier, Leopold (Brauereibesitzer z. Rößle) [], Auerbach, Josef (Hutmachermeister) [], Münch, Lorenz (Kirchenmaler) []• Wahlvorschlag der deutschen demokratischen Partei: Falch, Franz (Seifenfabrikant) [], Maunz, Wendelin (Landwirt) [], Höchstädter, Michael (Conditor), Greiner, Johannes (Obermüller), Haug, Ot- to (Hauptlehrer), Schaupp, Georg (Fleischbeschauer), Meyer, August (Schneidermeister), Henger, Ma- ria (Haustochter) Wahlvorschlag der vereinigten Arbeiterschaft, Kleinhandwerker und Kleinbauern: Wörz, Hermann (Uhrmachermeister) [], Bausch, Friedrich (Glaser), Schlude, Eduard (Wagner), Eisele, Anton (Straßenwärter), Fiesel, Paul (Landwirt), Wanner, Paul (Steinbre- cher), Freudenreich, Anton (Maurer), Schaude, Georg (Kleinbauer), Kramer, Ulrich (Spin- nereiarbeiter), Lude, Johann (Kleinbauer), Bächtle, Alfred (Herrenkleidergeschäft) [], Schaude, Johann (Wagnermeister), Moser, Georg (Kleinbauer, Kleemeister), Treß, Josef (Maurer), Scholl, Franz (Friseur) [], Rothenbacher, Franz (Verwaltungsmann) [] Nächste Seite: Zwei Zeitungstexte zur vorangegangenen Gemeinderatswahl Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben                                                              76 29 zuständig zur Beseitigung/Verwertung eingegangener landwirtschaftlicher Nutztiere   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 Die Redaktion des „Volksfreunds für Oberschwaben“ schreibt:Ehingen, 24. Mai [1919]. Zur Gemeinderatswahl geht uns von einer Seite ein Bericht zu, der ein grelles Schlaglicht wirft auf die Parteiverhältnisse der U.S.P.30 und dem wir, schon um deswillen, die Aufnahme [in die Zeitung31] nicht verweigern wollen. Die Betrogenen und Belogenen sind nach demselben, wie auch wir bereits registriert, die Kleinhandwerker, die Kleinbauern undchristl. Gewerkschaften, die sich an die Rockschöße der U.S.P. hingen. Es heißt in demselben: Endlich3 Tag nach der Wahl haben wir glücklich einen Gemeinderat mit 16 an der Zahl. Mit 12 aus Bürger-kreisen schließt U.S.P. mit 4 den Reigen. Der Parteipascha [Franz Rothenbacher] von U.S.P. bekam1400 und etliche. Sein getreuer Adlatus32 Herr Scholl bekam 800 und etliche wohl. Der ehemaligeDemokrat Uhrmacher Wörz 800, und bei Schneiderm. B[ächtle] setzten die Stimmen nur etwas weni-ger ein. Eine traurige Ironie des Schicksals: Belogen und betrogen wurden die Handwerker und Klein-bauern, belogen und betrogen auch die Arbeiter, die christl. Gewerkschaften und die Mitglieder derM.S. [Mehrheits-SPD; s. Fußnoten] Ist es nicht eine Schande, daß sich die M.S., welche bei den Lan-deswahlen 400 Stimmen aufzubringen vermochten, nicht einen einzigen Kandidaten auf das Rathausbrachten. In einer Versammlung der U.S.P. am 15. Mai wurde beschlossen, diese Herren zu kumulie-ren, denn unter allen Umständen müssen sie aufs Rathaus. Da fiel auch das Wort: Die Bauern undHandwerker, sollen die ihrigen selbst wählen (sehr logisch und gerecht, nicht wahr, Herr Verwal-tungsmann [Franz Rothenbacher]). In dieser Versammlung wurde auch Straßenwart Eisele als Verrä-ter gebrandmarkt, weil er angeblich hohe Geheimnisse des Zehner-Rats an die Demokratie verratenhabe. An der ganzen Sache war kein wahres Wort und wenn man nachgeforscht hätte, so hätte mansich leicht von dessen Unrichtigkeit überzeugen können, aber das wollte man doch nicht, nicht wa[h]r,Herr Parteipascha von U.S.P., sondern Eisele darf nicht aufs Rathaus, er ist nicht spartakistisch undnicht kommunistisch gesinnt, er hat unverblümt gesagt, wie er über U.S.P. denkt. Wenn man aber vonder Vereinigten Arbeiterschaft aufs Rathaus will, da muß man schon eingeschriebenes Mitglied beiU.S.P. sein. Oder sollte ich mich geirrt haben, Herr Verwaltungsmann [Franz Rothenbacher]. EinFräulein Meile unter Assistenz des Friseurs Diez stutzte die Wahlzettel zurecht. Nur zur Betrachtungim Ganzen. Bei U.S.P. VIEL Geschrei und wenig Wolle. Die Wähler wurden über das Ohr gehauen,opferten ihre Groschen, damit sie ihre Wut und Galle ausspeien könnten über ihre politischen Gegner,wie sie sagten. Nun bei Philippi sehen wir uns wieder, aber nicht um wieder als Stimmvieh mißbrauchtzu werden. Dies zum Volksbeglücker von der Wasserkante [Franz Rothenbacher, der 9 Jahre Matrosewar].Und hier eine Gegendarstellung:Ehingen, 28. Mai [1919]. „Je mehr ein Mensch sich in grober Gehässigkeit ergeht, desto mehr ziehen sich die anständigen Elemente von ihm zurück. Der [obige] Artikel in Nr. 119 des ‚Volksfreund‘ kennzeichnet den Erzeuger. Der Haß feiert da Orgien, der blasse Neid zerfetzt jede annehmbare Form. Dieser von Haß und Neid diktierte Artikel soll den Kleinhandwerkernund Kleinbauern beweisen, daß sie betrogen sind! Auch den christlichen Gewerkschaften! DieserArtikel soll die ganze Jämmerlichkeit des Zentrums, das mit 20 000 Stimmen keinen Arbeiter in denStadtrat brachte, verdecken! Die größten Verdächtigungen, Beschimpfungen und Lügen sind geradegut genug, um diesen Zweck zu erreichen. Der Menschheit ganz Jammer faßt uns an, wenn wir solchGeschreibsel im Volksfreund f. Oberschwaben lesen. Heute noch ist Herr Wörz linksstehenderDemokrat und Herr Scholl Mehrheitssozialist33.“                                                              30 U.S.P., meist USPD = „Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands“  (eine linke Abspaltung von der „Mehrheits“‐SPD) 31 Einfügungen in [eckigen Klammern] erfolgten durch den Macher dieser Festschrift 32 Adlatus: meist jüngerer [Amts]gehilfe, untergeordneter Helfer (DUDEN) 33 Mehrheitssozialist: gemeint SPD im Gegensatz zu USPD.        

Spaltung zwischen SPD und USPD — auch in Ehingen Die Stadträte Scholl (SPD) und Ro- thenbacher (ab jetzt USPD) sind nicht mehr „zusammen“. Alle Abb. Stadtarchiv Ehingen/Schwäbische Zeitung, 11 Es gab wohl auch (politischen?) Streit. In der Folgezeit werden wir jedoch er- kennen, dass das Tischtuch zwischen der Ehinger USPD und der SPD nicht ganz durchschnitten wurde. Sie führten auch ge- meinsam Veranstaltungen durch. Bemerkenswert ist, dass sich die SPD Ehingen zuweilen auch mit den anderen örtlichen demokratischen Parteien zusammentat.  78   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1  Der Zusatz „Freunde und    Das Thema der Veran- Gönner unserer Sache sind staltung „Die Gefahren des freundlichst eingeladen“ be- kommenden Winters“ dürf- legt, dass schon damals die te für die Menschen der SPD sich nicht als exklusiver ersten Nachkriegszeit wohl Zirkel verstand, der geheim von großer Bedeutung ge- in Hinterzimmern tagte, wesen sein. sondern schon immer öf-  Bemerkenswert, dass fentlich zur Mitwirkung ein- die USPD nicht zu den Un- lud. So ist es bis heute terzeichnern gehörte. (1).  Abb. unten links: Die Konstellation „Arbeiter,   Kleinbauern, Kleinhand-  werker“ könnte in einer  gewissen Nähe zum Gedankengut der SPD  angesiedelt sein. Aus einer ähnlich klingenden Gruppe  erwuchs nach 1 die erste Ehinger SPD-Fraktion. Alle Abb. dieser Seite: Stadtarchiv Ehin- gen/Schwäbisch e Zeitung, 11  Zur Abb. unten: „Monats- versamm- lung“ lässt auf regel- mäßig stattfin- dende Ver- anstaltun- gen schließen.   

 Abb. links: Zu den Ver- anstaltungen in Grötzingen (für die Orte Weilersteuß- lingen, Ennahofen, Ermelau, Tiefenhülen und Franken- hofen) und Altsteußlingen (für die Orte Altsteußlingen, Dächingen und Briel) kommt als Referent SPD- Mann Karl Ruggaber aus Ulm. Alle Abb. dieser Seite: Stadtarchiv Ehingen/Schwäbische Zeitung, 11 Die Anzeige links zeigt, dass es in Ehingen auch eine Ortsgrup- pe der Kommunistischen Partei gab …. … und dass man seine Zähne vermarkten konnte (siehe un- ten). 80   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1     Abb. links: Listen-    erstellung „aller Parteien“, und Frauen werden speziell mit ein- geladen. Das Stimmrecht für Frauen wurde in Deutschland 11 eingeführt! —  Abb. Mitte: „Maigruß“, wahr oder nicht, Übel- täter ein Sozial- demokrat oder nicht: Zeitungs- verleger C.L. Fe- ger glaubt seine Gegner zu ken- nen. Und diese wissen, warum sie gegen seine permanente ein- seitige Pressear- beit etwas ha- ben, auch wenn ihr Mittel der Wahl gewiss auch anrüchig war. Abb. Archiv Mangold/ Volksfreund für Oberschwa- benAmtsgericht Ehingen In der Privatklagesache 1) des Franz Rothenbacher ) des Franz Scholl – Vorstände der sozialdemokratischen Partei in Ehingen – Privatklage gegen C. Louis Feger, Buchdrucke- reibesitzer in Ehingen (Angeklagten), wegen Beleidigung hat das Schöffengericht Ehin- gen am . November 11 für Recht erkannt: Urteil Der Angeklagte wird wegen eines Vergehens der öffentlichen Beleidigung zu  Mark Geldstrafe, wenn uneinbringlich zu der Haftstrafe von  Tagen verurteilt und hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Privatklägern erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen. Den beleidigten Privatklägern wird die Befugnis zugesprochen, den verfügenden Teil des Urteils durch einmalige Veröffentlichung im „Volksfreund für Oberschwaben“ bin- nen einer Woche nach Empfang einer rechtskräftigen Ausfertigung des Urteils auf Kos- te n des Angekla  gten bekanntzumachen.   Vgl. z. B. den bel eidigenden Zeitungsbericht auf Seite .      

SPD und USPD – beide aktiv im Bemühen um soziale Gerechtigkeit  Freitag, abends ½  Uhr, Mitgliederversammlung im Lokal zum Grünen Baum. Referent Genosse Sontheimer Ulm d. Donau. Vollzähliges Erscheinen erwünscht. Der Vorstand: Franz Rothenbacher  Unabhängige sozialdemokr. Partei – Am Freitag, . Juni abends  Uhr findet im Schwanensaal große öffentliche Protest- Versammlung gegen den Beschluß der Württ. Landesversammlung betr. Auflösung der Arbeiter- und Bauernräte statt. Arbeiter und Arbeiterinnen, das einzige durch die Revolution für Euch erkämpfte Recht ist in Gefahr, wieder verlorenzugehen. Zeigt, daß ihr Euch nicht mehr in den Hintergrund drängen lasset. Referent: Genosse Engelhardt, von der württembergischen Landesversamm- lung Stuttgart. Der Ausschuß. Unabhängige sozialdemokr. Partei. Am Montag, 1. Juli abends ½  Uhr Mitgliederversammlung im Parteilokal Gasthof zum „Grünen Baum“. Im Interesse der Sache vollzähl. Erscheinen erwünscht. Mitgliedsbücher mitbringen. Der Vorstand: Franz Rothenbacher. N.B.: Diejenigen, welche sich an dem Sonntag, den 1. Juli stattfindenden Ausflug der Jugendorganisation ins Bärental beteiligen wollen, treffen sich  Uhr früh zur Abfahrt am Bahnhof. Morgen, Sonntag, nachmittags  Uhr, findet große Protestversammlung in der Kantine der Zementfabrik statt. Arbeiter, Arbeiterinnen protestiert gegen die unerhörten Lebensmittelpreise, gegen die unhaltbaren Zustände in den Krankenkassen, erscheint vollzählig! Ehingen, den . Sept. 11, Der Arbeiterausschuß Alle Abb. und Textvorlage zu oben (USPD): Archiv Mangold/Volksfreund für Oberschwaben 11  Vorausschau: Im Jahr 1 laden die Kontrahenten Scholl (SPD) und Rothenbacher (USPD) gemeinsam zu einer Veranstaltung ein.  Zeitungsbericht: „Aus Stadt und Bezirk“ Ehingen, 10. Dezbr. (Gemeinderatssitzung) Vor Eröffnung der Sitzung kommt folgender von den Gemeinderäten Auerbach, Biber, Braig, Buckenmaier, Falch, Feger, Hafner, Mantz, Maunz, Münch, Scholl und Zink unterzeichnete Erklärung zur Verlesung: „Die endes-unterzeichneten Gemeinderäte der Stadt Ehingen erheben gegen die in  82   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1  öffentlicher Sitzung des Gemeinderats vom 29. Nov. 1919 von Seiten des Gemeinderats Rothenbacher erhobene Beschuldigung: ‚es sei ein Skandal, wie auf dem Rathaus in Ehingen die Arbeiterfragen behandelt und gegen die Arbeiter gehetzt werde.‘ entschieden Protest. Sie weisen diese unwahre, jeder Grundlage entbehrende Behauptung, die geeignet ist, das seit- herige gute Einvernehmen zwischen Gemeinderat und Arbeiterschaft zu zerstören, mit größter Entrüstung zurück.“Wahlen zur Nationalversammlung Lokalzeitung und Konservative freuen sich über das Ergebnis der Wahl zur Nationalver- sammlung 11: „Einige für die Partei [gemeint: Zentrum!] besonders gefährdeten Orte wurden noch in letzter Stunde besucht und die Arbeit hat sich gelohnt. (…) Besonders erwähnt seien Griesingen, Rißtissen, Öpfingen, Kirchbierlingen und Rottenacker.“ Archiv Mangold/Volksfreund für Oberschwaben Wahlergebnisse … ;-(((           

 Wer die Ergebnisse der beiden Ehinger Stimmbezirke vergleicht, erkennt, was zuweilen halb scherzhaft mit die Frauen von der Oberstadt bzw. die Weiber aus der Unterstadt beschreibt: soziales Gefälle und unterschiedliches Wahlverhalten. Abb.: Stadtarchiv Ehin- gen/Volksfreund für Oberschwaben; 1.1.11   Abb. unten: Und was sich 11 sonst noch so in der Zeitung fand — Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben, 11 84   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 1 ... Welt — Europa — Deutschland — (Baden-)Württemberg — Landkreis — Ehingen• Putsch von rechts (Kapp-Putsch). Gescheitert durch Generalstreik, initiiert von SPD und Gewerk- schaften. Bei den Reichstagswahlen nur noch 1, % für die SPD, 1 % für die USPD. Die SPD geht in die Opposition. Die große Mehrheit der USPD vereinigt sich mit der KPD. Einführung Betriebsrätege- setz.• 1. Januar: Der Friedensvertrag von Versailles tritt in Kraft.• 1. Januar: Blutbad vor dem Reichstag. Bei Protesten gegen die Verabschiedung des Betriebsrätege- setzes werden vor dem Berliner Reichstagsgebäude  Demonstranten von der Sicherheitswehr er- schossen und 1 verwundet.• . Juni: Erste Reichstagswahlen: Weimarer Koalition verliert ihre Mehrheit. Starke Gewinne für USPD und Rechtsparteien (DNVP, DVP).• 1. Oktober: Das Groß-Berlin-Gesetz tritt in Kraft und macht Berlin zu einer Vier-Millionen-Stadt.• Im „Volksfreund für Oberschwaben“ erschien am ..1 ein großer Aufruf der Gewerkschaften per Anzeige an „alle Hand- und Kopfarbeiter“ zur Teilnahme an der 1.-Mai-Feier:  Uhr Tagwacht,  Uhr Frühkonzert im Gasthaus Blaufeld, nachmittags ½  Uhr Sammlung auf dem Marktplatz, An- sprache und Festzug, Abends  Uhr Theateraufführung im Hirschsaal, „d Prozeßhos‘“, Komödie in drei Aufzügen, Vorträge, Tanzunterhaltung [wörtlich!] Über die Ehinger Veranstaltung fand sich in der Zeitung kein Wort, wohl aber meldete sie Feiern zum 1. Mai in Bern, Wien, Amsterdam, London und Paris. „Wählt nicht sozialistisch!“ empfiehlt die örtliche Zeitungsredaktion am ..1.• „Die ersten neunzig Jahre ihres Bestehens wurde die Zeitung für den Raum Ehingen in Ehingen selbst, in der Druckerei Feger, gedruckt. Seit etwa 1 aber werden die Zeitungen auswärts auf rie- sigen Maschinen gedruckt.“ http://veit-feger.homepage.t-online.de/zeiteh.htm• Max Buck (1 – 1) stirbt. Er hat als Bauunternehmer und Planer weite Bereiche der Stadterwei- terung im 1. und frühen . Jahrhundert bestimmt. Besondere technische Leistungen waren die Donaubrücke bei Munderkingen und der Bau des Wolfertturmes. Sein Name ist heute geläufig durch das „Bucks Höfle“ in der Innenstadt, ein Bereich, der einst als Hof an sein Wohn- und Geschäftshaus angrenzte. http://www.freudenreich-ehingen.de/Friedhofsspaziergang_Fuhrer.pdf• „BAG Ehingen löst sich  auf — Sie ist aus der Not heraus entstanden und hat Geschichte ge- schrieben: Die landwirtschaftliche Bezugs- und Absatzgenossenschaft. Am Dienstag schlägt das letz- te Stündlein für die BAG. Sie ist  Jahre geworden. Gemeinsam wollten die Bauern stark sein, sich gegenseitig helfen. Sie gründeten die Genossenschaft, setzten Geld für den Kauf von Anteilen ein. Im Nachhinein erwies sich dies als ein idealer Zeitpunkt. Die BAG war auf den fahrenden Inflations- zug aufgesprungen und erlebte einige goldene er-Jahre, bevor die Wirtschaftskrise alles überroll- te. Zunächst in der Schranne angesiedelt, wurde 1 in der Pfisterstraße das Lagerhaus gebaut, über die Jahrzehnte hinweg, erweitert und modernisiert. Über die BAG kauften die Landwirte Fut- termittel, Dünger und weiteren Bedarf, bis hin zu Kohlen und Briketts, günstig ein und im Gegenzug vermarkteten sie über die Genossenschaft ihre Produkte.“ http://www.suedwest-aktiv.de/region/ehingertagblatt/• Die Narrenzunft „Spritzenmuck“ reicht in die 1er-Jahre zurück und wurde in der heutigen Form 1 gegründet.• Gründung des TSV Rißtissen• Die Bürgerwache Ehingen hält eine Gedächtnisfeier für die im Kriege Gefallenen ab.            

Nachstehend abgebildeten Text „übertragen“ (eine Dienstleistung des Blattmachers): Die Wahlparole der Sozialdemokratie Von einem politischen Berliner Mitarbeiter wird uns geschrie- ben: Die Mehrheitssozialisten [SPD] sind mit ihrem Wahlaufruf be- reits hervorgetreten. Er atmet in jeder Zeile, in jedem Wort die Genugtuung über den prächtigen Agitationsstoff, welchen der Putsch Kapp- Lüttwitz dieser Partei geliefert hat. Der Wahlaufruf schließt mit folgenden Worten: Nicht Putsch, sondern Demo- kratie! Nicht Gewalt, sondern freies Ringen der Geister! Nicht abwärts in Chaos, Anar- chie und Brudermord, sondern aufwärts zu neuer Ordnung, Freiheit und Wohlfahrt! So schön das klingt, so können wir doch den Wunsch nicht unterdrücken, daß die Sozial- demokraten in allem, was sie tun, auch nach diesen Worten handeln möchten. Dieser Wunsch ist umso berechtigter, als gerade die letzten Wochen doch gezeigt haben, daß die Auffassung über Demokratie auch bei den Mehrheitssozia- listen eine etwas eigenartige geworden ist. Mit Demokratie hat es doch wirklich nicht mehr allzuviel zu tun, wenn eine Dik- tatur der freien sozialistischen Gewerkschaften etabliert wird, wie das im Anschluß an die Putsch-Woche unter Ausnutzung der gefährlichen und zweischneidigen Waffe des General- streiks versucht wurde. Die Sozialdemokraten vor allem hätten allen Anlaß, den Bogen nicht zu überspannen. So richtig es ist, daß unter den heutigen Verhältnissen ein Regieren ohne oder gegen die Sozialdemokraten nicht möglich ist, so richtig ist es aber auch, daß ohne die werktätige Mithilfe des Bürgertums, an dessen Entsagungsgabe und politische Opferwilligkeit doch wahrhaft außerordentlich hohe Ansprüche gestellt werden, ein vernünftiges und poli- tisch gedeihliches Wirken einer mit von Sozialisten gebildeten Regierung unmöglich ist. (Archiv Feger/Mangold)  86   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1  1 SPD-Ortsverein Ehingen (Donau) — und auch mal Blicke über den Tellerrand   ..1, Anzeige: Sozialdemokratische Partei Ehingen, „Öffentliche Volks-Versammlung“, Referent Abg. Ruggaber, Thema „Reichstagswahl und Sozialdemokratie“, Samstag Abend,  Uhr, Gasthaus zum Schwanen  1..1 Sozial-Demokr. Partei Ehingen: öffentliche Volksversammlungen nachmittags  Uhr, Traube, Kirchbier- lingen für die Gemeinden Kirchbierlingen, Volkersheim, Schaiblishausen und Altbierlingen — abends  Uhr, Adler, Griesingen für die Gemeinden Griesingen und Nasgenstadt. Referent Abg. Ruggaber aus Ulm. Thema: Die kommenden Reichs- und Landtagswahlen. Freie Aussprache. Frauen und Männer, erscheint in Massen!  Auch die Ehinger USPD lädt zu Wahlveranstaltungen. Landtagswahl: Für die SPD kandidiert Landwirt Anton Eisele, Ehingen; für die USPD Franz Rothenbacher, Gemeinderat, Ehingen ..1, Hirsch, öffentl. Wählerversammlung, Freitag abend ½ , Eintritt frei, freie Aussprache, Vorstand: Scholl Abb.: Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben, ..1 Versammlung (Peter und Paul) Dienstag abend  Uhr, „Bad. Hof“, Der Vorstand, Scholl Gemeinsamer Aufruf an den „Bauernstand in Stadt und Land Ehingen“, sie mögen zur Absenkung der Lebensmittelpreis „wegen Hunger und Not“ das Ihre dazu beitragen. Unterzeichner: Für die Bürgerpartei: Braun — Sozialdemokratische Partei: Scholl, Eisele — Deutsch-demokrat. Partei: Haug — Unabhäng. Sozialdem. Partei: Rothenba- cher, Lenz — Zentrumspartei: Simon   Abb. oben: ..1 Abb. links und unten: ..1 Alle Abb. dieser Seite: Archiv Mangold Man bedenke: Dies sind alles bezahlte Zeitungs- anzeigen, die den Ortsverein einiges kosteten!           

Konkorden – die Augen auf, der Fuchs geht um!Mit nachstehendem Presseartikel sollen die Mitglieder des „christlich gesinnten“ Radfahr-vereins Konkordia vor den „roten Husaren des Klassenkampfes“ gewarnt werden:„Nachdem nun der Arbeiter-Radfahrer-Bund ‚Solidarität‘ in unserer Gegend nach langem Winter-schlaf scheints aufgewacht ist und unter der klassenbewussten Arbeiterschaft Mitglieder für seineroten Ideen zu werben sucht, ist es notwendig, daß wir uns auch näher mit diesen Auchsportlern be-fassen. An und für sich ist gar nichts einzuwenden dagegen, wenn die Solidarität ihre Anhänger umsich sammelt, aber das sollte man erwarten dürfen, daß bei einer Kampforganisation der radfahren-den Arbeiterschaft, wie sich dieselbe in ihrem Werbezettel bezeichnet, bei der Agitation mit ehrli-chen Mitteln gearbeitet wird.“Das Blatt spricht von Abwerbeversuchen der „roten Radler“ unter den „Konkorden“. Und siehe: „Mitglieder der Konkordia Ehingen sind zur Solidarität übergetreten und zwar solche, von denen manschon längst wußte, daß sie ihrer Gesinnung nach nicht in unsere Reihen gehören und wir dieselbengerne vermissen.“ … „Jeder noch halbwegs christl. gesinnte Radfahrer und Radfahrerin gehört nichtzu den roten Husaren des Klassenkampfes [gemeint: Arbeiter-Radfahrer-Bund ‚Solidarität‘], sondernin den Deutschen Rad- und Motorfahrer-Verband Konkordia. (…) Archiv Mangold/Volksfreund für Oberschwaben, undatiertReferent Otto Steinmeyer war als „Mitglied der Nationalversammlung“ eine Art Bundes-tagsabgeordneter. Abb.: Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben . Juni 1                                                             34 Otto Steinmayer (* 1. August 1876 in Göppingen; † 17. März 1960 in Stuttgart) war ein deutscher Gewerk‐schafter und Politiker (SPD).  88   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1  Abb. unten: Weihnachtsfeier an Silvester „mit Theater und Christbaumverlosung“, Schau- spiel in drei Akten sowie Lustspiel in zwei Akten. F. Scholl (Vorstand) Archiv Mangold/Volksfreund für Oberschwaben Ergebnis der Gemeinderatswahl 1 (Auszug)  Liste „Vereinigte Arbeiterschaft, Kleinhandwerker und Kleinbauern“ - Kandidaten: 1. Wörz, Hermann (Uhrmachermeister), ‚ . Bausch, Frieder (Glaser), . Schlude, Eduard (Wagner), . Eisele, Anton (Straßenwärter), . Fiesel, Paul (Land- wirt), . Wanner, Paul (Steinbrecher), . Freudenreich, Anton (Maurer), . Schaude, Georg (Kleinbauer), . Kramer, Ulrich (Spinnereiarbeiter), 1. Lude, Johann (Kleinbauer), 11. Bächt- le, Alfred (Herrenbekleidungsgeschäft), 1. Schaude, Johann (Wagnermeister), 1. Moser, Georg (Kleinbauer, Kleemeis- ter), 1. Tretz, Josef (Maurer), 1. Scholl, Franz (Friseur), 1. Rothenba- cher, Franz (Verwaltungsmann) Ergebnis: Wahlberechtigte 2.858 Wähler 2.182 Zentrum 20.622 Ver. Arb.-schaft, Klein… 8.272 Deutsche Demokr. Partei 5.621  Gewählt aus „unserer“ Liste: Rot- henbacher, Franz (auf  Jahre), Scholl, Franz (), Wörz, Hermann (), Bächtle, Alfred (). Frauen waren keine nominiert worden, was aber durchaus möglich gewesen wäre.Wohl hat sich die USPD (teilweise vorübergehend) auch in Ehingen von der SPD getrennt,aber dennoch pflegt man gewisse Traditionen weiterhin und teils gemeinsam. 1. April 1 U.S.P. Heute abend  Uhr außerordentliche Mitgliederversammlung im „Grünen Baum“. Berichterstattung über die Vorgänge im Ruhrrevier und die Verhandlungen mit der Reichsregierung. Sonst wichtige Tagesordnung.                                                               35 Für sachgerechte Entsorgung verendeter größerer Tiere zuständig        

 !ACHTUNG! Am Freitag, den 1. Mai abends  Uhr spricht im Blaufeldsaal hier unser Par- teigenosse Müller über das Thema: Die wirtschaftliche Lage und die Wahlen. Arbeite- rinnen, Arbeiter, Bürger, erscheint in Massen! Niemand versäume diesen Vortrag. Freie Diskussion. Von Seiten der Unabhäng. sozialdemokr. Partei, Ortsgruppe Ehingen. Der Vorsitzende. Achtung! Wähler! Achtung! Es finden folgende Versammlungen statt, zu denen wir jedermann einladen:Ehingen Samstag, den . Mai im „Blaufeld“, abends halb  UhrMunderkingen Sonntag, den . Mai, nachmittags  Uhr [Lokal?]Obermarchtal Sonntag, den . Mai, abends  Uhr im „Adler“Rottenacker Referent Heindel-EßlingenAllmendingen Sonntag, den . Mai im „Löwen“, nachmittags halb  Uhr Montag, den 1. Mai, abends  UhrReferent Reber-PlochingenMänner und Frauen! Ohne unsere Redner gehört zu haben, erhalten Sie kein klares Bildder politischen Lage. — Darum auf zur Versammlung. — Diskussion. Näheres siehe Pla-kate! Unabhängige sozialdemokr. Partei Aufruf und Einladung an Wähler und Wählerinnen (Abb. rechts) … und schließlich eine Weihnachtsfeier mit Theater „Friede auf Erden“, Musik- und Gesangsvorträgen, Deklamationen, Tanzunterhaltung und Gabenverlosung) Quelle für diese Seite Archiv Mangold/Volksfreund für Oberschwaben  90   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1  Auseinandersetzung um den 1. Mai (1)  1. Mai und christlich- ‚ nationale Arbeiterschaft. Im vorigen Jahr wurde der 1. Mai als gesetzlicher Fei- ertag erklärt. Die Absicht war, daß die Arbeitsruhe eine Volkskundgebung für politischen und sozialen Fortschritt, für gerechten Frieden, Befreiung der Kriegsgefangenen, Räu- mung der besetzten Ge- biete, und volle Gleichbe- rechtigung Deutschlands im Völkerbund darstellen soll.  Nichts von diesem hat die damalige Arbeitsruhe erreicht. Im Gegenteil. Je- des Sinken der Produktion hat Deutschlands Ohn- macht verstärkt, den so- zialen Fortschritt gehin- dert und jenen Mächten, die nichts von einer Gleichberechtigung Deutschlands und nichts von einem Weltfrieden wissen wollen, neue Hoff- nungen gegeben. (…) Die christl. nationalen Arbei- ten und Angestellten ha- ben deshalb keine Veran- lassung, am 1. Mai die Arbeit ruhen zu lassen. Die materielle Lage der Arbeiterschaft läßt insbesondere für Arbeiterfami- lien den Lohnausfall für im Au- genblick unnütze Feiertage nicht verantworten. Selbst in weiten sozialdemokratischen Arbeiterkreisen ist man der Auffassung, daß etwaige Maifeiern ganz gut am Sonntag, den . Mai stattfinden können.            

So schreibt kommentierend der „Volksfreund für Oberschwaben“. Dies hält die Gewerk- schaften keineswegs ab, zur Teilnahme an der Feier zum 1. Mai aufzurufen. Beachtenswert ist auch die Gestaltung der Eintrittspreise: Mitglieder der freien Gewerkschaften, von SPD und USPD zahlen ermäßigten Eintritt. SPD und USPD immer wieder gemein- sam für die Rechte der Arbeiterschaft Abb. links: 1. März 1 (offenbar erkennt man gemeinsame Gegner) Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben Übertragung des nebenstehenden Artikels (auszugsweise): … im Hirschsaal eine allgemeine Arbeiterversammlung, um Stel- lung zum Generalstreik zu neh- men. … überaus zahlreich besucht … Gemeinderat Rothenbacher [USPD] …: Seine Sympathie sei stets für die streikenden Kollegen, er hält aber auch bei unserer jetzi- gen Wirtschaftslage den Eintritt in einen Streik für aussichtslos. … An der Diskussion beteiligte sich noch Kollege Hiebner und Gemeinderat Scholl. Bei der Abstimmung wurde der Streik mit überwältigender Mehrheit abgelehnt ungefähr  gegen  Stimmen. … An den Staatspräsidenten wurde eine Re- solution … abgesandt, welche von der ganzen Versammlung ange- nommen und von der freien und [der] christlichen Gewerkschaft unterzeichnet wurde. Archiv Mangold/Volksfreund für Oberschwa- ben 92   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1 11 ... Welt — Europa — Deutschland — (Baden-)Württemberg — Landkreis — Ehingen• „Görlitzer Programm“ der SPD: Eindeutiges Bekenntnis zur demokratischen Republik, Vermeidung marxistischer Terminologie. Das 11 beschlossene Görlitzer Programm bekannte sich explizit zur Weimarer Republik und skizzierte bereits die Grundzüge einer linken Volkspartei, die für alle Teile der arbeitenden Bevölkerung offen stehen sollte. Erklärtes Ziel war es, von nun an auch Wähler- schichten außerhalb des Proletariats anzusprechen. Strittig ist unter Historikern dennoch, ob das Görlitzer Programm angesichts der programmatischen Öffnung bereits als Vorläufer des späteren Godesberger Programms angesehen werden kann.• Anlässlich drohender Streiks erhöht die deutsche Reichsregierung die Bezüge der Eisenbahner um  bis  %. Franzosen und Belgier besetzen die Städte Duisburg und Düsseldorf und sichern sich diese als Pfand für die Zahlung der Reparationen. . Januar: An der Pariser Oper wird die Oper „Walküre“ als erste Wag- Wagner-Inszenierung seit 11 aufgeführt. Eine Anzeige mit dem Slogan „One Look is Worth A Thousand Words“ in der Fachzeitschrift Printers' Ink entwickelt sich hinterher zum Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. . September: Auf der Deutschen Automobilausstellung in Berlin wird als Weltneuheit das erste aerodynamisch konstruierte Auto, der Rumpler- Tropfenwagen, präsentiert. (Abb. Wikipedia)• Rudolf Schrodi: „Rudolf Schrodi wurde 11 in eine Schreinerfamilie an der Brandgasse nahe dem Viehmarkt hineingeboren, als einer von mehreren Söhnen, deren einer Ordensgeistlicher wurde (in einem von Erzbischof Anno von Steußlingen gegründeten Kloster). - Der Berufstraum des noch jun- gen Rudolf lautete „Buchhändler oder Pilot“. Aber die Ausbildung des jungen Rudi wurde durch den vom NS-Reich angezettelten Weltkrieg durcheinandergewirbelt: Nach einer Zimmererlehre in Ehin- gen in den ersten Jahren nach dem NS-Reich und seinem Krieg arbeitete Schrodi jahrzehntelang als Polier auf vielen, teils sehr großen Baustellen, an vielen Orten und bis auf der arabischen Halbinsel. Indes - seine Mietwohnung an der Ehinger Schulgasse behielt er über sein gesamtes Familienleben. Rudolf Schrodi, der zu Beginn des Jahres 1 im Ehinger Altersheim St. Franziskus lebt, verfügt über ein großartiges Gedächtnis; er hat über Jahrzehnte hin etwa zwischen 1 und  Erinnerungen aus dem Kindheits-, Jugend- und Erwachsenenleben notiert. Einiges davon erschien in Jahresgaben der Museumsgesellschaft, vieles erschien in der Schwäbischen Zeitung Ehingen (zu Zeiten der Verle- gerfamilie Feger, d.h. bis ins Jahr ). - Für seine Kinder hat Rudolf Schrodi zudem in jahrelanger Ruhestandsarbeit sein Leben (handschriftlich) nacherzählt.“ Schrodi machte sich über Jahrzehnte hin als Museums- und als Stadtführer verdient. Seine Begeisterung übertrug sich auf seine Zuhörer, sei- ne Führungen wurden für viele zu unvergessenen Erlebnissen. Weil es mit seinen einstigen Berufs- träumen nicht so kam wie erwünscht, war er umso stolzer, dass ein Sohn es zum Professor an der Fachhochschule Biberach brachte und eine Tochter als Fünfzigjährige eine beispielhafte kunstge- schichtliche Doktorarbeit über Darstellungen der altrömischen „Lukretia“-Geschichte erarbeitete. Alle drei Kinder haben am Ehinger Gymnasium die Abiturprüfung abgelegt.“ http://veit-feger.homepage.t-online.de/notizen.htm Anm. des Festschriftmachers: Nach Aussage des inzw. verstorbenen Rudolf Schrodi ist eine Tochter in Norddeutschland sehr bei der SPD engagiert. Er selbst hatte auch die Stadtführung übernommen, als uns der Ortsverein Laupheim besuchte (siehe Seite 1).           

11 SPD-Ortsverein Ehingen (Donau) — und auch mal Blicke über den Tellerrand  ..11: „ERKLÄRUNG Ich ha- be in Erfahrung gebracht, daß im Blautal, insbesondere in Ehingen von Agitatoren des sozialdem. Fabrikarbeiterverbands, die Be- hauptung verbreitet wird, ich wäre irgendwo für die 1-stündige Ar- beitszeit eingetreten und hätte die allgemeine Einführung der Akkordarbeit verlangt. Ich erkläre hiermit, daß ich jeden, der diese Behauptung aufstellt, solange für einen gemeinen, niederträchtigen Verleumder und ehrlosen Schur- ken, bis er den Beweis für diese Behauptung erbringt, oder mich wegen Beleidigung verklagt. Berlin O  , Raupachstraße , Martin Fromm“  Abb. links: Ein wahrer Ver- sammlungsmarathon: 1 Veran- staltungen an zwei Tagen, aufge- teilt auf  „Redner“. Diese (Redner) kamen aus Laupheim, Ulm (x), Ehingen und Klingenstein. Thema: Staatsbankerott- Staatsordnung- Sozialdemokratie Eingeladen sind „Frauen und Männer“ (in ge- nau dieser Rei- henfolge; s. Abb.) Alle Abb. Archiv Man- gold/Feger Sozialdemokrati- sche Partei Ehingen a.D.: Der für Donnerstag abend  Uhr fest- gesetzte Kurs im Gasthof „Och- sen“, kann um- ständehalber erst am Freitag Abend  Uhr beginnen. Um zahlreiche Beteiligung bittet der Ausschuß.                                                             94 36 Martin Fromm (1879‐1944) prominenter Vertreter christlich orientierter Arbeiterschaft: http://library.fes.de/fulltext/bibliothek/tit00205/00205d08.htm _   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1  Am 1. August 11 schreibt der „Volksfreund für Oberschwaben“ über eine „Protestver- sammlung gegen die Teuerung“ u.a.: „Die von der SPD einberufene, aus allen Schichten der Bevölkerung, namentlich von Beamten, Arbeitern, Kriegsopfern, sowie dem Gewer- beverein und Handwerkerkartell ungewöhnlich stark besuchte Versammlung erkennt, daß die Teuerung des wichtigsten Nahrungsmittels, des Brotes, und aller notwendigen Bedarfsartikel eine weitere Verelendung der gesamten Verbraucher nach sich zieht….“ (Teil einer einstimmig angenommenen Resolution). Das Blatt berichtet von einer zunächst „ziemlich erregten Stimmung“. Es sei dem „ruhi- gen und beruhigenden Auftreten des Referenten des Abends, Herr Ruggaber, M.d.L., zu verdanken, daß die Versammlung einen „würdigen und wuchtigen Verlauf nahm.“ Die Versammlung wurde eröffnet (und vermutlich auch geleitet) von „Herrn Stadtrat Scholl“. Archiv Mangold/Feger1 ... Welt — Europa — Deutschland — (Baden-)Württemberg — Landkreis — Ehingen• . April: Josef Stalin wird Generalsekretär der KPdSU.• 1. April: Vertrag von Rapallo zwischen Deutschland und Russland. Beide Länder verzichten auf den Ersatz der Kriegskosten und -schäden.• Juni: Hitler wird wegen seiner aufrührerischen Reden zu einer vierwöchigen Gefängnisstrafe verur- teilt.• Außenminister Rathenau von Rechtsradikalen ermordet. Seit 11 wurden  politische Morde ver- übt. SPD-Politiker Scheidemann überlebt Säureattentat.• Rest-USPD vereinigt sich wieder mit der SPD (..1).• . Dezember: Gründung der Sowjetunion• Seit 1 endet der Große Zapfenstreich der Bürgerwache mit der Nationalhymne.• Ende der Ehinger Lindenbrauerei mit mehreren Arbeitsplätzen, dafür Gründung der „Reißerei“ in der ehemaligen Mälzerei durch Wolf & Söhne.• Griesingen: „Die Zeiten kurz nach dem Ende des 1.Weltkrieges waren sicher alles andere als ange- nehm - Not, Hunger, Inflation bedrückten als Kriegsfolgen das Land. Dennoch fanden sich auch in unserer Gemeinde eine stattliche Zahl junger Männer zusammen, um zu beraten, wie man dem Drang nach Bewegung und sportlicher Betätigung feste Formen geben könnte. Was lag da näher, als dem Geist der damaligen Zeit folgend, einen Radfahrverein zu gründen. In einigen Gemeinden in der Umgebung waren solche Vereine schon ins Leben gerufen worden. (…) Bis in die entferntesten Win- kel ihrer oberschwäbischen Heimat führten die Wege der unermüdlichen ‚Stahlrossritter‘. Bei den Festlichkeiten und Wettbewerben standen Geschwindigkeits-, Hinder- nis- und Geschicklichkeitsrennen, aber auch - oh gute alte Zeit! – ‚Ren- nen im Langsamfahren‘ auf dem Pro- gramm.“ http://www.sg- griesingen.de/verein/geschichte_verein.html Bald war den Sportlern das Radfahren dennoch zu wenig, und man fing auch an, Fußball zu spielen. So entwi- ckelte sich die SG Griesingen mit der Jahreszahl 1 im Vereinswappen, ein im Leben der Gemeinde nicht wegzudenkender Aktivposten.            

1 SPD-Ortsverein Ehingen (Donau) — und auch mal Blicke über den Tellerrand  .1.1: „Öffentliche Versammlung in der Turn- halle. Am Dreikönigstag nachm.  Uhr spricht Minis- ter Keil über Staat und Sozialdemokratie. Sowohl das Thema selbst als der im Vordergrund des öf- fentlichen Lebens stehende bekannte Führer und Parlamentarier der Sozialdemokratie verheißen eine äußerst interessante politische Versammlung. Wir laden hierzu die gesamte Bevölkerung Frauen und Männer freundlichst ein. Freie Aussprache! Die Turnhalle ist geheizt. Sozialdemokratische Partei Ehingen.“ — Anm.: Dieselbe Anzeige erschien nochmals am .1.. Schon am .1. lud auch der Ehin- ger Gewerbeverein (E. König) zur Teilnahme an der Veranstaltung ebenfalls ein, weil der Redner auch zur „Sonntagsruhe“ Stellung nehmen werde: „Mit- glieder des hiesigen und der auswärtigen Gewerbe- vereine, Schultheißen, Landbevölkerung, Vertreter der Landwirte, Organisationen Kommt in Massen! Versäumt nicht die Gelegenheit der persönlichen Aussprache!“ – Im redaktionellen Teil verweist die Zeitung auf die Veranstaltung – eine Seltenheit! ..1: Maifeier: „Die Mitglieder der freien Gewerkschaften und sozialistischen Par- teien werden auf Sonntag den . April abends halb  Uhr ins Blaufeld eingeladen. (1) Vortrag des Kollegen Weiß über den 1. Mai und die politische und wirtschaftliche La- ge () Musik- und Gesangsvorträge. Zu zahlreichem Besuche ladet ein Der Vorstand des freien Gewerkschaftskartells.“ ..1: „Öffentliche Demonstrationsversammlung. Heute abend den . Juni ½  Uhr findet im Gasthaus zum Hirsch große öffentliche Versammlung statt. Thema: Politi- scher Mord an Rathenau und Schutz der Republik wozu die ganze Bürgerschaft und besonders die … Republikaner zu einer gewaltigen Kundgebung eingeladen sind.“ Un- terzeichnende Sozialdemokr. Partei (Scholl), Gewerkschaftskartell der freien Gewerk- schaften (Oßwald). — Bemerkenswert: Die USPD ist nicht mit von der Partie. Und: Die Veranstaltung fand drei Tage nach dem Attentat statt. 1..1 Die „Sozialdemokratische Partei hält am Sonntag den . Juli abends  Uhr ihre Monatsversammlung ab. Bei der höchst wichtigen Tagesordnung ist es Pflicht eines je- den Genossen, zu erscheinen. Landtagsabg. Ruggaber wird anwesend sein. Vorstand: Scholl“ — Anm.: (1) Termin: Sonntagabend! () Lokal war offenbar jedem bekannt, es wurde nicht genannt (Blumenschein?) () „Monatsversammlung“ deutet auf eine re- gelmäßig stattfindende Veranstaltung hin, auch wenn längst nicht zu jeder in der Pres- se eingeladen wird.                                                            37 Wilhelm Keil (1870‐1968) gelernter Drechsler,  u.a. württ. SPD‐Landtagsabgeordneter, Reichstagsabgeordne‐ter, ab 1947 MdL; http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Keil 38 Bürgermeister 39 Walther Rathenau (* 29. September 1867 in Berlin; † 24. Juni 1922 in Berlin‐Grunewald) war ein deutscher Industrieller, Schriftsteller und liberaler Politiker (DDP). Er wurde als Reichsaußenminister Opfer eines politisch motivierten Attentats der rechtsextremen Organisation Consul. http://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Rathenau 40 hier: überzeugte Anhänger der Demokratie und der Republik als Staatsform  96   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1     1.11.1 Aus einer amtlichen Bekanntmachung geht hervor, dass bei der anstehenden Ge- meinderatswahl u.a. Franz Scholl noch für weitere drei Jahre im Amt bleibt und daher nicht zur Wahl steht. Damals wurde je Wahl immer nur die Hälfte der Mitglieder neu gewählt: Alle drei Jahre war GR-Wahl, aber man wurde für sechs Jahre gewählt und immer nur eine Hälfte er- setzt bzw. wieder erneut ge- wählt. — Im Amt blieben die Her- ren Gemeinderäte Albert Bieber (Kaufmann), Paul Braig (Wag- nermeister), Josef Mantz (Land- wirt), Josef Zink (Oberlehrer), Au- gust Ott (Malermeister), Her- mann Wörz (Uhrmachermstr. „vorgerückt für Franz Rothenba- cher“), Franz Falch (Fabrikant), Franz Scholl (Friseur). Die Wahl war am „Sonntag, den 1. Dez. 1, von vormittags 1 Uhr bis nachmittags  Uhr.“ Zur Landtagswahl kandidiert auf Platz 1 der Liste der „Vereinigten sozialdemokratischen Partei und der freien Gewerkschaften1“ Anton Eisele, Landwirt und Straßenwart (Ehingen), auf Platz  Karl Ruggaber (Land- tagsmitglied, Ulm) Beide Abb.: Oben: nicht Gewählte. Unten die Gewählten, darunter unser Anton Eisele. Der „Volksfreund“ notiert: „Ehingen steht wohl an der Spitze aller Städte, was die Abstimmungsziffer ( Proz.) anlangt. … sah man am Sonntag ganze Scharen, die vor dem Wahlraum ‚anstehen‘ mußten, bis die Reihe an sie kam.“ Archiv Mangold/Feger                                                             41 In der amtl. Bekanntmachung heißt es „Sozialdemokratische Partei Württemberg‐Hohenzollern“.        

1 ... Welt — Europa — Deutschland — (Baden-)Württemberg — Landkreis — Ehingen Inflation, die große rasend schnelle Geldentwertung: Wer Sachwerte besaß, war besser dran als jemand mit einem kleinen Sparbuch. Wer seinen Lohn gleich wieder für den Lebensunterhalt verwenden musste, kam kaum hinterher. Morgens verdient, abends schon wieder viel weniger wert … Am 1. November 1 kostete das Porto für einen Inlandsbrief 1 Milliarden Mark. In Deutschland beträgt der Preis für ein Kilo- gramm Brot rund  Milliarden Reichsmark. Durch Währungsreform Ende der Inflation, die seit 1 andauerte. Abb.: Inflationsgeld – viele „Nullen“, wenig wert … rechts unten: In der Not druckte man sogar städtisches Notgeld, auch in Ehingen.• 1. Februar: In Deutschland wird erstmals ein gesondertes Jugendstrafrecht eingeführt.• 11. August: Deutschland stellt die Reparationslieferungen ein.• . Oktober: Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Johannes Hoffmann erklärt sich mit einigen Sozialdemokraten bereit, einen unabhängigen Pfälzischen Staat innerhalb des Deutschen Reiches zu gründen. Der Vorschlag stößt bei der Beamtenschaft und den Parteien auf Ablehnung. Auch die pfälzi- sche Sozialdemokratie distanziert sich von Hoffmann.• . November: Hitler-Ludendorff-Putsch: Adolf Hitler besetzt mit Erich Ludendorff, Hermann Göring und anderen Nationalsozialisten den Bürgerbräukeller in München und verkündet, die „nationale Revoluti- on“ sei ausgebrochen und die Reichsregierung der Weimarer Republik abgesetzt.• . Oktober: Der deutsche Rundfunk wird offiziell gestartet.• MAN entwickelt das erste Straßenfahrzeug mit Dieselmotor.• Ehingen: Hans Baur wird geboren. Er ist ein Sohn des Sozialdemokraten, Spinnereimeisters und Blumen- scheinwirts Josef Baur. Hans Baur gilt als hochbegabter Musiker. Im Buch der Museumsgesellschaft „Ehingen - Handwerk, Handel und Gewerbe einst bis heute“ (11) ist ihm ein eigenes Kapitel gewidmet.                                                             98 42 MAN: Maschinenfabrik Augsburg‐Nürnberg   

1 Jahre SPD-Ortsverein Ehingen / Donau 11 bis 1  1 SPD-Ortsverein Ehingen (Donau) — und auch mal Blicke über den Tellerrand 1..1 „Sozialdemokr. Partei Ehingen Am Sonntag 1. Sept. nachm. ½  Uhr findet auf dem Marktplatz eine öffentliche Versammlung statt. Abgeordneter Ruggaber spricht ‚Kann Deutschland vom Bürgerkrieg gerettet werden?‘ Die gesamte Arbeiterschaft und Bevölkerung ist herzlich eingeladen.“ Stadtarchiv Ehingen/Volksfreund für Oberschwaben Die Zeitung berichtet anschließend: Abg. Ruggaber sprach vom Balkon des Rathauses „vor mehreren hundert Personen. … Zu seiner Ehre muß gesagt werden, daß Redner in gemäßigtem Tone sprach und von den sonst so schwulstigen, vielverspre- chenden Redensarten aus sozialistischem Munde Abstand nahm. … Seine Kampfansage galt im gro- ßen und ganzen nicht den Splittern von links, son- dern der Partei von rechts, die so gerne ‚im Blut wa- ten‘ möchte, um die alte Militärdiktatur wieder aufrichten zu können, deshalb warnte er die ‚Ju- gend‘ vor solch verderbli- chen Ideen und bayerisch Hittlerischen nationalso- zialistischen Grundsät- zen“. Archiv Mangold • Anm.: Am 1.1.1 berichtet der Volksfreund für Oberschwaben ausführlich über die Rede des württ. Justizministers Beyerle (Zentrum), in der er sich ganz klar vom Nationalso- zialismus distanziert. Nur schade, dass seine Partei 1 zuletzt vor den Nazis einknickte.1 ... Welt — Europa — Deutschland — (Baden-)Württemberg — Landkreis — Ehingen• Einführung der Angestelltenversicherung• Erstmaliges Erscheinen einer Ehinger Zeitungsanzeige über Nazis: „Nationalsoz. Arbeiterpartei – Deutsche Arbeiterpartei – Deutsch-völk. Freiheitspartei – Am Montag, den . April spricht Herr Fro- benius-Stuttgart abends halb  Uhr in öffentl. Versammlung im Hirschsaale über ‚Die Ziele des völ- kisch=sozialen Blocks‘.“                                                               43 Die 2 „tt“ im Namen zeigen, dass dieser der Zeitung noch nicht so geläufig war; der Abg. Ruggaber war hin‐gegen wohl bestens informiert 44 Das Gleichzeichen (=) dient häufig als Bindestrich oder zur Silbentrennung am Zeilenende.        


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